Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Drittens sage ich Ihnen jetzt dazu – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kretschmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Scheffold?

Ja, bitte.

Herr Kollege Kretschmann, nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich lediglich kritisiert habe, dass Sie mit Mehreinnahmen durch die zusätzlichen Steuerbeamten gerechnet haben und damit auch eine Gegenfinanzierung gemacht haben, obwohl Sie diese Mehreinnahmen rechnerisch niemals erzielen würden?

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Nach unserem Vorschlag würden diese Mehreinnahmen erzielt. Nur haben Sie ihn abgelehnt. Unser Vorschlag hieß: Man macht die Einkommensteuererklärung nur alle zwei Jahre. Dadurch werden Steuerbeamte frei, und man kann einen erheblichen Teil der Steuerbeamten dafür einsetzen, die Steuern einzutreiben, die die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen. Wenn man das macht, profitieren davon logischerweise alle 16 Bundesländer und können in ihren Haushalten ebenfalls Steuerbeamte einsparen. Zugleich werden auch dort Steuerbeamte frei, mit denen diese Länder die Steuern, die die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen, eintreiben können. Dann haben wir nicht Ihr Nullsummenspiel, sondern dann bekommen alle 16 Bundesländer die Steuern, die sie zur Erledigung der staatlichen Aufgaben brauchen.

(Beifall bei den Grünen)

Es ist ja nett, dass Sie immer mit mir diskutieren wollen. Aber dadurch läuft mir die Zeit davon.

Ich möchte noch einmal sagen: Das ist der ganze Rahmen, um den es bei der ganzen Steuerreform geht.

Herr Stratthaus, es kann angesichts der Situation der Haushalte nur eine Leitlinie für diese Steuerreformvorhaben geben: Klarheit, Transparenz und Aufkommensneutralität. Sonst können wir unsere Aufgaben nicht mehr erfüllen. Ich kann sie jetzt nur noch skizzieren.

Wir brauchen in dieser Situation drei wichtige Maßnahmen. Diese haben wir bei den Haushaltsberatungen durch unsere Anträge benannt. Erstens: eine Bildungsoffensive, weil wir nur dadurch in der Lage sind, uns auf Dauer unter wirtschafts- und haushaltspolitischen Aspekten wettbewerbsfähig zu halten und auch in Zukunft die nötigen Einnahmen zu erzielen. Dafür haben wir ein umfängliches Paket mit mehreren Millionen Euro, die wir gegenfinanziert haben, vorgelegt, damit wir bei der Ganztagsbetreuung, im zweiten Bildungsweg und anderen Punkten weiterkommen. Das ist von Ihnen abgelehnt worden.

Zweitens brauchen wir eine arbeitsmarktorientierte Energieund Umweltpolitik. Im Umweltbereich sind heute insgesamt viel mehr Leute beschäftigt als im Fahrzeugbau. Aber weil diese Arbeitsplätze im Wesentlichen im Mittelstand angesiedelt sind, redet man nicht so viel darüber. Ihre Energiepolitik, die Sie mit der Beteiligung an der EnBW beschlossen haben, ist energiepolitisch ohne Effekt und wird in der Energieerzeugung sich arbeitsmarktpolitisch und strukturpolitisch überhaupt nicht auswirken und zu gar keinen Änderungen führen. Aber das, was wir vorschlagen, bedeutet Innovation und Fortschritt bei der ganzen Umwelt- und Energiepolitik im Mittelstandsbereich. Nach dem, was ich vorhin zu den großen DAX-Firmen und unseren Mittelständlern skizziert habe, sieht man genau, wer Arbeitsplätze abbaut und wer dagegen Arbeitsplätze schafft, nämlich Mittelstand und Handwerk.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist kein Wider- spruch!)

Deswegen heißt es für die Landespolitik, alle Kräfte auf unseren Mittelstand und auf das Handwerk zu konzentrieren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Beides!)

