Ich habe aber nach der gestrigen Aussprache über die Regierungserklärung den Eindruck, dass Sie diesen Risikostrukturausgleich grundsätzlich infrage stellen. Genau da habe ich meine Probleme,
weil ich meine, dass mit diesem Thema RSA – Risikostrukturausgleich – sehr sensibel umgegangen werden muss.
Es ist nämlich keinesfalls so, Herr Haas, dass im Risikostrukturausgleich nur Gelder aus Baden-Württemberg abfließen würden. Die AOK hat allein im ersten Halbjahr 2000 im Rahmen dieses Risikostrukturausgleichs Einnahmen in Höhe von 419 Millionen DM erhalten.
Ich will schon darauf aufmerksam machen: Es ist auch etwas zurückgeflossen. Das darf man nie vergessen. Deshalb muss sensibel mit diesem Thema umgegangen werden.
(Abg. Alfred Haas CDU: Aber kein Überschuss! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE zur CDU: Stoppt doch mal den Haas, das ist nervig!)
Wir müssen alle darauf achten, dass die baden-württembergischen Kassen am Ende nicht schlechter dastehen als bisher.
Die Abschaffung des Budgets wurde angesprochen. Herr Noll, da wundere ich mich. Sie sind doch immer der große Reiter mit der Fahne für die Privatisierung und für die Freiheit im Gesundheitsmarkt,
und jetzt manteln Sie sich hier auf. Budgets und Kollektivhaftung sind Maßnahmen, die nicht von der SPD, sondern von Herrn Seehofer erfunden wurden,
und wir müssen jetzt feststellen, dass sie nicht den erhofften Erfolg gebracht haben. So weit sind wir jetzt.
Die Leidtragenden des Streits um die so genannten Budgetobergrenzen, die Kollektivhaftung, die Anpassung etc. waren ja zunehmend die Patientinnen und Patienten, die um ihre Rezepte kämpfen mussten.
Jeder von uns kennt doch die Klagen aus seinem Wahlkreis. Konflikte dürfen nicht auf dem Rücken der Kranken ausgetragen werden, denn genau diese brauchen die Sicherheit und die Hilfe.
Wir haben die Budgets nicht einfach abgeschafft, sondern wir setzen darauf. Es ist uns ganz wichtig, dass Ärzte und Krankenkassen zukünftig nach dem Grundsatz „Vorfahrt für die Selbstverwaltung“ durch konkrete Zielvorgaben mit Frühwarnsystem die Arzneimittelausgaben steuern.
Aus der Erfahrung mit diesem Arznei- und Heilmittelbudget kann man etwas lernen: Wir können dem dynamischen, konkreten Handeln vieler Ärztinnen und Ärzte letztlich nicht mit starren, abstrakten Instrumenten wie den Budgets begegnen.
und das tun wir momentan in Berlin. Wir entlassen aber die Ärztinnen und Ärzte dabei nicht aus ihrer Verantwortung.
Das sage ich Ihnen gerade. Hören Sie zu! – Sie müssen sich gemeinsam mit den Krankenkassen nicht nur auf Ausgabenvolumen und Richtgrößen einigen, sondern auch auf Versorgung und Wirtschaftlichkeitsziele.
Das ist nämlich genau der Faktor, bei dem die Politik in diesem Bereich nicht alles regeln kann – Stichworte: Generika, Reimporte oder teure Analogpräparate. Nur so ist auf Dauer sicherzustellen, dass die Patientinnen und Patienten an wirklichen Innovationen in der Arzneimitteltherapie teilhaben können.
Wenn Sie uns endlich einmal konkrete Vorschläge bringen, dann bleiben wir weiterhin gern mit Ihnen in der Diskussion. Bis jetzt habe ich von der CDU im Bund und im Land noch keine konkreten Lösungsvorschläge dazu gehört,
(Abg. Alfred Haas CDU: Sie sind doch an der Re- gierung! Das gibts doch nicht! – Zuruf des Abg. Hauk CDU)
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Blen- ke CDU: Oje, oje! – Abg. Alfred Haas CDU: Ge- nauso schwach wie der Drexler! – Abg. Kiefl CDU: War das alles?)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines muss doch einmal festgehalten werden, und da zitiere ich noch einmal Herrn Sing – er ist auch unverdächtig, ein Mitglied einer der bürgerlichliberalen Parteien zu sein –, der ganz klar gesagt hat: Hier in Baden-Württemberg haben wir ein sehr diszipliniertes Verhalten sowohl der Leistungserbringer, wie man heute so schön sagt – Ärzte, Zahnärzte –, als auch der Patienten.
Diese angekündigte bzw. beschlossene Beitragssatzsteigerung geht ausschließlich auf Ihr Konto, weil Ihr Finanzminister seinen Bundeshaushalt zulasten des Gesundheitswesens entlastet hat.
Ein ganz wichtiger Punkt – das ist hier noch nicht gesagt worden – war die Senkung der Zuschüsse des Bundes an die Bundesanstalt für Arbeit. Das war eine Entscheidung, die dem System eine Menge Geld, über 4 Milliarden DM, entzogen hat.
Weitere Entscheidungen kamen hinzu, die nicht aufgrund einer Leistungs- oder Kostenexplosion im Ausgabenbereich notwendig waren, sondern weil Sie, um Ihren Finanzminister als den großen Sparmeister vorzeigen zu können, zulasten des Gesundheitswesens Änderungen beschlossen haben.
Es ist interessant, dass man bei der Rentenversicherung – man muss das einfach immer vergleichen – bereit ist, die so genannten versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln zu finanzieren, was wir immer gefordert haben, dass man aber keineswegs bereit ist, im Gesundheitswesen das Gleiche zu tun. Dabei sind im Gesundheitswesen die Grundprobleme exakt die gleichen; denn wegen der demographischen Entwicklung gibt es mehr ältere Menschen, die auch mehr Leistungen abfordern müssen.
Ich weiß schon, warum Sie im Rentensystem inzwischen mit Hilfe Ihrer falschen Ökosteuer überfinanzieren.