Protokoll der Sitzung vom 10.03.2004

Meine Damen und Herren, die Regierungsfraktionen haben ja auch heute wieder, genauso wie es auch die Landesregierung gerne tut, beteuert, es gehe gar nicht darum, auf Kosten der Stadt- und Landkreise zu sparen.

(Zuruf von der SPD: Es geht nur darum!)

Deshalb wäre es doch das Mindeste, dass Sie den Kreisen die Sicherheit dafür geben, dass nicht nur einmal, sondern regelmäßig die tatsächliche Kostenentwicklung überprüft wird, damit überhaupt erst einmal die Grundlage dafür geschaffen werden kann, die Pauschalen künftig zu korrigieren, falls sich die Befürchtungen der Stadt- und Landkreise bestätigen sollten. Eine solche verbindliche und kontinuierlich anzuwendende Revisionsklausel statt der vorgesehenen wachsweichen Formulierung wäre wirklich nicht zu viel verlangt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie hier nicht weiter entgegenkommen, dann, denke ich, liefert das allen Grund, Ihnen hinsichtlich Ihrer wirklichen Absichten zu misstrauen.

Schönen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Heinz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch einmal ein paar Dinge aufgreifen, die jetzt in die Diskussion gekommen sind. Ich kann, glaube ich, darauf verzichten, unseren Entschließungsantrag noch einmal zu begründen, denn das hat Herr Kollege Hauk schon getan.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Da steht ja nicht viel drin!)

Ich möchte noch einmal eines klarstellen, liebe Frau Bauer: Wir geben diese Mittel, die im letzten Etat für den Gesamtbereich Asyl enthalten waren, wieder in das System hinein. 100 Millionen € stehen wieder zur Verfügung und werden wieder ausgegeben. Das ist doch klar.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Im Ansatz! Dann kommen die globale Minderausgabe und Einspa- rungen!)

Nein, das hat damit nichts zu tun.

Wenn wir jedoch nun realisieren, dass wir weniger Asylbewerber haben werden – im letzten Jahr waren es rund 2 000 Asylbewerber weniger; auch im Spätaussiedlerbereich waren die Zahlen geringer –, dann ist das im Prinzip eine erfreuliche Entwicklung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Wenn das so weiterginge – ich spreche ausdrücklich im Konjunktiv –, dann würde das Land natürlich sparen; das ist keine Frage. Aber das kann ja keiner von uns wissen. Wir alle würden uns wünschen, dass die Asylbewerberzahlen zurückgingen, weil diese Menschen in ihrem Heimatland dann keinen Auswanderungsdruck hätten und wir kein Problem der Integration hätten. Dann wäre ja alles in Ordnung. Wenn es so käme, würden wir etwas einsparen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Heinz, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Utzt?

Bitte schön, Frau Utzt.

Herr Kollege Heinz, ich fürchte, ich muss die Frage, die ich bereits bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs gestellt hatte, noch einmal stellen: Halten Sie es nicht für einen Taschenspielertrick, von dem Haushaltsansatz auszugehen und zu sagen, Sie hätten die gleiche Summe wieder eingestellt? Denn Sie wissen ja genau, dass die Asylbewerberzahlen rückläufig sind und Sie somit weniger ausgeben werden. Sie wollen doch nicht behaupten, dass die Summe, die da im Haushalt steht, etwas anderes als eine fiktive Summe ist.

(Beifall bei der SPD)

Die Summe steht nicht nur fiktiv im Haushalt, sondern sie ist real. Ich habe doch gesagt: Wenn das Land sparen wird, dann nur unter der Prämisse, dass die Zahlen zurückgehen. Niemand von uns weiß jedoch, wie sich das entwickeln wird. Ich gebe zu, auch im Moment sieht die Tendenz insofern wieder eher positiv aus, als die Zahl der Asylbewerber zurückgeht.

