Protokoll der Sitzung vom 06.05.2004

Sie werden selbstständiger. Sie bekommen das Recht, immer mehr Studierende selbst auszuwählen. Sie führen gestufte Studiengänge – Bachelor und Master – ein. Nur bei den verwaltungsinternen Fachhochschulen im Land soll alles beim Alten bleiben, da soll sich nichts ändern. So muss man die Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag zum Thema „verwaltungsinterne Fachhochschulen“ lesen.

Wir wollen die internen Fachhochschulen, an denen das Verwaltungspersonal der Kommunen und des Landes ausgebildet wird, externalisieren. Das heißt, wir wollen sie öffnen, wir wollen sie in die normale Hochschullandschaft integrieren, wir wollen gestufte Studiengänge einführen, und wir wollen dafür sorgen, dass normale Studierende an diesen Fachhochschulen studieren können.

Zwei einfache und plausible Gründe sprechen dafür: Zum einen wäre es wirtschaftlicher und sparsamer, und zum anderen würde dadurch die Ausbildung besser, und die Berufsaussichten für die Absolventen würden sich verbreitern.

Man muss doch einmal fragen, welchen Sinn es heutzutage machen soll, dass Wissenschaftsminister Frankenberg durch das Land zieht und an allen Orten für Studiengebühren wirbt, während man an den Beamtenfachhochschulen Geld dafür kriegt, dass man studiert. Man muss sich doch einmal fragen, welchen Sinn es machen soll, dass überall Verwaltungskostenbeiträge für Studierende eingeführt und durchgesetzt werden, während die Beamtenfachhochschulen davon ausgenommen sind.

Würde man die Bezahlung von Beamtenanwärtern an diesen Fachhochschulen einstellen, würde man ein Einsparpotenzial von rund 26 Millionen € realisieren. Das ist ja eine erkleckliche Summe. Dabei sind noch nicht einmal die Eigenbeteiligungen durch Verwaltungskostenbeiträge oder mögliche Studiengebühren eingerechnet.

Die zweite Frage, die sich stellt – und die ist noch wichtiger als das Kostenargument –, ist die Frage nach der Qualität. Wie kriegen wir eigentlich das beste Personal für unsere Verwaltung? Wie kriegen wir die motiviertesten jungen Menschen für eine Verwaltungslaufbahn? Ich bin davon überzeugt, wir kriegen sie nicht, indem wir den jungen Menschen versprechen: „Kommt in die Verwaltungshochschulen, weil man da von Anfang an vom zukünftigen Arbeitgeber schon für das Studieren bezahlt wird, weil man von Beginn an eine Einstellungsgarantie bekommt. Alle werden in Besoldungsgruppe A 9 eingestellt und auf die Schiene gesetzt für eine lebenslange Beamtenlaufbahn – unabhängig von Studienerfolg, unabhängig von Leistungen.“ Ich glaube, motivierte – –

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Bauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Blenke?

Gerne. Er hat sich schon so lange bemüht.

Bitte schön, Herr Blenke.

Frau Kollegin Bauer, entschuldigen Sie, ich muss ein Stück zurückgreifen, aber der Herr Präsident hatte meine Wortmeldung zunächst falsch gedeutet.

(Unruhe – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Man ver- steht kein Wort!)

Zu Ihrer Frage, ob es berechtigt sei, dass an den verwaltungsinternen Fachhochschulen im Gegensatz zu anderen Hochschulen Gehälter gezahlt werden: Meinen Sie nicht, dass man da den Unterschied zwischen den Hochschulen sehen müsste?

Nehmen Sie die Fachhochschule für Polizei in VillingenSchwenningen: In der Regel haben dort die Studierenden schon eine erhebliche längere Dienstzeit im mittleren Dienst hinter sich, haben Familie und sind in das Berufsleben integriert. Wäre es denen zuzumuten, wie Sie es sagen, drei Jahre lang in Villingen-Schwenningen ohne Gehalt zu studieren? Und was macht deren Familie so lange?

