Konkret fordern Sie hierzu eine Atmosphäre des Vertrauens in den Schulen. Da haben Sie meine volle Unterstützung. Wie soll Schule ohne Vertrauen überhaupt gelingen? Aber wir sind uns hoffentlich auch einig, dass sich Vertrauen nicht von oben verordnen lässt, sondern vor Ort entstehen muss. Das ist ein Entwicklungsprozess. Ich nehme an, dass Sie die geforderten neuen Beteiligungsformen sozusagen als vertrauensbildende Maßnahmen verstehen.
Damit sind wir wieder an dem Punkt angekommen, an dem Sie konkret die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler am Schulkonzept und an all den weiteren von mir bereits genannten Dingen fordern, nämlich wiederum vor Ort. Diese Beteiligung ist gewährleistet und ist – wie auch die Beteiligung der Eltern und aller anderen am Schulleben Beteiligten – geradezu Bestandteil der Verpflichtung, ein eigenes Schulkonzept zu erarbeiten. Oder umgekehrt gesagt: Man kann nicht ein eigenes Schulkonzept erarbeiten und dies nicht mit Vertrauen, sondern mit Misstrauen machen.
Sie fordern weiter die Entwicklung praxistauglicher Beteiligungsformen. Was das sein soll, führen Sie aber nicht aus. Insofern wird auch nicht klar, ob Sie damit zum Ausdruck bringen wollen, dass die gegebenen Beteiligungsformen nicht praxistauglich seien. Aber Sie weisen darauf hin, dass an einigen Schulen bereits praxistaugliche Beteiligungsformen entwickelt worden seien. Damit wird mir die Zielrichtung Ihres Antrags noch etwas unklarer.
Um es kurz zu machen: Wollen Sie diese Formen durch Verordnung auf alle Schulen des Landes übertragen sehen – Sie sagen hoffentlich Nein –, oder wollen Sie die eigenständige, eigenverantwortliche Schule – Herr Kollege Traub hat genau darauf hingewiesen; das ist auch der Punkt –, die ihr Profil, ihr Schulkonzept und ihr Schulcurriculum in eigener Verantwortung entwickelt und die in dieser eigenen Verantwortung auch die vor Ort praxisgerechten Formen der Beteiligung von Schülerinnen und Schülern hieran entwickelt?
Falls es nicht klar sein sollte, sage ich noch einmal: Meine Antwort und die Antwort der FDP/DVP hierauf ist klar: Die
FDP/DVP ist für eigenständige und eigenverantwortliche Schulen, selbstverständlich unter Beteiligung aller, die zum Schulalltag gehören – natürlich auch unter Beteiligung der Schülerinnen und Schüler.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute einen speziellen Aspekt dessen, was wir gestern schon bei der Debatte über die Bildungsplanreform debattiert haben, nämlich die Frage: Wie gelingt die Weiterentwicklung von Schulkultur unter dem besonderen Blickwinkel der Schülerinnen und Schüler? Die Weiterentwicklung von Schulkultur findet in der Verantwortung der Schulen statt.
Sie umfasst alle am Schulleben Beteiligten; ich will das bei dieser Gelegenheit sagen. Da geht es nicht nur um Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, sondern auch um Eltern, Schulumfeld und Schulträger,
die ich hier ausdrücklich mit in die Pflicht nehmen möchte. Heute Nachmittag steht die Frage im Mittelpunkt: Welche Rolle spielen dabei die Schülerinnen und Schüler?
Wir sind derzeit dabei, eine pädagogische Leitidee unter der Überschrift „In Gemeinschaft leben – Demokratie lernen“ zu entwickeln, die den Schulen zur Unterstützung dieses Prozesses ebenfalls an die Hand gegeben wird und die deutlich macht, dass wir die Weiterentwicklung der Schulen unter Beteiligung der Schülerinnen und Schüler vonstatten gehen sehen wollen. Die Schülerinnen und Schüler sollen Verantwortung übernehmen. Das sollten sie übrigens schon immer, aber das, was in Schulen an Entwicklungsprozessen abläuft, wird bedingen, dass die Schülerinnen und Schüler mehr Verantwortung übernehmen können und sollen.
