Protokoll der Sitzung vom 09.06.2004

Gehen Sie einmal in die Behörden! Da stehen vollständig verpackte Computer herum mit all den Dingen, die nicht benützt werden können. Gehen Sie doch einmal hinein in die Landesverwaltung, und sehen Sie sich an, was hier hinausgeschmissen wird, während wir uns dauernd über Sparpakete unterhalten müssen!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Win- truff SPD: Jetzt herrscht Ruhe!)

Ganz kurz zum LWV: Dazu gab es einen guten Vorschlag. Die FDP/DVP hat sich leider auch nicht durchsetzen können. Herr Hofer, Sie haben damals den gleichen Vorschlag gebracht wie wir, man solle einmal eine Kostenrechnung aufstellen und ein Gutachten dazu erstellen. Es ist vernünftig, wenn man einen solch riesigen Verband wie den Landeswohlfahrtsverband, einen Verband mit solchen Vernetzungen, einmal begutachtet – unabhängig von der Frage, was anschließend mit den Behinderten in diesem Land passiert. Darüber will ich jetzt nicht einmal sprechen.

Ich rede einmal rein von der betriebswirtschaftlichen Seite. Das haben andere Bundesländer auch gemacht. Wir waren eigentlich froh, dass Sie diesen Vorschlag gebracht haben. Sie sind aber dann wieder eingeknickt. Und was macht man jetzt? Jetzt führt man das ohne dieses Gutachten aus.

Gehen Sie nach Nordrhein-Westfalen: Die haben ein Gutachten erstellen lassen. Dabei ist klar und deutlich herausgekommen: Bleiben lassen, weil es teurer wird!

(Abg. Alfred Haas CDU: Stimmt doch nicht!)

Ach, Mensch, Haas! – Das Gutachten hätte man vielleicht hier einmal einführen können. Wir hätten auch eines in Auftrag geben können. Denn Sie haben in den vergangenen Jahren Gutachten über Gutachten machen lassen: über die Forstverwaltung, über die Schulverwaltung. Das hat Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen gekostet. Die haben Sie innerhalb eines Jahres ohne ein neues Gutachten alle kassiert, und Sie haben es anders gemacht, als es die Gutachten vorgeschlagen haben. Das, was Sie hier gemacht haben, ist wahrlich Geldverschwendung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Beispiel – ich sage es Ihnen gleich –: Schulverwaltung. 1995 ist Kienbaum beauftragt worden. Ich weiß nicht, was das gekostet hat, wahrscheinlich mehrere Millionen Mark. In einem extra von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten hat Kienbaum bewiesen, dass BadenWürttemberg mit seiner eigenständigen Schulverwaltung – die Frau Kultusministerin ist jetzt leider nicht da –

(Abg. Schmiedel SPD: Die telefoniert!)

effizienter arbeitet als jedes andere Bundesland, das die Schulverwaltung in die Landkreise eingegliedert hat. Dieses Gutachten haben Sie für viel Geld in Auftrag gegeben.

(Abg. Schmiedel SPD: Ja!)

Dann sind Sie herumgelaufen und haben der Landesregierung und sich selbst auf die Schultern geklopft. Sie haben gesagt: „Wir haben ein Gutachten, das machen wir so.“ Jetzt schmeißen Sie innerhalb kurzer Zeit ohne Anhörung von Fachleuten, ohne Anhörung von Kienbaum die Schulverwaltung in die Landratsämter, obwohl die Schulverwaltungen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland schlechter und nicht so effizient arbeiten wie unsere. Was ist denn das für eine Idee?

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Was ist das für ein finanzieller Rahmen in diesem Land?