Lieber Herr Kollege, hätten Sie unseren Antrag gelesen, dann hätten Sie gemerkt, dass wir die Fachhochschule Villingen-Schwenningen ausgenommen haben,

(Abg. Blenke CDU: Ups! Peinlich!)

weil genau für diese Fachhochschule tatsächlich kein Markt entsteht, keine erweiterten Berufsaussichten entstehen. Genau deshalb haben wir für Villingen-Schwenningen eine Ausnahme gemacht.

(Abg. Blenke CDU: Gut! Ist akzeptiert!)

Wir glauben, junge Menschen für eine moderne Verwaltung zu gewinnen bedeutet auch, ihnen mehr Berufsfelder zu erschließen und sie nicht auf eine zu enge Schiene zu setzen, dass sie nur in der Verwaltung tätig sein können. Sie müssen heutzutage vielmehr auch andere Anschlussmöglichkeiten bekommen; sie müssen auch im öffentlichen Bereich, der verwaltungsnah ist, arbeiten können; sie müssen auch in der Privatwirtschaft, die mit Verwaltungen kooperiert, arbeiten können. Es ist im Interesse der jungen Menschen, dass wir künftig nicht nur einen Abschluss anbieten, sondern neue Berufsfelder erschließen.

Um das zu erreichen, muss man mit anderen Fächern, mit einer betriebswirtschaftlichen, juristischen Fächerkultur kooperieren, und deshalb ist eine Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen im Land unerlässlich.

Die Vorschläge sind übrigens allesamt nichts Neues. Es gibt immer mehr Bundesländer, die diesen Weg erfolgreich beschreiten. Inzwischen sind es die Länder Berlin, SachsenAnhalt, Hamburg, Bremen, Brandenburg. Auch NRW hat sich auf den Weg gemacht, seine eigenen internen Verwaltungshochschulen zu externalisieren. Ich meine, es werden wohl gute Gründe dafür sprechen: nicht nur, weil die Finanzen knapp sind, sondern auch, weil man besseres Personal rekrutieren kann.

In den Neunzigerjahren hat die grüne Landtagsfraktion schon einmal einen Antrag gestellt, über die Externalisierung der Verwaltungshochschulen nachzudenken. Damals haben wir von Ministerpräsident Teufel die Antwort bekommen: Wir wollen keine Alleingänge. Inzwischen, über zehn Jahre später, muss man sagen: Wir müssen aufpassen, dass Baden-Württemberg nicht als letztes Land noch die Verwaltungsfachhochschulen als interne Einrichtungen konserviert und damit ein völlig überaltertes und überteuertes Modell fortführt.

Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag eingebracht, mit dem wir empfohlen haben, mit der Externalisierung zu beginnen. Damals ist bei den Beratungen von allen Parteien Interesse signalisiert worden, über diese Frage nachzudenken, nur seien die Haushaltsberatungen nicht der richtige Ort, darüber nachzudenken. Jetzt ist es der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt; jetzt müssten wir diese Weichen stellen. Jetzt hätten wir noch Zeit, im Vorfeld der nächsten Doppelhaushaltsberatungen die entsprechenden Schritte einzuleiten. Jetzt ist das Verfahren mit dem neuen Landeshochschulgesetz eröffnet. Genau da müsste die Überleitung der internen Verwaltungsfachhochschulen in die Hochschullandschaft hineingeschrieben werden.

Deshalb bitte ich Sie: Schließen Sie sich diesem Anliegen an! Das hätte auch den Vorteil, dass man diese Reform einmal nicht gegen den Willen der Betroffenen durchsetzen müsste. Denn die Verwaltungsfachhochschulen selber signalisieren großes Interesse an mehr Flexibilität, an Bachelor- und Masterstudiengängen und an einer Öffnung. In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Anliegen zuzustimmen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Herrmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen die bewährte Ausbildung an den verwaltungsinternen Fachhochschulen in Baden-Württemberg weiterentwickeln.

