Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

Ja, ich darf es doch sagen, und zwar nicht, um die Regierung zu loben.

Ich sage: Wer will, dass eine so tiefgreifende und anstrengende Reformgeschichte erfolgreich wird, der muss unsere Schulen ermutigen, der muss ihnen Anerkennung zollen, der muss sagen, dass da gerade etwas geschieht, was mit besonderen Anstrengungen verbunden ist, was nicht unentwegt benörgelt wird. Deshalb danke ich unseren Schulen sehr dafür.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Man muss auch sagen, wo sie sich wei- terentwickeln müssen! Das ist der entscheidende Punkt! Wo ist Schulentwicklung notwendig? – Ge- genruf des Abg. Seimetz CDU: Der ewig nörgelnde Zeller!)

Deshalb danke ich allen Lehrerinnen und Lehrern – auch denen, die in der Schule und im Parlament sind – für ihre gute Arbeit in unseren Schulen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Jetzt sind Sie platt!

(Abg. Röhm CDU: Auch dem Kollegen Zeller! – Abg. Zeller SPD: Sie danken mir übrigens! – Abg. Schmiedel SPD: Wieso fordern dann die Schulen den Rücktritt der Kultusministerin?)

Meine Damen und Herren, ich will aus der Bandbreite all dessen, was in diesem Haushalt enthalten ist, wenige Punkte herausgreifen.

Ich beginne mit der beruflichen Bildung. Auch hier höre ich, solange wir hier miteinander verhandeln, die immer gleichen Sätze über eine katastrophale Situation in der beruflichen Bildung,

(Abg. Seimetz CDU: Das ist jetzt Wintruff!)

über unglaubliche Entwicklungen. Nehmen Sie zur Kenntnis: Die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ hat im November 2004 im Vergleich der 16 Länder festgestellt: Baden-Württemberg ist das Spitzenland in der beruflichen Bildung, und zwar mit 68,2 Punkten. Nordrhein-Westfalen kam auf 42 Punkte, Rheinland-Pfalz auf 47 Punkte. Ich sage Ihnen: Wir haben in der beruflichen Bildung eine Entwicklung und eine Versorgung – –

(Abg. Zeller SPD: Und trotzdem fällt Unterricht in erheblichem Umfang aus!)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Ach, hören Sie auf! 5 %! Ich sage Ihnen: Jedes andere Bundesland wäre glücklich, wenn es nur 5 % Unterrichtsausfall hätte. Das wissen Sie ganz genau.

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Sie wissen ganz genau, dass diese 5 % an den 13 Wochenstunden im Bereich der beruflichen Teilzeitschulen gemessen sind,

(Abg. Wacker CDU: Genau! – Abg. Wintruff SPD: Die 5 % sind nicht nur gemessen an den 13 Stun- den!)

dass diese 5 % an einem kontinuierlichen Rückgang der Zahl der Lehrstellen in den letzten 15 Jahren und einem kontinuierlichen Zuwachs im Bereich der beruflichen Vollzeitschulen gemessen sind

(Zurufe der Abg. Wintruff und Zeller SPD)

und dass wir es erreicht haben, diese schwierige Entwicklung zwischen dem Jahr 1990 und dem Jahr 2004 zu schultern –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- truff SPD: Die 5 % sind ein Durchschnittswert!)

mit neuen Lehrerstellen, mit der Bereitschaft zu Mehrarbeit. – Lieber Herr Wintruff, es kann doch immer nur einer reden.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Wintruff: Die 5 % sind ein Durchschnittswert, nicht nur auf die 13 Stunden bezogen!)

Herr Wintruff, Sie wissen doch genau: Noch im Jahr 1990

(Abg. Wintruff SPD meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

ja, ich führe den Satz noch zu Ende aus, dann sind Sie dran – gab es in Baden-Württemberg 81 000 Lehrstellen.

(Abg. Seimetz CDU zu Abg. Wieser CDU: Franz, ruf den Wintruff mal zur Ordnung! – Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Er ist doch gar nicht mehr in der Schule!)

Damals kamen auf 132 Lehrstellen 100 Bewerber. Im Jahr 2004 hatten wir noch 73 000 Lehrstellen und ein Verhältnis von 98 Lehrstellen zu 100 Bewerbern.

