Ich habe in der Ausschusssitzung auf die Parallele zum Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hingewiesen, zum Teil unter Heiterkeit der Anwesenden. Beim Verfassungsgericht ist es absolut üblich, dass zur Verdeutlichung für die Öffentlichkeit noch einmal dargestellt wird, wie die Parteien den Streitgegenstand betrachten und bewerten, und im Anschluss daran in der Tat das Gericht in der Regel sein Urteil fällt.
Es ist also niemand zu kurz gekommen. Es liegt kein „Affront gegen die geladenen Gäste“ vor, ganz im Gegenteil.
Wenn Sie sagen, wir hätten in der Ausschusssitzung nicht über jeden einzelnen Antrag diskutiert – es waren 72 Anträge –, dann haben Sie Recht.
Aber das war auch nicht nötig, weil die Meinungen der Fraktionen mehrfach und hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen sind.
Sie mögen zwar beklagen, dass wir Ihren Anträgen nicht zugestimmt haben. Wir stimmen Ihren Anträgen aber nicht deshalb zu, weil Sie der Meinung sind, man müsste dies tun. Die parlamentarische Grundentscheidung hier im Hause ist klar: Wenn wir etwas sachlich nicht für richtig halten, nehmen wir unser Recht in Anspruch, anderer Meinung sein zu dürfen.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber begründet! Sie können es ja begründet ablehnen! – Gegenruf des Abg. Pfisterer CDU: Das war doch vorher alles massiv vorgetragen gewesen! Erste Lesung! – Zu- ruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)
Ich bin ja bereit, stundenlang zu diskutieren, wenn ich am Ende zu einem anderen Ergebnis komme. Aber wenn ich eine feste Meinung habe, dann nehme ich mir auch das Recht, Nein zu sagen.
Ich bin auch ein Vorsitzender, der relativ rigide die Sitzung leitet. Aber jedes Orchester hat den Dirigenten, den es verdient.
(Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Abg. Carla Bre- genzer SPD: Das hat mit Ihrem Vorsitz nichts zu tun, sondern es waren Ihre Kollegen!)
Insofern muss ich sagen: Wenn unter meiner Leitung eine Ausschusssitzung nur eine Stunde dauert oder ein Gesetzentwurf im Umfang von 380 Seiten
(Oh-Rufe bei der SPD – Lachen des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Pfisterer CDU: Guter Füh- rungsstil!)
Aber Sie haben ja heute – das ist Ihr gutes Recht – die Möglichkeit, hier bei unbeschränkter Redezeit Ihre Meinung ausführlich kundzutun.
(Abg. Pfisterer CDU: Ihr wollt doch nur noch ein- mal vor der Presse Show machen! – Abg. Rust SPD: Getroffener Hund bellt!)
Ich will es inhaltlich nicht verlängern, sondern nur noch einmal sagen: Was wir heute verabschieden, ist in der Tat eine wesentliche Veränderung, ein Meilenstein in der Hochschulentwicklung, gar keine Frage. Stichworte wie Autonomie, Flexibilität, Profilbildung und Wettbewerb wurden genannt. Wir sagen, wir möchten die Hochschullandschaft zukunftsgerecht machen. Wir beziehen uns auf die ausgezeichnete Ausgangssituation, und wir möchten dies für die Zukunft garantieren. Das ist doch das, was wir wollen, und das wird hinreichend deutlich.
Nur weil Sie in Details anders argumentieren, kann das für uns doch kein Grund sein, dem nachzugeben.
Was mich etwas erstaunt, wenn ich es jetzt verfolge, das ist die teilweise zum Ausdruck kommende Rückwärtsgewandtheit Ihrer Argumentation.
Man kann nun darüber diskutieren, was vorn und hinten ist. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie in manchen Partien sehr stark rückwärts gewandt argumentieren.
Ich kann das auch verstehen. Wer reformiert, provoziert Widerstand. Das ist auf jedem Gebiet festzustellen.
