Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist wichtig und richtig, dass sich die Landespolitik mit der Gefährdung durch Feinstäube inten
siv beschäftigt. Die heute hier vorgenommene Einengung des Problems auf Dieselruß und Dieselrußfilter ist allerdings höchst gefährlich und aus meiner Sicht unverantwortlich. Ich bedanke mich deshalb ausdrücklich bei der Kollegin Schmidt-Kühner für ihren ausgewogenen Beitrag.
Erst werden die Bürgerinnen und Bürger in Angst und Hysterie versetzt. Dann wird eine scheinbar gute Einfachlösung angeboten, und schließlich werden alle, die Differenzierungen anmahnen, verteufelt. Bevor sich die Kurzatmigkeit der Aktion zeigt, Herr Palmer, wird schnell auf ein neues Feld gewechselt, und dort beginnt das Spiel von Neuem, und der Ruf der grünen Gutmenschen bleibt erhalten.
Die Problematik der weit gefährlicheren Ultrafeinstäube wird hingegen nachhaltig verdrängt. Dass es auch wirkungsvolle andere Lösungen gibt und dass unsere Automobilindustrie hier bereits viele Verbesserungen erreicht hat, wird verschämt verschwiegen.
Ich kann es ja verstehen, wenn Sie die Argumente der Automobilindustrie nicht zur Kenntnis nehmen. Aber zumindest den Beitrag von „Auto Bild“,
(Die Rednerin hält einen Zeitschriftenartikel in die Höhe. – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Also lieber die Industrie als „Auto Bild“!)
der in die gleiche Richtung geht und endlich einmal für mehr Sachlichkeit sorgt, hätten Sie wenigstens realisieren sollen.
Interessant ist auch noch eine ganz andere Komponente. Wenn der Bundesumweltminister der Meinung ist, dass Sperrungen und ähnliche Maßnahmen sinnvoll seien – ich teile diese Meinung übrigens ausdrücklich nicht –, dann hätte er doch schon längst entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen und zum Beispiel dafür sorgen müssen, dass es hierfür eine geeignete Plakettenlösung gibt. Aber dem Zorn der Betroffenen wollte er sich dann wohl doch nicht aussetzen.
Er beschränkt sich vornehm auf Vorwürfe gegenüber Ländern und Kommunen und schiebt die unangenehme Arbeit auf andere ab.
Die jedoch können ohne Bundesregelung gar nicht handeln. Also auch hier wieder einmal eine grüne Scheinheiligkeit erster Güte.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Frau Berroth, das ist doch abstrus!)
Herr Kollege Scheuermann hat angesprochen, dass wir im Ausschuss für Umwelt und Verkehr einen einstimmigen Beschluss gefasst haben. Ich habe dort allerdings auch mein Bauchgrimmen bei dieser Entscheidung deutlich zur Kenntnis gegeben. Ich meine, wir müssen viel stärker differenzieren. Es gibt einen Unterschied zwischen Feinstäuben. Herr Palmer sagt, Stuttgart sei die dreckigste Stadt in Deutschland.
Wenn Sie allerdings nach den Überschreitungen der zulässigen Feinstaubmengen schauen, werden Sie feststellen: Das ist Norderney, und diese Insel ist weitgehend autofrei. Das ist halt eine ganz andere Art von Feinstaub. Deshalb muss man unterscheiden.
Die Luft ist in den letzten Jahren im Übrigen besser geworden; das sollten wir nicht vergessen. Wir haben im Zeitraum von 1990 bis 2002 die verkehrsbedingten Emissionen um 40 % reduziert.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist doch Schön- rederei! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was nützt das den Leuten, die sterben?)
Bei deutschen Diesel-Kfz ist die Erfüllung der Abgasnorm Euro 4 Standard. Die Franzosen haben nur Euro 3; die wurden von Ihnen aber gerade gelobt, weil sie diesen Filter haben. Es nützt aber nichts, auf eine veraltete Technik zu setzen. Wir brauchen eine moderne Technik, die es bereits gibt, mit deren Einsatz die Norm Euro 5 erfüllt wird. Diese Norm ist erst ab 2008 gültig. Es ist viel besser, erst gar keinen Ruß entstehen zu lassen.
Besonders pikant, Herr Kollege Scheuermann, finde ich im Übrigen die Idee, für Lkw ohne Rußfilter eine höhere Maut zu verlangen. Damit verjagen Sie gerade diese Fahrzeuge von der Autobahn in die Städte.
(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das heißt, Sie sind da ge- gen die Landesregierung!)
Ich bin nicht gegen die Landesregierung, sondern ich bitte, zu schauen, ob diese Idee wirklich schon bis zum Ende durchdacht ist, und sie gegebenenfalls noch einmal zu überdenken.
