Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

Nun haben wir in diesem Jahr eine weitere Entwicklung. Das heißt, auch in diesem Jahr mussten bereits 350 000 Festmeter Dürrholz herausgenommen werden und sind 630 000 Festmeter Käferholz bis zum Juni dieses Jahres angefallen. Die weitere Käferholzaufarbeitung beginnt jetzt im Juli/August auf einem sehr hohen Niveau. Die kühlfeuchte Witterung Anfang Juni hat keine Entlastung gebracht, höchstens vielleicht ein bisschen Aufschub. Das heißt, es geht weiter, und – das wurde schon genannt – insbesondere in den Schwerpunkten Oberschwaben, Schwäbisch-Fränkischer Wald und mittlerer Schwarzwald sind hier ganz brutale Entwicklungen zu verzeichnen.

Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass das Schlimme auch die Vermehrungsfähigkeit dieses Käfers ist. Was mir bis vor einiger Zeit nicht geläufig war, ist, dass ein solcher Käfer drei Generationen Nachkömmlinge im Jahr schaffen kann. Das sind aus einem Käfer in der Summe 50 000 Nachkommen in einem Jahr.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Dann kann man sich vorstellen, was für gigantische, geradezu inflationäre Ströme da entstehen und dass das letztlich unserem Wald große Schäden zufügen kann. Auch das wissen wir.

Was kann man tun?

(Abg. Teßmer SPD: Nein, was machen Sie?)

Seit Anbeginn sind wir an diesem Thema dran, lieber Herr Teßmer; das wissen Sie.

Wir hatten bisher Gott sei Dank ausreichende Aufarbeitungskapazitäten, sodass bis jetzt tatsächlich alles Schadholz aus dem Wald herausgenommen werden konnte, das angefallen ist. Wir spüren aber zusehends, dass diese Aufarbeitungskapazitäten jetzt an ein Ende kommen. Die Aufnahmebereitschaft der Sägewerke ist aufgrund schlechter Konjunktur eher sinkend. Das kommt als Zweites dazu. Schließlich sind natürlich in Erwartung großer Schadholzanfälle die Rundholzpreise massiv unter Druck. Wir müssen im Moment davon ausgehen, dass der Preis bis zu 30 %, 35 % niedriger sein wird als etwa im Ausgangsjahr 1999 oder 2000.

Man muss auch wissen, dass die Aufarbeitung von solchem Schadholz, Borkenkäferholz, einiges mehr kostet. Wenn man normalerweise, grob gerechnet, von 15 € je Festmeter Holzeinschlag und -aufarbeitung ausgeht, bedeutet das: Überall dort, wo Schadholz aufgrund der Dürre oder des Borkenkäfers entstanden ist, müssen Sie das noch einmal verdoppeln. Dann können Sie sich ausrechnen, welche Ertragsspanne übrig bleibt. Dies trifft unsere Waldbesitzer.

Unsere vordringliche Strategie gegen Borkenkäfer ist natürlich die intensive Überwachung befallener Bestände und dann die schnellstmögliche Aufarbeitung des Holzes; denn

(Minister Stächele)

nach dem Erkennen eines Schadens – das wissen Sie – bleiben nur wenige Tage, um den Holzeinschlag und die Holzabfuhr zu organisieren und durchzuführen.

Ganz wichtig sind auch die Hilfestellung für die privaten Waldbesitzer durch das Einheitsforstamt, die überbetriebliche Planung und Steuerung der Aufarbeitung, der Vermarktung und auch der Wiederbewaldung.

Was wir nicht tun, obwohl da manche auf Hessen und Bayern gezeigt haben, ist: Wir geben keine direkte finanzielle Unterstützung für den Festmeter Käferholz, weil sich schon in Hessen und Bayern, die dies mit 2 € unterstützen, schnell gezeigt hat: Davon profitiert nicht der Waldbesitzer, der den eigenen Schaden hat, sondern das schlägt sich sofort im Holzpreis nieder, ist also im Grunde durchfließend. Es erreicht aber in keinem Fall den, der es bräuchte, nämlich den Waldbesitzer.

