Vielleicht ist es einfach so, dass die 80 bis 85 % der Leute, die wie ich einfach eine wohlschmeckende Tomate aus dem Remstal irgendeiner genmanipulierten vorziehen, Recht haben. Weshalb müssen Sie die jetzt noch ständig mit Ihrem Quatsch behelligen?
Wenn es jetzt um den Standort Baden-Württemberg geht, geht es doch um ein ganz anderes Problem. Da geht es ja nicht um Ihre lächerliche Erbsenzählerei mit Aufsichtsstellen beim Regierungspräsidium Tübingen, sondern da geht es um etwas ganz anderes: Wir haben seit zwei Jahren keine Neugründungen mehr im Bereich der Biotechnologie. Ich rede übrigens von der Medizin, von der roten Gentechnik; da liegen die Potenziale, da liegen die Chancen. Ihren Agrarkäse können Sie eingraben; der bringt uns überhaupt nicht weiter.
Aber bei der roten Gentechnik gibt es Chancen, die wir nutzen sollten. Aber da passiert nichts mehr bei uns im Land.
Es gibt keine Gründungen mehr, und – noch schlimmer – die Unternehmen, Herr Hauk – ich kenne sie aus Tübingen; ich besuche sie häufig –, die in diesem Bereich forschen, gehen sang- und klanglos ein, weil ihnen niemand mehr Kapital nachschießt. Es ist eine Ideenvernichtung erster Klasse, was da in Baden-Württemberg gerade stattfindet. Und was tut die Landesregierung?
Herr Pfisterer, in Heidelberg haben Sie auch so ein Biotechnologiezentrum, bei dem jetzt auf einmal Flächen leer stehen.
Was tut die Landesregierung? Sie hat einen L-EA-Fonds, der jetzt in Bayern, in der Schweiz und in Österreich Kapital nachschießt, aber in Baden-Württemberg kommen die Gründer nicht an Geld. Da bitte ich Sie einmal um mehr Patriotismus in Ihrer Förderungspolitik.
Es geht nicht um die Kapitalrendite bei der L-EA, sondern es geht darum, dass wir in Baden-Württemberg Arbeitsplät
ze schaffen und die klugen Köpfe hier halten. Doch da passiert nichts. Also hören Sie auf, uns mit so einem Unfug zu behelligen! Kümmern Sie sich um die echten Probleme! Ich habe den Eindruck, dass Ihr eigentliches Problem darin besteht, dass es zwar eine rote, eine grüne und eine graue Gentechnik, aber noch keine schwarze gibt. Dann erfinden Sie sie halt.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. Capez- zuto SPD: Du hast vergessen, zu sagen, dass die Gentomaten nicht faulen!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Walter hat in einem Zwischenruf gefragt, warum der Grüne vor mir geredet hat. Das ist ganz einfach: Er möchte mit seiner Freundin schnell zum Zug.
Meine Damen und Herren, wir können dem Antrag der CDU entnehmen, wie wichtig Biotechnologie für BadenWürttemberg ist, und wir können sehen, dass Baden-Württemberg unter allen Standorten der Bundesrepublik an erster Stelle steht. Wir haben nicht nur in anderen Bereichen, sondern auch bei der Biotechnologie Platz 1 in Deutschland.
Wir sehen aber auch, dass eine Vielzahl von Betrieben, die sich mit Biotechnologie beschäftigen, nachweislich in einer Gefahrengruppe eingeordnet sind, die als völlig risikofrei gilt.
Erstaunlich ist, dass bundesweit keine Anlagen betrieben werden, die mit hohem Risiko verbunden sind. Wir sehen auch, dass die Überwachung der Betriebe ebenso wie die Beratung durch die staatlichen Stellen gut funktioniert. Damit erhalten wir einen weiteren Baustein für die Aussage: Biotechnologie ist im Land Baden-Württemberg sicher; Ängste sind unbegründet.
Es war auch wichtig, einmal aufzuzeigen, was Biotechnologie im Umweltbereich bewirkt und wo sie überall eingesetzt wird. Wenn wir von Energieeinsparung und Ressourcenschonung oder von Recycling reden, wenn wir also von Umweltschutz auf intelligente Art reden, dann kommen wir zur Biotechnologie.
