Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Hat das der Rech- nungshof kritisiert? – Abg. Haller SPD: Völlig neu! – Abg. Gall SPD: Das hat der Rechnungshof nicht kritisiert!)

Ich wollte Gesamtzusammenhänge herstellen.

Drittens erleben wir eine demographische Entwicklung, bei der uns in zunehmendem Maße Kosten im Altenpflegebereich, im Krankenbereich, bei der Rentenversicherung usw. belasten.

Dies alles führt dazu, dass der finanzielle Spielraum unseres Haushalts in zunehmendem Maße eingeengt ist.

Und wie sieht es mit dem Personalkörper aus? Wir haben im Land Baden-Württemberg etwa 200 000 Beschäftigte. 80 % davon, also 160 000, sind Lehrer, Polizeibeamte oder Justizbeamte – Bereiche, in denen wir miteinander der Meinung sind, dass wir nicht weniger, sondern mehr Stellen brauchen. Also hatten wir nur im Bereich der restlichen 20 % unseres Personalkörpers Spielraum: bei 40 000 Beschäftigten quer durch alle Ressorts hindurch. In diesem Bereich sind immerhin 10 000 Stellen abgebaut worden. Sie können jetzt diese 10 000 Stellen ins Verhältnis zur Gesamtzahl setzen. Sie können sie aber auch ins Verhältnis zu dem eigentlich nur möglichen Manövrierraum setzen. Dann sind das 25 % Stellenabbau, und das merken unsere Ressorts in einer ganz besonderen Dramatik.

Wenn ich das als Ausgangssituation sehe, wenn ich feststellen muss, dass letztendlich unser finanzieller und personeller Gestaltungsspielraum sehr eingeengt ist, dann bin ich der Auffassung, dass wir bei der Umsetzung des Landeshaushalts, wie er sich jetzt in der Haushaltsrechnung niederschlägt, gute Arbeit geleistet haben und uns im Bundesvergleich sehen lassen können.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das können wir bei diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll nehmen! Das haben wir heute schon einmal gehört!)

Bei einem so großen Personalkörper von über 200 000 Bediensteten ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich da und dort bei der Umsetzung der Haushaltsvorgaben Defizite zeigen. Wir müssen festgestellte Mängel aufgreifen und dafür sorgen, dass die Anregungen und Feststellungen des Rechnungshofs ernst genommen werden.

(Abg. Gall SPD: Das war aber ein langer Anlauf!)

Der Rechnungshof hat in seiner Denkschrift verschiedene Bereiche herausgearbeitet, in denen Korrekturen und Verbesserungen vorzunehmen sind.

Da ist das Thema Personal. Ja, es stimmt: Wir müssen angesichts der Tatsache, dass über 40 % unserer gesamten Ausgaben Personalausgaben sind, in diesem Bereich restriktiv vorgehen und dort, wo immer es nur geht, auch an Abbaumaßnahmen denken. Die verschiedenen Stellenabbauprogramme sind Ihnen ja bekannt.

Es geht darum, dass wir diese sukzessive umsetzen. Wir müssen aber auch daran denken, dass gesetzgeberische Maßnahmen da und dort Personaleinsparungen ermöglichen können, und das muss über alle Parteigrenzen hinweg möglich sein. Ein Beispiel hierfür sei genannt: Wenn es uns gelingen würde, bei dem Vorhaben, die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umzulegen, Bund und Länder unter einen Hut zu bekommen, dann würden wir bei uns im Landeshaushalt glatte 400 Personalstellen einsparen können.

(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Da rennen Sie bei uns of- fene Türen ein!)

In der Denkschrift wird auch ein weiterer Block, nämlich der Einsatz der Datenverarbeitung, angesprochen. Wir wollen nicht bestreiten, dass hier weitere Optimierungsmöglichkeiten und Optimierungsnotwendigkeiten gegeben sind, etwa die Verbesserung des Projektmanagements bei der Entwicklung der Anwendungen im Justizbereich oder bei den Verfahren der Beschaffung von IuK-Geräten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Wir erkennen auch – und auch hier hat der Rechnungshof sicher zu Recht seinen Finger in die Wunde gelegt –, dass wir im Zuwendungsbereich, dort, wo wir Landesmittel an unterschiedlichste Destinatäre zuwenden, nochmals ernsthaft prüfen müssen, ob nicht unnötige Verfahren Personalstellen erfordern und unnötige Aufwendungen ergeben – das ist die eine Seite – und ob die Gelder, die wir zuwenden wollen, auch richtig eingesetzt sind. Da sind ja Beispiele – von der Verbraucherzentrale

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

(Staatssekretär Rückert)

über die berufliche Bildung, Gewerbegeländeerschließung und Förderung von Omnibusbetriebshöfen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – genannt worden. Wir haben ja von Ihnen überall Aufträge bekommen, und ich sage zu, dass wir diese Aufträge nach besten Kräften umsetzen.

