Protokoll der Sitzung vom 29.07.2004

Dann stellt sich für mich die Frage, ob die daraus zu ziehenden Konsequenzen einer strikten Ausgabenbegrenzung nicht zugleich eine vernünftige Interpretation des Interesses der Gebührenzahler in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darstellen können. Das hieße: Im Vergleich zur Vergangenheit ist die vorgeschlagene Erhöhung der Rundfunkgebühr um 1,09 € durchaus maßvoll. Gemessen an der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und an den davon in starkem Maße abhängigen Gestaltungsmöglichkeiten der öffentlichen Haushalte ist sie dennoch zu hoch.

Eine Anmerkung gehört noch dazu: Der Intendant des SWR hat bei den Beratungen des Ständigen Ausschusses darauf hingewiesen, dass bei der KEF keine Anmeldung des Südwestrundfunks erfolgt sei, die nicht zuvor dessen Verwaltungsrat genehmigt habe. Wenn das so ist, wie uns Herr Intendant Voß erläutert hat – ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Ausführungen richtig sind –, dann stellt sich die Frage nach dem Selbstverständnis der Mitglieder der Aufsichtsgremien. Viele kommen ja aus dem Bereich der Politik. Ich möchte dies hier nicht werten und kommentieren, sondern einfach nur in den Raum stellen.

Die Anhörung der Vertreter der KEF und der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten im Ständigen Ausschuss hat eine Fülle weiterer Erkenntnisse gebracht, auch die, dass neben den kleinen Anstalten, also dem Saarländischen Rundfunk und Radio Bremen, nur die fusionierten Anstalten – Südwestrundfunk und Radio Berlin-Brandenburg – für die nächsten Jahre eine Verringerung ihrer Planstellen vorsehen. Der NDR konnte auf einen bereits vollzogenen Stellenabbau verweisen. Von anderen Anstalten aber ist offenbar nichts dergleichen zu vermelden, also Fehlanzeige. Dies bietet mir Anlass, als medienpolitischer Sprecher der FDP/DVP dem Südwestrundfunk Anerkennung für seine Anstrengungen im Bereich der Kostendämpfung,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

der Effizienzsteigerung und des Stellenabbaus zu zollen. Die Fusion erweist sich auch vor diesem Hintergrund immer wieder als richtig. Es gibt aber auch Anlass zur Frage, warum nicht überall, also auch in allen anderen Sendern, die gleichen Anstrengungen zu verzeichnen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass mir die Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein besonderes Anliegen ist. Ich will mich auch heute nicht vor diesem Thema drücken, obwohl es im Zusammenhang mit der Gebührendiskussion ein schwieriges Thema ist.

Wir können hier politisch entscheiden, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk werbefrei zu gestalten. Nach allem, was ich bisher ausgeführt habe, ist aber klar, dass dann die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für den Ausfall der Werbeeinnahmen einen Ausgleich in Form einer zusätzlichen Gebührenerhöhung erhalten müssten. Da dies in der gegenwärtigen Situation wohl kaum zu verwirklichen ist, wird die Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wohl nicht sofort und auf einen Schlag zu erreichen sein. Es spricht aber viel dafür, dieses Ziel dennoch nicht aus den Augen zu verlieren,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

sondern es schrittweise umzusetzen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Denn wer die duale Rundfunkordnung mit öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk dauerhaft erhalten will, tut gut daran, beide Säulen in ihrem je eigenständigen Profil auch im Hinblick auf die europäische Rechtsprechung und internationale Fragen zu stärken und den Tendenzen einer Annäherung und Verwischung der Profile entgegenzuwirken. Dies betrifft meines Erachtens auch die Grundlagen der Finanzierung beider Säulen: Gebührenfinanzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einerseits und Werbefinanzierung für den privaten Rundfunk andererseits.

Wer sich auf die Gebühr als Finanzierungsform stützt, die ja keine Gebühr für den Empfang von Sendungen wie beim Pay-TV ist, sondern an das Bereithalten von Empfangsgeräten anknüpft, kann sich nicht zusätzlich auf andere Finanzierungsformen stützen wollen.

Die Begrenzung der Fernsehwerbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf 20 Minuten und auf die Zeit vor 20 Uhr ist durch eine Reihe neuer Formen wie Sponsoring und Product-Placement längst unterlaufen. Auch aus diesen Formen sollte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk zurückziehen. Die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist eindeutig der Meinung, dass das, was hier im öffentlich-rechtlichen Rundfunk jedenfalls zum Teil gemacht wird, entschieden zu weit geht.

