Das zweite Ziel meiner Fraktion war es deswegen, meine Damen und Herren, den Kunsthaushalt nach der Kette von Einsparmaßnahmen der vergangenen Jahre mit einer Art Moratorium so weit wie möglich zu stabilisieren, festzumachen.
Dies ist nicht ganz, aber zu einem ganz großen Teil erreicht worden. Das bedeutet in dieser schwierigen Zeit wirklich viel. Es ist eine Stabilisierung gelungen.
Der Kunsthaushalt muss zwar wie jeder andere Haushaltsbereich Kürzungen ertragen und globale Minderausgaben erbringen. Aber in den gefährdeten Bereichen haben wir durch konkrete Beschlüsse die Kürzungen gemäßigt und bis auf 600 000 € eine Stabilisierung erreicht. Das war das zweite große und wichtige Ziel.
Das dritte Ziel: In den letzten Jahren ist nach der Rasenmähermethode gekürzt worden; ich habe das ja in meiner letzten Haushaltsrede gesagt. Diese Methode funktioniert nicht mehr. Sie gerät an ihre Grenzen. Deswegen war das dritte politische Ziel, die Rasenmähermethode nach Möglichkeit zu vermeiden. Daher wird jetzt nach den Beschlüssen meiner Fraktion die Rasenmähermethode nicht mehr angewandt, sondern die Kürzungen werden gezielt angebracht. Die erwähnten 600 000 € müssen erbracht werden. Zum Beispiel wird das Wehrgeschichtliche Museum in Rastatt, aus dessen Finanzierung sich der Bund zurückgezogen hat, einen großen Teil dieser Kürzungen schon von sich aus erbringen. Deswegen wird es uns gelingen, bei diesem Kunsthaushalt ohne Rasenmähermethode auszukommen. Das ist das dritte Ziel.
Das vierte Ziel, meine Damen und Herren, ergibt sich daraus, dass die Kunstförderung auf den Säulen Land und Kommunen ruht. Dieses Miteinander darf nicht gefährdet werden, sonst bricht die Kunstpolitik zusammen. Daher war es unser Anliegen, die Kommunen, die ja einen großen Teil der Kunstförderung erbringen – 57 % kommen von den Kommunen –, nach Möglichkeit zu schonen. Um die Kommunaltheater, die nach den Kürzungen im letzten Haushalt schwer unter Druck geraten waren, nicht zu gefährden, hat meine Fraktion zusammen mit der FDP/DVP-Fraktion die bereits vorgesehenen Kürzungen von 4 % bei den Kommunaltheatern konkret zurückgenommen.
Diese vier erreichten politischen Ziele im Kunsthaushalt – Stabilisierung, keine Rasenmähermethode, Schonung der kleinen Einrichtungen besonders im ländlichen Raum und Hilfe für die Kommunen – waren das, was bei der gegenwärtigen Notlage des Haushalts möglich war. Dies ändert nichts daran, dass auch der Kunsthaushalt Einbußen erlitten hat und weiter erleiden muss.
Der Rückgang der Wettmittel ist das eine Zeichen, die Stagnation bei den Steuereinnahmen ist das andere Zeichen. Aber es ist den Regierungsfraktionen mit ihren Beschlüssen gelungen, das Schlimmste abzuwenden und eine Stabilisierung zu erreichen.
Ich möchte Sie alle auch einmal darauf hinweisen, dass die Zuständigkeit für Wissenschaft und Kunst bei uns in einem Haus vereint ist und dass die Kunst dabei gut leben kann. Der Wissenschaftsminister und sein Staatssekretär, Herr Professor Frankenberg und Herr Sieber, haben die Kürzungen, die dem Wissenschaftsministerium auferlegt worden sind, nur unterproportional auf die Kunst abgewälzt. Statt 2 Millionen € proportionaler Kürzungen hat das Kunstministerium von vornherein gleich gesagt, der Kunstetat werde nur mit 1 Million € belastet. Daher, meine Damen und Herren, verdient das Kunstministerium – Herr Professor Frankenberg und Herr Sieber – einen großen Dank.
Meine Damen und Herren, bei den Beratungen in der Strukturkommission ist eine zweite große Hilfe erfolgt, indem dort auf Antrag unseres Fraktionsvorsitzenden der Kunsthaushalt um 850 000 € entlastet wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Das ist wahrscheinlich der neue Medici!)
Aber, meine Damen und Herren, wie in einer Echternacher Springprozession gab es dann eine zusätzliche globale Minderausgabe, und diese globale Minderausgabe wurde durch Beschlüsse meiner Fraktion im Umfang von jeweils 1,25 Millionen € pro Jahr wieder ausgeglichen, und die Kürzungen wurden zurückgefahren. Dafür möchte ich den Mitgliedern unserer Fraktion und den Mitgliedern der FDP/DVP ein herzliches Danke schön aussprechen.
