Protokoll der Sitzung vom 31.03.2004

In der Diskussion vorhin ist schon einiges gesagt worden. Deshalb hier nur in aller Kürze: Kommen Sie nicht mit der Behauptung, dass das, was wir an Man- und Womanpower bei der Polizei abschöpfen, weil wir von 40 auf 41 Stunden Arbeitszeit gehen müssen – wir tun es ja nicht gerne –, Stellenabbau bedeute; denn umgekehrt verlängert sich ja entsprechend – das ist eine reine Rechenaufgabe – die Arbeitszeit.

Gehen Sie vor allem in diesem Zusammenhang darauf ein, dass damals – es ist gesagt worden – – Herr Fischer, Sie nicken immer.

(Abg. Fischer SPD: Ich sage schon noch etwas!)

Aber dann schlagen Sie wieder in Pressemitteilungen wahrheitswidrig zu, wollen danach aber das persönliche Gespräch haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Immer nach vorne intern süß zu tun, aber dann wieder zu holzen –

(Abg. Fischer SPD: Nein! Das ist eine Unver- schämtheit!)

so geht es nicht, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf folgende Tatsache ein: Als damals in Baden-Württemberg – wir haben ja schon alles erlebt – die 40-Stunden-Woche galt und als dann bei der Polizei wie bei den anderen Beamten die 38,5Stunden-Woche eingeführt wurde, hat die Polizei 600 zusätzliche Stellen bekommen.

(Abg. Blenke CDU: Hört, hört! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Auch das müssen Sie in diesem Zusammenhang sagen. Deshalb kann hier von Personalabbau nicht die Rede sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Aber selbst wenn Sie diese 600 Stellen nehmen, selbst wenn Sie nun auf das in der Tat schwierige Thema „Effizienzrendite im nichtvollzuglichen Bereich“, Herr Kollege Glück, eingehen – da kommt aber der Kollege Oelmayer und sagt, es dürfe hier kein Tabu geben, auch nicht bei der Polizei –,

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist auch richtig so! Manchmal habe ich auch Recht!)

selbst wenn Sie dies alles nehmen und wenn Sie auch noch hirnrissigerweise die Stellen des WKD nehmen, obwohl da die Aufgabe ja übergeht und gar nicht mehr bei der Polizei bleibt, kommen Sie bei weitem nicht auf 4 000, nicht einmal auf 2 000 Stellen.

Deshalb bitte ich Sie noch einmal und fordere Sie auf,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Die Zahlen zu erklären!)

nachdem Sie in verantwortungsloser Weise hier falsche Behauptungen in die Welt setzen:

(Abg. Blenke CDU: So ist es!)

Versuchen Sie zu erklären, warum Sie in so verantwortungsloser und abstruser Weise auf einen Abbau von 4 000 Stellen kommen. Das ist heute Ihre Aufgabe. Darum sollten Sie nicht herumreden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Drexler SPD – Abg. Jungin- ger SPD: Geben Sie mal die Einstellungszahlen be- kannt!)

In Wirklichkeit vermisse ich eines bei Ihnen – und das ist für mich das Ernüchternde –: Sie gehen mit keinem Wort darauf ein, wie die Lage in Deutschland derzeit aussieht, und zwar nicht nur in Bezug auf die innere und die äußere Sicherheit, wo wir die bekannten Probleme haben, sondern auch in Bezug darauf, in welchem finanziellen Rahmen wir uns in Deutschland bewegen müssen und welche jämmerlichen Perspektiven wir noch vor uns haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist nicht die Schuld des Landtags von Baden-Württemberg, um das nebenbei zu bemerken.

(Abg. Junginger SPD: Landesstiftung! Milliarden!)

Aber wir werden mit diesen Tatsachen, mit diesen Hiobsbotschaften konfrontiert.

Ich muss ganz offen sagen, Herr Kollege Drexler: Ich sehe meine Aufgabe als Innenminister nicht allein darin, dass ich nachbete, was die Ressortminister üblicherweise immer irgendwo sagen und tun, sondern ich versuche immer, das Ganze zu sehen. Ich kann in dieser Situation die Augen nicht vor den finanziellen Zwängen verschließen, wie sie gegenwärtig bestehen und wie sie leider Gottes – warten Sie die nächste Steuerschätzung ab – noch auf uns zukommen werden, meine Damen und Herren. Alles andere ist verantwortungslose Politik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Richtig! – Zurufe der Abg. Ca- pezzuto und Stickelberger SPD)

Ich bin es auch leid, mir in dieser intellektuellen Armut hier im Landtag von Baden-Württemberg vormittags – heute ist eine Ausnahme; aber vormittags finden sonst in der Regel die finanzpolitischen Diskussionen statt – von Ihnen immer anhören zu müssen, wie Sie die Höhe der Verschuldung in Baden-Württemberg beklagen, wenn Sie dann nachmittags mehr Stellen für die Polizei und mehr Lehrer fordern. So kann dieses Spiel nicht mehr weitergehen, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Blenke CDU: Bravo! – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Carla Bregenzer: Ihre Re- den hatten schon ein besseres Niveau! Zwar selten, aber dennoch! – Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU – Unruhe)

(Minister Dr. Schäuble)

Zwei Dinge möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben.

Gestern stand in einem bekannten politischen Magazin, dass – Herr Kollege Glück hat darauf verwiesen – in den jüngstvergangenen Jahren bundesweit 7 000 Stellen im Polizeivollzugsbereich abgebaut worden sind. In Baden-Württemberg waren es praktisch keine. Das heißt doch, dass die anderen Länder mit diesem finanziellen Problem genauso zu tun haben. Betrachten Sie die Situation in Deutschland endlich einmal ganzheitlich und nicht immer nur durch die Brille der Opposition!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Wir liegen doch schon auf dem vorletzten Platz! – Zurufe der Abg. Dr. Glück FDP/DVP und Junginger SPD)

Meine zweite Bemerkung: Zur Polizeipostenreform hat Herr Kollege Drexler wenig gesagt. Meine Damen und Herren, wer in finanziell so elenden Zeiten sein Herz noch an Ein- und Zwei-Mann-Posten verschenken will und nicht bereit ist

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das tut doch nie- mand!)

Sie haben die Polizeipostenreform doch in öffentlichen Erklärungen kritisiert –,

(Abg. Drexler SPD: Und warum?)

die mahnenden Worte des Rechnungshofs – der sonst wegen seiner politischen Korrektheit jedes Mal gelobt wird – zu diesem Segment zur Kenntnis zu nehmen, der kann von mir nicht mehr ernst genommen werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Sie haben uns doch kei- ne Antwort gegeben!)

Ich muss sagen: In Zeiten, die so schwierig sind, war eine Polizeipostenreform eher überfällig. Ich bin dem Kollegen Staatssekretär Rech von Herzen dankbar, dass er diese Polizeipostenreform in vielen, vielen Gesprächen so vorangebracht hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe der Abg. Capezzuto SPD und Alfred Haas CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Natürlich. Herr Stickelberger hat sozusagen einen Freibrief bei mir.

Bitte schön, Herr Stickelberger.

Dann mache ich von diesem Freibrief gerne Gebrauch, Herr Minister.

Ist Ihnen bekannt, dass es vor allem CDU-Bürgermeister waren, die in den letzten Wochen bei Ihnen und Ihrem Staatssekretär vehement vorstellig geworden sind?

(Lebhafte Unruhe – Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist ja wohl normal!)

Es waren auch gerade Abgeordnete, die für den Erhalt dieser Ein- und Zwei-Mann-Posten eingetreten sind.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Alfred Haas: Weil Sie sie angestachelt haben! – Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)