Die Schülerinnen und Schüler sollen auch lernen, ihre eigenen Interessen zu organisieren und konkrete Felder der Mitwirkung zu entwickeln; auch das tun sie schon fortlaufend. Die besten Konzepte zur Gewaltprävention in der Schule gelingen dann, wenn Schülerinnen und Schüler eine aktive Aufgabe übernehmen, weil sie sehr viel früher erkennen können, wo Konflikte entstehen, und vielleicht auch den besseren Zugang zu Gleichaltrigen haben. Das ist hierfür ein gutes Beispiel. Aber auch bei der Entwicklung des projektorientierten Arbeitens ist es sinnvoll, dass Schülerinnen und Schüler sehr früh mit ihren Ideen teilhaben.
Im Mittelpunkt der Debatte über die Bildungsplanreform stehen die Bereiche Schulcurricula, Evaluation und Schulprofil. Für alle diese zentralen Bereiche ist vorgesehen – durch eine von uns vollzogene Änderung der Konferenzordnung in der letzten Artikelverordnung –, dass die letzte Entscheidung darüber in der Schulkonferenz fällt.
In der Schulkonferenz sind die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler beteiligt. Sinn macht deren Beteiligung in der Schulkonferenz nur dann, wenn sich alle Gruppen, die dort beschließen müssen, bereits vorher mit dem jeweiligen Gegenstand beschäftigt haben, das heißt, wenn ihnen alle notwendigen Unterlagen rechtzeitig zugegangen sind und wenn es die Möglichkeit zu Beratungen gegeben hat.
Wir wollen ausdrücklich, dass Schulcurricula unter Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern in der Schulkonferenz abgestimmt werden. Wir wollen ausdrücklich, dass Schülerinnen und Schüler an der Evaluation beteiligt werden. Frau Kollegin Rastätter, wenn ich Sie vorhin richtig verstanden habe – es gab in der Tat einige Nebengeräusche –, kennen Sie die im Internet stehenden Evaluationsbögen bereits. Unter dem Stichwort „Evaluationsinstrumente für Schulen“ sind für diejenigen Schulen, die die Instrumente bereits einsetzen möchten, schon heute von uns im Internet Unterlagen eingestellt. Diese Unterlagen weisen die von Ihnen vorhin aufgeführten Fragen aus. Es ist klar, dass das auch in Zukunft an der Schule Bestandteil einer umfassenden Evaluation sein wird.
Ich will hier deutlich machen, dass die Evaluation der Schulen dazu dient, Schulen Hinweise zu geben, wie sie ihren eigenen Entwicklungsprozess reflektieren und verbessern können.
Sie sollen zu einer Selbsterkenntnis kommen, die ihnen hilft, ihre Schule fortlaufend zu verbessern. Das kann natürlich nicht ohne eine Rückmeldung von Schülerinnen und Schülern gehen.
Ich denke, dass dies Hinweise sind, die die Ernsthaftigkeit des Anliegens unter Beweis stellen, dass wir eine umfassende Beteiligung von Schülerinnen und Schülern haben wollen.
Nun hat der Kollege Bayer sehr auf institutionelle Fragen abgehoben. Ich glaube, das Entscheidende hierbei ist, wie die Prozesse in den Schulen ablaufen,
dass wir die Freiräume dafür schaffen, dass wir deutlich machen, wo die Verantwortung liegt und welche Erwartungshaltung wir haben. Diese Prozesse können wir aber eben nicht durch Vorschriften regeln. Das ist ja das Interessante an der Dynamik der hier anstehenden Prozesse.
Ich möchte deswegen auch aus dem zitieren, was in den Evaluationsunterlagen über die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern steht:
Schülerinnen und Schüler werden dem Alter und Bildungsgang gemäß in pädagogische und organisatorische Entscheidungsprozesse der Schule mit einbezogen. Die Beteiligungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler an der Gestaltung des Schullebens werden regelmäßig evaluiert, und aus den Ergebnissen werden Konsequenzen gezogen.
