(Zuruf von der CDU: Oje! – Abg. Stickelberger SPD: Aber jetzt! – Abg. Drexler SPD: Der Einzige, der hier im Raum eine Ahnung hat!)
Der unausweichliche Anblick von Behinderten auf engem Raum bei jeder Mahlzeit verursachte Ekel und erinnerte ständig in ungewöhnlich eindringlichem Maße an die Möglichkeiten menschlichen Leidens. Solche Erlebnisse gehören nicht zu einem typischerweise erwarteten Urlaubsverlauf.
Das steht nicht in einem Beschwerdebrief, nicht in einem Leserbrief von intoleranten Mitmenschen, sondern das steht in einer Urteilsbegründung des Amtsgerichts Flensburg,
wir wollen nicht, dass noch einmal ein deutsches Gericht – weder in Flensburg noch in Baden-Württemberg – ein solch skandalöses und intolerantes Urteil spricht.
Wir wollen, dass Rollstuhlfahrer und Eltern mit ihren Kindern ohne Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung in den Urlaub fahren können.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Oettinger CDU – Abg. Alfred Haas CDU macht die Scheibenwischer-Handbewegung. – Abg. Hauk CDU: Das ist unstrittig! – Unruhe)
Deshalb frage ich Sie: Wollen Sie wirklich darauf bestehen, dass Behinderte aus dem Schutz des Antidiskriminierungsgesetzes herausgenommen werden?
(Abg. Drexler SPD zu CDU und FDP/DVP: Ihr wollt nur die EU-Richtlinie umsetzen! – Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Stimmt doch gar nicht! – Weitere Zurufe von der SPD und der CDU – Unruhe – Glo- cke des Präsidenten – Abg. Fischer SPD: Claus, wir verstehen dich nicht!)
Der Justizminister hat auch die zugrunde liegende EURichtlinie als Beispiel für Überregulierung durch die EU bezeichnet.
Der Justizminister wirft der Bundesregierung vor, sie pumpe durch die Einbeziehung der Behinderten die EU-Richtlinie auf.
Er hat sich zu der Behauptung verstiegen, die Einbeziehung von Behinderten entspringe einem kranken Gehirn.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der SPD, u. a. der Abg. Birzele und Drexler: Das ist unglaublich!)
(Abg. Hauk CDU: Sie sind ja heute kabarettistisch! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: So eine Unver- schämtheit! – Unruhe)
sondern das ist für mich auch ein Beispiel, wie der politische Anstand und die Moral in diesem Kabinett inzwischen verkommen sind.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Drex- ler SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)
Die Bundesrepublik muss wie alle EU-Staaten aufgrund der europäischen Richtlinien den Schutz vor Diskriminierung gesetzlich verankern. Im Bereich Beschäftigung und Beruf gilt dies für alle Merkmale,
im Zivilrecht nur für ethnische Herkunft und Geschlecht. Wenn man Deutschland mit den Ländern, die die Richtlinien inzwischen umgesetzt haben – es gibt Länder, die im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt haben, und Länder wie Großbritannien, Schweden und die Niederlande, die weit darüber hinausgegangen sind –, vergleicht, muss man sagen: Der jetzige Entwurf, den wir diskutieren, liegt im Mittelfeld.
Die Horrorgemälde, die Sie an die Wand gemalt haben, die Prophezeiungen sind schon hart an der Grenze der Unwahrheit; denn Sie wissen natürlich auch, dass es in den Niederlanden beispielsweise im Jahr zwischen 60 und 100 Rechtsfälle gibt und dass Vertragsfreiheit natürlich nicht untergraben wird. Vielmehr ermöglicht es das Gesetz, dass eben diejenigen, die bisher wegen Diskriminierung nicht in Rechtsverhältnisse einbezogen waren, jetzt in Rechtsverhältnisse einbezogen werden.
Im Übrigen: Wo nicht diskriminiert wird – und das ist ja wohl immer noch der Regelfall in unserer Gesellschaft –,
Inzwischen, meine Damen und Herren, hat die Anhörung stattgefunden. Es gab viel Lob, es gab Kritik. Es gab auch konkrete Änderungsvorschläge, und die sind diskutiert worden. Es wird natürlich zu konkreten Änderungen kommen. Das ist übrigens der ganz normale Weg der Entstehung eines Gesetzes: dass ein Entwurf natürlich zur Anhörung kommt, diskutiert wird und dann berechtigte Anregungen auch aufgenommen werden.
(Abg. Drexler SPD: Nicht im Land Baden-Würt- temberg! Da wird es umgekehrt gemacht! – Abg. Birzele SPD: Wir machen die Anhörungen an- schließend! – Weitere Zurufe von der SPD)
Nur, Sie sollten aufpassen – vor allem der Minister –, dass durch diese Art und Weise der überzogenen Kritik letztlich nicht das Gesetz diskreditiert wird, sondern man dadurch den Eindruck vermittelt, als wäre Antidiskriminierung etwas, aus dem sich der Staat heraushalten sollte.
Deshalb bleiben wir dabei: Das EU-Recht wird umgesetzt. Wir halten die Einbeziehung der Behinderten in das Zivilrecht für richtig.
Wir wollen damit einen wichtigen Beitrag zu einem diskriminierungsfreien Leben für alle Menschen in unserem Land leisten.
(Abg. Zimmermann CDU: Kein Wort zur Beweis- lastumkehr! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Das schreibt doch die EU vor! Er liest wirklich nichts! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie haben keine Ahnung! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Redebeitrag des Kollegen Schmiedel zeigt, wie diese Diskussion geführt wird: