Ich meine, wir können die Debatten in der zweiten Lesung hier ein bisschen kürzer halten. Ich glaube, dass dieser Haushalt gut ausgewogen ist. Ich darf für die CDU-Fraktion sagen, dass wir diesem Haushalt zustimmen werden.
(Beifall bei der CDU – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Immer mal was Neues! – Abg. Junginger SPD: Das war jetzt intelligent!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die Aussprache des heutigen Nachmittags dazu nutzen, auf die Haushaltssituation des Landes näher einzugehen.
Wir beraten mit dem Entwurf des Landeshaushalts 2004 zum zweiten Mal in Folge einen Haushalt mit einer Rekordneuverschuldung von über 2 Milliarden €. Allein mit diesen 2 Milliarden € zusätzlichen Schulden für 2004 belasten wir die kommenden Haushalte mit jährlich mindestens 100 Millionen € Zinszahlungen; bei einem Wiederanstieg des Zinsniveaus ergeben sich natürlich noch entsprechend höhere Belastungen.
Das Land Baden-Württemberg wird Ende dieses Jahres, falls die Haushaltszahlen halten, mit rund 39 Milliarden € verschuldet sein.
Das bedeutet, dass der jährliche Schuldendienst, auch bei dem derzeit günstigen Zinsniveau, rund 2 Milliarden € be
tragen wird. Damit wird deutlich, dass die zusätzlichen Neuschulden in diesem Jahr vollständig dazu gebraucht werden, um den Zinsendienst für die Altschulden zu finanzieren. Hinzu kommt: Sie haben es dieses Mal nur mit einigen Tricksereien geschafft, die Rekordverschuldung des letzten Jahres nicht noch deutlich zu überbieten. So wird der Bestand an Verpflichtungsermächtigungen, der in diesem Jahr Geldbewilligungen zulasten kommender Haushalte zulässt, um 170 Millionen € ausgeweitet. Das bedeutet, dass wir 170 Millionen € mehr Verpflichtungen eingehen, als wir in diesem Jahr an alten Verpflichtungsermächtigungen einlösen. Damit erhöhen Sie den Bewilligungsrahmen und können sich vor Ort bei den Begünstigten von Maßnahmen politisch damit brüsten, es werde Geld bereitgestellt, wenn auch nicht im Jahr 2004, sondern etwas später.
Dieser Wechsel auf die Zukunft relativiert Ihre vermeintlichen Einsparerfolge, weil Sie nämlich genau dieses Haushaltsvolumen von 170 Millionen € in die Folgejahre verschieben, die Versprechungen aber schon jetzt politisch verkaufen.
Beim Landesstraßenbau – zweiter Punkt Ihrer Tricksereien – verausgaben Sie 2004 über die Baufinanz Ausgaben in Höhe von 89,5 Millionen € und stellen im Haushalt zur Refinanzierung lediglich 31,7 Millionen € zur Verfügung. Das bedeutet, dass Sie 57,8 Millionen € reale Ausgaben in diesem Bereich auf kommende Haushalte verlagern.
Dritte Trickserei: Auch beim Hochbau des Landes verlagern Sie in der Baufinanz über so genannte Tilgungsstreckungen bis zu 27 Millionen €, und beim Wohnungsbau verlagern Sie – ebenfalls durch Tilgungsstreckungen gegenüber dem Bund – 6,5 Millionen €.
Vierte Trickserei: Es werden Sonderausschüttungen von landesbeteiligten Unternehmen und Sonderablieferungen von staatlichen Verpachtungsbetrieben in Höhe von rund 23 Millionen € veranschlagt. Solche Einmalaktionen verändern den Haushalt strukturell überhaupt nicht und können natürlich in den Folgejahren nicht beliebig wiederholt werden, ohne die Substanz unseres Staatsvermögens zu schmälern.
Fünfte Trickserei: Sie verkaufen nicht wie im SPD-Konzept zur Reinvestition, sondern zur Deckung von Haushaltslöchern Forderungen in Höhe von 40 Millionen € und belasten durch künftig ausfallende Rückflüsse spätere Haushalte.