Und drittens: Wir brauchen im Landeshaushalt eine wirksame finanzielle Zukunftsentlastung. Wir müssen anfangen, über einen Ausgleich des laufenden Haushalts hinauszudenken – das haben Sie noch nicht geschafft – und zukunftsorientiert zu handeln. Wir haben vorgeschlagen, in Zukunft Mitarbeiter, wo immer es geht, als Angestellte und nicht mehr als Beamte einzustellen. Wir haben vorgeschlagen, dass staatliche Aufgaben an die Gesellschaft zurückgegeben werden, wie etwa die Förderberatung der Landwirte.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Das geht doch gar nicht, Herr Kretschmann! – Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Wir haben zu Einsparungen Initiativen beim Bund vorgeschlagen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass dort, wo Aufgaben von Bürgerinnen und Bürgern in eigener Initiative übernommen werden, sich das Land nicht zurückzieht, sondern dieses Engagement stärkt. Damit hat die Opposition die größten Erfolge errungen. So viel ist, seit ich diesem Parlament angehöre, durch die Regierungsfraktionen noch

niemals korrigiert worden, allerdings teilweise mit völlig falscher Gegenfinanzierung, zum Beispiel bei der Krankenhausfinanzierung. Gerade dort, wo wir einen enormen Investitionsbedarf von insgesamt 1,2 Milliarden € haben, haben Sie noch einmal mit 10 Millionen € zugelangt. Das setzt ganz falsche Signale.

Wir haben vorgeschlagen, die 13. Monatspension bei den Mitarbeitern des höheren und gehobenen Dienstes zu streichen. Auch das haben Sie abgelehnt, obwohl diese vertretbare Einschränkung der Sonderzahlung in Zukunft zu einer wesentlichen finanziellen Entlastung der Haushalte führen würde: 100 Millionen € im Jahr mit einem Gegenwartswert von insgesamt – das ist eine dauerhafte strukturelle Entlastung – 6 Milliarden €.

Ich fasse zusammen: Sie haben eine Haushaltspolitik der Zukunftsbelastung gemacht, Schattenschulden aufgenommen durch den Verkauf der Forderungen an die L-Bank mit 550 Millionen €. So kann es nicht weitergehen. Deshalb wollen wir, dass für die Zukunft durch die Streichung der 13. Monatspension eine dauerhafte Entlastung von 6 Milliarden € eintritt.

Oettinger hat davon gesprochen, 30 000 bis 40 000 Stellen im Landeshaushalt zu streichen. Sie haben unverständlicherweise jetzt sogar die von der SPD vorgeschlagenen 10 000 Stellenstreichungen und unsere 20 000 Stellenstreichungen kritisiert.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Dann müssen Sie aber in die Ministerien hinein! Sie machen doch das al- les gar nicht!)

Ihr jetziger Fraktionsvorsitzender und zukünftiger Ministerpräsident sprach von 30 000 bis 40 000 zu streichenden Stellen, ohne dass er auch nur an einer Stelle konkretisiert hätte, wie es zur Streichung der Stellen für diese Bediensteten kommen soll. Das ist in erster Linie Ihre Aufgabe.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Dann machen Sie das mal, ohne in die innere Sicherheit, in die Bildung und dies alles einzugreifen!)

Regieren heißt vorausschauen und voraushandeln. Bei diesem Haushalt haben die Koalitionsfraktionen eine Kurskorrektur hin zu einer finanziellen, aber auch zu einer ökologischen Zukunftsentlastung jedoch verpasst.

