Protokoll der Sitzung vom 18.07.2001

Sie tun mir ja auch Leid, aber ich muss das doch noch sagen; ich mache es auch ganz kurz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, da muss man drübergehen.

Zum letzten Punkt von Ihnen: die Bürokratie. Ich finde, wir sollten uns ein bisschen angewöhnen, einen Unterschied zwischen rechtsstaatlichen Verfahren und dem, was man abwimmelnd Bürokratie nennt, zu machen. Es gibt für den Zugang zum öffentlichen Dienst klare Spielregeln. Diese haben wir einzuhalten.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wenn wir sie nicht einhalten, landen wir vor Gericht. Wir sollten fair zu jenen sein, die in diesen Sommerwochen Tausende solcher Vorgänge nach rechtsstaatlichen Spielregeln zu gestalten haben.

Zweitens zu den Lehrerinnen, die nicht weiterbeschäftigt oder nicht eingestellt werden: Ich habe erst gestern ein Gespräch mit einem unserer Personalräte geführt, und zwar wesentlich über diesen Punkt. Um das Gespräch wurde gebeten, weil ich im Schulausschuss die Personalräte genau wegen des gleichen Punkts kritisiert habe. Die Personalräte haben mir wieder bestätigt, dass sie selbst im Fall von Krankheitsstellvertretungen aus ihrer Position heraus darauf bestehen müssen, dass es rein um die Leistungsziffer geht.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Quatsch!)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Das finde ich auch Quatsch, Herr Salomon. Aber ich sage das nur, damit wir einmal sortieren, wo welche Ursachen liegen.

Deshalb meine ich zu den Schritten, die wir zur Beteiligung der Schule bei Personaleinstellungen, bei Ausschreibungen usw. getan haben: Ich möchte mehr Schritte gehen. Aber wir alle haben dabei immer zu berücksichtigen, dass das Rechtsstaatsprinzip eine Rolle spielt und es nicht irgendeinen freien Zugang gibt, der unabhängig von Noten schnell gestaltet werden kann, und wir haben zu berücksichtigen, dass noch nicht alle, die beteiligt sind, mit uns in dieser Frage einig sind. Sie sind immer einig, wenn in der Zeitung steht, dass eine Bewerberin mit einem Notendurchschnitt von 1,4 – auch das Beispiel hat Frau Picker genannt – in Mannheim nicht eingestellt wird. Aber man muss wissen, dass von 130 Absolventen in Mannheim 40 mit Auszeichnung abgeschlossen haben und die Durchschnittsnote bei 1,6 lag.

(Abg. Döpper CDU: Da stimmt doch was nicht!)

Außerdem ist immer zu Recht gesagt worden, dass nicht allein die Durchschnittsnote eine Rolle spielen dürfe, sondern es auch auf anderes ankomme. Dann kann man sich beim nächsten Schritt aber nicht darüber aufregen, dass jemand mit 1,4 nicht eingestellt wird. Ich will das nur als Beispiel dafür nennen, wie widersprüchlich die öffentliche Debatte geführt wird.

Jetzt zu den Lehrerstellen. Frau Dederer ist jetzt leider hinausgegangen. Aber ich habe die Vermutung, dass Sie nach dem, was Sie, Frau Rastätter, gerade als Tabubruch bezeichnet haben, zunächst eine fraktionsinterne Debatte zwischen der Finanzpolitikerin und der Bildungspolitikerin führen werden. Denn wenn ich es richtig gehört habe, hat Frau Dederer heute Morgen gesagt: Wenn Herr Teufel viermal regiert, ist der Schuldenberg klar. Machen Sie das also erst einmal unter sich aus!

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das haben wir schon geklärt!)

Da bin ich schon gespannt. Sie regieren ja in einigen Ländern. Ich sage Ihnen einmal, wo der Lehrernotstand besonders groß ist und wo Sie regieren, wo Sie also nicht aus der Opposition heraus Anträge stellen müssen, sondern regieren dürfen. Fangen Sie da einmal an.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir leben in Ba- den-Württemberg, Frau Ministerin! – Abg. Teßmer SPD: Hic Rhodus!)

