Protokoll der Sitzung vom 06.10.2004

bedeutsame Schienenpersonennahverkehre unter bestimmten Voraussetzungen und drittens um Ersatzverkehre, etwa durch Nachtbusse. Das waren die Kompetenzerweiterungen im Jahr 1999.

Jetzt kommen mit diesem Gesetz zwei weitere Kompetenzzuwächse hinzu. Das ist zum einen die Zuständigkeit der Region für Konzeption und Planung eines Landschaftsparks. Hierbei wird die Kompetenz der Region um die Trägerschaft und um die Finanzierung unter Beteiligung der betroffenen Kommunen erweitert. 1999 ging es also zunächst allein um die Konzeption und Planung; jetzt wird die Kompetenz um die Trägerschaft und Finanzierung erweitert. „Finanzierung“ bedeutet, dass die Kommunen mit einer Beteiligung von mindestens 50 % der Kosten mit von der Partie sein müssen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Die Regionalversammlung kann künftig die Trägerschaft und Koordinierung regionalbedeutsamer neuer Messen, Messebeteiligungen, regionalbedeutsamer Kongresse, Kultur- und Sportveranstaltungen und auch die Trägerschaft für regionalbedeutsame Schienenpersonennahverkehre mit einfacher Mehrheit beschließen. Bisher war hierzu ein Zweidrittelquorum notwendig.

Meine Damen und Herren, warum dieser Gesetzentwurf? Er basiert auf verschiedenen Grundlagen, die ich stichwortartig nennen möchte. Generell kann man sagen, dass dem Verband Region Stuttgart für den Bereich der Regionalplanung von allen politischen Seiten eine fachlich hervorragende Arbeit bescheinigt wird. Das sollte man vielleicht an dieser Stelle auch einmal feststellen. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Wirtschaft, neue Messe, Europa, so wie das in der Arbeitsbilanz 1995 bis 2001 vom Verband Region Stuttgart festgestellt worden ist. In all diesen Bereichen hat der Verband Region Stuttgart in der Vergangenheit engagiert und erfolgreich gearbeitet.

Besonders beeindruckend sind für mich die Erfolge der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart sowie der hohe Anteil der Eigenfinanzierung. Ich hatte vor einigen Tagen selbst die Gelegenheit, mich da kundig zu machen, und war überrascht, in welch hohem Umfang in der Zwischenzeit die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart sich selbst finanziert.

(Abg. Wieser CDU: Die haben die Schulden in Stuttgart sogar halbiert! – Abg. Hofer FDP/DVP: Nicht die Region!)

Das politische und finanzielle Engagement des Verbands Region Stuttgart bei der neuen Messe und die Ausweisung des Messestandorts im Regionalplan waren der politische Durchbruch bei der Entscheidung für die Landesmesse. Ich bin sicher, dass diese Landesmesse ohne den entscheidenden Impuls des Verbands Region Stuttgart nicht gekommen wäre, und ich setze sehr darauf, dass auch in der Zukunft der Verband Region Stuttgart dazu beitragen wird, dass die neue Landesmesse im Juni 2007 eingeweiht werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die Begeisterung für die Messe lässt nach!)

Die Begeisterung für die Messe steigt jeden Tag, Herr Kollege Oberbürgermeisterkandidat.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber nicht hier im Plenum!)

Dieser Gesetzentwurf setzt, wie gesagt, auf zwei wesentliche Kompetenzerweiterungen. Wir werden die Möglichkeit haben, im Ausschuss noch das eine oder andere zu besprechen. Aber ich denke, dass mit diesen Maßnahmen der Verband seine allseits anerkannte hervorragende Arbeit nahtlos fortsetzen kann. Die Landesregierung bekennt sich jedenfalls auch in der Zukunft mit Nachdruck zur Region Stuttgart.

(Beifall bei der CDU und FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Mit Nachdruck und ohne Konse- quenz!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Birk.