Sechste Trickserei: Sie verkaufen Grundstücke im Wert von 70 Millionen € und verwenden damit Vermögen des Landes zur allgemeinen Haushaltsdeckung und nicht entsprechend dem seriösen Vorschlag der SPD ausschließlich zugunsten neuer Investitionen oder zur Schuldentilgung.
Allein mit diesen nicht vollständig aufgezählten Notmaßnahmen gewinnen Sie zulasten kommender Haushalte 400 Millionen €, sodass die Bilanz für die tatsächliche Verschuldung des Landeshaushalts eher bei 2,5 Milliarden € liegen dürfte.
Damit ist klar geworden: Der Finanzausschuss wird immer mehr zum Beichtstuhl für Ihre haushaltspolitischen Sünden.
Sie haben sich darüber hinaus mächtig angestrengt, damit Ihrem Haushalt nicht das Stigma, nicht verfassungsgemäß zu sein, anhaftet. Aber auch das schaffen Sie nur mit Tricks.
Sie bleiben zwar formal um vielleicht etwa 100 Millionen € unter der Grenze der Verfassungswidrigkeit, gleichzeitig weisen Sie aber globale Minderausgaben in Höhe von fast 400 Millionen € aus, die erfahrungsgemäß zu einem Großteil bei den Investitionen eingespart werden. Deshalb ist der von Ihnen vorgelegte Haushalt zumindest in der Realität des Haushaltsvollzugs mit ziemlicher Sicherheit nicht verfassungsgemäß.
Die globalen Minderausgaben in dieser außerordentlichen Höhe verletzen auch die gebotene Haushaltsklarheit und -wahrheit. Die Festlegungen des Landtags in den Haushaltsberatungen werden dadurch von vornherein zu einem guten Teil Makulatur. Maßgeblich sind nicht mehr die beschlossenen Beträge in den Einzelhaushalten, sondern Überlegungen der Ministerien, also der Exekutive, in welchen Bereichen sie die globalen Minderausgaben erbringen werden.
Aber nicht nur dies. Hinzu kommt: Globale Minderausgaben müssen im Wesentlichen bei den nicht zwangsläufigen Sachausgaben erwirtschaftet werden.
Von den Sachausgaben sind ausweislich der mittelfristigen Finanzplanung 97 % durch Gesetze, Verordnungen und andere rechtliche Verpflichtungen zwangsläufig festgelegt. Bei dem kleinen Rest der nicht zwangsläufigen Sachausgaben, die etwa 900 Millionen € pro Jahr ausmachen, müssen die globalen Minderausgaben in Höhe von rund 400 Millionen € erwirtschaftet werden. Das bedeutet im Klartext, dass das Parlament den kleinen haushaltspolitischen Spielraum, den es außerhalb von Vorabfestlegungen noch hat, nicht selbst gestaltet, sondern der Regierung überlässt. Die so genannte freie Spitze im Landeshaushalt wird damit etwa zur Hälfte der Entscheidungsgewalt der Landesregierung mittels globaler Minderausgaben unterworfen.
Meine Damen und Herren, das ist ein herber Bedeutungsverlust für das Parlament, den die Regierungsfraktionen abgenickt haben, ohne mit der Wimper zu zucken.
Das Operieren mit globalen Minderausgaben zeigt auch das Versagen der Haushaltsstrukturkommission und damit das Versagen von Landesregierung und Koalitionsfraktionen.
(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Dr. Scheffold CDU: Jetzt gucken Sie doch mal nach Berlin, was die uns aufoktroyieren!)
Vielmehr wursteln Sie haushaltspolitisch mehr schlecht als recht vor sich hin, leben von der Hand in den Mund und verspielen dabei die Zukunftsfähigkeit des Landes.
In der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung zeigt sich vollends die ganze Hilflosigkeit der Landesregierung.
Sie verschieben das Ziel der Nettonullverschuldung auf das Jahr 2008, also nach außerhalb des Planungszeitraums. Je ferner das Zieldatum, desto ehrgeiziger die Zielmarke!
Die Nettokreditaufnahme in den nicht verbindlich festgelegten Planjahren sinkt zwar auf dem Papier von Jahr zu Jahr. Im Gegenzug wird aber die Deckungslücke, deren Betrag nach der geplanten Kreditaufnahme noch einzusparen ist, größer.