Heute Morgen wurde die Landesgesellschaft BIOPRO Baden-Württemberg wegen ihrer Industriefreundlichkeit angegriffen. Ich sage: Wir brauchen in Baden-Württemberg eine solche Gesellschaft, die Forschung und Industrie vernetzt. Was wir nicht brauchen, ist blinde Ideologie. Deshalb ist es uns wichtig, dass die Landesregierung aktiv Öffentlichkeitsarbeit betreibt und darauf hinweist: Es ist wichtig, dass Biotechnologie als Schlüsseltechnologie begriffen wird, und
zwar nicht nur im Bereich der Human- und Veterinärmedizin, sondern auch im Bereich der industriellen Produktion, über die chemische Industrie, in der Baden-Württemberg besonders stark vertreten ist, bis hin zur Abfallentsorgung und letztlich auch im Lebensmittelbereich, also dort, wo die Bedenken der Verbraucher am größten sind.
Ich habe meinen Vorredner gehört und erlebt, wie die Grünen vor fünf Jahren über die rote Gentechnik geredet haben und heute als Grüne die rote Gentechnik als Weissagung für die Menschheit und als Vorteil für die gesamte Menschheit bei verschiedenen Krankheitstypen sehen. Jetzt gibt es schon gentechnisch veränderte Produkte gegen verschiedene Krebskrankheiten. Ich muss sagen, dass es mich freut, dass Sie es heute kapiert haben. Ich gehe davon aus, dass Sie bei der grünen Gentechnik auch folgen werden.
Wir müssen die Bürger stärker informieren. Alle müssen sich verstärkt über Gentechnik informieren und dürfen nicht nach dem Muster „Atomkraft, nein danke“ der Meinung „Gentechnik, nein danke“ verfallen. Dieser Bereich ist durch die Grünen derart ideologiebehaftet, dass die drei Grünen in der letzten Bankreihe der Debatte überhaupt nicht folgen.
Ich muss hier feststellen, dass die drei sich gar nicht für das Thema interessieren. Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Lassen Sie sich nicht irre machen. Lassen Sie sich aufklären. Die große Skepsis kommt doch daher, dass die Aufgeklärtheit in der Bevölkerung noch nicht da ist. Wie es bei der roten Gentechnik kam, so wird es auch bei der grünen Gentechnik kommen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Capezzuto SPD: Jetzt hätten wir noch etwas zum Thema erfahren wollen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Palmer hat gefragt, was die Landesregierung von Baden-Württemberg in Sachen Gentechnik macht. Ich frage zurück: Was machen die Grünen in Sachen Gentechnik? Ich liefere die Antwort gleich mit: Sie polemisieren in immer unerträglicherer und übrigens auch unverantwortlicher Art und Weise gegen eine Technik der Zukunft, meine Damen und Herren.
Das Land Baden-Württemberg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem in Deutschland konkurrenzfähigen Biotechnologiestandort entwickelt. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das sowohl beim Bio-Regio-Wettbewerb als auch beim Bio-Profile-Wettbewerb eine Siegerregion stellte. Baden-Württemberg ist in der gentechnischen Forschung Spitze. 22 % aller bundesdeutschen gentechni
schen Anlagen befinden sich hier im Land. Insgesamt sind das 1 000 gentechnische Anlagen. Damit hat sich die Anzahl der gentechnischen Anlagen in Baden-Württemberg von 1991 bis Ende des Jahres 2003 mehr als vervierfacht.
Sehr erfreulich ist auch die Zunahme der Anzahl der privaten Betreiber. Auch diese hat sich in diesem Zeitraum, von 1991 bis 2003, verdreifacht. Von den insgesamt 110 Betreibern entfielen 35 auf öffentliche bzw. öffentlich geförderte Betreiber: Universitäten, Max-Planck-Institute usw. Den Hauptanteil aber machten die privaten Unternehmen aus.
Während die erste Gruppe in den vergangenen Jahren nahezu konstant geblieben ist, hat gerade die Zahl der privaten Unternehmen stetig zugenommen. Im Bereich der Bio- und Gentechnologie arbeiten in Baden-Württemberg zahlreiche Forschungsgruppen in 8 Universitäten, 18 außeruniversitären Forschungseinrichtungen und 7 Fachhochschulen. Besonders hervorzuheben ist – auch im europäischen Vergleich – Heidelberg mit dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie, dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg, an denen insgesamt mehr als 3 000 Wissenschaftler in diesen Bereichen arbeiten.