Und dann sagen Sie: „Wir sind sparsam, zuerst kommt das Land, und dann kommt die Partei, und dann komme ich.“ Bei Ihnen ist es umgekehrt: Zuerst kommt die Ideologie, nämlich eine Ideologie, die Verwaltungsreform so durchzuführen, wie das der Ministerpräsident wollte, ohne Einzelteile zu überprüfen. Wir werden Ihnen das mit den Untersuchungen noch darlegen. Wir haben jetzt den Bericht gekriegt, was das alles gekostet hat. Das wird noch auf Sie zukommen. Von wegen sparsame Verwaltung! Dann hätten Sie Kienbaum anhören müssen. Wir hätten Kienbaum in den Schulausschuss eingeladen. Dann wären Sie vielleicht darauf gekommen, das nicht so zu machen wie jetzt. Was wäre denn das für ein Beinbruch gewesen? Geld rausgeschmissen, eingegliedert, und alle Beweise, die Kienbaum vorgelegt hat, werden ignoriert. Das ist ein toller Erfolg Ihrer Reform!

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Blinder Gehorsam!)

Genauso beim LWV. Es gibt Schätzungen. Natürlich sind die Direktoren bemüht, ihre eigenen Arbeitsfelder besser darzustellen. Die sprechen von fast 100 Millionen € Mehr

kosten. Ich weiß nicht, ob die Summe stimmt. Aber warum kann in einem Parlament bei diesen Beträgen – –

(Zurufe der Abg. Alfred Haas und Dr. Repnik CDU)

Gegenüber vorher. – Wir hätten eine Debatte darüber führen können, ob die Summe tatsächlich stimmt. In Nordrhein-Westfalen hat der Gutachter dies bestätigt. Warum ist es denn bei uns anders? Darüber hätte ich gerne mit Ihnen in der Ausschusssitzung diskutiert. Sie lassen aber eine solche Diskussion mit Fachleuten nicht zu.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Forst, Forstverwaltung: Posaune der FDP/DVP: Landesbetrieb!

(Lachen bei der SPD)

Ist auch besser, Herr Hofer.

(Abg. Schmiedel SPD: Ziehharmonika!)

Warum wird das nicht gemacht? Warum wird denn im Forst nicht der Landesbetrieb gemacht? Warum muss denn nachher ein Landrat, in dessen Kreis ein Wirbelsturm eine Schneise geschlagen hat, Forstbedienstete aus anderen Landratsämtern anfordern, die er dann spitz, genau bezahlen muss? Wobei ich mich dann frage, wie das Landratsamt das bezahlen kann.

(Unruhe)

Möglicherweise, Herr Ministerpräsident, werden die auch noch über die Steuereinnahmen am Länderfinanzausgleich beteiligt. Wir machen eine Verwaltungsreform, bei der durch Ausleihung von Forstbeamten und Waldarbeitern nachher die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich noch erhöht werden. Das ist auch eine tolle Sache. Warum machen wir das nicht landeseinheitlich und steuern diesen großen Wald, Gemeindewald, Privatwald und Staatswald zusammen, vernünftigerweise? Warum machen wir das nicht? Warum gibt es da keine Debatte? Warum können wir unsere Sachverständigen nicht holen? Ich kenne keinen Einzigen in der Forstwirtschaft, der dieses Modell befürwortet. Niemand, weder in der Literatur – –

(Zurufe von der SPD: Herr Hauk! – Auch nicht Herrmann! – Unruhe)

Auch nicht Herr Hauk. Nein, auch nicht Herr Hauk. Es gibt in der Literatur niemanden.

Es gibt andere Beispiele. Wir haben uns im Saarland, in Österreich und anderswo erkundigt. Die haben es anders gemacht – mit guten Ergebnissen –, haben aber alles zentral gesteuert. Die einen haben es mit einer AG gemacht, die anderen haben es zentral mit einem Landesbetrieb gemacht. Warum ist diese Debatte nicht möglich? Was fällt da dem Ministerpräsidenten aus der Krone, wenn man aus seinem Reformvorschlag einen Landesbetrieb Forsten mit einer einheitlichen Steuerung herausnimmt? Jetzt wird sich sowieso jemand bemühen müssen, die gesamten großen Mengen an Holz zu verkaufen. Das wird wieder zentriert wer

den. Ob es gut funktioniert, wissen wir nicht. Aber auch das Einheitsforstamt ist doch eine vernünftige Einrichtung gewesen.

