Den Berufsschulen sind daraus rechnerisch 420 Deputate zugewachsen. Der Herr Finanzminister hat mit uns folgenden Handel gemacht: Eigentlich war es ja ein Beitrag zur Sanierung des Haushalts. 50 von 420 Deputaten hat er gekriegt.
370 von 420 Deputaten haben wir für die Schülerinnen und Schüler bekommen. Das heißt, dass ein Achtel an den Finanzminister gegangen ist und sieben Achtel an die Schulen gegangen sind. Das nenne ich wirklich einen fairen Handel, Herr Finanzminister.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- truff SPD: Sie sollten sich schämen! 50 zu viel! – Abg. Dr. Lasotta CDU: Kollege Wintruff kann ger- ne in die Pflegeheime kommen und schauen, wie richtige Überstunden gemacht werden!)
Ich danke dem Kollegen Wintruff dafür, dass er mir die Gelegenheit gegeben hat, das auch noch zu erläutern.
Das entspricht durchaus der Gesamtverantwortung, die die Landesregierung insgesamt für die Bildungspolitik in diesem Land übernimmt. Wir haben damit 360 zusätzliche Klassen eingerichtet, mit denen nicht zu rechnen war und die uns ausschließlich durch die miserable Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ins Haus gestanden sind.
Meine Damen und Herren, der Kollege Zeller hat noch darüber lamentiert, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt in Ausbildung sind, dadurch praktisch keine Einstellungschancen mehr hätten. Die Deputatserhöhung ist zum laufenden Schuljahr wirksam geworden. Wir haben im Berufsschulbereich in diesem Schuljahr eine Einstellungsquote von über 80 %, und im Gymnasialbereich liegt die Einstellungsquote bei rund 60 %. Und da will uns jemand einreden, es gebe keine Einstellungschancen! Lieber Herr Zeller, reden sie uns das nicht ein!
(Abg. Zeller SPD: Aber zuerst machen Sie Wer- bung, dass alle den Lehrerberuf ergreifen sollen, und dann stellen Sie nur 60 % ein!)
Erstens: Die Ministerin hat sie am 26. Juni letzten Jahres angekündigt. Sie hat einige Rahmendaten gesetzt, die ich kurz wiederholen will. Sie hat gesagt, unbestritten sei, dass es in den Kollegien unterschiedliche Belastungen gebe, dass fachspezifische Unterschiede bestünden und dass sie sich deshalb vorstellen könne, dass ein Ergebnis flexible Deputate seien.
Zweitens: Sie hat sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass wir feststellen, wie hoch die Jahresarbeitsbelastung von Lehrerinnen und Lehrern ist, weil es hier ganz offensichtlich Zeiten gibt, in denen man Hochsaison hat, und andere, in denen man sehr viel weniger belastet ist. Es ist sinnvoll, eine Jahresarbeitszeit zu erfassen und sie der Jahresarbeitszeit im öffentlichen Dienst insgesamt gegenüberzustellen.
Frau Präsidentin, mir geht es jetzt gleich wie dem Kollegen Rech mit der Stimme. Aber ich brauche kein Hustenbonbon. Wenn ich ein Glas Wasser haben könnte, wäre mir schon geholfen.
Drittens möchte ich sagen, dass die Frau Ministerin deutlich festgehalten hat, dass wir insgesamt im öffentlichen Dienst einen Jahresurlaub von 30 Tagen haben und dass auch die Frage der Definition des Jahresurlaubs hier eine Rolle spielt. Das gehört in das Gesamtpaket hinein.
Wir brauchen viertens eine Beschreibung eines Aufgabenprofils von Lehrerinnen und Lehrern. Darin ist all das enthalten, was zusätzlich zum Unterricht zu leisten ist.
Das Fünfte ist in diesem Zusammenhang, dass ich, wenn ich zu einer gerechten Bewertung aller Tätigkeiten komme, keine Anrechnungstöpfe mehr brauche, sondern dass die in die Gesamtversorgung des Unterrichts eingehen können.