Frau Kollegin Bauer, Sie haben gesagt, es bleibe alles beim Alten, es habe sich nichts geändert und es würde sich nichts ändern. Ich will Ihnen einmal aufzählen, was in den letzten Jahren alles getan worden ist, um die Verwaltungsfachhochschulen zu verändern, zu modernisieren und die Ausbildung insgesamt zu verbessern: Die fachwissenschaftliche Qualität der Ausbildung insbesondere für die Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes in der Innenverwaltung wurde verbessert, indem man Diplomarbeiten eingeführt und die Struktur und Methodik der Lehrveranstaltungen geändert hat. Die volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Elemente in der Ausbildung sind heute sehr viel stärker berücksichtigt als die reinen Rechtsfächer: durch Veränderungen im Vorlesungsplan, durch die Einführung eines WZweiges mit Schwerpunkt Wirtschaft, durch Praktika in Wirtschaftsunternehmen.

(Abg. Kübler CDU: Ja!)

Dadurch wird erreicht, dass die künftigen Beamtinnen und Beamten in unserem Land bereits in ihrer Fachhochschulausbildung stärker wirtschaftliches und unternehmerisches Denken und Verhalten lernen. Wie Sie angesichts dessen dazu kommen können, zu sagen, es bleibe alles beim Alten, ist mir absolut rätselhaft.

Weiterhin gibt es zwei Aufbaustudiengänge, und zwar zum einen das europäische Verwaltungsmanagement in Zusammenarbeit der beiden Fachhochschulen Kehl und Ludwigsburg. Hierzu sage ich allerdings auch: Dieser Studiengang ist leider in vielen Verwaltungen noch viel zu wenig bekannt, und hier müssen wir noch einiges tun, um die Chancen der Absolventen zu verbessern.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Ein zweiter Aufbaustudiengang ist das Kulturmanagement in Zusammenarbeit von Pädagogischer Hochschule Ludwigsburg und Fachhochschule Ludwigsburg.

Besonders wichtig ist für uns: Wir wollen den engen Praxisbezug der Ausbildung und speziell den Praxisbezug des Fachhochschulstudiums beibehalten, indem wir weiterhin zahlreiche Dozenten aus der Praxis an der Fachhochschule für Verwaltung als Ergänzung zu den Professoren haben. Den engen Praxisbezug wollen wir auch durch Praktika während der Studienzeit beibehalten.

Dazu ist es nicht notwendig, eine Externalisierung der bisherigen internen Fachhochschulen vorzunehmen. Bei der Steuerverwaltung wurde das auf Bundesebene geprüft. Dort ist der Bund zuständig. Aus guten Gründen wurde das abgelehnt. Aus der Stellungnahme der Landesregierung geht eindeutig hervor, dass man auch die Externalisierung der Fachhochschulausbildung für die Beamtenanwärter in der kommunalen Verwaltung und in der Landesverwaltung geprüft hat. Aber die Vorteile des bisherigen Systems überwiegen hier eindeutig. Denn eine Externalisierung würde eine Verwissenschaftlichung der Ausbildung und eine Verringerung des Praxisbezugs bedeuten. Da wir diese internen Fach

hochschulen dem Grunde nach beibehalten wollen, sind wir auch der Auffassung, dass der von der SPD vorgelegte Antrag in die falsche Richtung geht. Von uns wird er abgelehnt.

Frau Bauer, Sie haben die Abschaffung der Anwärterbezüge angesprochen. Man muss sich einfach darüber klar werden, dass die Fachhochschulen für Verwaltung nicht mit Universitäten oder anderen externen Fachhochschulen vergleichbar sind. Würden wir die Anwärterbezüge abschaffen, dann würde man nur aus Kostengründen die gute und bewährte Ausbildung verschlechtern. Das wäre aus unserer Sicht der falsche Weg.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Dann haben Sie, Frau Bauer, noch gesagt, es gebe eine Anstellungsgarantie für die Absolventen der Fachhochschulen. Das ist einfach falsch.

