Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

Bitte schön, Herr Abg. Wacker.

Frau Kollegin Rastätter, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, was uns die Privatschulverbände in verschiedenen Gesprächen immer wieder signalisiert haben. Sie haben gesagt, sie seien mit der technischen Novelle, so wie wir sie heute vorlegen, einverstanden, vorausgesetzt, wir führen damit das Bruttokostenmodell ein.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr schön!)

Der Streitpunkt des Bruttokostenmodells bleibt natürlich,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Frage!)

aber die technische Novelle ist im Bestand auch bei den Privatschulverbänden unumstritten. Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen?

(Lachen bei der SPD – Abg. Christine Rudolf SPD: Mit wem reden Sie denn? – Abg. Zeller SPD: Das ist doch nicht wahr! Das ist doch nicht wahr, Herr Wacker! – Abg. Birzele SPD: Das war gar keine Frage! – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Doch! „Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen?“! – Abg. Wacker CDU: Fragezeichen! – Abg. Klein- mann FDP/DVP: Da kommt ein Fragezeichen hin! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Das Fragezeichen war nicht ausgesprochen! – Gegenruf des Abg. Flei- scher CDU: Er hat eine These aufgestellt!)

Lieber Kollege Wacker, die Schulen in freier Trägerschaft haben erklärt, dass sie trotz ihrer schwierigen Haushaltslage bereit wären, diese Kröte der Kürzungen zu schlucken, wenn im Gesetzgebungsverfahren gleichzeitig das Bruttokostenmodell im Privatschulgesetz verankert wird. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen und damit Ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Witzel GRÜNE – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Das ist der Punkt!)

Dritter Punkt: Sie haben in diesem Gesetzgebungsverfahren auch Kürzungen vorgenommen. Sie sparen auf Kosten der Schulen in freier Trägerschaft.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Nein! Wir haben kei- ne Erhöhungen vorgenommen!)

Bei 50 % der Schüler und Schülerinnen, nämlich bei allen Schülern an privaten Gymnasien und bei den Schülern der Klassen 5 bis 13 der Waldorfschulen, wird gekürzt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es geht um Anpassungen analog den staatlichen Schulen! Wann kapieren Sie das endlich?)

Es wird in diesem Jahr für die zwei Monate ab 1. November 1 Million € gekürzt. Diese schichten Sie in die beruflichen Schulen um, die aber – das müssen Sie dazusagen – zum Teil sehr wenige Schüler haben.

(Abg. Wacker CDU: Das werden aber immer mehr!)

45 000 Schüler sind aber von den Kürzungen betroffen. Den Schulen in freier Trägerschaft werden im nächsten Jahr 6 Millionen € und im Jahr 2006 sogar 7 Millionen € gekürzt. Das heißt, diese Schulen haben überhaupt keine Planungssicherheit.

(Abg. Wacker CDU: 80 %!)

Dazu kommen die 5 Millionen €, die dieses Jahr bei den Sonderzuwendungen im öffentlichen Dienst gekürzt wurden. Aber, Frau Berroth, auch da gilt: Die Schulen in freier Trägerschaft haben ja Verträge mit ihren Lehrern und können nicht einfach in diesem Jahr kürzen. Faktisch ist dies eine weitere Kürzung um 5 Millionen €, die die Schulen in freier Trägerschaft noch zusätzlich verkraften müssen.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Fazit: Sie haben Ihr Versprechen gebrochen. Sie kürzen auf Kosten der Schulen in freier Trägerschaft. Wir Grünen werden uns deshalb weiterhin dafür einsetzen, dass Schulen in freier Trägerschaft eine gerechte Finanzierung bekommen

(Abg. Wacker CDU: 80 %!)

und dass in Baden-Württemberg tatsächlich eine Wahlfreiheit für Kinder besteht, entweder in eine private Schule oder in eine öffentliche Schule zu gehen. Dies darf nicht, wie das heute immer häufiger der Fall ist, vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Das Wort erteile ich der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Dr. Schavan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen, indem ich unmittelbar an das anknüpfe, was Herr Staatssekretär Rau gestern gesagt hat: Die Entwicklung der Privatschullandschaft in Baden-Württemberg geht mit Neugründungen unaufhörlich weiter. Wir haben in Baden-Württemberg 400 Privatschulen und allein ein Viertel aller Waldorfschulen. Das wäre nicht der Fall, wenn die