Meine Fraktion wird Ihnen – nach den Erfahrungen beim Verlauf dieser Haushaltsberatungen, was das Ziel einer nachhaltigen Finanzpolitik betrifft – einen Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung vorlegen – auch Kollege Moser hat das ja schon vorgetragen –, um die Verpflichtung zu einem mittelfristig ausgeglichenen Haushalt mit Verfassungsrang festzuschreiben. Das Modell für diesen Gesetzentwurf ist die Schweizer Bundesverfassung. Die dort vor etwa zehn Jahren eingeführte Regelung war erfolgreich und ist unter dem Begriff „Schweizer Schuldenbremse“ bekannt geworden. Wir sind gespannt, welche Kolleginnen und Kollegen in diesem Landtag nach den Erfahrungen mit diesem Haushalt bereit sind, sich solch eine verfassungsmäßige Selbstverpflichtung aufzuerlegen, damit wir in diesem Land auf Dauer zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen, damit wir politikfähig bleiben und auch unseren

Nachfolgepolitikern hier im Landtag die Möglichkeit geben, Politik zu gestalten und nicht nur zu verwalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wacker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich in der mir verbleibenden Zeit mit wenigen Sätzen auf das Thema des bürgerschaftlichen Engagements, auf das Thema des Ehrenamts, zu sprechen komme.

Es ist unstrittig – und darüber braucht man überhaupt nicht zu diskutieren –, dass wir alle das Ehrenamt sehr loben, als außerordentlich wichtig betrachten und dem Ehrenamt einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft beimessen. Das Ehrenamt hat in Baden-Württemberg eine lange Tradition. 4 Millionen Bürger engagieren sich ehrenamtlich aktiv in Organisationen, in Vereinen, Verbänden usw. Nach Erhebungen des Bundesfamilienministeriums kommen 40 % aller im Ehrenamt Engagierten aus Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist ja unbestritten! – Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Das sagte ich ja gerade, Frau Kollegin. – Dieser hohe Anteil ist nur möglich, weil viele Menschen einen hohen Sinn darin sehen, sich für andere Menschen zu engagieren. Aufgrund des großen Zusammenhalts in unserer Gesellschaft ist eine hohe und außerordentlich gute Ehrenamtsförderung in unserem Land möglich:

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

weil Familien in diesem Bereich investieren, weil die Kommunen in der Vergangenheit viel in Einrichtungen, beispielsweise Einrichtungen für den Sport, investiert haben, weil die Kirchen aktive Wertevermittlung betreiben

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

und junge Menschen ansprechen und weil sich zudem viele soziale Organisationen engagieren.

Aber eine entscheidende Säule – und jetzt komme ich zum wichtigen Punkt in dieser Haushaltsberatung – ist natürlich das Land und der Landeshaushalt. Diese Erfolgsgeschichte in Baden-Württemberg, die ich nur kurz skizziert habe, war deswegen möglich, weil die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen dem Ehrenamt in den Haushalten der vergangenen Jahre einen besonderen Stellenwert beigemessen haben und dies auch in diesem Haushalt tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir nehmen die Landesverfassung beim Wort. Kulturelles Leben und Sport ist nicht nur Staatsziel, sondern Schwer

punkt unserer Finanzpolitik. Kollege Scheffold hat darauf hingewiesen, dass wir, als es um notwendige Einsparungen ging, bewusst nicht die Rasenmähermethode eingesetzt haben, sondern das Ehrenamt weitestgehend verschont haben.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Frau Kollegin, Sie wissen ja ganz genau, welche Ergänzungsanträge wir eingebracht haben; insofern war dieser Zwischenruf nicht angemessen.

Gestatten Sie mir, noch in wenigen Sätzen zusammenzufassen, worum es uns in der zweiten Lesung des Haushalts ging. Wir haben beim Sport eine Reduzierung der Kürzung gegenüber 2004 auf 2,6 Millionen € im Jahr 2005 und auf 1,6 Millionen € im Jahr 2006 vorgenommen.

Wir haben damit im Haushaltsjahr 2006 67,8 Millionen € für den Sport ausgebracht. Damit haben wir bundesweit eine beachtliche Sportförderung. Das haben Sportfunktionäre in Baden-Württemberg mittlerweile auch anerkannt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir haben den ehrenamtlichen Bereich bei der Sportförderung gänzlich verschont – um das noch einmal deutlich zum Ausdruck zu bringen.