Protokoll der Sitzung vom 18.02.2005

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Bei Helmut Kohl gab es mal einen Kohlepfennig!)

Man muss darauf achten, dass man nicht an der Realität vorbeischaut, wenn man meint, man könne im Bereich der Industrie durch eine zusätzliche Belastung das Geld erwirtschaften. Das geht so unseres Erachtens jedenfalls im Bereich der Industrie nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wir sprechen uns wieder, wenn die Industrie in Karlsruhe unter Wasser steht!)

In der zweiten Runde wird Herr Kollege Scheuermann auch auf das Thema Verkehr eingehen.

Ich möchte als Letztes einen haushaltstechnisch kleineren Punkt ansprechen, den ich aber auch für sehr wichtig halte: Wir haben mit dem Änderungsantrag, der von den Regierungsfraktionen im Finanzausschuss eingebracht worden ist, die Zuschüsse für das freiwillige Ökologische Jahr auf einen Stand gesetzt, der uns erlaubt, die Zahlen der Einsatzstellen dort zu halten. Ich glaube, auch das ist in diesen Zeiten, in denen wir haushaltspolitisch stehen, erwähnenswert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Umweltpolitik wird noch viel zu sehr mit Einschränkungen für die Menschen und Wettbewerbsnachteilen für die Wirtschaft in Verbindung gebracht. In der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Umweltpolitik 2004 mit Datum vom 27. Januar 2005 wird dagegen festgestellt, dass Umweltpolitik und Ökoinnovation Wirtschaftswachstum fördern, Arbeitsplätze schaffen und erhalten und daher zur Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung beitragen.

Der Umfang des in Expansion begriffenen Weltmarkts für Umweltgüter und Dienstleistungen wird auf über 500 Milliarden € geschätzt. Die Ökoindustrie hat europaweit über 2 Millionen Beschäftigte und wächst mit etwa 5 % pro Jahr weiter.

Weil dies alles schlichtweg wahr ist, muss die Landesregierung und müssen Sie, die Fraktionen von CDU und FDP/ DVP, endlich begreifen, dass die Umweltpolitik als Querschnittsaufgabe unser Land zukunftsfähig macht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Sche- besta CDU: Dafür brauchen wir Sie nicht!)

Meine Damen und Herren, mit dem Kyoto-Protokoll, das am 16. Februar 2005 in Kraft getreten ist, verpflichtet sich Deutschland im Rahmen der EU-internen Lastenverteilung dazu, die Emissionen der direkt wirkenden Treibhausgase bis 2012 um 21 % gegenüber 1999 zu verringern. Bis 2002 wurde auf Bundesebene ein Rückgang um 18,6 % erreicht. In Baden-Württemberg hingegen liegen die jährlichen Treibhausgasemissionen auf nahezu unverändertem Niveau.

(Zuruf des Abg. Schebesta CDU)

Im Umweltplan hat sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, die energiebedingten CO2-Emissionen bis 2005 auf unter 70 Millionen Tonnen bzw. bis 2010 auf unter 65 Millionen Tonnen zu verringern. Doch was stellen wir fest? 2002 lag die energiebedingte CO2-Fracht im Land noch bei 78,5 Millionen Tonnen und ist im Folgejahr sogar noch weiter angestiegen. Da kann ich nur sagen: Versagen auf der ganzen Linie.

(Beifall bei der SPD – Abg. Schebesta CDU: Zie- hen Sie doch mal einen Vergleich mit anderen Län- dern!)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat mehrfach vollmundig die Förderung des Energiesparens und die Förderung des Einsatzes neuer Energien versprochen. Doch jetzt wird das ohnehin mickrige Klimaschutzprogramm, das Herr Schebesta gerade angesprochen hat, weiter gekürzt.

(Abg. Schebesta CDU: Wir haben es doch im Fi- nanzausschuss um 1 Million € erhöht!)

Wenn Sie in dieser Art und Weise weitermachen, so ist weder die nötige Energiewende machbar, noch wird der anstehende Atomausstieg energiepolitisch sinnvoll flankiert.

(Abg. Alfred Haas CDU: Der Atomausstieg steht nicht an!)