Das sind alles ganz eindeutige Willensbekundungen, die man durch eine mehr ins formale gehende Diskussion nicht relativieren sollte.
Ich will Ihnen ergänzend zu dem, was wir an Abläufen und an Beteiligungsmöglichkeiten in der Schule in Zukunft erwarten, auch sagen, dass wir in einigen anderen Bereichen bereits Abläufe kennen, die belegen, dass das nicht nur eine Absichtserklärung, ein Muster ohne Wert ist. Vielmehr haben wir hier sehr ernsthafte Vorgaben für den anstehenden Prozess gegeben.
Ich will den Landesschülerbeirat erwähnen. Der Landesschülerbeirat ist die Vertretung der Schüler auf Landesebene. Der Landesschülerbeirat hat de facto die gleiche Rechtsposition wie der Landesschulbeirat, ist also kein abgewertetes Gremium. Der Landesschülerbeirat hat sich an der Entwicklung der neuen Bildungspläne umfassend beteiligt. Er hat sie durchgearbeitet, hat dazu Stellung genommen und hat erkennen lassen, dass er die Möglichkeit sieht, Verantwortung zu übernehmen, mitzuwirken und eigene Positionen einzubringen. Ich bin dem Landesschülerbeirat für diese konstruktive Haltung in dem soeben ablaufenden und zum größten Teil schon abgelaufenen Prozess sehr, sehr dankbar.
Ich glaube, es gibt auch noch andere Beispiele dafür, wie sich die Möglichkeit von Schülerinnen und Schülern, am Schulleben aktiv teilzunehmen, widerspiegelt. Ich möchte den Landeschülerkongress in Karlsruhe nennen, an dem Sie, Frau Kollegin Rastätter, auch teilgenommen haben. Dort waren 800 Schülerinnen und Schüler. Das war keine einmalige Veranstaltung. Wir haben dort eine sehr tief gehende Diskussion über alle Aspekte der Bildungsplanreform führen können. Ich habe feststellen können, dass die Schülerinnen und Schüler dieses Landes, die zahlreiche Schulen vertreten haben, mit dem, was wir hier in Gang gebracht haben, außerordentlich einverstanden sind. Sie erkennen die Chancen für die Weiterentwicklung von Schule, und sie sind bereit, hier konstruktiv mitzuarbeiten.
Ein anderer Hinweis darauf, wie Schülerinnen und Schüler aktiv demokratisch handeln, sind Schülerzeitungen. In der letzten oder vorletzten Woche ist der Bundeswettbewerb Schülerzeitschriften mit der Preisvergabe durch den Bundespräsidenten abgeschlossen worden. Von bundesweit 21 Preisträgern kommen acht aus Baden-Württemberg, und eine neunte Schule aus diesem Land hat einen Sonderpreis erhalten. Das heißt, weit über ein Drittel aller ausgezeichneten Schülerzeitungen kommen aus Baden-Württemberg. Das ist für mich ein ganz sicheres Indiz dafür, wie Schülerinnen und Schüler in diesem Land Demokratie in der Schule leben, und im Übrigen auch ein Hoffnungszeichen dafür, dass sie sich in die anstehenden Prozesse konstruktiv einbringen werden.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 13/2147. Sie wünschen Abstimmung.
Ich lasse über den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2147, abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Innenministeriums – Verwaltungsreform in BadenWürttemberg; hier: Modernisierung der verwaltungsinternen Fachhochschulen – Drucksache 13/2042
Das Präsidium hat als Redezeit für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Verwaltungen ändern sich. Sie müssen modernisiert werden. Die Hochschulen im Land ändern sich.
Sie werden selbstständiger. Sie bekommen das Recht, immer mehr Studierende selbst auszuwählen. Sie führen gestufte Studiengänge – Bachelor und Master – ein. Nur bei den verwaltungsinternen Fachhochschulen im Land soll alles beim Alten bleiben, da soll sich nichts ändern. So muss man die Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag zum Thema „verwaltungsinterne Fachhochschulen“ lesen.