Warum gehen wir davon weg? Nur weil jemand eine Reformidee hat und sagt, alles müsse eingegliedert werden. Herr Innenminister, das wäre eine spannende Debatte gewesen. Wir hätten auch gerne den einen oder anderen Forstbeamten im Ausschuss angehört. Das wäre doch nicht schlimm gewesen. Selbst wenn Sie nachher gesagt hätten: „Das spielt für uns keine Rolle“, wäre das ein gewisses Fortbildungsprogramm auch für die Mitglieder der Regierungsfraktionen gewesen. Das wäre es zumindest gewesen, und zwar ohne Volkshochschulbeitrag.

(Beifall bei der SPD)

Also warum machen Sie das nicht mit? Ich sage Ihnen nur, Herr Ministerpräsident: Wir hatten hier den ganzen Saal voller Grüne. Lauter Förster waren da. Also so viele müssen nach der nächsten Wahl auch nicht da sein. Aber auf jeden Fall waren lauter Förster da und haben mit uns diskutiert. Das Schöne war, dass ein Forstbeamter, nachdem wir drei Stunden darüber diskutiert hatten und kein einziger für diese Reform war – nicht weil sie nicht einsparen wollten, Herr Haas; die Forstbediensteten haben schon eine Reform bis 1999 hinter sich, bei der sie 20 % eingespart haben; das heißt, das ist ein Landesbetrieb, der auf gutachterlicher Seite schon so viel eingespart hat, sodass man doch den Forstleuten nicht vorwerfen kann, sie seien reformunfreudig; gerade die Leute, die das schon gemacht haben, hätte man doch anhören müssen –, im grünen Rock mit Vollbart dastand und gesagt hat: „Wenn ich das alles sehe, kann ich nur sagen, dass der baden-württembergische Wald Wibke und Lothar überdauert hat, dass er aber Erwin nicht überdauern wird.“

(Lachen und Beifall bei der SPD – Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Deswegen sind wir etwas sauer. Wir haben uns in die Verwaltungsreform eingearbeitet. Wir haben andere Vorschläge gehabt als Sie. Darüber kann man streiten. Wir haben uns bereit erklärt, innerhalb dieser Reform, dieses Reformgehäuses, das Sie vorgegeben haben, mitzuarbeiten. Das muss eine Opposition, wenn sie mitmachen will. Sie geben uns leider diese Chance nicht.

Wirtschaftskontrolldienst, Lebensmittelüberwachung: Herr Minister, die abgeordneten Polizeibeamten können nicht weiterhin an der Fortbildung der Polizei teilnehmen, wie ich gehört habe. Sie können sich dann natürlich auch nicht im waffentechnischen Bereich weiterbilden. Was passiert dann mit diesen abgeordneten Polizeibeamten nach drei bis fünf Jahren, wenn sie in den Polizeidienst zurückgehen? Das muss man sich einfach einmal überlegen. Jetzt werden 230 Lebensmittelkontrolleure ausgebildet. Wir haben zurzeit 350 WKD-Beamte. Die Leiterin eines Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts im Land hat erst neulich gegenüber der Presse erklärt, es werde absolut zu wenig Personal eingestellt, andere Bundesländer hätten, auf die Bevölkerung bezogen, die doppelte Zahl. Da beginnt doch etwas, was wir befürchtet haben: dass durch die neue Ausbildungsart die Zahl der Stellen reduziert wird, um am Anfang eine Effizienzrendite zu erreichen.

