Protokoll der Sitzung vom 05.05.2004

Wir liegen bei unserem Änderungsantrag – ich sage es einmal etwas vorsichtiger, Frau Kollegin Queitsch, auch Sie haben das ja richtigerweise festgestellt – in der Sache nicht weit auseinander. Ich möchte Ihnen das an einem Punkt Ihrer Rede und auch bezogen auf den Antrag der SPD und die Stellungnahme der Landesregierung begründen: Es ist eben nicht so, dass es, wie es in Ziffer 2 Ihres Antrags steht, eine schwache Umsatzentwicklung gibt. Wenn Sie nämlich einmal in die Anlage 1 der Stellungnahme hineinschauen, dann stellen Sie fest, dass wir bei den staatlichen Wetten und Lotterien in Baden-Württemberg im Jahr 1999 Spieleinsätze in Höhe von 997 Millionen € hatten, im Folgejahr waren es 1 015 Millionen €, danach 1 066 Millionen €, dann 1 046 Millionen € und im Jahr 2003 1 024 Millionen €. Ich glaube, dass der Rückgang in Höhe von, gerundet gerechnet, etwa 2 oder 3 % des jeweiligen Gesamtaufkommens einfach in der allgemeinen Marktentwicklung liegt und dass diese Margen auch darauf zurückzuführen sind, dass eben viele in das System der gewerblichen Spielevermittler oder in andere Wettformen hineingewechselt sind.

Deshalb ist es richtig, auch vor dem Hintergrund zweier EuGH-Urteile und vor dem Hintergrund, dass es jetzt in Hessen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gibt und auch in der baden-württembergischen Rechtsprechung Urteile ins Haus stehen, dass wir in den nächsten Monaten, so möchte ich es einmal ausdrücken, im Sinne unseres Antrags „tätig zuwarten“ und damit im Laufe dieses Jahres gemeinschaftlich erneut in den richtigen Lösungsweg zu diesem Thema hineinfinden.

Die staatlichen Wetten und Lotterien in Baden-Württemberg sind für das Land unverzichtbar. Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass wir eine Balance brauchen zwischen der Hinwendung zu einer kontrollierten Möglichkeit des Spiels und der Abwendung von Gefahren für die Menschen durch Phänomene wie Spielsucht oder dem maßlosen Verprassen von Geld – ich nenne das das FlottwellSyndrom; Sie kennen das ja aus dem Theaterstück von Raimund, wo Flottwell sein Geld unter anderem beim Spielen hinauswirft. Ernsthaft: Wenn Sie die baden-württembergischen Zahlen lesen, dann sehen Sie, dass wir in einer guten Ertragslage sind. Die Ihrem Antrag zugrunde liegende Annahme, es gebe hier eine Schrumpfung, so will ich es formulieren, des Aufkommens, trifft nicht zu. Vielmehr sind die Einnahmen im staatlichen Lotterie- und Wettwesen in den letzten Jahren, bei Lichte besehen, in etwa vergleichbar geblieben; sie sind nicht identisch, aber vergleichbar.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Es ist immer erfreulich, zu einem Gesetz zu reden, das im Konsens des Parlaments verabschiedet wird. Das erleichtert uns den Einstieg in den Nachmittag. Ich bedanke mich bei der SPD, dass diesmal die Zwischenrufe bei meiner Person unterblieben sind, und wünsche uns einen schönen Nachmittag.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Heiterkeit bei der SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist ein schlechtes Zeichen! – Abg. Drexler SPD: Das ist ein sehr schlechtes Zei- chen, wenn wir keine Zurufe machen! Waren Sie zu langweilig? – Heiterkeit)

Nein, das ist nicht meine Art.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alles Wesentliche ist gesagt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ein kleiner Zusatz: Zugleich werden die Lotteriesteuern den Ländern zugewiesen, aus denen die Spielumsätze stammen. Das ist unter Gerechtigkeitsaspekten richtig.

Wir sind uns in der Sache einig. Alle Ministerpräsidenten einschließlich der Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein haben diesem Staatsvertrag zugestimmt. Auch die FDP/DVP stimmt zu.

Spaßeshalber sei noch Frau Kollegin Queitsch gegenüber, die vorhin über Keno gesprochen hat, erwähnt:

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sie wussten ja gera- de eben noch gar nicht, was Keno ist!)

Sie müssen sich vielleicht einmal mit dem Begriff der Hamartologie beschäftigen. Das ist die Lehre von den Sünden; da spielen auch die Spielsünden eine Rolle.