1996 hat das Land noch knapp 17 Millionen € für Investitionen für erneuerbare Energien und Energieeffizienz ausgegeben; im Jahr 2005 sind es gerade mal annähernd – ich habe einmal bei den verschiedenen Haushaltstiteln alles zusammengezählt – 11 Millionen €, und dies bei gleichzeitig stark gestiegenen Anstrengungen des Bundes.

(Abg. Schebesta CDU: Ist da die Geothermie schon dabei?)

Ja, ja. Hören Sie auf mit der Geothermie! Sie wissen doch, dass dafür nur 2 Millionen € zur Verfügung stehen. Das ist doch auch ein äußerst magerer Ansatz.

(Abg. Fischer SPD: So ist es! – Beifall des Abg. Fischer SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das sind 3 Millionen €! – Abg. Alfred Haas CDU: Wo nehmen Sie denn das Geld her? Sagen Sie mal etwas zum Geld! Rothaus verkaufen?)

Meine Damen und Herren, wie gebannt starrt die Landesregierung auf die fünf Kernkraftwerke im Land und vergießt Krokodilstränen über deren Abschaltung, anstatt sich um Ersatzinvestitionen zu bemühen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Abg. Alfred Haas CDU: Sagen Sie mal etwas zum Geld!)

Ihr Gerede über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken und gar über einen potenziellen AKW-Neubau verhindert Ersatzinvestitionen, die wir für den Energiestandort BadenWürttemberg dringend brauchen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hauk CDU: Das ist ja etwas ganz Neues als Ursache-und-Wirkungs-Ana- lyse! Also alles, was recht ist!)

Sie haben zwar endlich begriffen – Herr Hauk, jetzt kommt ein kleines Kompliment –,

(Abg. Alfred Haas CDU: Auf das Kompliment kann man verzichten!)

dass in einem Energiemix die Geothermie als Grundlastenergieträger die ideale Ergänzung zu Wind- und Wasserkraft, zur Sonnenenergie und zur Biomasse darstellt.

(Abg. Hauk CDU: Über welche Größenklasse re- den wir? Das ist die Frage!)

Hören Sie erst mal zu, Herr Hauk.

(Zuruf von der SPD: Das fällt ihm schwer!)

Wenn Sie aber derart bescheidene Fördermittel einstellen,

(Abg. Alfred Haas CDU: Wo nehmen Sie denn das Geld her? Sagen Sie mal etwas zum Geld! Kennen Sie die Verschuldungslage des Landes?)

werden wir trotz geradezu hervorragender Potenziale von der deutschen und der internationalen Entwicklung abgehängt werden, wie dies bei der Windkraft bereits geschehen ist, gegen die Sie ja zu Felde ziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Geld spielt keine Rolle! – Abg. Hauk CDU: Sie mobilisieren doch gar keine Kapitalkraft für Windkraft!)

Herr Hauk, ich weiß genau, dass Sie das nicht gerne hören. Aber die Wahrheit tut halt zuweilen weh.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wir haben kein Geld, Herr Caroli!)

Von den über 40 000 Arbeitsplätzen in diesem Bereich profitiert Baden-Württemberg kaum.

(Abg. Alfred Haas CDU: Gehen Sie mal nach Frei- burg, Herr Caroli!)

Das Gleiche gilt leider für die über 130 000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien insgesamt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Der kann nicht über Lahr hinausblicken!)

Sie werden das von Ihnen gesteckte Ziel der Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2010 nicht erreichen. Deshalb appelliere ich an Sie, den Erhöhungsanträgen zuzustimmen.

Lassen Sie mich nun ein zweites Umweltthema ansprechen. Der tägliche Flächenverbrauch in Baden-Württemberg von 12 Hektar, der sich nach Angaben des Statistischen Landesamtes auf über 15 Hektar pro Tag steigern wird, veranlasst mich zu folgendem Zitat:

Unsere Böden sind eine begrenzte Ressource. Es ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens nötig, um den notwendigen Bewusstseinswandel zu erreichen und die Akzeptanz für konkrete Maßnahmen zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung zu fördern.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: War das Müller? – Abg. Alfred Haas CDU: Der Landtag macht Flä- chennutzungspläne?)

Wegen der treffenden Formulierung könnte das Zitat von mir sein.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Ist es aber nicht.