Protokoll der Sitzung vom 30.06.2005

(Abg. Zeller SPD: Wie machen Sie das?)

Ich schlage Ihnen vor, wir überlegen uns gemeinsam, wie dies gewährleistet werden kann. Aber von der Sache her kann doch kein Zweifel bestehen, dass ein solcher Anspruch richtig ist.

Deshalb, meine Damen und Herren, sind für mich unter dem Strich abschließend zwei Dinge festzuhalten:

Erstens: Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir, wenn Baden-Württemberg auch weiterhin wirtschaftspolitisch, exportpolitisch eine Rolle spielen will, eine starke Messelandschaft brauchen.

Das Zweite ist: Wir sollten alles tun, damit die Messen, die wir im Augenblick in Baden-Württemberg haben, auf jeden Fall im Land bleiben. Wir müssen alles tun, damit Messen nicht aus Baden-Württemberg abwandern,

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Zeller: Was tun Sie denn?)

und wir müssen alles tun, dass Baden-Württemberg auch in der Zukunft ein starker Messestandort ist.

(Abg. Fischer SPD: Da hätten Sie Karlsruhe auch 5 Millionen € mehr geben müssen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister, es geht hier nur um eines: um den Subventionswettlauf bei der Messeförderung. Es geht überhaupt nicht darum, Baden-Württemberg brauche keine Messen. Das ist völlig am Thema vorbeigeredet.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Ministers Pfis- ter)

Noch einmal: Wie stellt sich die Situation dar? Die ganze Messebranche läuft in einen Verdrängungswettbewerb hinein, weil Überkapazitäten herrschen. So lautete eine Überschrift in einer Ausgabe der „Financial Times Deutschland“ vom Januar dieses Jahres.

Jeder weiß, dass in Deutschland seit dem Jahr 2000 200 000 Quadratmeter neue Messekapazitäten aufgebaut worden sind, und dies in einem Subventionswettlauf, dessen Folgen wir jetzt sehen und den Sie jetzt beklagen, ein Subventionswettlauf, bei dem wir mit Geld, das wir nicht haben – wir sind bekanntlich in der Schuldenfalle –, Messen staatlich subventionieren. Die erste Folge haben wir schon jetzt, nämlich Verdrängungswettbewerb Sinsheim nach Stuttgart.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: So ist es!)

Ihr Argument war, man habe im Aufsichtsrat dafür stimmen müssen, weil die Messeveranstalter sonst gedroht hätten, in ein anderes Bundesland zu gehen.

(Abg. Drexler SPD: Klasse! – Zuruf des Abg. Gö- schel SPD)

Was machen Sie, wenn der nächste Messeveranstalter irgendwo anders mit demselben Argument kommt?

(Abg. Zeller SPD: Genau! Erpressbar! – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Das ist nur der Persilschein, den Sie sich selbst ausgestellt haben, indem Sie die Fakten, dass wir weiter in einen solchen Verdrängungswettbewerb hineinlaufen, einfach nicht wahrhaben wollen.

Der Kollege Birk hat sehr deutlich gesagt: „Es kann nicht Aufgabe des Landes sein, für Vertragsstrafen und Rückstellungen einzuspringen.“ Sie haben bestätigt, dass mit der Dienstleistungspauschale von 7 Millionen € genau dies gemacht werden soll.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Wenn das alles ist!)

Das ist genau der Punkt, um den es geht: Die öffentliche Hand subventioniert Messen in einer Konkurrenzlandschaft, und jetzt konkurrieren wir uns mit öffentlichen Mitteln, die wir gar nicht haben, selbst nieder. Das ist doch absurd.

Auf der nächsten Ebene, der des Bundesstaates, findet genau das Gleiche statt. Alle Länder betreiben für ihre Messen – sei es in Leipzig oder in Düsseldorf – genau die gleiche Subventionspolitik. Das heißt, der Subventionswettlauf wird auf eine höhere Stufe gehoben, mit Ländern, die nicht mehr in der Lage sind, verfassungsmäßige Haushalte aufzustellen. Dazu sind auch Sie nicht in der Lage; Sie haben dies nur durch Tricks erreicht. Darum geht es hier.

Die FDP/DVP hat wirklich ein Paradebeispiel dafür abgeliefert, was sie für ein Haufen ist: Einmal ist sie für Marktradikalismus, ein anderes Mal ist sie für Staatsinterventionismus, gerade so, wie es ihr passt.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Klein- mann FDP/DVP)

Wir müssen aus diesem Subventionswettlauf heraus. Das ist das Gebot der Stunde. Die Folgen des Subventionswettlaufs sehen Sie jetzt beim zweiten Aufschlag.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Gilt das auch für Öko- projekte?)