Meine Damen und Herren, wie lange können wir uns das alles erlauben? Wie lange können wir die Dichte der Kultureinrichtungen in Baden-Württemberg stabilisieren? Es ist keine Frage, dass dann, wenn sich die Haushaltslage der öffentlichen Hände nicht durch eine bessere Politik zum Guten wendet, strukturelle Überlegungen unausweichlich werden – aber dann, meine Damen und Herren, bitte nicht nur bei der Kunst und der Kultur allein, sondern bei allen Einrichtungen. Kunst und Kultur dürfen nicht allein mit Strukturkürzungen belastet werden, sondern müssen im Geleitzug mit allen anderen Ressorts behandelt werden.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es hier nicht um etwas Überflüssiges geht, sondern Kunst ist ein Beschäftigungsfaktor. In diesem Bereich sind mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig als in der Autoindustrie. Kunst ist auch ein Wertschöpfungsfaktor mit einem Anteil von 5 % am Gesamtumsatz der Republik, und in die Theater gehen mehr Menschen als in die Fußballstadien.
Meine Damen und Herren, ich würde heute gerne über Zukunftskonzepte reden. Der Herr Minister hat vorhin angedeutet, was gemacht werden muss. Das müssen wir für eine gesonderte Diskussion aufsparen. Deswegen möchte ich sagen: Den Sparzwang, dem wir jetzt unterliegen, sollten wir zugunsten von Kunst und Kultur in Innovation ummünzen. Und dabei lassen wir uns von dem Eindruck motivieren, den wir draußen in der Praxis bekommen.
Wissen Sie, was mich motiviert? Mich motiviert, wenn ich bei Ausstellungen und Konzerten jungen Künstlerinnen und Künstlern begegne, sie singen, musizieren und spielen höre, wenn ich die Bilder sehe, die sie gestalten. Wenn ich die Motivation und das Engagement junger Menschen sehe, denke ich, dass das ein wunderbares Zeichen ist, das die Depression, die in unserer Republik überall herrscht, wieder auflösen kann.
Zum Schluss: Es möge uns in Baden-Württemberg gelingen, auch die Kulturhauptstadt Karlsruhe für Europa zu erreichen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Vordergründig scheint in diesem Haushalt die Kultur verhältnismäßig gut abzuschneiden. Nachdem in den letzten Jahren die Kultur häufig als Sparstrumpf des Haushalts betrachtet worden ist, hätten weitere Kürzungen für eine Reihe von Einrichtungen das Aus bedeutet. Man lässt sie eben weiter am Rand des Existenzminimums – nach dem Motto „Einem nackten Mann kann man nicht in die Taschen fassen“ – leben.
Beim Lesen des Haushaltsplans drängt sich der Gedanke auf, dass beim Aufstellen gedacht wurde, Kultur sei eine Freiwilligkeitsaufgabe des Landes. Das widerspricht jedoch eklatant Artikel 3 c der Landesverfassung. Dort ist in Absatz 1 eindeutig formuliert: „Der Staat und die Gemeinden fördern das kulturelle Leben und den Sport unter Wahrung der Autonomie der Träger.“ Uns ist die Aufgabe der Kulturförderung übertragen worden, und wir, die SPD-Landtagsfraktion, nehmen den Auftrag der Landesverfassung ernst.
Nochmals: Vordergründig scheint die Kultur in diesem Haushalt verhältnismäßig gut abzuschneiden. Vordergründig, wenn man nicht in die Details einsteigt.
Da sollten die Kommunaltheater kräftig zur Kasse gebeten werden. Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang, dass ausgerechnet im Schillerjahr die Zuschüsse für das Nationaltheater Mannheim gekürzt werden sollten. Sind sich die Verantwortlichen möglicherweise nicht darüber im Klaren, dass wir ein Schillerjahr haben und was Schiller für Mannheim bedeutet?
Kürzungen im Kulturbereich, besonders bei Theatern und Orchestern, haben die fatale Folge, dass es für diese keine Planungssicherheit gibt. Es bedarf keiner allzu großen Fantasie, was so etwas längerfristig zur Folge hat: Das wird zu einem irreversiblen Schaden für unsere bislang noch sehr reiche Kulturlandschaft führen, die auch und gerade durch die städtischen Bühnen garantiert wird. Eine weitere Kürzung nach den Kürzungen des Haushalts 2004 würde eine substanzielle Gefährdung dieser Einrichtungen bedeuten. Für die Häuser ist es wichtig, dass das Land zu ihnen steht und ihre Kulturarbeit anerkennt. Wir haben die Rücknahme dieser Kürzungen beantragt, und im Finanzausschuss konnte ja bereits einiges korrigiert werden.