Schulen in freier Trägerschaft nicht wüssten, dass auf die Bezuschussung und auf die Landesregierung Verlass ist.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Zweitens: Bislang bestand zwischen allgemein bildenden und beruflichen Schulen eine große Ungerechtigkeit. Sie kennen die Aussage, die im Zusammenhang mit gerichtlichen Auseinandersetzungen getroffen wurde: „Wir wollen auf einen Fördersatz von 80 % kommen.“ Mit den Maßnahmen, über die wir heute beraten, kommen wir auf dem Weg dahin ein erhebliches Stück weiter.

Letztlich bedeutet das, was wir beraten, eine Erhöhung der Zuschüsse für die Grundschulen und die Klassen 1 bis 4 der Waldorfschulen um 3,5 %, für die Hauptschulen um 13,85 %, für die Fachschulen für Sozialpädagogik – das sind genau die Schulen, die die Erzieherinnenausbildung leisten; es war uns wichtig, dass bei ihnen keine Existenzgefährdung eintritt – um über 24 %,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

für die technischen Berufsfachschulen und die technischen Fachschulen um 23,5 %, für die übrigen Berufsfachschulen und die übrigen Fachschulen um 14 % und für die technischen Berufskollegs um 7 %.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin – –

Ich mache erst ein bisschen weiter. Die Zwischenfrage passt irgendwann, aber ich muss meine Ausführungen jetzt einmal zu Ende bringen.

Das sind Steigerungsraten, die es nahezu in keinem Bereich mehr gibt.

Denen, die im kommenden Haushalt das Bruttokostenmodell einführen wollen, sage ich: Ich weiß, dass es viele gibt – auch in diesem Haus, quer durch alle Fraktionen; das ist gar keine Frage –, die diesen Schritt gern gesehen hätten. Es gibt doch niemanden, der sagt: „Das wollen wir auf keinen Fall.“ Wir wollen so viel wie möglich. Aber die Einführung des Bruttokostenmodells würde zu einem jährlichen Mehrbedarf von 36 Millionen € führen. Jetzt nehme ich einmal diesen Betrag und die 6 Millionen € für die Sprachförderung. Dann komme ich allein, wenn ich an die Debatten des heutigen Vormittags denke, schon auf einen jährlichen Mehrbedarf von 42 Millionen €.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Wir machen das über Schulden!)

Hält denn jemand angesichts der Debatten, die wir über den Haushalt führen, im Ernst eine entsprechende Umsetzung für realistisch?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Deshalb muss ich Ihnen ehrlich sagen: In Gesprächen, egal, mit wem, mache ich gegenwärtig die Erfahrung, dass ich

dann, wenn wir ehrlich sagen, worum wir uns bemühen, wo wir Schritt für Schritt versuchen, Verbesserungen zu erreichen, aber auch ehrlich sagen, was nicht möglich ist, auf großes Verständnis stoße. Dafür bedankt sich niemand; das ist ja wohl auch klar.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Aber die Bürger sind doch nicht blöd. Die Leute wissen doch, in welcher Situation sich das Land befindet

(Abg. Fleischer CDU: Und wer dies eingebrockt hat!)

und um welche Positionen wir in diesem Haushalt zu kämpfen haben. Sie wissen im Übrigen auch – das stimmt –, wer uns dies eingebrockt hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Lassen Sie uns also ehrlich mit den Leuten umgehen, und lassen Sie uns doch bitte solche Steigerungsraten, wie wir sie jetzt in ganz wichtigen Bereichen der Schulen in freier Trägerschaft erzielt haben, nicht kleinreden. Es gibt kein Bundesland, in dem es derzeit solche Steigerungsraten gibt – kein einziges!

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hofer FDP/ DVP – Abg. Zeller SPD: Weil sie schon höhere Zuschüsse haben! – Zuruf der Abg. Carla Bregen- zer SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, wollen Sie jetzt die Zwischenfragen zulassen?

Jawohl, bitte schön.