Man hat die Messe in Sinsheim erst mit riesigen Infrastrukturmaßnahmen möglich gemacht und aufgebaut. Ich verweise allein noch einmal auf Straßenbauprojekte in der Größenordnung von 20 Millionen €. Jetzt wird die Messe von einer landeseigenen Messe abgeworben, und Sie wollen das Füllhorn sofort wieder für neue Infrastrukturmaßnahmen in Sinsheim öffnen, um den Verlust durch die Messe wieder durch irgendeine andere Subvention auszugleichen, für die wir das Geld bekanntlich auch nicht haben. Woher wollen Sie das Geld nehmen, um jetzt Alternativen in Sinsheim zu finanzieren? Das möchte ich gern einmal wissen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig! – Abg. Drexler SPD: Ist doch klar! Stimmt genau!)

Den Stuttgarter Stadträten vorzuwerfen, sie optierten für Stuttgart, ist doch wohl das Allerletzte. Soll nun der Stuttgarter Stadtrat Wölfle für Sinsheim eintreten? Ist das seine Aufgabe? Das sind doch wirklich absurde Vorwürfe.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das ist kein Vorwurf ge- wesen! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD)

Ich sage Ihnen noch einmal, kein Mensch glaubt Ihnen, dass Sie nicht mit dem Messechef der SMK telefoniert haben, dass Sie nicht wussten, was alles auf Sie zukam, und Ihre Aufsichtsratsmitglieder völlig unwissend in den Aufsichtsrat gehen und warten, was da für Tischvorlagen kommen. Das ist doch absurd. Sie haben diese Politik selbstverständlich mitgemacht, und dafür tragen Sie die Verantwortung. Sie haben dargelegt, in welchen Stufen Sie von dem Vorgang gewusst haben. Es ist überhaupt nicht glaubwürdig, dass Sie diesen Abzug der Messe von Sinsheim nicht verhindern konnten.

(Abg. Theurer FDP/DVP meldet sich zu einer Zwi- schenfrage und stellt sich an ein Saalmikrofon. – Glocke des Präsidenten)

Übernehmen Sie dafür bitte hier die Verantwortung, und mogeln Sie sich nicht damit heraus, dass Sie sagen, Sie hätten da nichts machen können. Ihre Aufsichtsräte hätten die Pflicht gehabt, dagegen zu stimmen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Und den Schall nach Nürnberg zu lassen!)

Es kann nicht Aufgabe des Landes und seiner eigenen Gesellschaften sein, dafür zu sorgen, dass hier weiter zentralisiert wird mit den Folgen, die wir immer genannt haben. Allein die Verkehrsproblematik bei der neuen Messe ist nicht

zu bewältigen. Wir hatten jetzt schon einen Einwand vom Flughafenchef – der Flughafen gehört bekanntlich auch zur Hälfte dem Land –, der gesagt hat, dass es in Spitzenzeiten gar nicht mehr möglich sei, das alles verkehrstechnisch zu bewältigen, und dass die Leute ihre Flugzeuge zu spät erreichten und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden für den Flughafen entstehe.

Dort, wo die Leute wirtschaftliche Infrastrukturen brauchen – in Regionen wie Sinsheim –, werden die Infrastrukturen abgezogen. Die Menschen dort brauchen sie. Die Strukturen kommen aber hierher, ohne dass dabei ein Gesamtgewinn für das Land Baden-Württemberg entsteht, mit Nebenfolgen, für deren Bewältigung Sie weder die Möglichkeiten noch die Finanzen haben. Ich finde, das ist eine Bankrotterklärung der Wirtschaftspolitik.

(Zuruf des Abg. Behringer CDU)

Ich kann mich nur wundern, dass man Parteien Wirtschaftskompetenz zuweist,

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

die hier einen solchen Subventionswettlauf veranstalten, der – wie alle Subventionswettläufe – in einer Sackgasse endet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP setzt sich wieder auf seinen Platz. – Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der SPD: Er traut sich gar nicht, eine Zwischenfrage zu stellen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Minister, Sie haben ausgeführt, die Regierung sei frühzeitig über die Vertragsverhandlungen zwischen der Stuttgarter Messe und Herrn Schall informiert gewesen und dann seien Sie nicht mehr beteiligt gewesen, sondern hätten nur das Ergebnis erfahren. Jetzt frage ich Sie: Wer hat denn die Landesregierung daran gehindert, auf Herrn Schall Einfluss zu nehmen vor dem Hintergrund, dass es langfristige Verträge gab, die die Voraussetzung dafür waren, dass das Land überhaupt seine Subvention gibt?

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Das waren langfristige Verträge, von denen nicht nur die Investoren der Messe erwarten konnten, dass sie eingehalten werden, sondern auch unzählige Gastronomen in der ganzen Region,

(Abg. Fischer SPD: Mittelstandsförderung der FDP/DVP!)

die vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung diese langfristigen Verträge durch Subventionen unterstützt, natürlich erwartet haben, dass die eigene Landesregierung nicht Vorschub dafür leistet, dass diese Verträge gebrochen werden.