... es sei denn, Sie widersprechen Ihrer Aussage, die Sie gegenüber der Presse gemacht haben. Dann haben wir einen neuen Sachverhalt.
Ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal, Herr Wacker. Die neue Legislaturperiode hat jetzt begonnen. Da sind wir uns doch einig. Wir wollen mit diesem neuen Schuljahr und der neuen Legislaturperiode beginnen, die 1 100 Lehrerstellen zu schaffen, und nicht erst im nächsten Jahr, wie Sie das vorhaben. Wir wollen jetzt diese zusätzlichen Stellen für diese Legislaturperiode schaffen – haben Sie das nachvollzogen? – und nicht erst im Jahr 2006, wenn im Grunde genommen zusätzliche Lehrerstellen gar nicht mehr so notwendig sind. Jetzt ist es notwendig, die Stellen einzurichten. Ich hoffe, Sie haben es jetzt wenigstens verstanden.
Meine Damen und Herren, ich will noch ein paar Bemerkungen machen, obwohl es ja durchaus notwendig wäre, etwas detaillierter Stellung zu nehmen. Ich muss mich aber auf ein paar Bemerkungen zu dem beschränken, was die Frau Ministerin hier sehr breit dargestellt hat.
Ich sage Ihnen eines: Der Kern der ganzen Auseinandersetzung liegt darin, dass Sie mit Zahlen operieren, die offensichtlich bei denen, die damit umgehen müssen, die vor Ort an der Schule die Regelungen treffen müssen, nicht übereinstimmen. Da werfe ich Ihnen in der Tat vor, dass Sie hier die Situation nicht kennen. Ich schätze im Übrigen den Personalreferenten des Staatlichen Schulamts sehr. Ich weiß, dass er hier nicht irgendwie geschönte Zahlen aufgetischt hat. Ich bin im Übrigen gespannt, wann er zu Ihnen
nach Stuttgart zitiert und entsprechende Rüffel abholen wird. Ich denke aber, auch dies wird er aushalten.
Dieser zuständige Personalreferent hat nachgewiesen, dass im Ergänzungsbereich 3 200 zusätzliche Stunden notwendig sind, um Arbeitsgemeinschaften, Stütz- und Förderkurse, Kooperationen mit Kindergärten, LRS-Kurse, IMPULSE Hauptschule, Förderkurse für ausländische Schüler, Teilung in Fächern und, und, und umsetzen zu können. Von diesen notwendigen 3 200 Stunden bekommt das Staatliche Schulamt lediglich 500 Stunden zugewiesen. Jetzt stellen Sie sich hier hin und behaupten, dass die Welt in Ordnung sei und dass das, was dieser Mann konkret vor Ort ausgerechnet hat, nicht zutreffe. Da sage ich Ihnen, Frau Ministerin, dass die Situation eben eine andere ist, als Sie hier ständig darzustellen versuchen. Das ist nämlich der entscheidende Punkt.
Ein weiterer Punkt: Für 114 Lehrkräfte im Bereich der Grund- und Hauptschulen gibt es befristete Beschäftigungsverträge. Diese sind zum Schuljahresende wieder gekündigt worden. Diese Lehrkräfte sind wieder arbeitslos. Diese jungen Lehrerinnen und Lehrer – manchmal sind sie nicht mehr ganz so jung – wissen nicht, ob sie übernommen werden. Der Vorgang hat sich zum Teil schon zum zehnten Mal wiederholt. Da frage ich: Was ist das für eine Einstellungs- und Personalpolitik, die Sie hier auf dem Rücken dieser Lehrerinnen und Lehrer und der Schulen betreiben?
Frau Präsidentin, ich hatte eine Zwischenfrage zu beantworten, die Uhr lief aber weiter. Ich würde gern noch ein paar Bemerkungen machen.
Ich will Ihnen noch sagen: Zum Beispiel sagen Schulleiter der beruflichen Schulen, dass sie es als äußerst besorgniserregend empfinden, wenn die Schulen eine Woche vor Ende des Schuljahrs noch immer nicht über zuverlässige Informationen über die Zuweisung der dringend benötigten Lehrkräfte verfügen. Die Situation ist so chaotisch wie nie zuvor – so die betroffenen Schulleiter. Erfinden die denn das alles?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Die werden auch ins Kultusminis- terium zitiert! – Glocke der Präsidentin)
Ich könnte jetzt noch weitere Schulen zitieren – ich komme zum Ende, Frau Präsidentin –, um zu belegen, dass das, was hier vorgetragen wurde, mit dem, wie es tatsächlich vor Ort aussieht, nicht übereinstimmt. Deswegen, sage ich Ihnen, ist die einzige Lösung, dass wir diese zusätzlichen Stellen jetzt schaffen, weil wir sie jetzt brauchen und nicht erst im Jahr 2006.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal ein Wort zu diesen 5 500 zusätzlichen Lehrerstellen. Ich breche jetzt in diesem Hause ein Tabu,
Ich möchte Ihnen das jetzt auch vorrechnen: 1 600 zusätzliche Lehrerstellen sind für den Fremdsprachenunterricht notwendig. 2 000 zusätzliche Lehrerstellen brauchen wir, wenn wir das Defizit an den beruflichen Schulen und die wachsenden Schülerzahlen ausgleichen wollen. 1 100 Lehrerstellen werden entfallen, wenn in zwei Jahren die Vorgriffstunde entfällt. Das macht insgesamt 4 700 Lehrerstellen, die damit von den 5 500 schon gebunden sind.
