Protokoll der Sitzung vom 05.05.2004

Dass dies kein Allheilmittel ist, um einer Parteien- und Politikverdrossenheit vorzubeugen, wissen wir alle. Aber es ist ein Ansatz, ein Angebot an die Bürger, auf gemeindliche Entscheidungen vermehrt Einfluss zu nehmen.

Herr Dr. Glück, Sie haben uns ja in der ersten Lesung eine gewisse Schau vorgeworfen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Zu Recht, oder? – Ge- genruf von der SPD: Na, na, na, Herr Kollege!)

Sie haben auf ein Stillhalteabkommen verwiesen. Wir haben uns nie dem Argument verschlossen, dass man eine Revision der Gemeindeordnung nicht punktuell, sondern für viele Bestimmungen gemeinsam machen sollte. Das haben Sie angekündigt. Sie sind dann wieder vorgeprescht, Ihr Fraktionsvorsitzender ist vorgeprescht. Es kann nicht sein, dass Sie in der Öffentlichkeit eine Änderung des Gesetzes groß verkünden, die Stärkung der direkten Bürgerrechte vor Ort ankündigen, sich aber hier im Parlament, wenn es um die Abstimmung geht, einer Abstimmung verweigern. Dann müssen Sie schon auch stillhalten. Dann arbeiten wir gemeinsam an einer Revision der Bestimmungen, die aus Ihrer Sicht wichtig sind.

Der bisherige Positivkatalog – darin sind wir uns einig – soll gestrichen werden. Das ist einhellige Auffassung. Über den Negativkatalog muss man sich unterhalten. Er ist bisher im Gesetz enthalten. Wir haben ihn auch wieder im Gesetzentwurf. Wenn Sie den Entwurf mit unserem letzten Gesetzentwurf vergleichen, stellen Sie fest, dass dieser Negativkatalog noch erweitert wurde. Darüber kann man mit uns sprechen. Sie haben bisher keine Änderungsanträge eingebracht – vielleicht kommen die noch –, um unseren guten Gesetzentwurf zu optimieren.

Ich weiß auch, dass die Grünen, Herr Oelmayer, damals bezüglich der Einbeziehung von Bebauungsplänen in den Negativkatalog gewisse Bedenken geäußert haben. Darüber kann man reden. Es gibt Dinge, die sicherlich nicht einem Bürgerentscheid unterstellt werden können: die Rechtsverhältnisse des Gemeinderats und des Bürgermeisters, Satzungen über Beitragspflichten etc. All dies muss natürlich ausgenommen werden. Das sehen die kommunalen Landesverbände auch so. Nur einige wenige Punkte sind klärungsbedürftig. Sie sollten sich zu einer Klärung durchringen und

diesen Gesetzentwurf gemeinsam mit uns verabschieden, nachdem doch auch nach Ihrer Auffassung schon sehr viel Konsens besteht. Geben Sie sich also einen Ruck, oder sagen Sie uns, welche Bestimmungen Sie bei einer Revision der Gemeindeordnung noch gravierend ändern wollen.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Jetzt warten Sie doch bis zum Sommer!)

Oder sagen Sie uns verbindlich – bei Ihnen, Herr Scheuermann, und auch im Ausschuss ist es angeklungen –, wann wir dieses Gesetz, hinter dem das Haus offensichtlich insgesamt steht, in diesem Jahr verabschieden.

(Abg. Pfister FDP/DVP: In diesem Jahr!)

„In diesem Jahr“

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ist gesagt worden!)

ist gesagt worden. Ich nehme das auf und verlasse mich auf diese Zusage.

Mich wundert nur, warum man bei diesem Gesetz, das ja eigentlich von allen von der Sache her mitgetragen wird, so lange braucht und die Verwaltungsreform, ein riesiges Reformwerk, in wenigen Wochen im Schnellgang durch dieses Parlament durchpeitschen wird. Da frage ich Sie: Ist es Ihnen wirklich ernst damit, diese Bestimmungen zugunsten von mehr Bürgerbeteiligung ändern zu wollen, oder wollen Sie uns nur vertrösten? Deshalb wäre ich Ihnen für eine verbindliche Zusage dankbar. Über Einzelheiten kann man bei grundsätzlichem Konsens sicher sprechen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Scheuermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stickelberger, in aller Freundschaft, nach der ersten Lesung und der Beratung im Ausschuss heute zum dritten Mal: Wir sind uns einig über die Senkung des Quorums auf 25 %.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Wir sind uns einig, dass der Positivkatalog ersatzlos gestrichen wird. Wir sind uns einig, dass wir einen Negativkatalog brauchen. Sie haben selber gesagt, dass man mit Ihnen reden könne. Für uns ist noch ein gravierender Punkt beim Negativkatalog die Frage: Wie behandeln wir Bebauungspläne? Werden diese in irgendeiner Form in den Negativkatalog aufgenommen oder nicht? Da sage ich ganz ehrlich: Unsere Haltung ist eher, dass wir etwas über den Bebauungsplan in den Negativkatalog aufnehmen müssen, als dass wir dies nicht tun müssten.

Jetzt ist nur noch die Frage: Wie bringen wir diese Gemeinsamkeiten formal in die Gemeindeordnung, in das entsprechende Gesetz? Da haben wir jetzt auch schon mehrfach erklärt – mit „wir“ meine ich die Koalitionsfraktionen –: noch dieses Jahr. Ich würde mir außerordentlich schäbig vorkommen, wenn wir diese Zusagen nicht einhalten würden.