Dennoch sollte man sich nicht Sand in die Augen streuen. Meine Damen und Herren, trotz aller Fortschritte liegen alle deutschen Standorte wirtschaftlich noch weit hinter Großbritannien und erst recht weit hinter den USA zurück. Marktführer sind mit großem Vorsprung die Vereinigten Staaten von Amerika, und sie werden es auch auf absehbare Zeit bleiben.
Es hilft daher keine Selbstbeweihräucherung – wir sind Spitze, aber eben nur im Biotechnologie-Entwicklungsland Deutschland –, sondern das Pflänzchen muss gehegt und gepflegt werden. In Deutschland wird bekanntermaßen, meine Damen und Herren, traditionell lange, manchmal intensiv, manchmal auch weniger intensiv über die Risiken einer neuen Technologie diskutiert. Bis zu einem gewissen Punkt ist dies auch gut so. Aber man sollte nicht zu viel Zeit verlieren, weil ansonsten andere Länder Fakten schaffen, zum Beispiel in Form von Patenten. In Deutschland wird schon viel zu lange ein Glaubenskrieg zwischen Befürwortern und Gegnern der Gentechnologie geführt. Seit beinahe 20 Jahren werden immer wieder die gleichen Argumente ausgetauscht. Die jüngsten Auseinandersetzungen zur grünen Gentechnik – Herr Palmer hat ein Beispiel dafür geliefert – zeigen dies beispielhaft.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, kann festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der Bio- und Gentechnologie in Baden-Württemberg auch im Umweltschutz im nationalen Vergleich extrem günstig sind. Baden-Württemberg ist ein sehr guter Standort für Unternehmen des Bio- und Gentechniksektors, und die Landesregierung wird alles dafür tun, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Chancen der Gentechnik insgesamt – egal, ob rote, grüne oder graue Gentechnik – nicht aufgrund technikfeindlicher Ressentiments verspielt werden.
Eine wichtige Rolle hierbei, meine Damen und Herren, spielt die Gentechnikaufsicht beim Regierungspräsidium in
Tübingen. Die Konzentration von naturwissenschaftlichen Mitarbeitern in e i n e m Referat, die sich auf verschiedene Gebiete der Gentechnik – Virologie, Bakteriologie, Zellbiologie, Pflanzengenetik, um nur einige zu nennen – spezialisiert haben, erlaubt eine zügige Bearbeitung auch bei extrem komplexen gentechnischen Vorhaben. Wiederkehrende Probleme bei der Zulassung von gentechnischen Anlagen und Arbeiten können zentral und vor allem ohne jegliche zeitliche Verzögerung besprochen und gelöst werden.
Die Vor-Ort-Funktion garantiert außerdem eine landesweit einheitliche Verwaltungspraxis. Die im Gentechnikgesetz festgeschriebenen sehr kurzen Genehmigungsfristen können in der Regel eingehalten werden. Der Nachteil, der durch längere Fahrtzeiten zu weiter entfernten Betreibern entsteht, fällt im Vergleich mit den beschriebenen Vorteilen nicht ins Gewicht. Das Konzept e i n e s Vor-Ort-Präsidiums hat sich damit insgesamt bewährt. Anmeldung und Genehmigung wie auch Überwachung liegen in einer Hand. Es gibt keine Reibungsverluste zwischen verschiedenen Verwaltungsstrukturen.
Der Vollzug des Gentechnikgesetzes in Baden-Württemberg kann daher ohne jegliche Übertreibung als vorbildlich bezeichnet werden. Dies wurde im Übrigen in den vergangenen Jahren mehrfach von Vertretern der Industrie und der Forschung bestätigt.
Ich freue mich, dass die Gentechnikaufsicht damit ein Standortvorteil Baden-Württembergs für die Ansiedlung von privaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen und gewerblich genutzten Einrichtungen ist. Mit der im Jahr 2003 beschlossenen und teilweise bereits umgesetzten Aufstockung des Personals haben wir dafür gesorgt, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, habe ich schlicht und ergreifend die Bitte, dass man zu einer sachgerechten Diskussion zurückkehrt, dass man steinalte technikfeindliche Ressentiments ablegt und die Chancen für eine gute Zukunft der Gentechnologie betrachtet.