Damit taucht die Frage auf: Wie sieht es nachher beim Verbraucherschutz in Baden-Württemberg aus? Vor vier Monaten gab es eine Untersuchung der Verbraucherschutzorganisation. Da wurden andere Bundesländer gegeißelt, weil dort der Verbraucherschutz in den Gaststätten nicht so stattfinde, wie er sein müsste. Baden-Württemberg war beim WKD an der Spitze. Das sagen Sie ja immer. Jetzt schaffen Sie diesen WKD ab und machen genau das andere, das Falsche, was andere Bundesländer machen, weil Sie eine Verwaltungsreform angehen, die in diesem Fall schlecht und Murks ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Natürlich haben wir mit Interessenverbänden zusammengearbeitet, aber nicht mit Verhinderern. Der Beamtenbund hat sich bereit erklärt mitzumachen. Er ist doch, außer bei der schriftlichen Anhörung, gar nicht einbezogen worden. Beim DGB, den Sie natürlich noch viel mehr als Verhinderer darstellen, ist es genau das Gleiche. Beide sagen, dass die Verwaltungsreform sein muss. Wir haben mit vielen von denen gesprochen. Es ist doch nicht so, dass das Verweigerer sind. Die hätten doch mitgearbeitet, wenn sie eingeladen worden wären.

Am Schluss noch etwas zur Revisionsklausel. Wer davon überzeugt ist, dass die Kreisumlage keinen müden Euro zur Bezahlung der Verwaltungsreform einbringen muss, der kann die Revisionsklausel akzeptieren. Jetzt sage ich noch einmal: Mich überrascht, dass Herr Gläser vom Städtetag eine Revisionsklausel oder ein Schiedsverfahren verlangt, was dem Städtetag in einer Besprechung mit Ministerpräsident Teufel und den Ministern auch zugesagt worden sein soll. Ohne solche Vereinbarungen sei das Gesetz für den Städtetag nicht vorstellbar, sagte Gläser. Das bloß hierzu. Wenn man dem Städtetag eine solche Zusage gibt, wenn sie so erfolgt ist, gehen wir davon aus, dass eine Revisionsklausel zur Sicherheit eingebaut wird, damit nachher nicht die Kreisumlage erhöht wird und die Kommunen und damit die Bürgerinnen und Bürger die Zeche zahlen.

Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir hätten uns gerne mit dem, was ich vorhin gesagt habe, eingebracht. An der Betroffenheit beim Forst sieht man natürlich, dass es bei Ihnen auch Leute gibt, die darüber nachdenken, ob das, was ich gesagt habe, nicht sinnvoller wäre. Das wäre sinnvoller. Was hätte es denn ausgemacht, wenn man das gemeinschaftlich verbessert hätte? Diese Verwaltungsreform, so, wie sie jetzt gemacht wird, mit all den Fehlern, die ich gerade aufgezählt habe – und das ist nur ein Teil –, halten wir nach wie vor neben NSI für den größten Murks, den Sie in dieser Legislaturperiode verabschieden werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Heinz.

(Zurufe von der SPD)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in den zwölf Jahren meiner Zugehörigkeit zum Landtag noch keinen Gesetzentwurf von dieser Dimension erlebt.

Allein der Umfang des Entwurfs zeigt, dass wir durch die Verwaltungsreform doch einiges in der Behördenlandschaft unseres Landes verändern. Zugleich macht der Umfang des Gesetzentwurfs mit 296 Seiten und 226 Seiten Begründung deutlich, dass wir auch den nächsten Schritt konsequent angehen müssen: Vorschriften abbauen, Aufgabenkritik angehen und deregulieren.

Wir werden viel Kraft und Zeit investieren müssen, um den von Ministerpräsident Erwin Teufel angeschobenen Bürokratie- und Vorschriftenabbau konsequent umzusetzen. Aber das ist die Aufgabe, die im nächsten Jahr auf uns zukommt. Heute geht es um die Verwaltungsreform, die nach mehr als einem Jahr intensiver Arbeit nun in das Gesetzgebungsverfahren eintritt.

Ich möchte den beteiligten Ministerien danken, die, Herr Drexler – jetzt ist er gegangen –, nach meiner Meinung doch mitgearbeitet haben. Ganz ohne diese Hilfe ist das gar nicht möglich. Sie haben gut mitgearbeitet. Dafür möchte ich meinen Dank abstatten, allen voran dem Innenministerium und der Stabsstelle, dem Finanzministerium, die eine sehr qualifizierte Arbeit geleistet haben.