Nein, was wir machen, ist: Wir helfen, indem wir insbesondere bei der Aufforstung unsere Programme anwenden und auch bereit sind, das, was aus der Gemeinschaftsaufgabe in diesen Bereich fließt, noch etwas weiter zugunsten der Aufforstungen umzuschichten. Wir helfen dort, wo es darum geht, die Lagerung von Holz auf den landwirtschaftlichen Stilllegungsflächen zu ermöglichen. Wir setzen Personal um, und wir sind auch bereit, sofern in den kommenden Monaten Bedarf entsteht, weiteres Personal aus anderen Bundesländern heranzuziehen, um die ganze Misere schwerpunktmäßig – darum geht es – zu bekämpfen.

Herr Kollege Winkler hat von 18 Millionen € gesprochen. Ich weiß nicht, woher Sie diese Zahl haben. Vielleicht können wir uns darüber noch einmal unterhalten.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Entscheidend ist im Moment, dass genügend Betriebsmittel vorhanden sind, um ganz konkret in den Schwerpunkten bekämpfen zu können. Diese Sparmaßnahme, die Sie nannten – 1 Million € bei der Ausgleichzulage Wald; diese Ausgleichszulage wird an private Kleinwaldbesitzer verteilt, und es gibt sie nur in Baden-Württemberg –, ist nicht das geeignete Mittel. Damit können Sie im Grunde nur Sorge dafür tragen, dass Kleinwaldbesitzer überhaupt noch flächendeckend dranbleiben.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Ich habe ja gesagt: Das ist ein läppischer Betrag!)

Weil Sie es erwähnt haben, muss ich darauf entgegnen.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Wenn Sie die Baden-Württemberg-Karte anschauen, stellen Sie fest, dass es unterschiedliche Schwerpunkte gibt. Kollege Rüeck weiß darüber zu berichten. In seinem Wahlkreis besteht ein absoluter Schwerpunkt. Wir brauchen dort, wo es notwendig ist, Sofortmaßnahmen in Form von Personal, notfalls auch in der Weise, dass man Personal konzentriert. Dann muss man auch die Aufforstung möglichst rasch wieder vornehmen können.

Bis jetzt ist dies eine erfolgreiche Strategie gewesen. Wir wissen, dass sich im Juli und im August neue Herausforde

rungen ergeben. Es ist keine Frage, dass wir auch mit dem zuständigen Ausschuss sprechen, sofern wir in diesem Zusammenhang weitere Betriebsmittel bräuchten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drautz.

(Abg. Teßmer SPD: Jetzt kommen die Maßnah- men! Richard, jetzt musst du Farbe bekennen!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in der ersten Runde klar dargelegt, wie dramatisch die Situation in den Wäldern ist.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Ich möchte noch einmal auf den Nutzen der Wälder für die Allgemeinheit, für unser Leben, für unsere Erholung, für unseren Tourismus hinweisen. Dies muss ich nicht weiter darlegen, weil dies hier bekannt ist. Ich möchte auch der Forstverwaltung ein Lob dafür aussprechen, dass dieser Punkt in ihren Jahresberichten bundesweit immer ausführlich enthalten ist.

Wir haben jetzt aber Maßnahmen zu ergreifen, und zwar auch im Blick auf unser zukünftiges Landschaftsbild. Die Situation ist sehr dramatisch. Auch die Fachsprecher aller Fraktionen widersprechen dem nicht und sehen die Dramatik.

Ich finde, dass die Landesforstverwaltung erstens mit einem Einschlagstopp für Frischholz dafür gesorgt hat, dass sich die Arbeiten auf das Käferholz konzentrieren können.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Dies muss weiterhin gewährleistet sein und fortgesetzt werden.

(Abg. Drexler SPD: Verwaltungsreform!)