Wenn Sie diejenigen fragen, die davon betroffen sind, dann kriegen Sie Antworten von Befangenen, das ist doch ganz normal. Wenn Sie die Situation eines Adressaten ändern, dann wird er nicht „Hurra!“ schreien, das ist ganz logisch. Das muss man in Kauf nehmen.
Auf noch etwas muss ich hinweisen. Wir haben als Land und als Parlament auch eine Finanzverantwortung. Der Hochschulhaushalt ist einer der stärksten Einzeletats im Landeshaushalt: 3 Milliarden € im Jahr. Hier müssen wir schon gewisse Garantien auch organisatorischer Art einrichten, damit dies in einem bestimmten Rahmen erfolgt.
Insofern kann man der Autonomie in organisatorischer Hinsicht nicht unbeschränkte Freiheit einräumen. Das geht nicht. Es muss schon eine Garantie da sein, dass mit dem Geld, das der Steuerzahler zur Verfügung stellt, tatsächlich in geordneten Bahnen mit gesicherten Strukturen gearbeitet wird.
Wenn Sie sagen, Sie wollten die Wahl des Rektors von allen durchführen lassen, dann kann ich Ihnen sagen: Dann kriegen Sie keinen starken Rektor, sondern dann kriegen Sie einen schwachen Rektor. Das hat die Vergangenheit in Berlin usw. gezeigt. Dann muss er es jedem recht machen.
(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD – Abg. The- resia Bauer GRÜNE: Und wie ist es bei der Mit- gliederbefragung?)
Lassen Sie mich noch Folgendes nennen: Der Vertreter der Rektorenkonferenz hat in der Tat, wie hier schon mehrfach ausgeführt, ein Zitat gebracht, wonach man zu einem Pferd nicht Fahrrad sagen solle.
(Abg. Birzele SPD: Sagen Sie mal, Herr Klunzin- ger, Sie fallen ja Ihrem eigenen Rektor in den Rü- cken!)
Wenn Sie einmal in meiner Vorlesung gewesen wären, dann würden Sie einen Satz von mir kennen, nämlich: Ein Blick in das Gesetz beseitigt manchen Zweifel. Schauen wir doch mal in das Gesetz. In § 15 Abs. 1 des Landeshochschulgesetzes wird gesagt, welches die zentralen Organe der Hochschule sein sollen: der Vorstand, der Senat, der Aufsichtsrat.
Wenn man einen Paragrafen liest, dann sollte man nicht nur den ersten Absatz, sondern auch den zweiten Absatz lesen. Denn dort finden wir, dass in der Grundordnung bestimmt werden kann, dass der Vorstand die Bezeichnung „Präsidium“, „Rektorat“ oder andere hochschulgemäße Bezeichnungen übernehmen kann,
dass sich das hauptamtliche Vorstandsmitglied, wie bisher, „Kanzler“ nennen kann – oder natürlich „Kanzlerin“ – und dass der Aufsichtsrat auch andere hochschulspezifische Bezeichnungen führen kann. Jetzt frage ich Sie: Wenn sich ein Vertreter einer Rektorenkonferenz in Kenntnis dessen – ich denke, dass er dies weiß – vor einem Hochschulausschuss hinstellt und sagt, man müsse zu einem Pferd „Fahrrad“ sagen, dann habe ich wenig Verständnis für eine solche Äußerung.
(Abg. Birzele SPD: Das hat sich mit Ihrer Anknüp- fung jetzt erledigt! Ich wollte nur feststellen, dass Sie gerade den Rektor Ihrer Universität scharf kriti- siert und ihm praktisch vorgeworfen haben, nicht in das Gesetz geblickt und nur den Absatz 1 gelesen zu haben!)
Nein, ich habe gesagt: Er hat es hoffentlich gelesen. Deshalb habe ich mich sehr gewundert, dass er so geantwortet hat.