Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

(Abg. Zeller SPD: Genau das ist das Problem!)

Das ist kein Problem, das kann ein großer Vorteil sein.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Das glauben Sie nicht wirklich, oder?)

Sie müssen den Menschen auch Zeit geben.

Bis auf zwei, drei Landkreise im oberschwäbischen Bereich, für die wir eine finanzielle Lösung finden werden,

(Abg. Zeller SPD: Welche?)

werden wir nur Vorteile davon haben. Die Lösung finden wir da mit Sicherheit auch noch.

(Abg. Zeller SPD: Aber das sind die Verlierer, die großen Landkreise im Süden! – Zuruf von der CDU: Das kriegen wir hin!)

Wir reden übrigens nicht nur über Landkreise, wir reden auch über Behinderte. Die Behinderten werden in Zukunft mit Sicherheit, weil wohnortnah und ambulant, besser behandelt werden können, als wenn sie in großen Anstalten weit entfernt untergebracht werden müssten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD)

Wir werden dem Sozialverband folgende Aufgaben zuweisen – das war gewünscht und ist mit Sicherheit effizienter –: Abschluss von Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarungen im Rahmen der Sozialhilfe – was übrigens schon heute kommunal gemacht wird – sowie der Jugendhilfe und der Pflege.

Die Einrichtungsplanung in der Alten- und Behindertenhilfe wird weiterhin überregional gemacht werden, um die Gleichheit im Land zu gewährleisten. Das gilt auch für die Grundsatzplanung in der Behindertenhilfe.

Insofern brauchen Sie keine Bedenken zu haben, dass Behinderte in einem Kreis schlechter behandelt würden als in einem anderen. Dies wird überregional geplant und vor Ort umgesetzt.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dass die Aufgabenverteilung im Einvernehmen mit dem Landkreistag, dem Städtetag, dem Gemeindetag und den Landeswohl

fahrtsverbänden erfolgt ist, Frau Lösch. Ich möchte nicht mehr hören, dies werde irgendwo praxisfremd am Reißbrett entworfen. Die Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte und andere sind mit Sicherheit keine praxisfremden Menschen, wenn es um solche Planungen geht.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Und die Betroffe- nen? Und die Träger?)

Auch die Verbandsversammlungen des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern und des Landeswohlfahrtsverbands Baden haben in ihren Dezembersitzungen im Grundsatz eine Neustrukturierung gebilligt.

(Zuruf von der CDU: Parteiübergreifend!)

Also akzeptieren auch die Gremien der Landeswohlfahrtsverbände diese neue Einrichtung.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Lassen Sie mich ein paar Worte zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sagen. Richtig ist, dass der Gemeindetag und auch der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für notwendig erachten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja, also!)

Dagegen halten Städtetag, Landkreistag und auch der Landeswohlfahrtsverband Baden sowie die Landesregierung dies nicht für erforderlich.

Richtig ist auch, dass der Koalitionspartner die Frage der Notwendigkeit einer solchen Untersuchung aufgeworfen hatte. Auf offensichtliche Differenzen innerhalb der Regierung zielt ja wohl auch der Fraktionsantrag der SPD ab. Aber auch damit können Sie uns nicht auseinander dividieren.

Eines vorweg: Diese Differenzen gibt es nicht mehr. Vielmehr besteht innerhalb der Regierung und der Koalition Übereinstimmung darüber, dass eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht notwendig ist. Ich will dies auch begründen.

Erstens: Ausgangspunkt des Wunsches nach einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung waren Zahlen des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern vom Juni dieses Jahres. Diese Zahlen haben auch den Gemeindetag veranlasst, eine solche Prüfung auf den Weg zu bringen. Die FDP/DVP-Fraktion hat gesagt: Wenn das so viel teurer wird, muss man das Ganze überlegen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Es wurde behauptet, dass bei einer Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände Mehrkosten von landesweit mindestens 130 Millionen € entstehen würden. Diese so genannte Berechnung – ich würde lieber Pi-mal-Daumen-Schätzung sagen – ist nicht nachvollziehbar und in vielen Punkten auch wirklich widerlegt. Zum anderen ist sie überholt. Sie basiert auf der Annahme von Mitte Juni. Sie geht davon aus, dass alle Aufgaben von Landeswohlfahrtsverbänden, soweit dies bundesrechtlich überhaupt möglich ist, in die Stadt- und Landkreise eingegliedert werden. Zu diesem Zeitpunkt gab

(Minister Dr. Repnik)

es das von der kommunalen Seite entwickelte Konsensmodell noch nicht. Es blieb also unberücksichtigt, dass aus Sachgründen der neue überörtliche Träger weitere Aufgaben erhält, die zu Synergieeffekten führen.

Auch der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern hat gesagt, dass diese Berechnung nicht mehr belastbar und unter den Bedingungen des Konsensmodells auch nicht mehr tragfähig ist. Wenn Sie das nicht glauben wollen, rufen Sie einfach bei dessen Geschäftsführer an.