Zweitens: Die Forstverwaltung hat ihre personelle Kapazität ausgeschöpft. Es ist gut, dass der Minister sagt, aus anderen Bundesländern kämen entsprechende Hilfskräfte. Aber ich finde, dass in diesem Jahr innerhalb der Forstverwaltung in den betroffenen Gebieten die Aufhebung der Wiederbesetzungssperre erfolgen sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Drexler SPD: Das können Sie nach der Verwaltungsreform gar nicht mehr machen! Wie kommen Sie darauf? – Weitere Zurufe von der SPD)

Drittens: Der Fördersatz, Herr Drexler, für die Wiederaufforstung von Schadflächen im Klein-, Privat- und Körperschaftswald sollte erhöht werden – nach Möglichkeit mit einer entsprechenden Absenkung der bisherigen Förderschwellen.

Viertens: Der Einsatz der privaten Forstunternehmer war für die Forstverwaltung bereits in der Vergangenheit von großem Nutzen. Eine Erhöhung der Sachmittel – dies könn

te auch ministeriumsintern geschehen – für Unternehmereinsatz im Staatswald ist deshalb sinnvoll, weil das geschlagene Holz noch immer kostendeckend am Markt untergebracht werden kann und somit haushaltsmäßig keine Belastung eintritt. Hierfür muss natürlich auch eine Reaktivierung von Nasslagern erfolgen.

Die FDP/DVP-Fraktion wird dieses Thema nicht nur im Landwirtschaftsausschuss weiterverfolgen. Wir sind der Überzeugung, dass die bisher vom Landwirtschaftsministerium getroffenen Maßnahmen noch nicht genügen, um unseren Wald nachhaltig zu schützen. Wir werden am Thema bleiben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Walter GRÜNE: So richtig gehört ha- ben wir nicht, was ihr wollt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Minister für Ernährung und Ländlichen Raum hat, was die kurzfristigen Möglichkeiten und Notwendigkeiten anbelangt, glaube ich, das Notwendige gesagt. Wir brauchen mehr Betriebsmittel, um den Einschlag, der notwendig ist, tätigen zu können. Das ist das Allerwichtigste. Das muss sichergestellt sein. Aber da gibt es ja auch eine entsprechende Kostendeckung, sodass das auch haushaltsneutral zu erbringen ist.

Das Zweite: Wir brauchen auch Personal. Wir brauchen kurzfristig Personal, das jetzt den notwendigen Bedarf decken muss. Aber wir brauchen auch zumindest das Personal, das im Stellenplan des Ministeriums ausgewiesen ist. Es geht nicht darum, dass wir mehr Personal brauchen. Aber das Personal, das im Stellenplan steht, sollten wir auch einstellen, weil wir in der Tat noch ein paar Hausaufgaben machen müssen, zum Beispiel bei der Professionalisierung des Holzverkaufs. Die Unternehmungen werden immer größer. Nicht mehr alle sind nur in Baden-Württemberg. Da müssen wir mehr tun.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Das Dritte: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen den Waldbesitzern eine Antwort auf die Frage geben, wie sie mit dem Problem auch finanziell umgehen können. Deshalb müssen wir die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe vorrangig für die Wiederaufforstung verwenden. Ich halte es für falsch, es wie die Bayern und Hessen zu machen, die sagen: „Ihr kriegt einen Zuschuss pro Festmeter Schadholz.“ Das halte ich für falsch, weil das der Markt sofort wieder schluckt. Aber dort, wo Kosten für die Wiederaufforstung naturnaher Mischwälder entstehen, müssen wir auch durch Umschichtung entsprechende Mittel konzentrieren, damit wir insbesondere den Privatwaldbesitzern, aber auch den Gemeinden, die Gemeindewälder besitzen, helfen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mittelfristig – Herr Kollege Walter, da werden Sie mir jetzt nicht mehr zustimmen, zumindest nicht mehr in allen Punkten – brauchen wir natürlich einen Waldumbau hin zu naturnahen Mischwäldern. Dort, wo es Sinn macht, ist durchaus auch

die Fichte noch genauso vertreten, weil einfach das Risiko minimiert ist. Lieber Herr Kollege Walter, Sie sollten aber die Liberalität, die Sie bei der Zuwanderungsdiskussion, wenn es um Menschen geht, einfordern,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Borkenkäfer!)