Eines war auch klar, und das ist mit den Fraktionen und mit den Mitgliedern dieser Arbeitsgruppe abgesprochen: Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe können nicht so lauten, dass wir zusätzliche Deputate zur Erfüllung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe brauchen. Die Ausgangsvoraussetzung war eindeutig: Es muss ressourcenneutral gearbeitet werden. Diese Ausgangsvoraussetzung – das möchte ich festhalten – haben alle, die in der Arbeitsgruppe mitarbeiten, akzeptiert. Dazu gehören auch die Vorsitzenden der großen Lehrerverbände in diesem Land. An dieser Voraussetzung werden wir festhalten. Der Haushalt gibt das ganz eindeutig vor. Das ist sehr vernünftig.
Die Arbeitsgruppe ist frei in der Gestaltung ihrer Arbeit. Die Ministerin und ich sind nicht Mitglieder der Arbeitsgruppe, weil wir deutlich machen wollen, dass wir sie nicht am politischen Halsband führen wollen, sondern dass sie uns ein unabhängiges Ergebnis liefern soll. Die Arbeitsgruppe hat sich in Unterarbeitsgruppen aufgeteilt.
Sie hat ihre Arbeit aufgenommen. Ich kann heute keine Zwischenergebnisse irgendeiner Art verkünden, weil es Sache der Arbeitsgruppe selbst ist, uns darüber zu informieren, was sie uns vorschlägt. Ich möchte mich in die Prozesse, die innerhalb der Arbeitsgruppe laufen, aus voller Absicht und ganzer Überzeugung nicht einmischen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollen in rund einem Jahr vorliegen. Ich halte es für richtig, dass wir uns hier wie bei den großen Bildungsreformen des Landes die angemessene Zeit nehmen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich andere Systeme anzuschauen und dabei zu sehen, wo Schwerpunkte gesetzt werden. Es wird ganz sicher keine Möglichkeit geben, dass wir irgendetwas woanders abschreiben; denn wir haben auf das Rücksicht zu nehmen, was unser Bildungswesen in Baden-Württemberg im Besonderen prägt: Qualitätsorientierung, Unterrichtsversorgung, vernünftige Entwicklungsarbeit an den Schulen. Das wird in dieser Berechnung ganz sicher seinen Niederschlag finden.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags. Der Antragsteller wünscht, dass dieser Antrag für erledigt erklärt wird. – Sie stimmen zu. Es ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Finanzministeriums – Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft – Drucksache 13/2096
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag ist schon alt. Er ist eingebracht worden, nachdem das Kabinett am
8. April 2003 beschlossen hatte, aus der Tarifgemeinschaft auszutreten. In der damaligen Stellungnahme des Finanzministeriums zu dem Antrag wurde geantwortet, dass damit die Hoffnung verbunden sei, auf der Ebene weiterer Verhandlungen ließen sich flexible Regelungen erzielen.
Trotzdem hat unser Antrag neu an Aktualität gewonnen, weil in der Zwischenzeit die Frage aktuell geworden ist, wie es insgesamt mit den Arbeitszeiten und der Tarifgestaltung weitergeht. Deswegen haben wir heute die Möglichkeit, uns darüber auszutauschen, was bei diesem ernsten und schwierigen Thema zu bedenken ist.
Als Erstes ist dabei wohl zu sehen, dass die Idee, durch Arbeitszeitverlängerung könnten dauerhaft Finanzprobleme gelöst werden, fragwürdig ist; denn nicht in allen Bereichen können durch Arbeitszeitverlängerung verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten erreicht werden, sondern es gibt – da zitiere ich den CDA-Vorsitzenden und Chef des christdemokratischen Arbeitnehmerflügels, Herrn Arentz – immer und überall auch Branchen, in denen dadurch, dass das Element Arbeitskraft keine besondere Rolle spielt, die Arbeitszeitverlängerung zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt. Dies ist etwas, was dabei bedacht werden muss.
