Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Innenministeriums – Technik-Zukunftsprogramm Polizei – Drucksache 13/2329

b) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Innenministeriums – Technik-Zukunftsprogramm Polizei – Drucksache 13/3880

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Blenke.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst sehr herzlich beim Herrn Innenminister für die umfassenden Stellungnahmen zu den beiden Anträge bedanken.

Worum geht es beim Technikzukunftsprogramm der Polizei, meine Damen und Herren? Ende der Neunzigerjahre wurden bei der Ausstattung und Ausrüstung der Polizeien in Deutschland bundesweit Defizite festgestellt, Veralterungen in der Ausstattung. Die alten Bundesländer hatten Investitionen überwiegend punktuell im Rahmen von Ersatzbeschaffungen durchgeführt. Solche Investitionen verleiten unter fiskalischen Aspekten natürlich oftmals zu Verzögerungen. Da hat man eben ein sechs Jahre altes Auto noch weitere ein oder zwei Jahre benutzt, bis man es ersetzt hat. So kam es bundesweit – nicht nur in Baden-Württemberg – zu einer Überalterung der Ausrüstung der Polizei. Das war übrigens hier vor dem Landtag immer am sichtbarsten. Die Stuttgarter Polizei hat immer versucht, den ältesten VW-Jetta, den sie hatte, vor den Landtag zu stellen. Das war wahrscheinlich eine Art stiller Protest.

1999 ist das Land Baden-Württemberg bundesweit als erstes und bisher einziges Land einen ganz neuen Weg gegangen. Es erfolgte nicht mehr der punktuelle Ersatz von Ausrüstungsgegenständen, sondern es wurde ein umfassendes, 358 Millionen € schweres Technikzukunftsprogramm aufgelegt, mit dem die Ausstattung und die Ausrüstung der Polizei nachhaltig und umfassend modernisiert wurde.

Lassen Sie mich das Technikzukunftsprogramm kurz darstellen, meine Kolleginnen und Kollegen.

Zunächst zu dem eben schon angesprochenen Fuhrpark: Mit einem Investitionsvolumen von rund 100 Millionen € wurde von dem bis dato üblichen Kauf auf Leasing der nahezu kompletten Fahrzeugflotte umgestellt. Heute hat die Polizei über 3 200 moderne Leasingfahrzeuge mit einem Alter von zwei bis maximal vier Jahren. Die Polizei in BadenWürttemberg verfügt heute bereits über die zweite Generation an Leasingfahrzeugen. Selbst die Stuttgarter Polizei findet jetzt keinen alten Streifenwagen mehr – das sehen Sie jeden Tag, wenn Sie hierher kommen –, um ihn hier vor den Landtag zu stellen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Diese wirksame Modernisierung des Fahrzeugparks – das möchte ich ausdrücklich sagen – wird beispielsweise auch vom Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei ausdrücklich anerkannt. Das sage ich deswegen, weil ich nachher noch einmal auf ihn zu sprechen komme.

Der Streifenwagen und damit gleichzeitig der Arbeitsplatz für die Polizisten, meine Damen und Herren, ist mittlerweile nahezu optimal ausgerüstet.

Zweitens: Am Wichtigsten ist mir die individuelle Schutzausstattung für die Beamtinnen und Beamten. Jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte in Baden-Württemberg hat heute eine persönliche schusssichere Weste, die sie bzw. er bequem und diskret unter dem Hemd tragen kann. Das ist, glaube ich, die wirksamste und die wichtigste Fürsorgemaßnahme für unsere Beamtinnen und Beamten. Au

ßerdem wurden umfangreiche weitere Körperschutzausrüstungsgegenstände für spezielle Einsätze und für spezielle Einheiten beschafft.

Ich nenne drittens die Modernisierung der Hubschrauberflotte. Alle acht Polizeihubschrauber in Baden-Württemberg sind erneuert worden. Wir haben eine topmoderne Hubschrauberflotte bei der Polizei.

Das Gleiche gilt viertens für die Boote der Wasserschutzpolizei. Sieben schwere Polizeiboote wurden beschafft, und acht von zwölf leichten Booten sind bereits erneuert worden.

Ich nenne fünftens – auch ein Sicherheitsaspekt für die Beamtinnen und Beamten – die Erneuerung der Waffen. 25 000 neue Pistolen sind beschafft worden. Diese sind für die Beamten sicherer, weil sich, wie das früher vereinzelt leider passiert ist, keine Schüsse mehr lösen können.

Ich nenne weiter – nur stichwortartig – die Sondertechnik für Spezialeinheiten zur Bekämpfung schwerster Kriminalität, Geschwindigkeitsmesssysteme, Phantombildanlagen, Raumschießanlagen, den Ausbau der DNA-Analyse, Notruf neu, Verbesserungen in der Telefonie usw.