(Beifall der Abg. Dr. Noll und Beate Fauser FDP/ DVP)

Die Selbstbeschränkungen, die jetzt angekündigt worden sind, sind hierzu ein erster Schritt und zeigen, dass die medienpolitischen Debatten auch im Landtag von BadenWürttemberg bei den Sendern durchaus Gehör finden.

Meine Damen und Herren, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine Bestands- und Entwicklungsgarantie. Neue technische Möglichkeiten dürfen ihm nicht vorenthalten werden. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie ist aber keine Rechtfertigung für eine beliebige Ausdehnung und Vermehrung der Programme.

(Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)

Notwendig wäre vielmehr eine eindeutigere Qualitätsorientierung aller öffentlich-rechtlichen Programme. Ein qualitätsorientiertes und werbefreies Programm des öffentlichrechtlichen Rundfunks dient und nutzt der eigenständigen Profilierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks am besten. Beides muss deshalb auch im eigenen Interesse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks selbst liegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten hat gleich zu Beginn ihres letzten Berichts festgestellt:

Nach den Feststellungen der Kommission ist zum 1. 1. 2005 für die Dauer von vier Jahren

das heißt, man hat hier auch eine Planungssicherheit –

eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 1,09 € erforderlich.

Das, meine Damen und Herren, war alles andere als eine Spontanentscheidung. Vielmehr wurde diese Entscheidung nach einer sorgfältigen Abwägung gefällt. Die Entscheidung fällt aus rein sachlichen Gründen, fernab von der Politik. Zur Erinnerung: Die Rundfunkanstalten haben für sich selbst ja das Doppelte gefordert. Kollege Theurer hat darauf hingewiesen: Es gibt in diesem Zusammenhang ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Handlungsspielraum für die Politik hier weiter einengt. Deswegen glaube ich, dass wir gut beraten sind, dieser Erhöhung der Rundfunkgebühr zum 1. Januar 2005 zuzustimmen. Die durchgeführten Sparmaßnahmen – sie erfolgten nicht nur beim SWR; das wurde hier schon erwähnt – sind in diese Bewertung bereits eingeflossen.

Für den nächsten KEF-Bericht – ich sage das, damit hier nicht der Eindruck entsteht, der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde jetzt einfach weiter abkassieren, ohne etwas zu tun – wurde bereits gefordert, dass bei dem, was die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an die KEF melden werden, weitere Einsparungen eine zentrale Rolle spielen müssen.

Kollege Oettinger hat gesagt: „Wir brauchen auch Sparmaßnahmen beispielsweise im Personalbereich.“ Darüber kann man sicherlich diskutieren. Ich frage mich nur, ob es richtig ist, dass bei den bestehenden Strukturen die „Häuptlinge“ von solchen Sparmaßnahmen so gut wie nie oder gar nie betroffen sind, während beispielsweise die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer die Ersten sind, die von solchen Sparmaßnahmen betroffen sind. Das, glaube ich, ist nicht der Weg, den wir gehen sollten.

Wir können zu Recht darauf hinweisen, dass der SWR den größten Sparbeitrag erbracht hat. Andere Anstalten wie der Hessische Rundfunk und der Bayerische Rundfunk hinken da weit hinterher. Das heißt, hier muss noch einiges geschehen. Erfreulich ist, dass auch die kleinen Rundfunkanstalten, die im Grunde genommen, wenn man es in Relation zur Bevölkerung setzt, die größten Ausgaben haben, wie etwa der Saarländische Rundfunk oder Radio Bremen, ebenfalls bemüht waren, ihre Kosten herunterzufahren.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es heute beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt zu Einsparungen gekommen ist, insbesondere auch beim Personal. Das hat sich aber in der Bilanz deshalb nicht niedergeschlagen, weil wir ein wesentlich umfangreicheres und, ich sage auch, besseres Angebot haben. Wir haben heute den Kanal Phönix, wir haben arte, wir haben den Kinderkanal. Aus meiner Sicht ist es völlig abstrus, dass Ministerpräsidenten wie Herr Stoiber oder Herr Steinbrück ausgerechnet einen Kanal wie arte infrage stellen oder ganz abschaffen wollen.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Kollege Oettinger, ich bin mit Ihnen völlig einig: Wenn wir eine Qualitätsdebatte führen wollen, dann muss aber auch klar sein, dass die Kanäle, die für Qualität stehen, wie es beispielsweise bei arte der Fall ist, nicht zur Disposition stehen. Es geht auch nicht, dass man sagt: Der Standort des Senders befindet sich nicht in meinem Bundesland, deshalb ist er nicht so wichtig. Vielmehr ist es so: Wenn es wirklich um Qualität geht, dann müssen solche Sender von vornherein geschützt sein.

