Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das wäre ein großer Nachteil.

Ich habe diese Frage auch jetzt am Montag bei einer nächtlichen Diskussion in Bonn an Staatssekretär Catenhusen gestellt und auf die Frage, wo die 1,9 Milliarden € sind, keine Antwort erhalten. Man sollte erstens nur über Geld reden, das man hat.

Zum Zweiten – das haben wir sehr stark in den Vordergrund gerückt –: Wir haben derzeit eine Forschungsfinanzierung via DFG, die die wirklichen Kosten der Forschung nicht abdeckt. Die Forschungskosten sind zu etwa 50 bis 60 % abgedeckt, was dazu führt, dass die Hochschulen aus ihren Grundhaushalten – auch aus Mitteln für die Lehre – im Grunde genommen Forschungsprojekte quersubventionieren.

Das heißt aber, je mehr Forschungsmittel man einwirbt, umso stärker beansprucht man den Grundhaushalt und auch den Haushalt für die Lehre. Erhöht man jetzt – wie bei den Eliteuniversitäten – die Forschungsmittel noch mehr, dann werden die großen Sieger ihre Grundhaushalte noch stärker beanspruchen.

Das ist ungefähr so – ich komme wieder zur Automobilindustrie –, als wenn ich Autos nicht gut genug ausstatten würde und diese auf dem Markt – das betrifft jetzt die Forschung, Herr Palmer – nicht besonders wettbewerbsfähig wären. Ich löse das Problem aber nicht dadurch, dass ich die Qualität dieser Autos verbessere und sie voll ausstatte oder einfach mehr Autos baue. Wenn bei einem Auto, das ich produziere, nur 70 % der Kosten hereinkommen, kann

(Minister Dr. Frankenberg)

ich das Problem nicht lösen, indem ich die Produktion erhöhe. Vielmehr muss ich versuchen, 100 % der Kosten zu decken.

Genau das müssen wir bei der Forschung versuchen. Deshalb sagen wir, Priorität muss die Vollfinanzierung der Forschung haben. Deshalb müssen die DFG-Mittel dazu erhöht werden; erst dann kann man daran denken, zusätzliche Programme aufzulegen, da sich die Universitäten, die erfolgreich sind, sonst im Grunde genommen, wie ein Engländer einmal gesagt hat, „zu Tode erfolgreichen“.

Insofern hat dieses Konzept von Frau Bulmahn Mängel. Wir gehen dagegen ja nicht aufgrund irgendwelcher Föderalismusgedanken vor, sondern weil es strukturelle Mängel aufweist, die wir nicht verantworten können. Auch in den Kommentaren der Hochschulen finden Sie die Aussage, dass die Vollkostenfinanzierung ein richtiger Gedanke sei – das sagt auch die DFG – und dass das kommen müsse.

Man kann aber nur in einen weiteren Wettbewerb treten, wenn man die Mittel wirklich hat. Dann muss man sagen, woher sie kommen, und muss auch klar machen, dass sie nicht von der Grundfinanzierung der Hochschulen weggenommen werden. Wir können von staatlicher Seite doch nicht wenige hervorheben zulasten der vielen. Wir brauchen eine Spitze, aber wir brauchen auch eine solide Breite in der Hochschulausbildung und in der Qualität unserer Hochschulen.

Deshalb sind wir keine „Verhinderer“, sondern ich appelliere an den gesunden Menschenverstand unserer Bundesministerin. Aber sie hat sich seit dem Urteil über Studiengebühren zu der Frage des Elitewettbewerbs auch gar nicht mehr geäußert.

Dies gilt für unsere Politik insgesamt. Denken Sie daran, dass Studiengebühren in dem einen Land erhoben werden und in dem anderen Land vielleicht nicht. Dieses Prinzip wird von manchen als Kleinstaaterei bemängelt, aber es ist auch ein Wettbewerbselement. Wir müssen daran denken, dass nicht Gleichheit Wettbewerb erzeugt – auch nicht Gleichheit im Dienstrecht, wogegen ich bin –, sondern dass Unterschiede in Qualität, im Dienstrecht und auch bei Studiengebühren Mobilität und Wettbewerb erzeugen und nicht verhindern.

