Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 89. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, heute hat Herr Kollege Kleinmann Geburtstag. In Abwesenheit gratuliere ich ihm ganz herzlich.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen dem Überweisungsvorschlag zu. – Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 17. März 2005 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Drucksache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6) ; Bericht für das Jahr 2004 – Drucksache 13/4121
2. Mitteilung der Landesregierung vom 6. April 2005 – Bericht des Südwestrundfunks über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2003 bis 2006 – Drucksache 13/4193
a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Maßnahmen zur kurzfristigen Durchsetzung von Grenzwertanforderungen in Luftreinhalteplänen – Drucksache 13/3922
b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Rußpartikelfilter auf breiter Front einführen – Drucksache 13/4018
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn gestern weißer Rauch für positive Schlagzeilen gesorgt hat, ist es immer noch an der Zeit, über weniger positiven Rauch, über feinen Staub zu sprechen.
Die Landeshauptstadt Stuttgart geriet vor knapp vier Wochen als dreckigste Stadt Deutschlands in Verruf. Sie war die Stadt, die den Grenzwert für Feinstaub als erste Stadt in Deutschland überschritten hat.
Deswegen möchte ich an den Anfang die Überlegung stellen, wie es hätte sein können, wenn Baden-Württemberg zum Beispiel einen grünen Umwelt- und Verkehrsminister hätte. Dann wäre dieser den entsprechenden Anträgen unserer Fraktion gefolgt. Vor zwei Jahren, im Sommer 2003, haben wir den ersten Antrag zu dieser Thematik gestellt. Dieser Minister hätte vorausschauend gehandelt und hätte Fahrverbote für Fahrzeuge ohne Rußpartikelfilter für den 1. Januar 2006 angekündigt. Er hätte mit der Industrie eine Kooperation über die rasche Einführung des Rußpartikelfilters vereinbart. Er hätte den Fuhrpark des Landes umgerüstet, Fahrzeuge mit Rußpartikelfilter angeschafft oder gleich Erdgasfahrzeuge, er hätte die Busförderung umgestellt und dort die Einführung des Rußpartikelfilters gefördert. Dann hätte Baden-Württemberg es vermeiden können, mit schlechten Nachrichten Schlagzeilen zu machen. Wir hätten sagen können: „Stuttgart ist die erste rußfreie Stadt in Deutschland.“ Wir hätten Arbeitsplätze bei den Zulieferern, bei Bosch und Eberspächer, hier in Baden-Württemberg gesichert und neue geschaffen, und wir hätten eine Vorreiterrolle für mehr Arbeitsplätze und besseren Umweltund Gesundheitsschutz in Deutschland und in Europa einnehmen können. So hätte es sein können. Leider ist es anders gekommen.
Die triste Realität – das möchte ich betonen, auch wenn sich der zuständige Minister noch nicht im Raum befindet – sieht ganz anders aus. Baden-Württemberg hat die Aufstellung von Luftreinhalteplänen weitestmöglich verzögert. Sie
sind immer noch nicht auf dem Tisch. Es gibt nur Entwürfe. Nichts ist in Kraft, kein Aktionsplan, kein Luftreinhalteplan, obwohl die Werte seit 2003 bekannt sind. Nichts ist geschehen. Statt gegen die Schadstoffe vorzugehen, hat die Landesregierung im Bundesrat eine Initiative gegen die Grenzwerte gestartet, die glücklicherweise gescheitert ist. Schwarzer-Peter-Spiele sind aber nicht das, was uns voranbringt. Herr Kollege Hauk, auch wenn Ihr Konkurrent um das Amt des Fraktionsvorsitzenden derzeit nicht im Raum ist, sage ich: Die Verantwortung trägt in der Tat nicht der schwarze Peter, sondern der schwarze Stefan.
Was gefordert ist, ist rasches Handeln, meine Damen und Herren. Ich denke, an erster Stelle muss hier die Rußfilterförderung stehen. Wir, die Opposition in den Ländern und die Bundesregierung, haben uns mittlerweile darauf geeinigt, eine steuerliche Förderung für Fahrzeuge mit Rußpartikelfilter rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft zu setzen. Ich drücke zunächst meine Freude darüber aus, dass sich die Position des Finanzministers, keine steuerliche Förderung zu gewähren, nicht durchgesetzt hat, sondern dass Baden-Württemberg jetzt für eine steuerliche Förderung dieser Fahrzeuge eintritt.