(Abg. Kübler CDU: Das glaubt kein Mensch!)

Die Absolventen der Fachhochschulen müssen sich nach Abschluss ihrer Ausbildung genauso bewerben wie alle anderen auch. Wenn man nun eine vollständig wissenschaftliche Ausbildung ohne Praxisbezug machen würde, dann müsste man auch die Anstellung höher als in A 9 vornehmen. Das erforderte höhere Kosten, die dann auf das Land und die Kommunen zukämen. Das haben Sie in Ihrer Rechnung, die Sie vorhin aufgestellt haben, völlig unterschlagen. Im Ergebnis wäre das keinerlei Einsparungsgrund.

(Abg. Kübler CDU: Deshalb ist sie auch gegan- gen!)

Herr Kollege Kübler sagt zu Recht, dass sie wahrscheinlich deshalb gegangen ist, weil unsere Argumente einfach besser sind.

(Abg. Alfred Haas CDU: Erschlagen!)

Vorletzter Punkt: Wir wollen auch, dass die Kommunen weiterhin bei der Bewerberauswahl mit beteiligt bleiben, so wie das bisher der Fall ist. Aber ich habe gesagt, wir seien für eine Weiterentwicklung. Wir wollen, dass künftig gestufte Studienabschlüsse, nämlich Bachelor- und Masterabschlüsse, auch an den internen Fachhochschulen möglich sind. Ich sage klar: Nachdem die Fachhochschulen immer mehr in Konkurrenz zu den Berufsakademien treten, bin zumindest ich persönlich der Auffassung – ich glaube, dass das auch in meiner Fraktion mehrheitsfähig sein wird –, dass wir den praktischen Teil der Ausbildung im gehobenen Dienst von bisher zwei auf eineinhalb Jahre reduzieren, aber die Praxisanteile im Studienteil an der Fachhochschule künftig beibehalten sollten. Mit einer Gesamtausbildungszeit von dreieinhalb Jahren und der Möglichkeit gestufter Studienabschlüsse erreichen wir Weiterentwicklungen der internen Verwaltungsausbildung, erhalten wir Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Absolventen der Berufsakademien und behalten wir weiterhin eine praxisbezogene und an der Thematik vor Ort orientierte Ausbildung des Beamtennachwuchses im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Klein- mann FDP/DVP: Gut!)

Das Wort erhält Herr Abg. Kaufmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema, das heute auf der Tagesordnung steht, ist nicht ganz neu. Der entsprechende Antrag der Grünen wurde auch schon vor einem Jahr eingebracht. In der Tat bleibt das Thema aber auf der Tagesordnung. Gegenüber der Diskussion, die vor einem Jahr und in der vergangenen Legislaturperiode geführt wurde, hat sich allerdings einiges verändert.

Die internen Fachhochschulen beklagen nämlich einen Reformstau, und das mit Recht, weil die Politik noch nicht klar gemacht hat, ob das, was Sie, Herr Herrmann, hier eben auch vorgetragen haben, nämlich die Anpassung an den Bologna-Prozess mit konsekutiven Studiengängen und mit gestuften Abschlüssen, tatsächlich realisiert wird und ob eine Bologna-adäquate Ausbildungsreform auch an diesen internen Fachhochschulen vollzogen wird. Das ist in Kehl und in Ludwigsburg durchaus möglich. Da sollten wir Farbe bekennen und auch die notwendigen Vorgaben seitens der Politik machen.

Herr Herrmann, Sie haben wohl, wenn ich das richtig verstanden habe, auch den Anstoß des Gemeindetags aufgenommen, der eine Reform vorsieht, nämlich eine dreijährige Ausbildung mit dem entsprechenden Praxisbezug.

(Abg. Herrmann CDU: Ich habe dreieinhalb Jahre gesagt!)