(Zuruf der Abg. Margot Queitsch SPD)

Das letzte Wort ist in dieser Sache sicherlich noch nicht gesprochen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Scheuermann CDU: Maßvoll sündigen!)

Luther sagte: „Sündige tapfer, bete tapferer.“

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dederer.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind ja nicht gerade optimal für das Glücksspiel. Umso ärgerlicher ist es, dass entgegen dem allgemeinen Bundestrend die gewerblichen Spielevermittler Zuwächse verzeichnen. Diese sitzen leider nicht in BadenWürttemberg, sondern ziehen ganz im Gegenteil erhebliche Spieleinsätze aus Baden-Württemberg ab. Die Hauptprofiteure sind Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Daher ist es auch aus unserer Sicht höchste Zeit, dass man sich einigt und eine Regionalisierung dieser Spieleinsätze einführt. Das ist schlichtweg auch ein Gebot der Gerechtigkeit. Wir haben zwar keine hundertprozentige Regionalisierung – das hätten wir Baden-Württemberger natürlich sehr gern gehabt –, aber wir sind auf alle Fälle auf einem guten Weg. Wir haben auch die Möglichkeit – so ist es in dem Staatsvertrag enthalten –, diese Berechnung und Verteilung alle zwei Jahre überprüfen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass unser Finanzministerium ein scharfes Auge darauf haben wird.

Noch eine Anmerkung zu Keno: Wir werden dem SPD-Antrag zustimmen. Keno ist ja kein reines Internet-Spiel, aber ein Großteil der Umsätze wird natürlich über das Internet

getätigt. Da muss man heutzutage einfach feststellen: Das Internet kennt keine Grenzen. Daher macht es Sinn, dass Keno auch in Baden-Württemberg angeboten wird, bevor die Leute auf illegale Glücksspiele von ausländischen Anbietern ausweichen. Es gibt natürlich ein Problem, und zwar die Überprüfung des Alters.

(Abg. Hauk CDU: Genau!)

Das ist noch nicht gelöst. Dieses Problem sehe ich in der Tat. Ich denke aber, man hat es auch in anderen Bereichen geschafft. Daher bin ich zuversichtlich.

Wir stimmen dem Antrag der SPD zu. Ich gehe davon aus, das Finanzministerium würde im Geiste auch gern zustimmen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Margot Queitsch SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Rückert.

Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf daran erinnern, dass ich bei der Ersten Beratung aus zeitökonomischen Gründen meine Rede zu Protokoll gegeben habe. Ich möchte jetzt zu dem Hauptpunkt ebenfalls keine weiter gehenden Aussagen machen. Meine Vorredner haben die wesentlichen Eckpunkte dieses Gesetzes zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen zutreffend dargestellt. Hieran möchte ich anknüpfen und möchte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf bitten.

Dieser Staatsvertrag sowie auch der morgen zur Diskussion stehende Lotteriestaatsvertrag dienen aus unserer Sicht letztendlich einem geordneten Lotterie- und Glücksspielwesen in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland.

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Heike Dederer GRÜNE: So ist es! – Abg. Klein- mann FDP/DVP: Das ist richtig! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ordnung muss sein!)

Nun komme ich zu dem Antrag der SPD-Fraktion, der sich mit seinen Fragen auf die finanzielle Seite der Entwicklung der staatlichen Lotterien und Wetten in unserem Land konzentriert. Dazu ist festzuhalten, dass wir im Jahr 2001 das Spitzenjahr überhaupt in der Geschichte von Toto-Lotto hatten und dass seitdem die Spieleinsätze um knapp 4 % von rund 1,07 Milliarden € auf 1,02 Milliarden € zurückgegangen sind.

Wo sind die Ursachen hierfür zu suchen? Vorweg müssen wir festhalten, dass es bisher tatsächlich um eine leichte Abschwächung geht und noch nicht um einen dramatischen Rückgang. Ich möchte, ohne irgendwelche Schuldzuweisungen zu machen, einfach versuchen, die vier wesentlichen Gründe dafür herauszuarbeiten.

Erstens – Frau Dederer, Sie haben es angesprochen – hat die allgemeine konjunkturelle Lage und die damit einhergehende ungünstige Entwicklung des verfügbaren Einkom

(Staatssekretär Rückert)

mens – wir lesen das tagtäglich – zu einer Konsumzurückhaltung geführt. Das schlägt auch auf Toto-Lotto durch. Eine Besserung lässt weiter auf sich warten, wenn sich die bundesweiten Rahmenbedingungen – ich möchte es einmal so allgemein sagen – nicht verbessern. Das ist Punkt 1.

