Protokoll der Sitzung vom 10.11.2004

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Weitere Stichworte für eine transparente Hochschule wären: Satzungen wären konsequent zu veröffentlichen, ins Internet zu stellen. Struktur- und Entwicklungspläne wären dem Parlament zugänglich zu machen. Sie werden uns ja bis heute nicht zur Verfügung gestellt. Ergebnisse externer Evaluationen wären zu veröffentlichen. Berichte über Erfolge von Hochschulverträgen und Zielvereinbarungen wären zugänglich zu machen.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Eine öffentliche Einrichtung, die im Wesentlichen aus Steuergeldern finanziert ist, muss auch in Zukunft sicherstellen, dass sie ihrer Rechenschaftspflicht gegenüber Öffentlichkeit und Parlament nachkommt.

(Beifall bei den Grünen)

Und der vierte Konstruktionsfehler: Es wird nicht offen gelegt, in welches – um im Bild zu bleiben – Flächennutzungskonzept für die gesamte Hochschullandschaft diese neuen Baupläne eingebettet sind.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Die neue Gestaltungsfreiheit für die Hochschulen hört ja bezeichnenderweise immer da auf, wo Landesinteressen in struktureller, finanzieller und ausstattungsbezogener Hinsicht berührt sind.

(Abg. Wacker CDU: Das habe ich nicht verstan- den!)

Diese Formulierung findet sich immer wieder im LHG: „Landesinteressen in struktureller, finanzieller und ausstattungsbezogener Hinsicht“, Herr Wacker.

(Zurufe der Abg. Wacker und Pfisterer CDU)

Das kann ja viel heißen, und die Hochschulen befürchten von dieser Formulierung auch vieles und sind deshalb sehr skeptisch, ob ihnen künftig unter dieser Formel im neuen Gewande nicht die alten Durchgriffsrechte und Einflussnahmen durch das Ministerium wieder ins Haus stehen. Zielvereinbarungen und Hochschulverträge sind doch in der Tat Möglichkeiten, bis ins Detail hinein Vorgaben zu machen. Im Gesetz ist ja nirgendwo festgelegt, was in diesen Hochschulverträgen drinsteht. In diesem Hochschulgesetz finden sich auch keine Angaben darüber, wo die Vorgaben des Landes diskutiert werden, wer an ihrer Formulierung beteiligt ist und in welcher Form sich die Regierung an diese Vorgaben in Zukunft halten wird. Das Ministerium hält sich

alle Möglichkeiten offen und will freie Hand haben, die Vorgaben zu definieren, zu verändern und dann bis ins Einzelne auf die Hochschulen anzuwenden. Das Prinzip „Teile und herrsche“ wird mit dem neuen LHG gestärkt und nicht geschwächt.

Wichtig ist, noch einmal festzuhalten: Autonome Hochschulen bedeuten nicht, dass landesweite Steuerung, Gesamtsteuerung nicht mehr stattfinden müsste. Sie muss ohne Zweifel stattfinden, und sie muss in ein richtiges Verhältnis zur Hochschulautonomie gebracht werden. Gesamtsteuerung ist geradezu Voraussetzung dafür, dass Hochschulen eigenständig agieren können, dass sie wissen, woran sie sind und woran sie sich orientieren müssen. Dafür muss man aber auch die Landesvorgaben öffentlich machen und sich auch als Staat an diese selbst gesetzten Vorgaben halten.

Wir wollen eigenständige Hochschulen schaffen und sie durch eine starke Identifikation, eine starke Leitung und eine strikte Transparenz nach außen stärken. Wir wollen eigenständige Hochschulen, die in einem fairen Verhältnis dem Staat gegenübertreten können. Wir wollen mehr Fairplay im Interessenausgleich. Auf all diesen Baustellen, die ich hier umrissen habe, werden wir nachbessern, und wir werden Vorschläge machen, wie man dieses Gesetz in der Tat moderner machen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Sie stimmen dem Vorschlag zu, nach der Aussprache diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu überweisen. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes – Drucksache 13/3408

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 13/3681

Berichterstatter: Abg. Dr. Klunzinger

Meine Damen und Herren, die Fraktionen und die Regierung sind übereingekommen, die Reden zu Protokoll zu geben. Ich bin damit einverstanden. (Siehe Erklärungen zu Protokoll am Schluss des Tagesordnungspunkts.)

Wir kommen zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 13/3408.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Drucksache 13/3681. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Kann ich den Gesetzentwurf, der zwei Artikel umfasst, im Ganzen zur Abstimmung stellen? – Das ist der Fall.

Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 13/3408 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetzentwurf wurde einstimmig zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 10. November 2004 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Dem Gesetz wurde einstimmig zugestimmt.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Erklärungen zu Protokoll gemäß § 102 Abs. 3 GeschO

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das heute in zweiter Lesung zu verabschiedende Gesetz über die Neuregelung der Hochschulzulassung ist einer der verschiedenen Bausteine, mit denen zum 1. Januar nächsten Jahres eine neue, moderne Hochschullandschaft geschaffen werden soll. Zweck, Inhalt und Ziel des Gesetzes wurden in erster Lesung ausführlich dargestellt und trotz einiger Detailkritik von allen Fraktionen als ein Schritt in die richtige Richtung begrüßt.

Der Wissenschaftsausschuss hat den Gesetzentwurf beraten und einstimmig die Empfehlung an das Plenum verabschiedet, dem Gesetzentwurf in der jetzt vorliegenden Fassung zuzustimmen. Auch vonseiten der Hochschulen wurden die Veränderungen begrüßt. Verschiedene Anregungen und Änderungswünsche haben im Laufe des Verfahrens Eingang in den Entwurf gefunden.