Die Frage ist nur noch, wie mit Altfahrzeugen umgegangen wird, ob Altfahrzeuge ohne Rußfilter eine höhere Steuer zahlen sollen oder nicht. Die Regelung der Bundesregierung sieht hier keine Schlechterstellung vor, sondern nur eine Besserstellung der neuen Fahrzeuge.
Sie haben angekündigt, dass Sie über den Bundesrat erreichen wollen, dass Altfahrzeuge höher besteuert werden. Dazu können wir als Grüne sagen: Wir reichen Ihnen die Hand. Unser Hauptziel ist es, die Rußfilterförderung möglichst schnell auf den Weg zu bringen. Wenn das nur um den Preis möglich ist, dass Sie eine Steuererhöhung für alte Fahrzeuge durchsetzen, wenn sich also die Steuersenkungspartei FDP mit der CDU daran beteiligt, eine Steuererhöhung für solche Kraftfahrzeuge durchzusetzen, werden wir das sicher nicht verhindern, aber übernehmen Sie dann bitte schön dafür auch öffentlich die Verantwortung.
Was die Förderung des Einsatzes von Rußfiltern in Bussen des öffentlichen Nahverkehrs angeht, hat sich die Landesregierung erfreulicherweise unseren schon vor geraumer Zeit erhobenen Forderungen, die hier auch noch einmal bei der Behandlung von Anträgen diskutiert werden, angeschlossen. Mittlerweile ist dieses Rußfilterförderprogramm auf dem Weg. Allerdings stellt es keine Mehrförderung für den öffentlichen Verkehr dar. Vielmehr soll im Gegenzug die derzeitige Busförderung um den Betrag der Kosten für Nachrüstung und Neuanschaffung gekürzt werden. Hier möchten wir noch einmal an Sie appellieren, diese Gelder zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Die Kürzungen bei der Busförderung waren in den vergangenen Jahren ohnehin dramatisch genug. Ihre Ausgaben im Bereich des Straßenbaus, die heute in den Zeitungen ausgiebig gewürdigt werden, sind hoch genug. Man könnte durch geringfügige Umschichtungen zusätzliche Mittel für die Busförderung gewähren. So fordert es auch der Baden-Württembergische Omnibusunternehmerverband.
Vorbildrolle des Landes: Auch hier hat sich die Landesregierung bewegt. Während vor zwei Jahren praktisch kein
Fahrzeug im Fuhrpark des Landes mit Rußfilter ausgestattet war, ist jetzt beschlossen worden, bei der Beschaffung von Dieselfahrzeugen nur noch Fahrzeuge mit Rußfiltern anzuschaffen und eine Nachrüstung der vorhandenen Dieselfahrzeuge ins Auge zu fassen.
Dies geschieht allerdings offensichtlich nicht bei Leasingfahrzeugen, wie sie bei der Polizei mittlerweile Standard sind. Bayern ist hier weiter. In Bayern werden auch die Leasingverträge entsprechend modifiziert und überprüft. Hier erhoffen wir uns von Ihnen noch eine Verbesserung in Baden-Württemberg.
Schließlich zum Thema „Fahrverbote für Altfahrzeuge“: Es war für uns sehr erfreulich, in der Ausschusssitzung des vergangenen Donnerstags einen Konsens mit allen Fraktionen darüber erzielt zu haben, dass geprüft werden soll, ob Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ohne Rußfilter in Gebieten mit hoher Feinstaubbelastung bereits ab 1. Januar 2006 möglich sind. Wir halten solche Fahrverbote für richtig und notwendig. Die Einführung ist auch gesetzlich möglich; es bedarf dazu keiner weiteren gesetzlichen Normen. Dieser Ausschussbeschluss zeigt, dass sich eine gute Opposition am Ende des Tages durchsetzt.
Der wichtigste Vorschlag – dem haben Sie sich noch nicht angeschlossen, aber auch hier erhoffen wir uns von Ihnen noch einen Schritt nach vorne –, der in der Diskussion bleibt, ist aus unserer Sicht die City-Maut. Wir sind der Auffassung, dass eine solche Maut sachlich richtig, angemessen und notwendig ist. Die Verkehrsmengen in den Städten sind der Hauptgrund für die Grenzwertüberschreitungen. Nicht nur wegen der Reduktion des Feinstaubs, sondern auch um das Leben in den Städten attraktiver zu gestalten, um städtebauliche Chancen zu eröffnen, ist es notwendig, die Verkehrsmengen nachhaltig und dauerhaft und nicht nur durch kurzfristige Fahrverbote zu reduzieren.
