auf ein stufenweises Vorgehen einigen und zum Beispiel mit dem Auszählverfahren beginnen. Das wäre schon einmal ein ganz wichtiger Schritt.
Ganz aktuell haben wir von der FDP/DVP allerdings großes Verständnis dafür, dass unser Koalitionspartner zunächst grundlegendere Fragen zu klären hat, die für unser ganzes Land und für uns alle wichtige Weichenstellungen betreffen. Dass wir hierfür zunächst Freiraum von anderen Themen geben, ist für uns selbstverständlich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss zweierlei feststellen: Die Kollegin Berroth hat mir im Nachgang dann doch bestätigt, dass ich durchaus rechnen kann, denn drei Leute ihrer Fraktion sind betroffen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich gesagt.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Nein, nein! Die können indirekt betroffen sein, sie müssen nicht betroffen sein!)
Was den Kollegen Hauk betrifft, muss ich leider feststellen, dass er weder richtig liest noch richtig zuhört.
Ich gehe darauf ein. Ich zeige Ihnen das, lieber Kollege Hauk, an den Beispielen, die Sie selbst angesprochen haben.
Noch einmal weise ich darauf hin: Die Abweichungen bei der Größe der Wahlkreise sind unerträglich. Mindestens 20 Wahlkreise müssten in Baden-Württemberg geändert werden.
Frau Kollegin Berroth, vielleicht erinnern Sie sich daran: In der Legislaturperiode 1996 bis 2001 hatte die FDP/DVP in der Koalitionsvereinbarung mit der CDU festgelegt: maximale Größenabweichung 5 %.
(Abg. Fischer SPD: Auf der Strecke! – Heiterkeit bei der SPD – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Sehr gut, Herr Fischer! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wir sollten jetzt nach vorn schauen und nicht rückwärts!)
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das habe ich ja gesagt! Sie können auch nicht zuhören, Herr Bir- zele! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Sie ma- chen es nicht! Nicht Berlin ist schuld!)
um nicht bei jeder Wahl die Wahlkreise erneut ändern zu müssen, sondern um dauerhafte Verhältnisse für die nächsten vier oder fünf Legislaturperioden zu erzielen.
Da der Kollege Hauk vorhin gesagt hat, wir hätten den besten Landtag in der Bundesrepublik, kann ich sagen: Da hat er teilweise Recht. Er hat aber den entscheidenden Nachsatz vergessen: mit der falschen Mehrheit.
Nun zu der Frage der Bürgerbezogenheit des Wahlrechts. Das zeigt, dass der Kollege Hauk weder zugehört noch gelesen hat.
Wir wollen bei unserem Vorschlag bezüglich der Direktmandate und bezüglich der 50 Zweitmandate das bisherige System beibehalten und nicht durch ein anderes ersetzen. Wir wollen genau diese Bürgerbezogenheit des Wahlrechts.
Die Zweitstimmen haben mit der Frauenförderung überhaupt nichts zu tun – das habe ich zu keinem Zeitpunkt behauptet –,
sondern die Zweitstimmen ermöglichen den Wählerinnen und Wählern größere Entscheidungsfreiheit. Sie wollen das nicht; das ist bekannt. Offensichtlich haben Sie Angst vor den Wählerinnen und Wählern.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Vielleicht haben Sie auch Angst, dass sich ein Effekt einstellt, den Sie bei Bundestagswahlen verhindern wollen, dass beispielsweise die FDP bei der Zweitstimme von Ihnen profitiert. Aber dann müsste die FDP besonderes Interesse an dem Zweistimmenwahlrecht haben. Das hat sie ja auch. Deshalb erwarte ich mir hier etwas mehr Unterstützung und nicht die ganze Argumentation dazu, was man alles nicht mehr machen kann.
Dritte Bemerkung: Durchgriff der Landespartei über Zweitstimmen. Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun. Ich betone noch einmal: gleiches System – das heißt, die Zweitstimmen geben die Verhältniszahlen vor, nach denen der Landtag zusammengesetzt wird. Das hat nichts mit einer
„kleinen Landesliste“ zu tun, über die man so oder so entscheiden kann, oder mit Bezirkslisten, wie die Grünen sie wollen.
Frauenanteil: Es ist doch völlig klar, dass jede Partei ihren Frauenanteil nur dann nachhaltig fördern kann, wenn die Landesebene in einem gewissen Umfang Gestaltungsmöglichkeiten erhält. Sie haben gesagt, man solle die Frauen „zu Hause“ fördern. Herr Kollege Hauk, ich rufe noch einmal ins Gedächtnis – aber das wissen Sie selbst –: Die CDU-Fraktion hat 63 Abgeordnete; neun davon sind Frauen. Wie wäre es denn, wenn Sie es einmal auf 25 bis 30 Frauen schaffen würden? Also: zu Hause arbeiten, Herr Kollege Hauk.
(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Der Mit- gliederentscheid findet ja auch am Herd statt, hat Herr Stächele gesagt!)