Gerade gestern sagte mir ein Mediziner aus MecklenburgVorpommern, für dieses Land wäre die Einführung von Studiengebühren ein ideales Wettbewerbsinstrument,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

weil es damit erstmals Mittel für die Studierenden, die es ausbilde, direkt einnehmen könnte. Er verstehe überhaupt nicht, dass ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern dagegen sei; eher müsste sich ein Land wie Baden-Württemberg zurückhalten. Aber wir sagen eben: Wir wollen noch besser werden als wir sind, und wir sind noch nicht mit dem zufrieden, was wir erreicht haben.

Wir sind nicht nur, was die Hochschulen betrifft, mit dem erreichten Stand noch nicht zufrieden, sondern auch bezüglich der Kunst. Darauf wird Staatssekretär Sieber noch weiter eingehen. Wissenschaft, Forschung und Kunst sind nicht

nur weiche Standortfaktoren, sondern sind insgesamt Faktoren, die die Kreativität eines Landes und letztlich auch den Erfolg eines Landes ausmachen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Zwischen Kunst und Wissenschaft ist nicht immer eine scharfe Trennung herbeizuführen. Das zeigen die Musikhochschulen, die zum Teil eine wissenschaftliche Ausbildung leisten, das zeigen die Kunstakademien. Es gibt hier eine enge Verbindung, gerade auch zwischen den Geisteswissenschaften und der Kunst – oder denken Sie nur an Design und Technik. Die Dinge hängen eng zusammen.

Wir wissen auch, dass wir bei der Kunstförderung neue Überlegungen anstellen müssen, dass wir bei der Kunstförderung Wege gehen müssen, die sich von traditionellen Verteilungsmustern entfernen, damit wir mit den vorhandenen Mitteln die Kunst so fördern können, dass dabei das Optimum für das Land herauskommt.

Wir haben eine ausgezeichnete Kunstlandschaft. Genauso wie wir eine Hochschullandschaft in der Breite des Landes haben, wollen und brauchen wir auch eine Kunstlandschaft in der Breite des Landes. Denn dieses Land hat einen großen strukturellen Vorteil – das zeigen unsere Kunst- und Hochschuleinrichtungen. Wir sind nicht nur mit unserer Hauptstadt so gut wie München, wir sind in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in der Technologie in der Breite des Landes gut, und deshalb müssen wir Kunst- und Hochschuleinrichtungen in der Breite des Landes haben und uns dies leisten. Es gibt kein anderes Bundesland, das in der Breite insgesamt so gut entwickelt ist wie Baden-Württemberg. Deshalb haben wir auch sieben Spitzenuniversitäten unter den zwölf besten Universitäten in Deutschland und nicht nur zwei wie Bayern. Diese Breite gilt es auch in der Kunst zu erhalten.

Insgesamt müssen wir wissen und sind uns dessen als Landesregierung bewusst, dass Investitionen in diesem ganzen Bereich die Zukunftsinvestitionen im Land sind. Dies hat Melanchthon schon im 16. Jahrhundert erkannt, als er ausführte: „Wer Schulen gründet und die Wissenschaften pflegt, der macht sich um sein Volk und die ganze Nachwelt besser verdient, als wenn er neue Gold- und Silberadern fände.“

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Melanch- thon ist gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Vetter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Noch so viele Worte können nichts daran ändern, dass wir in Baden-Württemberg in der Tat die besten Hochschulen haben. Heute steht in der Zeitung, dass von den elf Forschungsuniversitäten in Deutschland vier in Baden-Württemberg ausgezeichnet worden sind. Sie können praktisch jede Woche eine solche Auszeichnung feststellen. Meine Damen und Herren, das muss doch etwas mit der Politik einer Landesregierung zu tun haben, die seit Jah

ren von der CDU geführt wird und die hervorragende Arbeit geleistet hat.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP)

Ich werde schon über Kunst sprechen, aber es verleitet mich doch, in die Diskussion um die Studiengebühren auch einmal meine eigene Lebenserfahrung ganz kurz einzubringen. Ich gehöre ja einer älteren Generation an,

