Protokoll der Sitzung vom 06.05.2004

(Abg. Herrmann CDU: Ich habe dreieinhalb Jahre gesagt!)

Ich würde für diese drei Jahre plädieren,

(Abg. Herrmann CDU: Das ist falsch!)

weil die Ressourcen, die dann frei werden, dazu benutzt werden können, um auch entsprechende Masterstudiengänge neben dem, was bisher schon angeboten wurde, auf den Weg zu bringen. Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit dieser Fachhochschulen. Das wäre unseres Erachtens der richtige Weg.

Meine Damen und Herren, Sie sollten eine klare Aussage machen, wohin der Weg führen soll. Das haben wir hier in diesem Hause vermisst.

(Beifall bei der SPD)

Die eigentliche Problematik – ich weiß nicht, ob das alle richtig verstehen – besteht ja darin, dass in manchen Köpfen noch das Modell Haigerloch eine gewisse Rolle spielt und man in diesem Zusammenhang den Ministerpräsidenten, meine ich, überzeugen muss,

(Zuruf des Abg. Dr. Glück FDP/DVP)

dass im Moment eine Reform der Ausbildung notwendig ist und dass man sich auch hier anpassen muss.

Die Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst muss sich der neueren Entwicklung stellen, denn sie soll die zukünftigen Führungskräfte für den gehobenen Dienst qualifizieren. Da stehen die Fachhochschulen in der Tat in harter Konkurrenz zu den Berufsakademien. Die Fachhochschulen vor Ort beklagen die Qualität der Bewerber, weil es offen

sichtlich andere Studiengänge gibt, die interessanter sind. Dazu gehören die Studiengänge an den Berufsakademien, bei denen die Studierenden auch eine Vergütung bekommen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jawohl!)

Deshalb unser Antrag, der den Weg zeigt. Der Weg heißt: gestufte Studienabschlüsse in Form von Bachelor und Master, Anpassung an den Bologna-Prozess und gleichzeitig zusätzliche Angebote an den Fachhochschulen, die man auch Externen zugänglich machen kann. Das hat noch nichts mit Externalisierung zu tun. Die Externalisierung kann langfristig ein Ziel sein, Frau Bauer. Im Moment halten wir sie für nicht durchführbar. Sie wäre auch kontraproduktiv, weil sie nämlich für die Studierenden die Bedingungen verschlechtert, insbesondere in der Konkurrenzsituation, in der sich die Fachhochschulen gegenwärtig mit den Berufsakademien befinden. Deswegen halten wir dies im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht für angeraten. Es gibt auch eine Reihe von beamtenrechtlichen Fragen, die noch abzuklären sind. Unser Antrag geht in die Richtung, dass man hier eine weitere Prüfungsphase einführt und die Frage der Externalisierung nach Ablauf von beispielsweise fünf Jahren dem Landtag noch einmal zur Entscheidung vorlegt.

Insoweit, denke ich, können wir dem Vorschlag der Fraktion GRÜNE – Abschaffung der Beamtenanwärterbezüge – nicht folgen. Wir möchten hier kein Sparmodell, sondern wir möchten eine Qualitätsverbesserung. Das ist das Entscheidende, worauf es uns ankommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Es ist in der Tat so: Das Rückgrat der öffentlichen Verwaltung ist in der Regel der gehobene Dienst. Für ihn wollen wir die Ausbildungsmöglichkeiten, aber auch mit diesen Studiengängen die Aufstiegsmöglichkeiten verbessern. Das sollten wir jetzt tun und auch das, was an Bedürfnissen und Anliegen der Fachhochschulen an uns herangetragen wird, auf einen richtigen Weg bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Glück.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir betrachten den Antrag der Grünen in manchen Teilen durchaus mit Sympathie. Da ist zunächst einmal der Wunsch der Fachhochschulen nach Öffnung. Ich darf dieses Wort benützen. Bei „Externalisierung“ bricht mir jedes Mal fast die Zunge ab.

Die Fachhochschulen wollen die Öffnung, weil sie rückläufige Bewerberzahlen kompensieren wollen, vor allem aber auch, weil sie Schwankungen bei den Bewerbungen ausgleichen möchten. Die Fachhochschulen sehen auch eine bessere Verknüpfung der Verwaltungstätigkeit einerseits mit Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung andererseits – man spricht die gleiche Sprache –; das ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Es gibt auch den Wunsch der Fachhochschulen zu einer vollständigen Öffnung, sprich die Aufnahme von Studenten, die ein ganz anderes Berufsbild

haben. Das ist aus Sicht der Fachhochschulen natürlich verständlich.

Es gibt allerdings auch eine Fülle von Gründen, die dagegen sprechen. Zunächst einmal haben wir eine anerkannt gute Ausbildung unserer Verwaltungsanwärter in Theorie und Praxis. Wir haben eine Ausbildung, die an die spätere Tätigkeit wirklich angepasst ist. Sie ist nicht überladen. Ich möchte hier auch keine „Verakademisierung“. Als Chirurg darf ich Ihnen sagen, dass ich den Eindruck habe: Je mehr Juristen irgendwo in einer Verwaltung sind, umso komplizierter werden die Vorgänge.

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Blenke CDU: Das tut uns schon weh! Das tut mir jetzt richtig weh!)

Ich bedanke mich für den Beifall der Nichtjuristen.

(Abg. Stickelberger SPD: Unglaublich! – Weitere Zurufe)

Eine Ausbildung dieser Art würde auch überfrachtet und verlängert werden.

(Abg. Kaufmann SPD: Mehr Praxis bei den Medi- zinern!)