Damit, Herr Zeller, zu Ihnen. Ich habe das Beispiel Tettnang nach zwei Telefonaten mit dem Amtsleiter sehr sachlich mit Zahlen hier vorgetragen. Wir zwei unterhalten uns am Schuljahresbeginn über die Zahl der Stunden, die das Staatliche Schulamt Tettnang bekommen wird.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie werden schon noch welche kriegen!)

Ich weiß sehr genau, wie er auf die 500 kommt und warum die 500 nicht stimmen. – Mit Ihren Zwischenrufen, Frau Bregenzer, erhöhen Sie die politische Kultur in diesem Hause nicht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von den Grünen: Schulmeistern Sie nicht!)

Wir sind in zwei langen Telefonaten alle Zahlen durchgegangen. Da wird nicht einfach jemand einbestellt, sondern man kann auch telefonieren. Aber die Zahlen müssen stimmen, und ich lasse mir von Ihnen nicht sagen, dass das, was ich aus meinem Gespräch mit Herrn Wissenbach zitiere, nicht der Wirklichkeit entspricht. Das lasse ich mir von Ihnen nicht sagen. Darüber reden wir am Schuljahresbeginn.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Wir treten nun in die Mittagspause ein und setzen die Sitzung um 14:45 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:47 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:45 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und die Türen zu schließen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE – Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung – Drucksache 13/44

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion bei gestaffelten Redezeiten.

Herr Abg. Dr. Witzel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich mit einer kleinen Episode beginnen.

(Abg. Hauk CDU unter Hinweis darauf, dass sich kein Abgeordneter der Grünen im Plenarsaal be- findet: Wo sind denn die Unterstützer?)

Die sind schon alle überzeugt, Herr Hauk.

(Abg. Hauk CDU: Es ist doch ein Gesetzentwurf der Grünen, oder?)

Die kleine Episode war so: Vor einigen Monaten erhielt ich den Anruf einer besorgten Bürgerin. Sie sagte, sie habe gesehen, dass zwei Männer auf einem Nachbarhaus eine Antenne montiert hätten. Sie sei sehr besorgt hinausgegangen und habe gefragt, warum sie als Anwohnerin davon nichts erfahren habe, ob der Bürgermeister Bescheid wisse und das genehmigt habe. Von oben herab hätten ihr die zwei Arbeiter geantwortet, der Bürgermeister brauche darüber nicht Bescheid zu wissen. Auch sie selbst werde nicht einbezogen, und alles habe seine Richtigkeit. Deshalb rief sie mich ziemlich verzweifelt an.

Meine Damen, meine Herren, das ist genau die Situation, die vor Ort Konflikte schafft. Diese kleine Episode zeigt die Defizite, die derzeit bei der Errichtung von Mobilfunkmasten bestehen: Die Kommunen werden nicht informiert, die Anwohner werden nicht gehört, und die Kommunen haben praktisch keinen Einfluss auf die Standortwahl.

Dies gibt den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl der Ohnmacht, das führt in Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Kommunen hier im Land zu Konflikten. Diese Situation wollen wir ändern. Deshalb haben wir dazu einen Gesetzentwurf eingebracht.

Meine Damen, meine Herren, die Konflikte um den Mobilfunk sind aber nicht nur deshalb so scharf, weil die Beteiligungsmöglichkeiten so gering sind, sondern sie entstehen und gewinnen deshalb an Schärfe, weil Befürchtungen über die Gesundheitsrisiken des Mobilfunks weit verbreitet sind. Einige Studien sagen, die Strahlung solle Augenkrebs auslösen, andere weisen darauf hin, dass Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson dadurch gefördert werden könnten. Es gibt auch viele andere Befürchtungen.