Wir nehmen nicht nur diese Einzelfeststellungen des Rechnungshofs ernst, sondern sehr wohl auch die Ergebnisse seiner beratenden Äußerungen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Der Rechnungshof macht sich viel Mühe, wenn er auf einer breiten Ebene solche beratenden Äußerungen macht. Auf ein Beispiel kommen wir nachher noch unter dem Tagesordnungspunkt „Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Statistikwesens in Deutschland – Folgerungen für BadenWürttemberg“ zu sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind eine Vielzahl von Beispielen genannt, die hier im Einzelnen nicht aufgearbeitet werden können. Ich darf zusagen, dass die Regierung bereit ist, ernsthaft die von Ihnen im Finanzausschuss artikulierten Aufträge umzusetzen und der vorgegebenen Berichterstattung gerecht zu werden.

Sie können sich vorstellen, dass es mir in meiner Funktion als Staatssekretär im Finanzministerium ein großes Anliegen ist, mit geringer werdenden Ressourcen dennoch die Aufgaben zu erfüllen und besonders verantwortungsbewusst und sparsam mit den Ressourcen umzugehen, und dass die Konsolidierung des Landeshaushalts für uns eine ganz besondere Priorität hat.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Eine solide und gegenüber den künftigen Generationen verantwortungsbewusste Haushaltspolitik ist ein entscheidender Beitrag zur Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft des Landes und der Handlungsfähigkeit der Politik. Die Begrenzung der Personalkosten wird dabei unsere ganz besondere Aufmerksamkeit haben, und wir wissen, dass zum Beispiel die Pensionsverpflichtungen für die künftigen Haushalte

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ein ganz großes Pro- blem sind!)

eine ganz besonders große Last sind; das ist eine Lawine, die da auf uns zukommen wird.

Aber, meine Damen und Herren, ich bin nicht hier, um im Büßerhemd dazustehen. Wir dürfen auch feststellen – und das beweisen die Zahlen des Landeshaushalts und der Landeshaushaltsrechnung –, dass Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Ländern sehr wohl solide gewirtschaftet hat. Das erfüllt uns einerseits mit Stolz, verpflichtet uns aber auch zu besonderer Anstrengung, diese Position zu halten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Ja, wir möchten gern diejenigen sein, die weiterhin auch im Länderfinanzausgleich eine Spitzenstellung halten können.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das hat mit dem Ausgabenverhalten gar nichts zu tun! – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Was hat das mit der Denk- schrift zu tun?)

Aber es gibt nichts zu beschönigen. Wir müssen die Fragen, die in der Landeshaushaltsrechnung und in der Denkschrift zu kritischer Bewertung Anlass geben, aufgreifen. Wir werden sie umsetzen, und diese Umsetzung geht über die Denkschrift hinaus.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

(Abg. Seimetz CDU: Herr Palmer, bitte! Ruhe!)

Das bedeutet, wir werden nicht nur darauf drängen, die Einnahmeseite zu verbessern, sondern wir werden – meine Damen und Herren, das ist das Schwierigste für uns alle – unsere Ansprüche hinterfragen und zurückschrauben müssen,

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

was bedeutet, dass wir Ausgaben reduzieren müssen und dass Aufgaben abgebaut und Strukturen verändert werden müssen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Wir werden Sie an Ihren Taten messen!)

Ich möchte den Rechnungshof ausdrücklich ermuntern und bitten, uns in einem konstruktiven Wettbewerb mit uns, mit der Regierung, bei dieser schwierigen Aufgabe zu unterstützen

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das hätte man auch gleich sagen können!)

das gilt für Sie genauso – und verstärkt strukturelle Sparvorschläge zu machen. Das Know-how des Rechnungshofs soll diesem Zweck umfassend nutzbar gemacht werden.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Dederer?

Gerne.

Bitte schön, Frau Dederer.

Herr Staatssekretär Rückert, verstehe ich Ihren gerade geäußerten Satz richtig, dass Sie unsere Einsparvorschläge künftig nicht mehr einfach ablehnen wollen?

(Abg. Seimetz CDU: Davon hat er keinen Ton ge- sagt! – Abg. Blenke CDU: Das hat er nicht gesagt! Wir machen selbst Einsparvorschläge! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist eine In- terpretation!)

Sehr verehrte Frau Kollegin Dederer, ich erinnere mich an einen Satz des Herrn Finanzministers von heute früh, in dem er mit Blick auf die Wortbeiträge, die heute Vormittag von den verschiedenen Oppositionsparteien gekommen sind, deutliche Unterschiede gemacht hat.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Warme Worte nüt- zen uns nichts! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was heißt das? – Abg. Junginger SPD: Schwacher Vortrag!)