(Abg. Wieser CDU: Guter Mann!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Region Stuttgart ist ein Kind der großen Koalition, beim einen mehr, beim anderen weniger geliebt, und ist heute wieder einmal Anlass für eine Debatte. Wir sind seitens der CDU-Fraktion froh, dass dieser Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Verbands Region Stuttgart eingebracht wird. Wir als CDU-Fraktion begrüßen diesen Gesetzentwurf und werden ihn auch unterstützen.

Meine Damen und Herren, die Region Stuttgart umfasst 10 % der Landesfläche, 25 % der Einwohner und 30 % der Wirtschaftskraft Baden-Württembergs. Wir können seitens des Landtags diese Region im Vergleich zu anderen Regionen nicht überhöhen, aber wir müssen diese Planungs- und Trägerschaftsregion mit dem notwendigen Instrumentarium ausstatten, damit sie in der Zukunft ihren Aufgaben gerecht wird.

Wir haben als Land Baden-Württemberg mit dem Verband Region Stuttgart einen zuverlässigen Partner bei der neuen Messe, bei Stuttgart 21 und bei der Schnellbahntrasse Stuttgart–Ulm. Immerhin geht der Verband Region Stuttgart hier mit erheblichen Investitionsmitteln in die Mitträgerschaft, und es ist wirklich mehr als willkommen, dass zumindest bei der neuen Landesmesse der Spatenstich erfolgt ist. Jetzt ist es notwendig, dass auch andere Projekte wie die Schnellbahntrasse und Stuttgart 21 kommen. Die Region Stuttgart wird hierfür auch weiterhin ein zuverlässiger Partner sein.

Diese Region kann aber auch andere Erfolge vorweisen, etwa im Bereich der Regionalplanung, im Bereich der Wirtschaftsförderung und auch im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs. Deshalb ist es auch richtig, dass auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung eine Bestandsaufnahme über den Verband Region Stuttgart gemacht und diese Gesetzesnovelle auf den Weg gebracht wird.

Zum Thema Landschaftspark. Die Region Stuttgart ist eine der am dichtesten besiedelten Regionen in Baden-Württemberg, in Deutschland und in Europa. Es wird eine große Herausforderung sein, in den nächsten Jahren Freiflächen zu sichern. Deshalb ist es sinnvoll, dass nicht nur die Planung und Konzeption von Landschaftsparks, sondern auch die

Mitträgerschaft und die Finanzierung von Landschaftsparks in der Region Stuttgart in das Gesetz aufgenommen werden. Unser Interesse ist, das Siedlungsband entlang des Neckars als Naherholungsraum, als wertvollen Lebensraum zu erschließen und die Attraktivität von Natur, für Arbeiten und Wohnen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Deshalb begrüßen wir seitens der CDU-Fraktion diese Landschaftsparks.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zweitens: Wir sind auch der Meinung, dass die Zweidrittelmehrheit wegfallen kann. Die Zweitdrittelmehrheit war ursprünglich ein gewisser Schutzmechanismus, eine Zusatzhürde dafür, dass die Region nicht freiwillige Aufgaben insbesondere im Bereich regionalbedeutsamer Messen, Kongresse und anderer Bereiche an sich zieht. Dass diese Zweidrittelmehrheit jetzt in eine einfache Mehrheit umgewandelt wird, ist Ausdruck des Vertrauens in den Verband Region Stuttgart und seine Gremien, insbesondere die Regionalversammlung. Auch dies ist berechtigt. Wir haben ja auch einige Abgeordnete, die gleichzeitig Mitglieder der Regionalversammlung sind. Ich sage dies für alle Fraktionen: Wir in der Regionalversammlung sind in der Vergangenheit, insbesondere auch was die Freiwilligkeitsaufgaben angeht, immer sehr verantwortungsbewusst vorgegangen. Insofern ist diese Zweidrittelmehrheit entbehrlich, und es ist somit richtig, sie in eine einfache Mehrheit umzuwandeln.