Ich möchte an dieser Stelle diese Risiken nicht dramatisieren; denn längst nicht alles, was im Streit um Mobilfunkmasten an Sorgen, aber möglicherweise auch auf der anderen Seite an Beschwichtigungen vorgetragen wird, hält einer wissenschaftlichen Überprüfung stand. Meine Herren von CDU und FDP/DVP, Sie haben ja gerade gestern vom Umweltminister ein exklusives Hearing zu den Risiken des Mobilfunks bekommen. Wir mussten darauf verzichten, aber ich glaube, wir sind uns dennoch einig: Wenn wir die vorliegenden Studien ernst nehmen, müssen wir feststellen, dass viele dieser Studien auf Risiken hinweisen. Ich sage ganz bewusst, dass die Studien auf Risiken hinweisen. Zumindest wenn man die Studie des ECOLOG-Instituts herannimmt, die ja die vorliegenden Untersuchungen vergleichend zusammenfasst, kommt man zum Ergebnis: Es sind zwar Hinweise, aber keine Beweise.

Was ist in dieser Situation, in der die Wissenschaft keine klaren Aussagen macht, zu tun? Wir Grünen sagen: Es ist vorsorgender Gesundheitsschutz angesagt. Das lässt sich an vier Punkten festmachen. Davon wird nur der vierte Punkt auf Landesebene relevant sein, aber ich darf dennoch die ersten drei Punkte nennen, weil das ein zusammengehörendes Paket ist.

Erstens geht es um die Absenkung der Grenzwerte. Wir Grünen streben dazu eine Novellierung der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung an. Die Strahlungsgrenzwerte, die in Deutschland im europäischen Vergleich noch relativ hoch sind, sollen etwa um den Faktor 10 auf Werte abgesenkt werden, wie sie derzeit in der Schweiz vorgeschrieben sind.

Punkt 2: Verstärkte Forschung. Wir wollen, dass die Mittel für die Forschung in diesem Bereich erhöht werden, damit die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Gesundheitsrisiken zügig geklärt werden können. Im Haushaltsentwurf für 2002 wurden dazu auf Bundesebene bereits 4 Millionen DM bereitgestellt. Im Vergleich zu den 1,5 Millionen DM im laufenden Jahr ist das mehr als eine Verdoppelung und ein wichtiger Schritt nach vorn.

Der dritte Punkt ist der verbesserte Verbraucherschutz. Wir wollen erreichen, dass die Handystrahlung auf das absolut notwendige Maß abgesenkt wird, und wir begrüßen es in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass die Hersteller die Strahlenwerte ihrer Handys ab Oktober veröffentlichen wollen. Zum Schutz von Kindern sind ergänzende Warnhinweise notwendig; auch dafür kann in einem ersten Schritt die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie dienen.

Jetzt komme ich zum vierten Punkt, dem Punkt, der hier auf Landesebene relevant ist, und das ist die Schaffung von mehr Öffentlichkeitsbeteiligung und Transparenz beim Bau neuer Basisstationen. Dazu wollen wir die Landesbauordnung so ändern, dass beim Bau neuer Sendemasten eine größere Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben wird und dadurch Kommunen und Anwohner mehr Einfluss auf die Standortwahl erhalten.

Um dies zu erreichen, schlagen wir in unserem Gesetzentwurf vor, dass auch Sendemasten unter 10 Meter Höhe genehmigungspflichtig werden. Diese einfache Änderung hätte dann folgenden Effekt: Erstens erhielten die Kommunen dann rechtzeitig Informationen, wo Anlagen gebaut werden sollen.

(Zuruf des Abg. Hillebrand CDU)

Zweitens würden im Baugenehmigungsverfahren die Anlieger gehört, und sie könnten Anregungen und Bedenken vorbringen sowie auch mögliche Alternativstandorte vorschlagen. Drittens fände anschließend ein Abwägungsprozess statt, bei dem auch alternative Standorte einbezogen werden könnten.

(Zuruf des Abg. Hillebrand CDU)