Im Übrigen hat Ihre Kürzungspolitik bei der Förderung des öffentlichen Verkehrs dazu geführt, dass wir nicht mehr erwarten können, dass relevante Anteile des Verkehrs vom Pkw-Straßenverkehr auf den Schienen- oder Busverkehr verlagert werden, jedenfalls nicht durch einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Auch deswegen ist eine Unterstützung, eine Verkehrslenkung durch eine City-Maut richtig und angemessen.
Wir fordern Sie deswegen auf – wir haben das mit einer parlamentarischen Initiative unterlegt –, den Weg dafür freizumachen, dass die Kommunen durch ein Landes-CityMaut-Gesetz in die Lage versetzt werden, selbst zu entscheiden, ob sie eine solche Gebühr erheben wollen oder nicht. Im Übrigen könnte eine City-Maut für die Städte und Gemeinden auch eine Finanzierungsquelle gerade für den von Ihnen vernachlässigten Ausbau des öffentlichen Verkehrs darstellen.
Es ist nicht zu verstehen, warum sich der Verkehrsminister Mappus und der Ministerpräsident in spe Günther Oettinger einerseits vehement für eine Pkw-Maut einsetzen, andererseits aber hier auf die Bremse treten. Dadurch entsteht doch der Eindruck, dass dort, wo man selbst nicht handeln muss, laute Worte gesprochen werden, dass man sich aber dort, wo man selbst die Kompetenz hat, um entsprechende Maß
nahmen drückt. Ein solches Vorgehen, sich generell für Straßenbenutzungsgebühren einzusetzen, aber hier auf die Bremse zu treten, ist nicht verständlich.
Ich fasse zusammen: Das Thema Feinstaubbekämpfung ist ein wichtiges Thema des Gesundheitsschutzes und kein ideologisches Thema. Es ist nachgewiesen, dass Feinstaub die größte durch die Atemluft aufgenommene Gefährdung der Gesundheit der Menschen darstellt. Die Zahl der durch Feinstaub verursachten Toten – ob sie nun 13 000 oder 65 000 Personen pro Jahr beträgt, sei dahingestellt – ist größer als die Zahl der Verkehrstoten. Es ist, bildlich gesprochen, gefährlicher, hinter einem Auto am Auspuff zu stehen, als vor einem Auto zu laufen.
Deswegen meinen wir: Im Zweifelsfall ist hier eine Entscheidung für den Gesundheitsschutz und gegen die freie Fahrt von alten Stinkern die richtige. Wir fordern Sie auf, nicht weiter zu zögern, nicht weiter zu blockieren, sondern entschlossen zu handeln.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun hat Herr Palmer auch bei diesem Thema wieder von Stuttgart als der dreckigsten Stadt Deutschlands gesprochen.
Wir haben beim Feinstaub Probleme. Aber wir sollten aufhören, als typisch Deutsche dieses Problem so zu überhöhen, dass wir vor lauter Vernebelung mit Feinstaub das eigentliche Problem gar nicht mehr erkennen.
Aber was sage ich da? Anstatt dass wir Deutsche uns über die Wahl eines deutschen Papstes am gestrigen Tag einfach nur freuen, stehen auch da – vor allem in meiner Kirche – die Berufskritiker auf und finden tausend Haare in der Suppe. Wir Deutschen bringen es einfach nicht fertig, uns von Herzen zu freuen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Walter GRÜNE: Zu Recht! – Lebhafte Unruhe)
Ein Appell an die Öffentlichkeit – der sei mir jetzt wirklich gestattet, weil mir das Herz überläuft –: Wenn die Öffentlichkeit einmal aufhören würde, die Herren Drewermann, Küng und Geißler als Repräsentanten der deutschen katholischen Kirche hinzustellen, wäre es auch gut.
(Lebhafter Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Lebhafte Zurufe – Unru- he – Glocke des Präsidenten)
Aber nun zum Thema zurück. An erster Stelle muss doch der Satz stehen: Die Luftqualität bei uns ist von Jahr zu Jahr deutlich besser geworden.