Des Weiteren stand der Wunsch nach Stufenabschlüssen im Raum. Hierzu gibt es bereits Ansätze; es wurde vorhin schon erwähnt. Ich will nur noch kurz auf das Kooperationsmodell Ludwigsburg/Kehl eingehen: Führungskräfte auf europäischer Ebene. Hier ist es sicherlich richtig, zu überprüfen, ob nicht ein Zwischenabschluss im Sinne eines Bachelors möglich ist. In Schwetzingen, bei der Ausbildung der Rechtspfleger, ist das natürlich nicht möglich. Entweder ist jemand Rechtspfleger oder eben nicht.

Nun haben Sie, Frau Bauer, die Kosten der Anwärterbezüge angesprochen. Ich bezweifle, ob es andernfalls wirklich zu einer Kosteneinsparung käme. Wenn diese Studenten nichts mehr bekommen, werden sie BAföG beantragen.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Wir hätten natürlich auch erhebliche Mittel für die Berufseinführung zur Verfügung zu stellen. Bei einer längeren Studienzeit stünde sicherlich auch der Wunsch im Raum, dass anschließend in einer höheren Besoldungsstufe eingestellt wird. Ich habe auch die Befürchtung, dass aus einem Wegfall der Bewerberbezüge ein erheblicher Einbruch der Studentenzahlen resultieren würde. Sicherlich würden uns hinterher gute Leute in der Verwaltung fehlen.

(Zuruf von der SPD)

Ich fasse zusammen: Mit den Verwaltungsfachhochschulen in Baden-Württemberg sind wir insgesamt sehr gut bedient, was den Nachwuchs unserer Verwaltung angeht. Viele Reformen wurden bereits durchgeführt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Ausbildungszeit unter Verkürzung des praktischen Anteils auf dreieinhalb oder meinetwegen drei Jahre sinkt. Ich möchte, dass man sich ernsthaft darum bemüht, gestufte Studienabschlüsse zu bekommen. Aber bitte kein Schnellschuss! Wir haben eine hervorragende Ausbil

dungsstätte, die wir einfach sehr behutsam weiterentwickeln müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Gegenruf des Abg. Stickelberger SPD: Mit Aus- nahme der Bemerkung über die Juristen!)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Rech.

Auf diesen Zwischenruf habe ich gewartet. – Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Dr. Glück,

(Abg. Blenke CDU: Jetzt zu den Juristen!)

um einmal mit den Vorurteilen gegen Juristen anzufangen:

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Bestätigt! – Abg. Fischer SPD: Fangen Sie mal mit Ärzten an! – Abg. Herrmann CDU: Schon wieder ein Jurist! – Weitere Zurufe)

Wie Sie wissen, gehöre auch ich zu dieser Spezies, aber ich versichere Ihnen, dass Ihre Anmerkung bezüglich der Juristen in der Verwaltung zu keiner Koalitionskrise führen wird,

(Abg. Junginger SPD: Oh! Großzügig heute!)

weil auch ich der Meinung bin, dass gerade die sehr stark praxisbezogene Ausbildung unserer Anwärter und Beamten Baden-Württemberg zu dem gemacht hat, was es im Vergleich mit den anderen Bundesländern ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Stickelberger SPD: Trotz der Juristen!)

Im Ernst, meine Damen und Herren: Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir praktische Anschauungsbeispiele bekommen haben – bei der Wiedervereinigung, bei dem Erstarken der neuen Bundesländer. Überall dort, wo wir eine gut funktionierende, rechtsstaatlich effizient arbeitende Verwaltung haben – das gilt jetzt auch für die Beitrittsländer bei der EU-Osterweiterung –, ist dies ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Dort werden wir dann auch den Aufschwung dieser Länder erleben. Eine gute, effiziente und praxisnah arbeitende Verwaltung – ich unterstreiche: praxisnah – ist ein unschätzbarer Faktor auf dem Weg nach oben. Deswegen – Herr Kollege Kaufmann hat es, glaube ich, gesagt – sind wir mit dem Haigerlocher Modell gerade in Baden-Württemberg in all den zurückliegenden Jahren nicht schlecht gefahren. Dies will ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich betonen.

(Abg. Rückert CDU: Aber das stimmt! – Abg. Kaufmann SPD: Das war aber vor der Verwal- tungsreform!)

Jetzt will ich aber auch, damit die Grünen nicht gleich zu Beginn aufheulen, sagen: Ich habe sehr viel Verständnis für die ersten Sätze der Begründung Ihres Antrags, wenn Sie sagen, dass der Modernisierung der Verwaltung nicht nur in Bezug auf deren Struktur Rechnung getragen werden muss, sondern dass auch die Ausbildung und die Qualifikation un

(Staatssekretär Rech)

serer Verwaltungsbediensteten eine zunehmend größere Rolle spielen und reformiert werden sollten.

Der Kollege Klaus Herrmann hat hier detaillierte Ausführungen gemacht. Ich will deshalb die Redezeit nicht über Gebühr ausdehnen und mich dem anschließen. Er hat auf vieles hingewiesen, was da schon passiert ist. Aber sicherlich muss in der nahen Zukunft noch etliches hinzukommen. Ich will aber gleich sagen: Die Öffnungsdiskussion sollten wir tunlichst erst dann führen, wenn wir uns über Bachelorund Masterstudiengänge einig sind. Dann wäre der richtige Zeitpunkt hierfür gekommen.

Meine Damen und Herren, vielleicht vorweg noch ein Wort zu Ihnen, Frau Kollegin Bauer, weil Sie mich so ermunternd angucken.