Nicht korrigiert wurde bislang jedoch die mangelhafte Bezuschussung der soziokulturellen Zentren des Landes. Zwar steht im Haushaltsplan:
Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren in der Trägerschaft privater und gemeinnütziger Einrichtungen werden Zuschüsse zur Förderung der laufenden Programmarbeit, zu einzelnen Projekten sowie Investitionszuschüsse für Baumaßnahmen gewährt.
Tatsache ist jedoch, dass die laufende Förderung zu gering ist und es kaum noch eine Projektförderung gibt. Außerdem werden seit Jahren die notwendigen Zuschüsse für Baumaßnahmen nicht mehr gegeben. Wegen der zu geringen Mittel werden alle anstehenden Maßnahmen auf die lange Bank geschoben. Notwendig sind unter anderem die Dachsanierung des „Roxy“ in Ulm, die Sanierung des alten Gebäudes beim Kulturzentrum „Dieselstrasse“ in Esslingen, der Umund Ausbau des Kulturzentrums Reutlingen sowie der Umund Ausbau beim „Arbeitskreis Alternative Kunst“ im E-Werk in Freiburg. Dies sind nur ein paar Beispiele.
Wir haben deshalb beantragt, den Haushaltsansatz in Kapitel 1478 um 700 000 € zu erhöhen. Die soziokulturellen Zentren sind, wie ich bereits ausgeführt habe, aus Geldmangel seit Jahrzehnten gezwungen, ihre Domizile und ihre Infrastruktur zu vernachlässigen. Die beantragte Erhöhung sollte dazu dienen, erste Sanierungsmaßnahmen einzuleiten sowie Schließungen und teure Substanzschäden zu vermeiden.
Nicht korrigiert wurden die Kürzungen bei den Kammerorchestern. Wurde der Zuschuss für das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim im letzten Haushalt bereits um knapp 10 % gekürzt, so soll er in dem vor uns liegenden Doppelhaushalt nochmals um jeweils 2 400 € gekürzt werden. Man kann zwar sagen, dass dies eine verhältnismäßig geringe Summe ist. Aber das Orchester hat bereits alle Einsparmaßnahmen ausgeschöpft und ist bemüht, den Kulturbetrieb nicht nur nach künstlerischen, sondern auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen und noch mehr private Mittel zu akquirieren. Diese Bemühungen mit einer weiteren Zuschusskürzung zu belohnen ist kontraproduktiv.
In besonderer Weise soll das Stuttgarter Kammerorchester von Zuschusskürzungen betroffen werden. War es bereits im letzten Haushaltsjahr mit ca. 13 % dabei, so soll es nun nochmals 26 000 € im Jahr weniger bekommen. Das Orchester hat, soweit möglich, weitere Sparmaßnahmen eingeleitet. So hat es sich unter anderem von seinem Orchesterdirektor getrennt und diesen Posten nicht wieder besetzt. Trotz aller Sparmaßnahmen einerseits und eingeworbener Spenden andererseits dürfte es aber kaum möglich sein, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
Das Stuttgarter Kammerorchester ist das älteste Ensemble seiner Art und nimmt seit fast 60 Jahren einen herausragenden Platz in der internationalen Orchesterlandschaft ein. Unter seinem jetzigen Chefdirigenten Dennis Russell Davies nimmt es auch eine Aufgabe als musikalischer Botschafter für unser Land wahr. Sie können sich selbst bei einem der nächsten Konzerte oder beim vierten „HaydnSpaß“ in dieser Spielzeit von der Qualität dieses Orchesters überzeugen.
Dieser Kulturhaushalt ist ein Sparhaushalt. Die Einsparmöglichkeiten im Bereich Kultur sind ausgeschöpft. Daher sind die verhältnismäßig geringen Kürzungen kein Beweis für eine Großzügigkeit, sondern lediglich eine Notwendigkeit, um Artikel 3 c der Landesverfassung – Staatsziel Kultur – wenigstens in etwa gerecht zu werden.
In etwas abgewandelter Form möchte ich Friedrich Nietzsche zitieren: „Wir gehören einer Zeit an, deren Kultur in Gefahr ist, an den ihr nicht gewährten Mitteln zugrunde zu gehen.“
Nochmals: Bei den Orchestern sind es verhältnismäßig geringe Summen, nämlich für das Pforzheimer Kammerorchester 2 400 € und für das Stuttgarter Kammerorchester 26 300 € im Jahr, die wir beantragen. Diese Summen sind keine Erhöhungen, wie sie eigentlich notwendig wären, sondern lediglich das Bewahren des Status quo.
Ich bitte Sie daher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Springen Sie über Ihren Schatten, und stimmen Sie unseren entsprechenden Haushaltsanträgen zu.