Während man im Juni 2003 bei der Stellungnahme zum Antrag noch davon ausging, in den kommenden Monaten ließen sich Erfahrungen sammeln, wurde im letzten Jahr schließlich eine Prozessvereinbarung abgeschlossen, gemäß der man die Tarifregelungen und Tarifabsprachen bis zum Jahr 2005 auf eine neue, gemeinsame Grundlage stellen will. Es sind Verhandlungen geführt worden, die wir als durchaus hoffnungsvoll ansehen. Mit der Kündigung des Arbeitszeit-Tarifvertrags ist demgegenüber jetzt eine Situation entstanden, in der man auf Konfrontation setzt.
Wir halten das deshalb für bedenklich, weil in unserer Gesellschaft ja nicht zu viel Arbeit vorhanden ist, sondern das Problem eher darin liegt, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Was hier geschieht, wird von den Betroffenen erst einmal als „mehr Arbeit bei gleichem Lohn“ wahrgenommen. Trotzdem geht diese Rechnung überhaupt nicht auf, weil alle, die bisher nach bestehenden Tarifverträgen in Beschäftigung sind, von den vorgesehenen Regelungen nicht erfasst werden, sondern die verlängerte Arbeitszeit von 41 Stunden ab 1. Mai 2004 bei Neueinstellungen gelten soll.
Es sind auch Zweifel anzumelden, ob es sinnvoll ist, die Tarifauseinandersetzung auf der Ebene einzelner Länder zu führen, weil in den Ländern sehr unterschiedliche Strukturen vorhanden sind, denn die Stärke der Gewerkschaften hinsichtlich der Erreichbarkeit ihrer Ziele ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Baden-Württemberg scheint es mir jedenfalls nicht ganz so einfach zu sein, beliebige Regelungen durchzusetzen; es wird vielmehr zu Auseinandersetzungen kommen.
Wir als Fraktion werden darauf aufpassen, dass auf jeden Fall zwischen verschiedenen Tätigkeitsfeldern differenziert wird. Im Bereich der Kliniken, der Universitätskliniken wird man nicht beliebig Arbeitszeit zusätzlich draufpacken können, ohne dass auch die Frage der Vertretungsdienste überdacht werden muss. Es gäbe dann Situationen, in denen
neu Eingestellte immerhin zweieinhalb Stunden länger arbeiten müssten. Das ist eine Situation, die bezüglich der Beschäftigungsseite alles andere als problemlose Abläufe garantiert.
Wichtig ist, dass wir immer im Auge behalten müssen – das hat kürzlich auch der Bundeskanzler in aller Deutlichkeit gesagt –, dass man die Diskussion nicht vereinheitlichen darf. Man muss zwischen Branchen und Geschäftsfeldern differenzieren. In einigen Branchen mag durchaus daran gedacht werden, den dort Beschäftigten eine längere Arbeitszeit zuzumuten, während es andere gibt, in denen das auf keinen Fall geschehen darf.
Unser alter Antrag hat insofern Aktualität bekommen. Wir sollten uns heute einmal darüber unterhalten, wohin die Reise eigentlich geht. Es waren fruchtbare Gespräche, die mit den Gewerkschaften in Gang gesetzt worden waren. Sie haben jetzt erst einmal dadurch ihren Abbruch erfahren,
dass man sich von einem wesentlichen Element der Tarifabsprache, nämlich der Arbeitszeit, distanziert und der Meinung ist, es wäre möglich, auf diese Weise erhebliche Kosten einzusparen. Das ist zwar theoretisch ein Weg, aber er muss außerordentlich sorgfältig unter Abwägung aller Gesichtspunkte, die auf dem Arbeitsmarkt Bedeutung haben, beschritten werden.