Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

(Oh-Rufe von der SPD – Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau! – Abg. Walter GRÜNE: Das Antworten auf Zwischenfragen wird nicht auf die Redezeit ange- rechnet!)

Das wird ja angerechnet. – Die Ausführungen in dieser Stellungnahme des Staatsministeriums zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des privaten Rundfunks sind sehr kurz gehalten. Wer die duale Rundfunkordnung aus öffentlichrechtlichem und privatem Rundfunk erhalten will, tut gut daran, beide Säulen in ihrem je eigenständigen Profil zu stärken und den Tendenzen einer Annäherung und Verwischung der Profile entgegenzuwirken.

Dies betrifft auch die Grundlagen der Finanzierung beider Säulen. Wenn die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über die Rundfunkgebühr, wie sie das Bundesverfassungsgericht aus dem Grundversorgungsauftrag heraus entwickelt und begründet hat, dauerhaft erhalten werden soll, dann erfordert dies den Rückzug des öffentlichrechtlichen Rundfunks aus der für den privaten Rundfunk typischen Finanzierungsform der Werbung.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Gespräche draußen zu führen.

Deshalb setzt sich die FDP/DVP dafür ein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk werbefrei zu machen, meine Damen und Herren. Die Begrenzung der Fernsehwerbung auf 20 Minuten und auf die Zeit vor 20:00 Uhr ist ja bereits heute durch eine ganze Reihe von Formen wie zum Beispiel Sponsoring und Product-Placement längst unterlaufen worden. Auch aus diesen Formen sollte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk zurückziehen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage der Frau Abg. Kipfer?

Bitte schön.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt auf einmal! – Heiter- keit)

Bitte sehr, Frau Kipfer.

Herr Kollege Theurer, Sie stimmen doch immer das Hohelied der privaten Wirtschaft an. Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass es private Wirtschaftsunternehmen gibt, die gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werben wollen, weil sie nur dort die Zielgruppe erreichen, die sie für ihre Produkte benötigen?

(Abg. Drexler SPD: Das weiß der Herr Theurer nicht! – Abg. Birzele SPD: Weiß er nicht!)

Das ist mir

(Abg. Drexler SPD: Nicht bekannt!)

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Ab jetzt!)

Frau Präsidentin, ich bitte, diese Frage noch beantworten zu dürfen.

(Abg. Walter GRÜNE: Gern! Aber schnell!)

Das dürfen Sie, Herr Abgeordneter.

Es kann nicht sein, dass sich der private Rundfunk, der sich ja ausschließlich über Werbeeinnahmen finanziert, zunehmend Konkurrenzangeboten im

öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen gegenübersieht. Hier besteht die Problematik, dass sich der öffentlichrechtliche Rundfunk sowohl über Gebühren – die ja keine Gebühren für die Nutzung des Fernsehens, sondern für die Bereitstellung von Empfangsgeräten sind – finanziert als auch über Werbeeinnahmen verfügt.

Deshalb sind wir der Auffassung: Um von vornherein Klarheit zu schaffen und Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen, sollte man sich sehr intensiv Gedanken darüber machen, ob nicht aus ordnungspolitischen Gründen eine klare Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk einerseits und ausschließlich über Werbung finanziertem privatem Rundfunk und Fernsehen andererseits vorgenommen werden sollte. Ich denke, dafür gibt es viele Argumente.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Abschließend möchte ich sagen: Die Umsetzung der Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist mit der Diskussion um Ausmaß und Zeitpunkt einer Erhöhung der Rundfunkgebühr zu verknüpfen. Damit dies aber nicht in eine elegante Begründung für zusätzliche Gebührenerhöhungen einmündet, muss gleichzeitig strikt darauf geachtet werden, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk denselben Notwendigkeiten einer Ausgabenbegrenzung stellt, die für die öffentlichen Haushalte gelten. Hier kann man ja erwähnen,

(Abg. Capezzuto SPD: Redezeit!)

dass der Südwestrundfunk bei den ARD-Anstalten in vorbildlicher Weise vorangegangen ist, um möglichst wirtschaftlich zu arbeiten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zu den Ausführungen des Kollegen Theurer zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagen.