Aber – und jetzt kommt das große Aber, Frau Utzt, und damit bin ich auch wieder bei dem Argument von Frau Bauer –: Wir haben doch einen Durchschnitt der Istzahlen über einen Zeitraum von zwei Jahren ermittelt. Dabei haben wir gesehen – eben das war der Grund dafür, dass ich eine Pauschalierung will –, dass es bei Land- und Stadtkreisen, die wir von A bis Z erfasst haben, eine Bandbreite von 50 % bis 250 % gibt. Das kann ich nicht nur damit erklären, dass wir im städtischen Bereich schwierigere Verhältnisse, zum Beispiel vielleicht etwas höhere Mieten, haben als im ländlichen Bereich. Diesen riesengroßen Unterschied zwischen 50 % und 250 % kann man nicht erklären. Das hängt auch damit zusammen, dass der eine oder andere Landkreis das vielleicht nicht optimal organisiert.

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)

Er könnte das vielleicht besser machen. Wir wollen mit diesem System auch einen Anreiz schaffen, in einen Vergleich,

in ein Benchmarking, wie man heute neudeutsch sagt, zu gehen, damit es sich für den Landkreis lohnt, einmal zu schauen, wie es die Landkreise machen, die das mit weniger Aufwand hinbringen. Das erwarten wir von diesem System.

(Beifall bei der CDU)

Bitte bedenken Sie doch auch eines: Wir müssen einfach sehen, dass es diese Unterschiede gibt, und den Landkreisen ein Stück weit auch sagen, dass wir ihnen durch dieses einfache System anbieten, dass sie auch mit der Personalstärke darauf reagieren können. Gerade im Bereich der Gesundheitsaufwendungen und gerade im Bereich der Liegenschaften sind die Aufwendungen bei der Spitzabrechnung enorm hoch. Wenn wir diese beiden Bausteine nun herausnähmen, wäre das von vornherein nicht mehr das System, das wir wollen.

Ich gebe zu, dass im Gesundheitsbereich ein Risiko liegen mag.

(Abg. Inge Utzt SPD: „Mag“ ist gut!)

Das wird immer wieder anders sein. Aber auch hier, Frau Utzt, haben wir doch die Durchschnittsaufwendungen der letzten beiden Jahre einmal zugrunde gelegt. Jetzt muss ich doch konstatieren, dass wir eine Gesundheitsreform haben, die Einsparungen bringen soll. Die Sozialhilfeempfänger und auch die Asylbewerber werden nicht mehr so eingestuft wie in der Vergangenheit. Die hatten ja bisher gegenüber dem normalen Kassenpatienten Privilegien. Die kommen jetzt weg. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dadurch auch eine Kostensenkung in diesem Bereich haben werden. Die wird eintreten.

Wir sehen, dass es da vielleicht zu Problemen kommen kann, vielleicht auch unterschiedlich im ländlichen Bereich und im städtischen Bereich. Da mag es Unterschiede geben. Deshalb wollen wir, dass man nach zwei Jahren einmal einen Status erhebt und schaut, wie es aussieht. Ich glaube, dass es da durchaus sein könnte, dass man einmal nachsteuern muss, aber sicherlich nicht rückwirkend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir einen rückwirkenden Ausgleich machen. Das wäre nicht leistbar.

Ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen, von dem ich denke, dass wir hier auch eine entsprechende Vereinfachung haben werden. Wir verlagern das Widerspruchsverfahren von den Regierungspräsidien auf die unteren Behörden. Auch das wird dazu beitragen, dass hier eine Beschleunigung der Verfahren eintritt.