Fazit: Ein Jahr vor Ablauf des Technikzukunftsprogramms sind nahezu alle Teilprojekte erfolgreich abgeschlossen. Noch offen sind – auch darüber werden wir offen reden – die Bereiche Digitalfunk und Modernisierung der Datenverarbeitung. Aber nahezu alle anderen Projekte sind bereits abgeschlossen.

Wenn ich jetzt – ich komme noch einmal auf das vorhin Gesagte zurück – in einer dpa-Meldung lese, dass der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei meint, das Technikzukunftsprogramm sei „in weiten Teilen verfehlt“ – so wird er diese Woche in einer dpa-Meldung zitiert –, dann fehlen mir eigentlich die Worte. Dann soll er bitte sagen, welche der eben genannten Investitionen verfehlt sind. Wenn man so etwas sagt, dann läuft man fast schon Gefahr, aus der Runde der ernst zu nehmenden Gesprächspartner auszuscheiden. Ich verstehe das, ehrlich gesagt, nicht.

Der Digitalfunk kommt jetzt. Das ist ganz aktuell. Herr Minister, das ist ein Verhandlungserfolg der Minister der Länder und der Staatssekretäre.

(Zuruf des Abg. Junginger SPD)

Der Digitalfunk kommt jetzt endlich. Für die Verzögerung sind nicht wir in Baden-Württemberg verantwortlich.

(Zurufe der Abg. Oelmayer GRÜNE und Junginger SPD)

Sie wissen aber, dass das etatisiert ist, Herr Kollege.

Zweitens kommt auch die Modernisierung der Datenverarbeitung. Ich habe auch gesagt, dass das noch erforderlich ist. Die Modernisierung ist dringend nötig. Wir wissen, warum es zu diesen Verzögerungen gekommen ist. Das Pilotprojekt in Waiblingen ist damals unter anderem deshalb gescheitert, weil immer neue Nutzungsanforderungen hinzukamen und das einfach zu viel wurde.

Jetzt führen wir – wir müssen nicht alles neu erfinden, was andere schon haben – das System ComVor ein, das in Hamburg entwickelt wurde und in Hessen für ein Flächenland weiterentwickelt wurde. Jetzt höre ich, auch aus Kreisen der Polizei, das ComVor-System sei so, wie es jetzt kommt, sogar noch schlechter als das bisherige System. Das stimmt nicht. Man muss einfach eines sehen: Bei DV-Projekten gilt immer das Prinzip 20 : 80: Mit 20 % des Aufwands erreichen Sie bereits 80 % des Nutzens. Dann kommt die schwierige Optimierungsarbeit. Wir führen das System ComVor jetzt zügig ein und werden es dann entsprechend den Bedürfnissen unserer Polizei fortentwickeln.

Meine Damen und Herren, wir müssen mit Nachdruck die Modernisierung der Datenverarbeitung der Polizei forcieren. Dann ist die Polizei in Baden-Württemberg auch in diesem Bereich, wie in allen anderen genannten Bereichen, die modernste Polizei Deutschlands. Damit ist belegt, Kollege Junginger, dass Ihr Lieblingsausspruch, wir würden Sicherheitspolitik nach Kassenlage machen, schlicht falsch ist.

(Abg. Junginger SPD: Wo sind die Ausbildungs- stellen geblieben?)

Wir machen nicht Sicherheitspolitik nach Kassenlage.

Meine Damen und Herren, ich werde nachher in der zweiten Runde noch Ausführungen zu der aktuellen Diskussion über die Speicherung von Telekommunikationsdaten machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Fischer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gezielt auf den Antrag Drucksache 13/3880 eingehen, der den ursprünglichen Antrag Drucksache 13/2329 aus dem Jahr 2003 aktualisieren bzw. ersetzen soll. Ich will dazu einige Punkte herausgreifen.

Aber zunächst zu Ihnen, Kollege Blenke, und zu Ihrem Lob, das Sie in verschiedenen Punkten angebracht haben. Da möchte ich schon die Schutzwestenausstattung und die Sicherheitsausstattung nennen, die Sie so gerühmt haben. Ich verkenne nicht, dass diese Maßnahme in der Tat durchgeführt wurde. Ich glaube aber, es müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit für einen Dienstherrn sein, dass er seine Bediensteten, die sich im Beruf in Gefahren begeben, auch mit den notwendigen Schutzausrüstungen ausstattet.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Ich glaube, man sollte das zwar positiv sehen, aber man sollte es nicht als etwas Großartiges verkünden. Genauso ist es mit der Beschaffung der 25 000 neuen Pistolen. Sollen denn die Beamtinnen und Beamten mit veralteten Pistolen umgehen? Deshalb war der Umtausch natürlich notwendig. Auch das akzeptieren wir. Aber wenn Sie das so groß her

ausstellen, dann muss man da schon ein Fragezeichen setzen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Die Pistolen haben alle noch geschossen!)

Lieber Kollege Haas, vielleicht aber nicht mehr ganz so gut, wie es hätte sein sollen.