Es hätte einen gewissen Charme, wenn man sagen würde: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist werbefrei. Dann muss man auch nicht mehr so viel herumzappen, sondern kann das Programm durchlaufen lassen. Ich finde es aber unseriös, jetzt herzugehen und zu sagen, dass der jetzt anstehende Finanzbedarf in die Erhöhung gleich mit eingerechnet werden muss. Sie waren letzte Woche im Ständigen Ausschuss dabei. Wir haben dort gehört: Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk werbefrei sein soll, dann bedeutet das pro Monat 1,50 € zusätzliche Rundfunkgebühren.

(Abg. Theurer FDP/DVP meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

Nein, jetzt lasse ich keine Zwischenfrage zu; ich fange gerade erst an.

Herr Kollege Theurer, ich bin ebenfalls dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk genauso wie alle in diesem Land ans Sparen denken muss. Es gibt auch entsprechende

Vorschläge vom Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Herrn Gruber, und auch anderen. Wir alle wissen – auch das haben wir letzte Woche erfahren –,

(Abg. Theurer FDP/DVP: Ist Ihnen bekannt, dass bloß 3 % der Gesamteinnahmen Werbeeinnahmen sind?)

dass auch der SWR schon einiges getan hat, um die Kosten herunterzufahren.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das habe ich ja gesagt, Herr Kollege!)

Wenn man über Werbefreiheit redet, dann muss man diese Diskussion auch ehrlich führen.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das habe ich ja er- wähnt!)

Ich würde es gut finden, Herr Kollege Theurer, wenn sich auch Ihre Fraktion einmal klar und eindeutig zu der Gebührenerhöhung zum 1. Januar 2005 – in welcher Höhe auch immer – äußern würde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: Ich habe mich für eine maßvolle Ge- bührenerhöhung ausgesprochen! – Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Ja, aber bitte zum 1. Januar 2005.

Jetzt aber zu meinen allgemeinen Ausführungen. Es ist ohnehin schwierig, in fünf Minuten zu einem derart komplexen Thema zu sprechen. Ich finde das leider auch etwas verschenkt, und es geht am Thema vorbei. Man kann das dann herunternudeln und zu allem nichts Konkretes sagen, aber eine richtig vernünftige Debatte über das, was hier ansteht, kommt leider nicht zustande.

Ich glaube, man muss hier den richtigen Mittelweg finden. Selbstverständlich ist in diesem Land nicht alles schlecht. Wir haben Pfunde, mit denen wir wuchern – –

(Lachen der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Theurer FDP/DVP: Da ist vieles besser als woan- ders, Herr Kollege! Es gibt einiges in diesem Land, was sehr gut läuft, bei- spielsweise die Filmakademie. Das ist der erste Punkt, den ich nennen möchte. Nur: Wie schaffen wir es, dass diejeni- gen, die eine Ausbildung an dieser Filmakademie absolviert haben, dann auch in Baden-Württemberg bleiben können, weil sie genügend Aufträge haben? Wie schaffen wir es, dass da neue Arbeitsplätze und neue Firmen entstehen? Diese Fragen haben wir bisher noch nicht befriedigend be- antworten können. (Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sehr richtig!)

Da stehen wir vor einer wichtigen Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Dabei nützt es nichts, einfach zu sagen: „Diese Einrichtung ist toll; ich unterstütze sie“, sondern man muss auch die Folgen sehen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Genau!)

Das Zweite: Sie haben auch die Verlage angesprochen. Der Ehapa-Verlag ist nach Berlin gegangen, die Deutsche Verlags-Anstalt haben wir auch verloren. Das liegt auch an dem kulturellen Klima in diesem Land. Worüber wird denn auch außerhalb dieses Landes im Hinblick auf den Medienstandort diskutiert? Wir haben in der letzten Zeit – ich will diese ganze Diskussion heute nicht wiederholen, da ich sowieso nur noch eine kurze Redezeit habe – nicht unbedingt dazu beigetragen, dass Baden-Württemberg positiv in den Schlagzeilen war – Stichwort BTV und vieles andere mehr. Deswegen müssen wir hier einiges tun. Kulturschaffende haben sich beispielsweise maßlos darüber geärgert, wie die Vermarktung des Bosch-Areals erfolgt ist. Dort hat man dem Herrn Deyhle – –

(Abg. Theurer FDP/DVP: Führen Sie doch einmal etwas Positives an!)

Ja, hören Sie doch jetzt einmal zu. – Man hat es Herrn Deyhle verkauft. Besser wäre es aber gewesen, man hätte den kreativen Leuten einfach diese Räume gegeben; das wäre der Sache wesentlich dienlicher gewesen. Aber das hat man leider nicht getan.