Jetzt möchte ich noch einmal etwas zu Frau Bauer sagen, und zwar zu den 20 und den 24 Monaten. Ich bin fest davon überzeugt – 20 Monate sind Durchschnitt in Baden-Württemberg –, dass es da Unterschiede vom einen zum anderen Landkreis gibt; keine Frage. Ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass wir im Jahr 2003 gegenüber 2002 rund 2 000 Einzugliedernde weniger gehabt haben. Das bedeutet auch, dass die Verfahren alle schneller werden. Das heißt, die Dauer wird unter 20 Monate sinken. 20 Monate waren ein Durchschnittswert der Jahre 2003 und 2002. Sie können jetzt nicht mit höheren Zahlen argumentieren. Wenn wir jetzt abbauen, was wir ja tun, wird die Verweildauer kürzer. Das

Gesetz gilt ja für die Zukunft. Ab 1. April soll es in Kraft treten. Dann haben wir wahrscheinlich – das sagt mir der gesunde Menschenverstand – viel, viel kürzere Verweildauern. Damit wird das Problem insgesamt eher entschärft als verschärft. Deshalb ist es, denke ich, sinnvoll, es so zu machen.

Lassen Sie mich am Schluss vielleicht noch einen Hinweis auf den Bereich Zuwanderung geben. Frau Bauer, Sie haben ihn am Anfang angesprochen. Ich habe heute die Medien studiert und festgestellt, dass man sich, was die Zuwanderung und Arbeitsmigration angeht, eigentlich mit der SPD einig geworden ist. Da gibt es die klare Einigung zwischen SPD – Wiefelspütz – und CDU – Bosbach –: Wir brauchen angesichts von fast 5 Millionen Arbeitslosen keine Arbeitsmigration.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das heißt, das hält inzwischen auch die SPD nicht mehr für notwendig. Ich bin froh und dankbar, dass die CDU hier hart geblieben ist. Inzwischen ist die SPD hier auf unserer Linie. Wir werden vielleicht noch einmal für eine ganz hoch qualifizierte Geschichte den einen oder anderen Menschen brauchen, aber wir brauchen im Bereich der normal und gering Qualifizierten keine Arbeitsmigration. Das ist eine ganz wichtige Geschichte. Wissen Sie, wer sich da verweigert? – Der unsägliche Herr Beck. Ich habe mit Herrn Bosbach am letzten Wochenende ein Gespräch geführt. Ich muss sagen, was er mir geschildert hat, nämlich dass man sich mit der SPD schon lange einig wäre, nur dieser Herr Beck sei, was die Kultur in den Verhandlungen angehe, eine absolute Belastung und eine Zumutung. Deshalb würde ich mich da an Ihrer Stelle ganz schön zurückhalten. Wenn Sie die Zuwanderung und eine Einigung hierüber wollen, muss sich Herr Beck anständig benehmen und muss mit der SPD mitgehen. Dann hätten wir etwas erreicht.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was hat das mit dem Benehmen zu tun? Das ist doch kein Benimmkurs!)

Ja, da wäre manchmal schon ein Benimmkurs nötig, Herr Palmer. Da könnte der eine oder andere schon noch etwas lernen. Aber sei’s drum.

Ich denke, wir sind auf einem richtigen Weg. Wenn sich die Grünen hier noch ein Stück weit in Richtung ihres Koalitionspartners bewegen und anerkennen würden, dass wir keine Arbeitsmigration benötigen, wäre viel gewonnen.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Deshalb wäre ich an Ihrer Stelle sehr vorsichtig mit Aussagen, dass es im Bereich Zuwanderung nicht zu einem Kompromiss komme. Da müssen Sie sich an die eigene Nase fassen und dürfen nicht immer bei uns etwas reklamieren. Da liegt die Schuld wahrscheinlich eher bei Ihnen selbst.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Ich habe nur Herrn Henkel zitiert!)

Ich denke, wir werden das Verfahren mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz austesten. Wir werden sehen, ob die Effekte, die wir uns erhoffen, eintreten. Wir machen nach zwei Jahren einen Strich drunter und bewerten die Ge

schichte neu, und ich denke, dass wir nicht unzufrieden sein werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Herr Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben im Jahr 1998 in diesem hohen Haus ein Flüchtlingsaufnahmegesetz beschlossen – nach langwierigen Vorarbeiten, die auch noch meinen Amtsvorgänger, der hier gerade präsidiert, betroffen haben. Ich glaube, dieses Flüchtlingsaufnahmegesetz ist nach wie vor ein gutes Gesetz.