haben sich in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten bislang noch nicht mit dem Phänomen der Mediendemokratie
beschäftigt. Wenn Sie, Herr Kollege Kretschmann, das Thema „Regierungsfraktionen und Oppositionsfraktionen“ ansprechen und insbesondere im Bereich der Kontrolle der Regierung den Landtag stärken wollen, dann muss man sich, glaube ich, einmal mit der Rolle der Regierungsfraktionen und der Oppositionsfraktionen in einer Mediendemokratie auseinander setzen. Ich sage ausdrücklich dazu, dass ich keine abschließende Antwort darauf finde. Nur stellen sich die Dinge eben nicht mehr so einfach dar, wie es sich John Locke oder Montesquieu einmal gedacht haben.
Die Dinge haben sich in den letzten Jahrzehnten eben ein Stück weit geändert. Solange die Oppositionsfraktionen in reflexartige Handlungen verfallen, wenn auch nur der Hauch einer Unstimmigkeit zwischen Regierungsfraktionen und Regierung auftaucht, und solange sie reflexartig von Streit, Auseinandersetzungen und Uneinigkeit in einem negativen Sinn sprechen, so lange wird und kann sich auch das Verhalten der Regierungsfraktionen nicht ändern. Das ist doch ganz klar.
Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor. Streit gehört in einer Demokratie als belebendes Element dazu. Die Behauptung wäre gänzlich von der Hand zu weisen, dass es in einer Volkspartei wie der Christlich-Demokratischen Union
und einer deutlich kleineren Partei wie der FDP/DVP auch untereinander keinen Streit über die Wege gäbe. Aber Sie zwingen uns ja geradezu, unseren Streit und unsere Auseinandersetzungen hinter verschlossenen Türen auszutragen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Kollege Hauk, gehen Sie davon aus, dass es sich bei CDU und FDP/DVP um eine Schicksalsgemeinschaft handelt?
Herr Kollege Haas, die einzige Schicksalsgemeinschaft, die es aus meiner Sicht gibt, ist die der Union. Bei der nächsten Wahl werden wir uns die zwei fehlenden Sitze auch noch holen.
Meine Damen und Herren, unterhalten wir uns doch ernsthaft über die Thematik. Dann werden wir sehr schnell feststellen, dass Streit in einer Demokratie notwendig ist, dass er ein belebendes Element und sogar Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie ist.
Wir haben es aber mit der Situation zu tun, dass sowohl in den Medien als auch zum Teil in der Öffentlichkeit jeglicher Streit als etwas Negatives und Problematisches dargestellt wird.
das ist die logische Konsequenz – – Nachdem die Bürger zumindest hier in Baden-Württemberg bei der Wahl ein eindeutiges Votum abgegeben haben,
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Drexler: Kraftvolle Regierungsbank!)
Wenn sich eine Regierung ihrer Sache sicher sein will, wird sie natürlich alle ihre Gesetzentwürfe, Vorlagen etc. mit den sie tragenden Fraktionen vor der Einbringung abstimmen. Das ist das Normalste von der Welt.
Dort ist es sogar noch um einiges schlimmer. Dort kommt es sogar noch insofern zu einer Vermischung der Staatsgewalten, als auch noch die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen am Kabinettstisch sitzen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag des Kollegen Hauk veranlasst mich, zunächst keine grundsätzlichen Ausführungen zu machen, sondern darauf einzugehen, dass er die Schuld für die Lähmung in den Regierungsfraktionen den Oppositionsfraktionen zugewiesen hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grü- nen – Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Wenn wir ge- lähmt sind, sind Sie schon tot!)
Ich habe, jedenfalls was die CDU-Fraktion als Regierungsfraktion betrifft, eine viel einfachere Erklärung: Ein Drittel der CDU-Fraktion ist in der Regierung, ein Drittel will in die Regierung, und ein Drittel ist jenseits von gut und böse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach diesem etwas heiteren und ironischen Auftakt will ich jetzt aber doch einige Bemerkungen zu dem durchaus richtigen Kern Ihrer Ausführungen, Herr Hauk, machen:
Wie weit müssen sich Regierungsfraktionen, Koalitionsfraktionen und Regierung im Vorfeld absprechen, und was ist im Parlament noch veränderbar? Da haben wir hier in Baden-Württemberg das Problem, dass im Parlament nichts mehr verändert wird.
Auf Bundesebene ist das entgegen Ihrer These nicht so – weder war es bei den Kohl-Regierungen so, noch ist es bei der jetzigen Regierung so. Im Bundestag werden Gesetze teilweise ganz wesentlich verändert, aus unterschiedlichen Gründen. Ich will als letztes Beispiel nur die Gemeindefinanzreform anführen. Die Koalitionsfraktionen haben den Regierungsentwurf substanziell wesentlich verbessert.
(Abg. Drexler SPD: Mit Diskussion! – Abg. Herr- mann CDU: Sie haben auch eine schlechte Regie- rung! Das ist doch klar!)