Meine Damen und Herren, worum geht es? Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die Hochschulen können ihre Studenten weitgehend selbst auswählen, und umgekehrt können die Studenten ihre Hochschule aussuchen. Für Baden-Württemberg bedeutet dies, dass künftig nur noch ca. 3 % der Studienanfänger durch die ZVS zugeteilt werden. Das wird die Hochschullandschaft kräftig verändern in Richtung zu mehr Wettbewerb, mehr Flexibilität und verstärkter Profilbildung sowie gestärkter Autonomie. Kurz gesagt: Das Gesetz bedeutet einen markanten Schritt in Richtung Modernisierung. Die bisherige Funktion der ZVS ändert sich, aus einem zentralen bürokratischen Steuerungsorgan wird eine bloße Serviceagentur für die jeweilige Hochschule, und das ist gut so.

Nun lassen sich bekanntlich alle Dinge dialektisch von zwei Seiten beleuchten – oder einfacher formuliert: In jeder Sup

pe kann man auch ein Haar finden –, und natürlich ist auch bei diesem Gesetz noch das eine oder andere anzumerken. Da ist einmal der Hinweis auf die zusätzlichen Kosten und den Mehraufwand für den Lehrkörper. Dieser gesteigerte Einsatz ist aber der Sache angemessen und auch zumutbar.

Auch wurde angemerkt, zu viele Regelungen im Detail seien einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung überlassen. Dem möchte ich entgegenhalten: Genau das ist der richtige Weg. Das Gesetz enthält in der Tat nur zwei Artikel, von denen einer den Zeitpunkt des Inkrafttretens bestimmt.

Nebenbei: Ich wünschte mir, mehr Gesetze erhielten das Prädikat, alles in wenigen Bestimmungen zum Ausdruck zu bringen. Der Vorteil einer konzentrierten Gesetzesfassung lässt sich gerade am vorliegenden Fall beispielhaft erläutern. Die zentrale Aussage enthält die Gesetzesnorm, die Details kommen in die Rechtsverordnung, damit man flexibel auf die Erfordernisse der Praxis reagieren kann. Das wird auch notwendig sein. Es ist vorgesehen, das Verfahren zu evaluieren und erforderlichenfalls zu verbessern. Diese Methode ist als gängige Staats- und Verwaltungspraxis von Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes gedeckt. So wird zum Beispiel zu überprüfen sein, wie hoch man die Quote für die Endauswahl der Bewerber ansetzt. Im Übrigen muss dabei aber immer bedacht werden, dass alle Regelungen auf ihre Gerichtsfestigkeit zu überprüfen sind.

Meine Damen und Herren, dieser Tage wurde erneut das hohe Ranking unserer baden-württembergischen Hochschulen bestätigt; ich verweise zum Beispiel auf einen Presseartikel in der „Welt“. Wir wollen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Ein Beitrag dazu ist dieser Gesetzentwurf. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem heutigen Tag der zweiten Lesung geht ein Kapitel zu Ende, das seit ca. sechs Jahren für widersprüchliche Schlagzeilen sorgte. Wurde die ZVS im Jahr 1972 per Staatsvertrag zwischen den Ländern gegründet, um den eklatanten Mangel an Studienplätzen möglichst effektiv zu verwalten, so haben seit dem Regierungswechsel 1998, damals noch in Bonn, CDU und FDP eine mit Polemik gespickte Debatte zur Auflösung der ZVS geführt.

Nach langwierigen Diskussionen – langwierig deshalb, weil nicht alle Wissenschaftsminister der Länder die ZVS als Bürokratiemonster betrachteten – hat man sich nun auf ein Verfahren geeinigt, nach dem 60 % der mit bundesweitem NC belegten Studienplätze von den Hochschulen selbst vergeben werden können, und dies im Hochschulrahmengesetz so geregelt.

Das setzen wir heute um. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, wenngleich nicht mit der unkritischen Euphorie mancher Kolleginnen und Kollegen, dass dies der zentrale Qualitätsschub sei.

Natürlich ist es sinnvoll, wenn sich Studierwillige vor Studienbeginn genau überlegen, was und wo sie studieren wollen, wenn sie sich vertieft informieren, was von ihnen im Studiengang erwartet wird, was ihren Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Es macht Sinn, wenn sie sich gut vorbereiten, um das Auswahlverfahren zu bestehen.

So weit die Theorie. Praxis aber wird sein: Studierwillige werden sich nicht nur für ihren Lieblingsstudiengang an ihrer Lieblingshochschule, sondern auch an anderen Hochschulen in der ganzen Republik, also mehrfach, bewerben – mit den dazugehörigen Kosten für Fahrt, Unterkunft etc. Sie können ja nicht wissen, ob sie an der Hochschule, deren Studiengang ihnen der beste erscheint, auch angenommen werden. Sie müssen sich mehrfach bewerben, wenn sie nicht ein ganzes Jahr verlieren, krankenversicherungs- und kindergeldlos bleiben oder sich in einem beliebigen NCfreien Studienplatz einschreiben und damit die Zahl der Studienabbrecher erhöhen wollen.

Natürlich ist es sinnvoll, einschlägige Berufserfahrung oder Praktika bei der Auswahl von Studierenden heranzuziehen. Wer will sich dem Argument verschließen, Studienwillige aus Nichtakademikerkreisen hätten bessere Chancen, wenn nicht nur die Abiturnote und die Wartezeit bewertet würden?