(Beifall der Abg. Rückert CDU und Boris Palmer GRÜNE)

Beim Thema ÖPNV gibt es einen Streitpunkt in der Frage der Regionalbedeutsamkeit des Schienenpersonennahverkehrs, insbesondere auf den Nebenstrecken. Auf der einen Seite gibt es Nebenstrecken, die aus der Historie heraus in ihrer entsprechenden Trägerstruktur gewachsen sind. Auf der anderen Seite gibt es Nebenstrecken, die zunehmend auch als regionalbedeutsam eingestuft werden müssen. Ich glaube, wir sind uns in dem Ziel einig, dass eine Klassifizierung dessen, was eine Nebenstrecke ist und was nicht und was regionalbedeutsam und was nicht regionalbedeutsam ist, notwendig ist. Es ist leider nicht gelungen, dies anhand qualitativer und quantitativer Kriterien im Gesetzentwurf klar zu machen. Aber wir setzen weiterhin auf die Einsichtsfähigkeit und auf die Vernunft, zwischen der Region und den betroffenen Landkreisen und Kommunen gemeinsame Lösungen zu finden. Ich sage ausdrücklich: Wir haben auch die Erwartung, dass das Umwelt- und Verkehrsministerium hier als Dialogpartner, als Moderator bei der Abgleichung von Interessen auftritt und für gemeinsame Lösungen sorgt.

Die Zuständigkeit für den ÖPNV beim VRS, beim Verband Region Stuttgart, zu bündeln war ebenfalls eine Forderung, die vor der Gesetzesnovelle erhoben wurde.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist auch richtig!)

Ich glaube, wir sind uns in dem Ziel einig, dass wir eine stärkere Bündelung der Träger- und der Nachfrageinteressen beim Verband Region Stuttgart benötigen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nur der Erwin nicht!)

Auch die Verhandlungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass der Verband Region Stuttgart hier zu maßgeblichen Einsparungen und zu einer Verstetigung der Verkehrsumlage beitragen konnte und damit auch den Nachweis erbracht hat, dass er in der Vergangenheit bei den Verhandlungen über den öffentlichen Personennahverkehr sehr moderat, leistungsfähig und kostenbewusst aufgetreten ist. Ich glaube, wir sind uns in dem Ziel einig, dass diese Trägerschaft und dieses qualifizierte Verhandlungsmandat für den Verband Region Stuttgart gestärkt werden müssen.

Einen Unterschied gibt es zwischen der Opposition und den Regierungsfraktionen. Er besteht in der Frage, ob man die Zuständigkeit, das Verhandlungsmandat, jetzt gesetzlich mit in das Verbandsgesetz aufnimmt. Wir sind der Meinung, dass man dies zunächst einmal im Wege der freiwilligen Vereinbarung zwischen den betroffenen Landkreisen und dem Verband Region Stuttgart erreichen sollte. Wir meinen, dass dies auch erreichbar ist. Es sind ja entsprechende Signale aus den Landkreisen und auch seitens des Verbands zu hören, dass sie sich aufeinander zubewegen.

Sollte es jedoch innerhalb der nächsten zwei Jahre zu keiner Einigung kommen, müssen wir uns als Gesetzgeber gesetzliche Schritte vorbehalten. Dies ist auch im Protokoll über die Kabinettssitzung bei der Freigabe des Regierungsentwurfs dokumentiert. Wir, CDU und FDP/DVP, werden uns im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens vorbehalten, hierzu auch einen entsprechenden Entschließungsantrag zu stellen.

(Abg. Schmiedel SPD: Das war jetzt ganz kraft- voll!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Der Verband Region Stuttgart bekommt in einigen Bereichen einen wichtigen Kompetenzzuwachs.

(Abg. Schmiedel SPD: Was heißt „in einigen“?)