(Zuruf des Abg. Reichardt CDU – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Herr Reichardt, Sie können es wirklich nicht sein lassen!)

Punkt 2: Wir haben – auch das muss man wissen – von 2001 auf 2002 im Rahmen der Euro-Einführung eine glatte Halbierung und Rundung der Lospreise vorgenommen, die dazu geführt haben, dass auch dort 2,2 % verloren worden sind.

Punkt 3 – das ist der wesentliche Anteil – ist die Tatsache, dass verstärkt bundesweit tätige gewerbliche Spielevermittler auftreten und uns letztendlich Erträge abgezogen haben.

Punkt 4 ist leider der stark wachsende illegale Lotterie- und Wettmarkt. Da denke ich insbesondere an die illegalen Sportwettenanbieter, die – wohlgemerkt bisher nur in Einzelfällen – jüngst vor Gericht vorläufige Erfolge erzielt haben.

Nun werden wir einen Teil der Rückgänge über die Regionalisierung, die jetzt durch den Staatsvertrag geregelt wird, auffangen. Ich darf festhalten, dass dieser Regionalisierungs-Staatsvertrag von uns auf Bundesratsebene initiiert wurde und dass wir eigentlich erst einen Durchbruch erzielten, als Faber von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen ging – und siehe da, urplötzlich hat uns auch Nordrhein-Westfalen unterstützt.

(Zuruf von der FDP/DVP: So ist es halt!)

Wir erwarten durch diese Korrektur ein Reinertragsplus von 9 bis 10 Millionen € im Jahr. Diese Regelung tritt allerdings erst am 1. Juli 2004 in Kraft und wird sich daher – wegen des einjährigen Zeitversatzes im Jahr 2005 – zunächst nur mit der Hälfte haushaltswirksam niederschlagen.

Wie reagieren wir weiter auf die veränderte Situation? Man muss Folgendes festhalten: Das bisherige staatliche Monopol ist ein hohes Gut.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Der Entwicklung können wir deswegen nur durch eine ordnungsrechtlich vertretbare Anpassung der staatlichen Lotterie- und Wettangebote entgegentreten. Legitimation aller staatlichen Lotterie- und Wettangebote sind eben ordnungsrechtliche Überlegungen, die sich an den sich durchaus verändernden Bedürfnissen der Spielteilnehmer auszurichten haben. Hierbei kann es nun geboten erscheinen, erstens – was wir schon immer tun – herkömmliche Spiele fortzuentwickeln, zweitens in elektronische Spielmöglichkeiten einzusteigen und drittens auch völlig neue Spielangebote zu kreieren. Ziel dabei ist, mit der Schaffung legaler Spielangebote den illegalen Angeboten die Attraktivität zu nehmen.

Ich habe Ihnen ja gesagt, die herkömmlichen Spiele haben wir von Jahr zu Jahr fortentwickelt.

Wir haben aber auch bei der zweiten Möglichkeit, den elektronischen Spielmöglichkeiten, gehandelt. Seit Mai 2001 ist das Angebot der staatlichen Lottogesellschaft über das Internet erreichbar. Die Entwicklung ist – allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Anfangsniveau – erfreulich. Ich darf Ihnen folgende Umsatzzahlen nennen: 2001 1,5 Millionen €, 2002 4,4 Millionen € und 2003 7,9 Millionen €. Aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung dürfen wir im Wirtschaftsjahr 2004 von 12 Millionen € ausgehen. Nur: Wir müssen die Zahlen ins richtige Verhältnis setzen. Der Einstieg mit 1,5 Millionen € lag deutlich unter 1 % des Gesamtumsatzes; von da steigen wir jetzt also Schritt für Schritt hoch.

Nun zur dritten Variante: Kreation neuer Spiele. Ob und wann eine neue Lotterie, wie zum Beispiel die Keno-Lotterie, eingeführt wird, muss die Zukunft weisen. Dass diese Lotterie nicht – ich bekenne mich dazu –, wie vom Finanzministerium geplant, im Frühjahr eingeführt wurde, hängt tatsächlich mit unterschiedlichen ordnungsrechtlichen Einschätzungen nicht nur des Staatsministeriums, sondern auch anderer Ressorts zusammen; bitte personifizieren Sie das nicht zu sehr.