Jetzt, Herr Stickelberger, könnte ich Ihnen ja einen Ratschlag geben und könnte sagen: Wenn das so ausdrücklich von den Koalitionsfraktionen erklärt wird, dann könnte man sich ja auch bei der Opposition einmal überlegen, ob man nicht sagt: Wenn das dieses Jahr noch passieren soll, dann stellen wir die Abstimmung über unseren Gesetzentwurf zurück.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es! Genau!)

Jetzt werden Sie mir entgegnen – und das ist Ihr gutes Recht –: Überlassen Sie bitte uns selber, wie wir unseren Gesetzentwurf behandelt haben wollen. Darauf sage ich Ihnen wiederum in aller Kollegialität: Überlassen Sie es den Regierungsfraktionen selber, in welchem Zusammenhang sie das, worüber wir einig sind, im Gesetz behandelt haben wollen.

(Beifall des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Jetzt kann ich nur noch einmal sagen: Wir planen ein größeres Paket, nicht nur die Erleichterung von Bürgerentscheiden, sondern auch noch andere Regelungen. Ich sage noch einmal zum Abschluss: Noch dieses Jahr wird dieses Paket in den Landtag eingebracht und vom Landtag verabschiedet werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Glück.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stickelberger, jetzt machen wir halt diesen dritten Akt, dieses Schauspiel noch einmal.

(Abg. Fischer SPD: Das ist kein Schauspiel! – Abg. Stickelberger SPD: Herr Pfister hat es doch wieder angekündigt!)

Nach der ersten Lesung und nach der Beratung im Innenausschuss heute dritter Teil, egal, ob jetzt Komödie oder Tragödie.

Herr Stickelberger, wenn Sie sich jetzt darauf beziehen, dass Sie den Gesetzentwurf deshalb eingebracht hätten, weil unser Fraktionsvorsitzender, Herr Pfister, in der Zeitung erklärt habe, dass wir das wollten, dann ist das an den Haaren herbeigezogen. Es ist doch unser bekannter Wunsch, dass wir die Quorumsabsenkung wollen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das steht in der Koaliti- onsvereinbarung!)

Dass der Fraktionsvorsitzende das auch in der Zeitung kundtut, ist doch ein ganz normaler Vorgang.

Herr Stickelberger, Sie wissen auch, dass schon vor geraumer Zeit der Kollege Heinz und bei der ersten Lesung und heute noch einmal der Kollege Scheuermann klar erklärt hat: In diesem Jahr wollen wir ein Gesamtpaket, das sowohl die Gemeindeordnung als auch das Wahlrecht betrifft, diskutieren.

Ich bin ausgesprochen dankbar dafür – da sind jetzt alle Zweifel ausgeräumt –, dass Herr Scheuermann das heute wieder gesagt hat: Es wird noch in diesem Jahr sein.

(Abg. Fischer SPD: Aber die Reaktion seiner Frak- tion zeigt ein anderes Bild! – Glocke des Präsiden- ten)

Herr Abg. Dr. Glück, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Aber selbstverständlich.

Herr Kollege Dr. Glück, Sie haben eben – wie der Kollege Scheuermann – auf das Gesamtpaket verwiesen. Können Sie mir sagen, welche wesentlichen Elemente – über die Bestimmungen, die wir jetzt diskutieren, hinaus – nach Ihrer Auffassung ebenfalls geändert werden sollen?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das gibt Überraschun- gen!)

Es geht unter anderem um die Kompatibilitätsfrage bei Verwandten. Aber mich verwundert Ihre Frage ein bisschen, Herr Stickelberger, denn genau das haben wir mit Ihnen im Vorfeld besprochen, und wir haben Sie eingeladen, mit uns gemeinsam zu diskutieren, dieses gesamte Paket durchzuarbeiten und einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen. Das soll noch in diesem Jahr geschehen. Herr Scheuermann, ich will es noch einmal sagen: Ich bin dankbar, dass Sie es noch einmal so klar formuliert haben, aber da stand kein Zweifel im Raum.

Herr Stickelberger, ich kann Ihnen den Vorwurf einfach nicht ersparen. Ich habe es Ihnen schon bei der ersten Lesung gesagt: Sie spielen hier Lokomotive, aber im Grunde genommen sind Sie doch der Trittbrettfahrer.

(Abg. Fischer SPD: Also, Herr Kollege Glück, das ist jetzt aber ein starker Hammer!)

Machen Sie mit bei einer vernünftigen Diskussion! Wir wollen die Abschaffung des Positivkatalogs. Wir wollen die Formulierung eines möglichst kleinen Negativkatalogs. Wir wollen eine Absenkung auf 25 %. Diskutieren Sie mit. Aber für die heutige Schau habe ich nicht sehr viel Verständnis.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut! – Abg. Stickelberger SPD: Sie haben ja noch nicht einmal eine Fahrkar- te!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Jetzt kommt die Dampf- maschine aus Ulm! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich bemühe mich. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte fast sagen: Wir sind jetzt ja unter uns; aber die Besucherränge sind durchaus noch gut gefüllt. Insofern ist das Anliegen

der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses, für dieses Thema die Öffentlichkeit herzustellen, heute nur in sehr beschränktem Umfang möglich.