In einem haben Sie völlig Recht: Auch ich habe Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch dort wird mittlerweile zu oft nach der Quote geschielt. Beispielsweise ist das, was in der „Stuttgarter Zeitung“ veröffentlicht und jede Woche gelesen wird, sozusagen die Bibel. Da muss man möglichst oft erwähnt werden, wenn man vorne dabei sein will.

Aber bei aller Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Im Vergleich zu dem, was wir beispielsweise oft in privaten Fernsehsendern geboten bekommen, ist vieles von dem noch harmlos. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Das betrifft beispielsweise auch die von Ihnen heftig kritisierten Sportsendungen. Auch dort werden wir von den Öffentlich-Rechtlichen wesentlich seriöser informiert. Vergleichen Sie doch einmal die „Sportschau“ mit „ran“. Herr Oettinger, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Wollen Sie fünfmal Bierwerbung sehen, bevor Sie wissen, wie der VfB den Sieg herausgeschossen hat?

(Minister Pfister: Das weiß ich schon vorher!)

Aber vielleicht haben Sie nicht gesehen, wie dies geschah. Herr Pfister, ich weiß nicht, ob Sie bei Auswärtsspielen immer dabei sind. Das kann sein. Ich zum Beispiel fahre aber zu Auswärtsspielen selten mit. Mir ist es deshalb recht, wenn wir hier eine seriöse Berichterstattung haben.

In einem kann ich Frau Kollegin Kipfer nur Recht geben: Die Preise beispielsweise für die Rechte für die Übertragung der Bundesligaspiele hat das private Fernsehen in eine exorbitante Höhe getrieben. Was Premiere und SAT.1 da gemacht haben, lag völlig jenseits des Marktes. So dürfen sich gerade die Privaten nicht verhalten. Deswegen ist es gut, dass die Preise wieder heruntergefahren wurden und dass die Qualität wieder besser ist. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat auch hinsichtlich dieser Fragestellung meine volle Unterstützung.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, hier wurde schon darauf hingewiesen, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Vergabe von Produktionen nach außen zukommt. Wir wissen, dass in jedem Bundesland die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der größte Auftraggeber für Produktionen ist. Wir brauchen deshalb ein faires Miteinander. Es kann nicht sein, dass die meisten Produktionen nur bei Tochterunternehmen der jeweiligen Rundfunkanstalt erstellt werden. Beim SWR ist das MARAN. Vielmehr muss es eine Vielfalt an Produktionsfirmen geben. Das ist für einen Medienstandort wichtig. Das kann es aber nur geben, wenn der größte Auftraggeber ein Interesse daran hat, einige oder möglichst viele dieser Aufträge nach außen zu vergeben.

(Beifall bei den Grünen)

Es wurde auch noch das Thema Werbefreiheit angesprochen. Das hat natürlich einen gewissen Charme. Wer will nicht gerne fernsehen, ohne dabei durch Werbung belästigt zu werden?

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Das ist ganz klar. Deswegen schauen auch viele gar nicht mehr privates Fernsehen. Denn sie wollen nicht ständig Werbung schauen.

Wir müssen dann aber auch ehrlich sein. Werbefreiheit würde bedeuten, dass wir die Rundfunkgebühr pro Monat um 1,50 € weiter erhöhen müssten.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Nein, weniger!)

Ich glaube, das ist derzeit nicht machbar.

Es gibt auch noch einen anderen Grund: Angesichts der derzeit bestehenden wirtschaftlichen Situation, in der sich insbesondere auch die Werbebranche befindet, wäre es Unsinn, jetzt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verbieten, Werbung weiterhin im Programm zu haben.

Man erreicht – das muss man einfach zur Kenntnis nehmen – einen Teil der Zuschauerinnen und Zuschauer nur über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, einen Teil, der für die Werbebranche und auch für die Firmen sehr wichtig ist. Deswegen kann es im derzeitigen Stadium schlichtweg kein Verbot für Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben. Dass es da Auswüchse gibt, was das Sponsoring nach 20 Uhr anbelangt, darüber sind wir uns schnell einig, und darüber muss sicherlich auch in Zukunft gesprochen werden.

In der zweiten Runde werde ich dann noch auf die Politikferne eingehen, denn ich glaube, da sitzen wir alle im gleichen Boot, wenn ich nur – weil das vorhin jemand angesprochen hat – an den Postenschacher erinnern darf, den es um den Intendanten des ZDF gegeben hat. Ich glaube, da muss sich die Politik insgesamt an die Nase fassen. Aber, wie gesagt, darauf gehe ich in der zweiten Runde ein.

(Beifall bei den Grünen)