(Abg. Blenke CDU: Ein bisschen krumm!)

Ich will nun aber einige Punkte des Antrags speziell herausgreifen. Das Innenministerium schreibt in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2005 zu dem neuen Antrag zum Beispiel, dass die elektronische Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken mit Live-Scan-Technologie bei 17 Stellen vorgesehen sei und dass die Inbetriebnahme bis Ende Februar 2005, also eigentlich bis vor ein paar Wochen, habe erfolgen solle. Die Frage von meiner Seite und von unserer Seite lautet: Ist diese Einführung jetzt in der Tat geschehen? Wir haben ja 35 Polizeidirektionen im Land Baden-Württemberg. Wie geht es dann mit den restlichen 18 weiter? Ist auch dort eine Einführung dieser Technologie vorgesehen, sofern sie sich positiv auswirkt?

Ich möchte etwas zu Ihren Ausführungen über die DV-gestützten Schießtrainingsanlagen sagen. Auch das wird in der Stellungnahme zum Antrag als großer Erfolg bezeichnet. Ich akzeptiere, dass dieses DV-gestützte Schießtraining ein Ersatz ist und dass es auch notwendig ist. Aber es ersetzt eigentlich kein Einsatztraining mit ergänzenden Schießmöglichkeiten in Hallen, und wir sollten uns hier nicht hinstellen und sagen, damit sei alles geregelt. Wir wissen, dass sehr viele Dienststellen diese Möglichkeit nicht haben, und wir wissen, dass daher oft enorm lange Transportwege notwendig sind, um die Beamtinnen und Beamten zum Schießtraining zu bringen bzw. um ihnen zu ermöglichen, ihr Einsatztraining durchzuführen. Sie wissen, dass damit enorm viel Zeit und auch Geld gebunden ist. Deshalb: Zum DVgestützten Schießtraining sagen wir Ja, aber das Schießtraining in Hallen fehlt. Sie wissen genau, dass da noch sehr viel notwendig ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Thema Digitalfunk. Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass wir froh darüber sein können, dass jetzt eine Lösung zwischen dem Bund und den Ländern gefunden wurde, um den Digitalfunk einzuführen. Wir wissen, dass der Bund für eine Rumpfausstattung den Ländern 50 % der Kosten zur Verfügung stellt. Ich glaube, es ist ein Entgegenkommen des Bundes aufgrund all der Diskussionen, die bisher geführt wurden, dass überhaupt der Einstieg geschaffen wird. Das sollte man positiv sehen und jetzt nicht den schwarzen Peter hin- und herschieben. Für uns ist wichtig, dass dieser Digitalfunk stattfindet und dass der Ausbau nun endlich vorangetrieben wird. Ich hoffe und wünsche, Herr Minister, dass Sie uns bei nächster Gelegenheit im Ausschuss zumindest einmal darüber informieren können, wie die Sache weitergeht und bis wann wir in diesem Bereich mit den ersten Geräten bzw. den ersten Einrichtungen rechnen können.

Zum Thema Leasing: Auch das, Herr Kollege Blenke, möchte ich als Positivum darstellen. Nur darf ich eines dazu

sagen: Mit dem Umstieg auf Leasing und – das wissen Sie genau – mit dem Umstieg auf die Budgetierung, deren Notwendigkeit wir auch nicht mehr verkennen und die wir als gut ansehen, bekommen natürlich die Dienststellen ein Problem, wenn die Leasingraten und die Umtauschraten ansteigen. Man hatte ursprünglich beim Umtausch mit einer durchschnittlichen Zuzahlung von 700 € gerechnet; heute liegen wir jedoch bei 1 000 € und mehr, die die Dienststellen im Rahmen ihrer Budgetierung „herausschwitzen“ müssen. Deshalb die herzliche Bitte, hier einmal darüber nachzudenken, ob man diese zusätzlichen Kosten nicht den Dienststellen erstattet. Denn sonst bekommen sie Probleme bei der Finanzierung.

(Beifall bei der SPD)

Zur Modernisierung der polizeilichen DV-Anlagen: Auch da, Herr Kollege Blenke, stimme ich Ihnen in einigen Punkten zu. Aber Fakt ist – das darf ich doch sagen –, dass die tägliche Arbeit durch die veralteten Datenverarbeitungssysteme erheblich erschwert wird und dass das 1999 beschlossene Technikzukunftsprogramm in weiten Teilen, nämlich gerade hinsichtlich der EDV-Ausstattung, verfehlt war. Das möchte ich ebenfalls sagen. Ich unterstütze nicht alles, was in dem Zeitungsbericht steht, aber gerade im Hinblick auf die EDV hat es Verfehlungen gegeben. Die Planungen des Innenministers zur Modernisierung der polizeilichen DV sehen für dieses Jahr den schrittweisen Ausbau der neuen Infrastruktur für den Regierungsbezirk Stuttgart vor.