Nun noch einmal zurück zum Bundesumweltminister. Der prügelt die Industrie, was jetzt wohl in Mode gekommen
ist. Allerdings muss man sagen, dass die einstige Wirtschaftslokomotive Deutschland inzwischen zum Schlusslicht geworden ist. Das liegt aber nicht an Fehlern der Wirtschaft, sondern vor allem an einer falschen Wirtschaftspolitik.
Die FDP/DVP möchte eine sachorientierte Behandlung des Themas, und wir haben deshalb in der letzten Woche eine Große Anfrage eingebracht. Sobald die Antwort der Landesregierung hierzu vorliegt, werden wir zusammen mit unserem Koalitionspartner, mit der Landesregierung und selbstverständlich auch mit der Opposition die notwendigen Maßnahmen erörtern und entwickeln. Diese werden sich mit allen gefährlichen Feinstäuben beschäftigen müssen. Ich bin gespannt auf rot-grüne Lösungen im Hinblick auf Sporen wie zum Beispiel Schimmelpilzsporen, deren hohe Gefährlichkeit seit langem bekannt ist. Deren Gefährdungspotenzial ist genauso hoch wie das von Hausstaub und von Mehl beim Backen; auch dadurch gibt es Allergien. Ich gehe allerdings davon aus, dass Hausfrauen und Hausmänner jetzt nichts fürchten müssen, weil es hier keine Lobbyisten gibt, die ein zu förderndes Produkt haben.
Oder bekommen wir als Nächstes eine Verordnung, die den zu benutzenden Staubsaugertyp vorschreibt? Das Pingpongspiel der Verantwortlichen muss – da haben Sie Recht – aufhören. Wir müssen zur Sachlichkeit zurückkehren. Als Allererstes muss die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. 97,7 % der Dieselfahrzeuge der Bundesregierung haben keinen Partikelfilter.
Eine Nachrüstung hat die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion abgelehnt. Rot-Grün kann doch nicht von den Bürgern etwas fordern, was sie selbst nicht zu tun bereit sind!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Überschreitung des Grenzwerts für Feinstaub – in der Fachsprache PM10 genannt – in mehreren Städten der Republik, darunter auch in Stuttgart, hat in den letzten Tagen und Wochen hohe Wellen geschlagen, um nicht zu sagen, im wahrsten Sinne des Wortes eine Menge Staub aufgewirbelt.
Aber, meine Damen und Herren, ich habe wirklich selten ein Thema erlebt, bei dem in so unverantwortlicher Art und Weise Argumente durcheinander geworfen wurden und schlicht und ergreifend Panik verursacht wurde. Deshalb bin ich nicht undankbar, dass wir heute hier über dieses Thema diskutieren können. Ich hoffe, dass wir mit der heutigen Diskussion wieder etwas mehr Versachlichung in das ganze Thema hineinbekommen.
Zunächst einmal zu einigen Fakten. Meine Damen und Herren, in den letzten Wochen hatte man manchmal das Gefühl, man könne sich in Baden-Württemberg jetzt nur noch mit einer Gasmaske einigermaßen schadfrei unter die Bevölkerung begeben. So wurde das Thema diskutiert. Ich kann nur sagen: Die Luftqualität wurde in den letzten zehn Jahren deutlich besser.
Ein Beispiel: Die Stickstoffoxide haben seit 1994 um 26 % abgenommen, im Verkehr um 36 %. Der Feinstaub hat im gleichen Zeitraum um 23 % abgenommen, im Verkehrsbereich sogar um 43 %. Aber – ich will es nicht verharmlosen – der Rückgang der Emissionen reicht nicht aus, um den seit dem 1. Januar 2005 geltenden neuen Emissionsgrenzwert der EU-Richtlinie für Feinstaub einhalten zu können. Dies ist Fakt; das stimmt. Der alte Emissionsgrenzwert für Staub war überall im Land weit unterschritten. Wir haben es also – ich sage es noch einmal – nicht mit einer Verschlechterung der Luft zu tun, sondern mit drastisch verschärften Grenzwerten, die wir einhalten wollen. Ich gehöre nicht zu denen, die der Meinung sind, man müsse jetzt die Grenzwerte ändern – um das auch glasklar zu sagen. Diese sind in Ordnung. Aber man muss wissen, über welche Fakten man redet.
Jetzt, meine Damen und Herren, zunächst einmal zu der Frage: Was sind eigentlich die Quellen des Feinstaubs? Darum muss es ja gehen, wenn wir politisch darüber diskutieren wollen, wie wir den Feinstaub bekämpfen.