Weiterer Punkt: Reduzierung. Sie haben behauptet, wir wollten die Regelsitzzahl reduzieren. Lesen Sie bitte nach! In unserem Antrag heißt es hinter dem ersten Spiegelstrich: „die tatsächliche Sitzzahl“. Die Regelsitzzahl soll bei 120 bleiben, aber die tatsächliche Sitzzahl sollte die Regelsitzzahl in der Regel nicht überschreiten. Das ist doch unser Problem. Bei unserem Wahlrecht können Sie sehr schnell feststellen, dass wir durch relativ geringe Verschiebungen zu enormen zusätzlichen Sitzzahlen kommen. Das ist doch nicht sinnvoll. Wir kennen doch alle die Problematik, die schon damit beginnt, dass in der Sommerpause im Parlament Umbauten stattfinden müssen. Es geht also darum, nach Möglichkeit die Regelsitzzahl zu halten. Dem dienen unsere Vorschläge.
Bezirksauszählungen: Wir sind ja überhaupt nicht dagegen – deshalb habe ich gesagt: insoweit das bisherige Wahlsystem beibehalten –, dass die Sitze auf die Bezirke verteilt werden. Die entscheidende Frage lautet: Auf welcher Ebene werden Überhang- und Ausgleichsmandate berechnet? Beim gegenwärtigen System, wenn dies auf Bezirksebene geschieht, führt dies dazu, dass die kleineren Parteien benachteiligt werden. Das liegt doch auf der Hand: Wenn Sie viermal das Höchstzahlverfahren anwenden und jedes Mal die letzte Höchstzahl der stärksten Partei zufällt, dann ist diese viermal bevorzugt. Dass Sie von der CDU diesen Vorteil nicht aufgeben wollen, weiß ich, aber das ist nicht richtig. Deshalb müssen wir eine Berechnung auf Landesebene einführen.
Abschließend, meine Damen und Herren: Frau Kollegin Berroth hat sich – für mich ist das ganz verwunderlich – gegen eine Kommission ausgesprochen und stattdessen Gespräche gefordert. Vielleicht könnten wir uns dann einigen, dass wir Gesprächskreise bilden, um dieses Problem zu lösen.
Das ist doch keine Frage der Kommission, sondern es müssen Verhandlungen zwischen den Fraktionen unter Herbeiziehung von Sachverstand aufgenommen werden. Das ist die Zielsetzung. Ich hoffe sehr, dass wir in der Sitzung des Ständigen Ausschusses, in der über den Gesetzentwurf der
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen, insbesondere zu den Ausführungen des Kollegen Hauk. Ich konnte ihnen immerhin auch etwas Positives entnehmen, und das stelle ich gerne einmal vorweg. Er hat nämlich für seine Fraktion erklärt, dass man sehr wohl den grundsätzlichen Änderungsbedarf sehe, dass auch man wahrnehme, dass das Landtagswahlrecht reformbedürftig ist, und dass dieses Thema – zumindest bis zur Wahl 2011 – verbindlich angegangen werden soll.
Jetzt ist zunächst einmal zu fragen: Wie wird das bewerkstelligt? Frau Kollegin Berroth, Gespräche führen wir seit Jahren: Sie mit mir, ich mit Ihnen und wir beide mit vielen anderen. Aber aus diesen Gesprächen ist bisher keine wie auch immer geartete verbindliche Reformvorlage herausgekommen,
weil Sie als die regierungstragenden Fraktionen sich – jedenfalls bisher – nicht darauf verständigen konnten, wie eine solche Reform aussehen soll.
Ich habe einen ganzen Ordner voller Pressezitate. Ein paar wenige Ausführungen würde ich Ihnen gern noch einmal vorhalten oder vortragen, zum Beispiel die des jetzigen Wirtschaftsministers und damaligen Vorsitzenden der FDP/ DVP-Fraktion, also des Kollegen Pfister. Er hat nämlich ausgeführt: 120 Abgeordnete im Landtag reichen. Die Festschreibung auf diese Zahl von 120 Abgeordneten wäre auch dadurch möglich, dass wir die Zahl der Wahlkreise verkleinern, dass wir die Wahlkreisgrößen anpassen. Es gibt vielerlei Vorschläge, die auch in den Eckpunkteanträgen von uns, aber auch im Antrag der SPD enthalten sind und die unseres Erachtens richtig sind und diskutiert werden müssen. Ich kann mich dem Kollegen Birzele vollinhaltlich anschließen, und ich hoffe, die Aussage des Kollegen Hauk – hören Sie gut zu,
damit Sie sich auch im Ausschuss daran erinnern –, dass Sie durchaus bereit und willens sind, eine grundsätzliche Reform anzugehen, gilt, sodass auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe oder Kommission oder wie auch immer man dieses Instrumentarium, das einzurichtende Gremium nennen will – davon machen wir es nicht abhängig –, zustande kommt. Ich hoffe, diese Aussage gilt, damit wir dies in der jetzigen Wahlperiode in den Ausschussberatungen beschließen und der Landtag das dann auch durch entsprechende Beschlüsse manifestiert. Das wäre unser Anliegen, wenn die Reform wirklich vorankommen soll.