(Abg. Döpper CDU: Aber das sieht man nicht! – Abg. Birzele SPD: Immer noch frisch und jugend- lich!)

die noch mit Schulgeld gelebt hat. Meine Generation hat noch die Erinnerung daran, dass unsere Eltern – und ich stamme aus einem von Ihnen so genannten minderbemittelten Hause – –

(Abg. Inge Utzt SPD: Das sagen wir nicht! Das ist Ihr Ausdruck! – Abg. Zeller SPD: Wer sagt so et- was? – Abg. Birzele SPD: „Minderbemittelt“ ha- ben wir nie gesagt!)

Ich stamme aus einem minderbemittelten Haus,

(Abg. Birzele SPD: Gut, aber nicht unsere Wort- wahl!)

und ich kann Ihnen nur sagen, meine Eltern waren stolz darauf, dass sie die Gebühren aufbringen konnten. In meiner Studienzeit gab es vorlaufende Studiengebühren, und diese Studiengebühren konnten wir uns leisten, weil es das Honnefer Modell gab, eingeführt von Konrad Adenauer,

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

und weil wir dann nach Berufsaufnahme diese Gebühren bis zum letzten Pfennig in kleinen Raten und ohne jede Belastung für uns junge Familien zurückgezahlt haben.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD – Abg. Inge Utzt SPD: Uns ist es verdammt schwer gefallen, das zurückzuzahlen!)

Das muss einmal gesagt werden. Deswegen, meine Damen und Herren, sehe ich diese Diskussion mit großer Gelassenheit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Birzele SPD: Die Studiengebühren waren damals viel geringer als die, über die wir heute diskutieren!)

Meine Damen und Herren, auch im Kunstbereich können viele Worte nicht verhüllen, dass wir in Baden-Württemberg eine hervorragende Dichte kultureller Einrichtungen haben, wie es sie in kaum einem anderen Land gibt. Trotzdem müssen wir auch bei diesem Haushalt klar sagen – heute Morgen bei der Andacht vor Beginn der Sitzung wurde von der Fastenzeit geredet –: Auch hier gilt es, Fastenzeit anzusagen. Fastenzeit bedeutet – das ist ganz einfach die Realität –, dass wir auch im Kunsthaushalt fasten müssen

und die drastischen Kürzungen insbesondere im letzten Jahr, 12,6 Millionen €, immer noch mitschleifen und immer noch erdulden müssen.

Meine Damen und Herren, diese drastischen Kürzungen haben dazu geführt, dass insbesondere die kleinen Kunsteinrichtungen in große Not gekommen sind. Gerade bei den Kleinen – die Großen vertragen es eher noch –, bei denen es um geringe Zuschussbeträge geht, mit denen Personal finanziert werden muss, war diese Kürzung drastisch und ging bis an die Existenzgrenze. Daraus ergab sich für uns das erste politische Ziel für diesen Haushalt, das ich so formuliert habe: Wir müssen die Kleinen schonen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Die kleinen Kunsteinrichtungen, meine Damen und Herren, tragen nämlich genauso viel bei wie die so genannten großen Leuchttürme der Kunstpolitik. In den Städten, Gemeinden und Kreisen wird hier wertvollste Arbeit geleistet.

Die kleinen Theater, die soziokulturellen Zentren, die vielen kleinen Kulturinitiativen werden mit diesem Haushalt geschont. Dies ist als erstes politisches Ziel erreicht worden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das Zweite, meine Damen und Herren, hängt mit Folgendem zusammen – ich komme wieder auf den Begriff „fasten“ zurück –: „Fasten“ bedeutet ja nicht nur Nahrungsentzug, sondern in der Urbedeutung des Wortes heißt „fasten“ „festmachen“, „stärken“. „Fasten your seatbelts“, heißt es in den Flugzeugen.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Abg. Birzele SPD: Ich habe die Anschnallpflicht noch nie mit der Fastenzeit in Zusammenhang gebracht! Aber ich stimme Ihnen zu!)