Somit bleiben 800 Lehrerstellen für das Schülerwachstum in allen anderen Schularten, für zusätzliche Ganztagsschulen, für Stütz- und Förderstunden, die ausgebaut werden müssen, die nicht ausreichen, aber auch für Dinge, die wir Grünen anstreben: Wir wollen nämlich die echte Halbtagsgrundschule. Wir wollen auch, dass der Ethikunterricht ausgebaut und nicht erst ab Klasse 8 erteilt wird. Das heißt konkret: Wir stehen hier vor ganz gewaltigen Herausforderungen. Da finde ich es von beiden großen Fraktionen dieses Hauses nicht ganz seriös, zu sagen: 5 500 Lehrerstellen, und das wars.
Problem Nummer 2: Damit komme ich zu dem Thema Gesamtkonzept, Frau Ministerin. Es gibt in der Tat kein schlüssiges Gesamtkonzept für die Unterrichtsversorgung, denn in zwei, drei Jahren beginnen die großen Pensionierungszahlen. Wir wissen noch nicht, ob wir zu diesem Zeitpunkt die nötigen Lehrer finden. Es ist zu befürchten, dass dann nicht genügend Lehrerinnen und Lehrer für den Ersatzbedarf zur Verfügung stehen, ganz zu schweigen von zusätzlichen Lehrerstellen.
Es ist kein Gesamtkonzept, Frau Ministerin, wenn man feststellt: Für alle Fächer sind soundso viele Studierende immatrikuliert, sie sind dann und dann mit dem Studium fertig, und bei den wachsenden Schülerzahlen brauchen wir diese Anzahl von Lehrerstellen. Das ist zunächst einmal eine Bedarfserhebung, hat aber mit einem Gesamtkonzept überhaupt nichts zu tun. Sie sind immer noch die Antwort schuldig geblieben: Wie wollen Sie erreichen, dass junge Menschen sich für ein Lehramtsstudium für die Hauptschule interessieren?
Es gibt keine jungen Menschen, die das Studium für das Hauptschullehramt aufnehmen. Dieses Problem müssen Sie lösen.
Dann ist das Problem: Wie bekommen wir mehr Lehrer und Lehrerinnen für die Naturwissenschaften? Wir sind ein Hightechland. Wir haben schon heute nicht genügend naturwissenschaftliche Lehrkräfte, und wir wissen, dass zu wenig junge Menschen und gerade auch kaum Frauen ein naturwissenschaftliches Studium aufnehmen. Es gehört zu einem Gesamtkonzept, zu entwickeln, wie man diese Lehrkräfte bekommt.
Schließlich gehört dazu: Wie decke ich den Bedarf, wenn ich weiß, dass die Anzahl der Absolventen der Hochschulen in den nächsten Jahren nicht ausreicht?
Insofern bleibe ich bei meiner Kritik: Es gibt kein schlüssiges Gesamtkonzept für die Deckung des Lehrerbedarfs. Das Thema, wie viele Lehrerstellen wir brauchen, dürfen wir nicht voreilig auf diese 5 500 Lehrerstellen beschränken, sondern hierüber muss eine seriöse Debatte geführt werden. Wenn wir als reiches Bundesland der Meinung sind, dass ein höherer Bedarf besteht, müssen wir uns dieser Herausforderung auch stellen.
Noch ein Wort zum Personalmanagement: Ich möchte die Worte von Frau Picker nicht wiederholen, aber ich bringe hier Kritik an: Das Einstellungsverfahren, das Personalmanagement ist starr, unbürokratisch. Diese neuen Wege, Frau Ministerin – –
(Allgemeine Unruhe – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Danke schön, Frau Rastätter! Es kommt auch etwas Wahres bei Ihnen zutage!)
Das Einstellungsverfahren ist immer noch zu bürokratisch. Diese neuen Wege, die Sie, Frau Ministerin, jetzt beschreiten, sind eigentlich nur erste Fußstapfen. Die sehe ich. Aber es sind noch keine Wege. Ich möchte das an drei Beispielen verdeutlichen.
Wenn eine Krankheitsstellvertreterin, die ein Jahr an einer dritten Grundschulklasse hervorragende Arbeit geleistet hat, trotz des Wunsches der Schule, trotz des Wunsches der Eltern dort nicht weitermachen darf, wenn eine Realschullehrerin mit erster und zweiter Dienstprüfung, die sich in Jahren Wartezeit in Datenverarbeitung hoch qualifiziert hat, an einer beruflichen Schule, an der in Textverarbeitung extremer Lehrermangel besteht, nicht eingestellt wird, wenn eine Lehrerin an der Pensionsgrenze, die ihre Grundschulklasse noch im vierten Schuljahr weiterführen will, sogar im Angestelltenverhältnis, und die Eltern und die Schule dies wünschen, dies nicht darf, solange wir solche nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Schulverwaltung haben, kann man nicht von einem modernen, zukunftsweisenden Personalmanagement sprechen. Hier besteht Handlungsbedarf, und hierzu werden wir als Grüne mit Blick auf ein modernes Schulmanagement auch weitere Vorschläge in diesen Landtag einbringen.