Das sind Fakten. Natürlich gibt es große Bemühungen der Wirtschaft. Wir haben ungewöhnlich gute Partner in der dualen Bildung. Aber Tatsache ist doch, dass die berufliche Bildung in diesen 15 Jahren in ungewöhnlicher Weise verändert worden ist, was zusätzlicher Ressourcen bedurft hat. Wir haben in dieser Zeit eine Qualitätsentwicklung, Reformen und viele neue Bildungsangebote erreicht – ein Drittel der Abiturienten machen über die berufliche Bildung ihr Abitur. Das heißt, wir haben das leistungsfähigste berufliche Bildungssystem in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Und, meine Damen und Herren, wenn ich den zentralen Erfolgsfaktor nehme: Wir haben auch in diesem Jahr die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Das sind die harten Fakten.

Dieser Bereich steht in einer ganz konsequenten Weiterentwicklung. Es werden auch in Zukunft neue Bildungsgänge entwickelt werden. Das ist auch in den nächsten Jahren unser Ziel. Zu den wichtigsten Zielen einer Landesregierung gehört die Sicherung der Zukunftschancen der jungen Generation. Kein Bereich unseres Bildungswesens ist so stark geprägt von dem Slogan „Aufstieg durch Bildung“, und nirgends wird dies in Deutschland so eingelöst wie in BadenWürttemberg.

Damit zu Ihrer Frage, Herr Wintruff.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das war aber ein langer Satz! – Abg. Wieser CDU: Er hat doch vor 15 Jahren schon die gleiche Frage gestellt!)

Herr Abg. Wintruff, bitte.

Frau Ministerin, räumen Sie mir ein, dass die Statistik dann richtig wird,

(Abg. Seimetz CDU: Wenn sie so ist, wie es der Wintruff haben will!)

wenn wir sagen, dass 5,4 % Unterrichtsausfall ein Durchschnittswert für Teilzeitschule und berufliche Vollzeitschule sind? Wenn Sie allerdings nur den Ausfall in der Teilzeitschule messen wollen, müssen Sie zugeben – und darum bitte ich Sie –,

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Fischer SPD: Ge- ben Sie es zu, Frau Ministerin?)

dass das strukturelle Defizit dann nicht 5,4 %, sondern das Doppelte beträgt, und das ist noch relativ gut gerechnet, Frau Ministerin.

(Abg. Zeller SPD: Genau! Das ist der Punkt!)

So schnell gebe ich nichts zu, Herr Wintruff.

(Abg. Teßmer SPD: Das wissen wir! – Zuruf des Abg. Wintruff SPD – Abg. Wieser CDU: Der Win- truff war bei der Kopftuchdebatte ganz gut! – Ge- genruf des Abg. Seimetz CDU: Da hat er alles Pul- ver verschossen! – Abg. Zeller SPD zu Abg. Wie- ser CDU: Er ist immer gut, Franz!)

Nein, im Ernst: Sie wissen, dass wir auch im Bereich der Teilzeitschulen ein breites Spektrum an Stundentafeln haben. Wir haben auch Stundentafeln mit 15 und 16 Wochenstunden. Wir haben auch Stundentafeln mit acht oder neun Stunden.

(Abg. Wintruff SPD: 38!)

Wir haben auch welche mit 38. – Sie wissen, woher die Unterschiede kommen. Wir können darüber im Schulausschuss gern sprechen.

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Aber ich sage Ihnen noch einmal: Nicht nur die Qualität der beruflichen Bildung, auch die Versorgung im Bereich der beruflichen Bildung ist beispielhaft. Das sollten wir zugeben. Denn es ist auch ein wichtiges Signal an junge Leute, dass dieser Bereich nach wie vor – das zeigen die Abiturientenzahlen – die Aufstiegschance schlechthin ist.

Im Blick auf die Frage: „Wie entwickelt sich denn die Risikogruppe, von der viele in der Öffentlichkeit sprechen?“, füge ich hinzu: Wir haben in Baden-Württemberg keinen Zuwachs des Anteils an Absolventen ohne Schulabschluss, sondern wir haben einen Rückgang,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

allein wieder um 2,3 % zwischen 2002 und 2003. Wir haben mit weitem Abstand den niedrigsten Anteil an jungen Leuten ohne Schulabschluss. Er liegt jetzt um die 6 %. Er liegt in allen anderen Ländern in Deutschland zwischen 12 und 13 %, ja in Berlin beträgt er bis zu 36,9 %.