Uns ist auch klar, dass es hier in diesem hohen Haus manche Kräfte gibt, die diesem Verband Region Stuttgart noch mehr Kompetenzen zuwachsen lassen wollen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Richtig!)

Es kann nicht sein, dass der Verband Region Stuttgart parallel zum Landtag eine Art Gesetzgebungsebene sein soll oder eine weitere Verwaltungsebene wird. Wir möchten weiterhin einen schlanken Verband Region Stuttgart, der in erster Linie Planungs- und Trägerschaftsaufgaben wahrnimmt und seinem Infrastrukturauftrag gerecht wird. Wir wollen keine zusätzliche Verwaltungsebene. Aber wir benötigen auf der anderen Seite eben auch das nötige Werkzeug und Rüstzeug, damit der Verband Region Stuttgart, dieser Ballungsraum Stuttgart, diese Region Stuttgart in unmittelbarem Wettbewerb zu München, zu Frankfurt, zu Zürich, zu Lyon, zu Mailand und zu anderen Regionen im nationalen und europäischen Vergleich wettbewerbsfähig bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Wir denken, dass mit dieser Gesetzesnovelle eine richtige Grundlage gelegt wurde, um den Aufgaben und Herausforderungen in den nächsten Jahren gerecht zu werden und an

dererseits auch deutlich zu machen, dass diese Region Stuttgart als eine der sieben Metropolregionen in der Bundesrepublik Deutschland über faire Wachstums- und Wettbewerbschancen verfügt. Wir bitten deshalb um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das vorgelegte Gesetzchen ist ein Dokument der regionalpolitischen Hilflosigkeit und Unfähigkeit der Regierungskoalition.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Rü- ckert CDU: Ha no! – Abg. Dr. Birk CDU: Messe! Stuttgart 21!)

Wie sehr Sie sich beim Thema Region Stuttgart gegenseitig im Weg stehen und auf den Füßen herumtreten, sieht man schon daran, dass es Ihnen nicht einmal möglich war, dieses Reförmchen, wie mehrfach versprochen, noch vor der Regionalwahl vorzulegen.

(Abg. Capezzuto SPD: Angst!)

Gemessen an dem, was Sie vorher verkündet haben und wie beispielsweise der frühere Wirtschaftsminister die Backen aufgeblasen hat, der dann, als es ernst wurde, in der Ackerfurche verschwand und die Ohren anlegte,

(Abg. Dr. Birk CDU: Harmloser Angriff, Herr Kol- lege! Sie wären froh, wenn Sie mal in der Acker- furche wären! – Abg. Wieser CDU: Sie werden si- cher noch zum Thema sprechen, Herr Kollege! Bis jetzt nur Luftblasen!)

muss man sagen: Sie kriegen das Notwendige nicht hin.

Sie haben darauf hingewiesen: 10 % der Landesfläche, 25 % der Bevölkerung. Dann ist doch völlig klar, dass eines der zentralen Themen dieser Region die Sicherstellung der Mobilität in diesem dichten Ballungsraum, der am dichtesten bevölkerten Region in Europa ist. Wenn Sie mal ein Schaubild betrachten, wie der öffentliche Verkehr organisiert ist, wer was zu sagen hat, wer mitwirken muss, wie die komplizierten Entscheidungswege sind, dann drängt sich doch von vornherein auf, dass es in einem solchen Ballungsraum zu einer einheitlichen Trägerschaft, zu einer Verkehrsplanung und Organisation aus einem Guss kommen muss.

Nichts haben Sie gemacht. Sie haben nicht einmal den Murks der letzten Fortschreibung beseitigt. Herr Hofer, wie peinlich! Sie haben mehrfach angekündigt: „Man muss doch mindestens bei der Novellierung klären, was regionalbedeutsam ist. Das ist doch das Mindeste!“ Das haben Sie mehrfach gesagt. Nichts haben Sie geklärt.