Herr Kollege Oelmayer, wir sind immer dafür zu haben, das Heft des Handelns selber in die Hand zu nehmen.
Man muss aber eines, lieber Kollege Oelmayer, bei der ganzen Angelegenheit wirklich sagen: Sie werfen alles in einen Topf, rühren darin herum und versuchen dann noch, den Eindruck zu erwecken, das, was wir jetzt im Landtagswahlrecht haben, hätte den Hauch des Undemokratischen.
Beantworten Sie mir jetzt einmal die Frage, was undemokratisch daran sein soll, wenn wir jetzt 70 Wahlkreise in diesem Land haben. Daran ist doch überhaupt nichts Undemokratisches.
(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Dr. Salomon GRÜ- NE: Das ist völliger Quatsch! – Gegenruf des Abg. Dr. Birk CDU: Das ist Manipulation! – Unruhe)
Entschuldigen Sie: Über Größen kann man sich ja immer unterhalten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich die Größen ändern können, das zeigen frühere Wahlen. Das zeigt auch die letzte Landtagswahl. Das hängt entscheidend auch vom Wählerwillen ab.
Wir haben ein Land mit 10,5 Millionen Einwohnern. Wir liegen damit gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen, was das Verhältnis der Zahl der Abgeordneten zur Zahl der Bevölkerung angeht, noch immer an erster Stelle im positiven Sinne gegenüber allen anderen Bundesländern.
(Zuruf von der SPD: Wie gnädig! – Abg. Fischer SPD: Der hat doch keine Redezeit mehr! – Abg. Alfred Haas CDU: Lass ihn doch fragen! Der kann nur etwas lernen!)
Ich wusste nicht, dass wir jetzt die Debatte über die Gentechnik führen. Denn wenn ich Herrn Hauk frage und Sie alle „Nein!“ schreien, dann habe ich das Gefühl, der ist 63mal geklont. Das kann es ja nicht sein.
Herr Kollege Hauk, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass auch eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise von 70 auf 60 – wie der Kollege Oelmayer eben auch ausgeführt hat – im Resultat keiner Reduzierung der Zahl der Mandate bedarf, weil 60 plus 60 – nach dem Vorbild des Bundestags – nach Adam Riese ebenso 120 ergibt wie 70 plus 50? Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?
Sind Sie weiterhin bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Herr Kollege Oelmayer an diesem Punkt überhaupt nicht infrage gestellt hat, dass das ein demokratisches Wahlsystem ist, sondern dies an ganz anderen Punkten getan hat?
Er hat jedenfalls eines verstanden, obwohl er alles Mögliche durcheinander geworfen hat: An der Regelgröße wird sich natürlich nichts ändern, sehr wohl aber an der Zahl der tatsächlichen Mandate. Ich wundere mich natürlich auch – Herr Kollege Scheuermann hat vorhin durch einen Zwischenruf seine Verwunderung schon zum Ausdruck gebracht –, dass gerade Sie von den Grünen – aber das zeichnet Sie ja immer noch aus –
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Wort noch zum Thema „Größe der Wahlkreise“. Das ist in der Tat ein Feld,
bei dem wir den Veränderungen durch Zuwanderung oder den geänderten Zuwanderungsbewegungen etc. gerecht werden müssen. Deshalb werden wir uns da überhaupt nicht quer stellen, sondern wir werden das, was die Verfassung vorsieht – –
Da werden wir nicht das Bundestagswahlrecht als Maßstab nehmen, sondern das Landtagswahlrecht, das andere Größenordnungen vorsieht. Aber dort, wo es starke Ausreißer gibt, sind wir natürlich schon zu Gesprächen bereit, um eine gewisse Angleichung der Größe der Wahlkreise zu bewerkstelligen.
In der Summe sage ich noch einmal – das möchte ich einfach noch einmal betonen, weil es in der ganzen Debatte um das Thema Zweistimmenwahlrecht/Einstimmenwahlrecht immer wieder zu kurz kommt –: Der Wähler in Baden-Württemberg hat mit einer Stimme deutlich mehr Gewicht als der Wähler bei der Bundestagswahl mit zwei Stimmen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Oelmayer GRÜNE: Wieso habt ihr dann auf Bundesebene ein Zwei- stimmenwahlrecht eingeführt? Schwarz und Gelb haben das beschlossen! – Gegenruf des Abg. Sei- metz CDU: Das müssen wir wieder abschaffen! Ich bin für Mehrheitswahlrecht! – Unruhe)
(Beifall bei der CDU – Abg. Seimetz CDU: Schön gesagt! – Abg. Zeller SPD: Können Sie das wie- derholen?)
meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob dieses hohe Haus eine Expertenkommission einsetzt oder nicht, ist keine Entscheidung der Regierung. Deshalb will ich dies nicht bewerten. Aber wenn Sie mir den persönlichen Hinweis erlauben: Auch diese Debatte hat gezeigt, dass, glaube ich, die besten Experten für Wahlrechtsfragen hier in diesem Landtag von Baden-Württemberg sitzen.
Bei der Diskussion ist vom Kollegen Birzele und anschließend auch vom Kollegen Hauk betont worden – das sollte bei den künftig immer wieder stattfindenden Diskussionen um Wahlrechtsänderungen, die uns wohl noch viele Jahre und viele Legislaturperioden begleiten werden, nicht vergessen werden –: Wir haben ein gutes Landtagswahlrecht, weil wir auf der Basis des Verhältniswahlrechts die Persönlichkeitswahl so betonen, dass die angesprochene Verankerung und auch der angesprochene Wettbewerb in den Wahlkreisen zustande kommt. Dieses Prinzip ist so wertvoll, dass ich empfehle, es auf jeden Fall zu erhalten.
Im Übrigen, Herr Kollege Salomon, hat Ihr Fraktionsmitglied Oelmayer mit seinem temperamentvollen Auftritt Hoffnungen für diese Legislaturperiode geweckt. Ich habe gedacht, er greife heute beim Spielbankengesetz so forsch an.
Jetzt hat er aber doch kurz einen Sidestepp gemacht und kam beim Landtagswahlrecht so richtig in Fahrt.
Aber eine Bemerkung sei mir gestattet, und dies mit dem gebotenen Ernst, Herr Kollege Oelmayer: Wenn Sie sagen, das jetzige Landtagswahlrecht – so war, glaube ich, Ihre Formulierung – widerspreche demokratischen Grundsätzen, dann bitte ich Sie, den Fuß vom Gas zu nehmen.