Zweitens: Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine genaue, in Euro bezifferbare Rechnung der finanziellen Auswirkungen der Eingliederung

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

ist aus unserer Sicht doch gar nicht möglich. Auch ein externer Gutachter würde keine solche Berechnung vorlegen können. Grund hierfür ist doch, dass die finanziellen Auswirkungen der künftigen Aufgabenerledigung nicht prognostiziert werden können. Wir müssen abwarten, wie der neue Kommunalverband aufgebaut wird, was die Kommunen daraus machen und wie sie Synergieeffekte nutzen. Alles andere wäre heute noch im Bereich der Spekulation.

Jetzt wird die Opposition aber sagen: Es gibt doch ein Gutachten von Kienbaum. Hierzu so viel: Es gibt ein Gutachten, das im Jahr 1998 von Kienbaum für den Landesverband Westfalen-Lippe erstellt worden ist. Kienbaum wurde seinerzeit beauftragt, eine Organisationsberatung im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen durchzuführen. Das Szenario einer Aufgabenverlagerung auf die örtliche Ebene wurde untersucht. Kienbaum sagte aber auch klar, dass man zu diesem Zeitpunkt weder über Synergieeffekte noch über Effizienzsteigerungen Aussagen machen könne, weil noch nicht klar war, wohin die Aufgaben in Nordrhein-Westfalen verlagert werden sollten.

Diese Untersuchung enthält somit keine belastbare Aussage zur Wirtschaftlichkeitsfrage. Vor allem enthält sie auch keine Berechnung. Ich kann das nachvollziehen; denn die möglichen finanziellen Auswirkungen halte ich für noch nicht berechenbar. In jedem Fall gilt: Die Untersuchung ist nicht hilfreich; wer dies bezweifelt, den bitte ich, die Organisationsuntersuchung auch zu lesen.

Drittens: Meine sehr verehrten Damen und Herren, meines Erachtens sollten die einzelnen Gesichtspunkte der Eingliederung im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen abgewogen werden. Wir gehen davon aus, dass es durch die Eingliederung von Aufgaben nicht zu eingliederungsbedingten Mehrkosten, sondern mittelfristig zu deutlichen Einsparungen kommt. Die wesentlichen Gründe liegen doch auf der Hand: Gerade im neuen Sozialverband werden Synergieeffekte bei Personal- und Sachkosten durch den Abbau von Doppelstrukturen erreicht werden. Allein die Berechnung der finanziellen Vorteile einer möglichen Fusion mit dem Ergebnis 8,7 Millionen € zeigt doch, dass da wirklich deutlich Geld einzusparen ist.

Im Übrigen müssen wir beim Einsparen von Geld immer zwischen Eingliederungskosten und Organisationskosten unterscheiden. Die Eingliederungskosten werden, wenn wir die Zuschusssätze nicht ändern, zukünftig sogar noch stei

gen, weil die Zahl der behinderten Menschen steigen wird, während bei den Organisationskosten Einsparungen möglich sind. Zum Beispiel gibt es dann nur noch ein Landesjugendamt, und auch andere Querschnittsbereiche sind dann nur noch einmal notwendig.

Es besteht die Möglichkeit der organisatorischen und personellen Neustrukturierung beim neuen kommunalen Verband. Ein tendenziell kostentreibendes Finanzausgleichssystem, die Landeswohlfahrtsverbandsumlagen, wird abgeschafft. Denn es ist doch klar: Was per Umlage gezahlt wird, führt vor Ort mit Sicherheit nicht zu wirtschaftlichem Denken.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darüber hinaus wird bei der Weiterentwicklung der Behindertenhilfe ein kommunaler Wettbewerb um kostengünstige Lösungen initiiert. In vielen Bereichen wird es mit Sicherheit ambulante Angebote geben,

(Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

wie es im badischen Landesteil schon der Fall ist. Wir wollen doch eine wohnortnahe ambulante Versorgung Behinderter nach dem Motto „Mittendrin statt außen vor“. Diese Möglichkeit werden wir haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu folgendem Punkt kommen: Wenn der Gemeindetag wirklich ein Gutachten haben will, dann ist es ihm – denn es handelt sich um kommunale Gelder und um kommunale Überlegungen – ja unbenommen, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben. Ich glaube aber: Wenn man die Berechnung des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern mit führenden Leuten des Gemeindetags bespricht, werden sie bald merken, wo die Vorteile liegen.

Deswegen meine ich: Wir sind mit dem Konsensmodell auf einem guten Weg. In der Zukunft wird sich diese Neuorganisation mit Sicherheit für alle auszahlen: für die Behinderten, aber auch für die Gemeinden.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Altpeter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es darf einen doch einigermaßen erstaunen, mit welcher Vehemenz und auch mit welcher Lyrik hier das Hohelied der Eingliederung der Landeswohlfahrtsverbände in die Kommunen gesungen wird.