Wenn Sie sagen, Sie seien liberal und auch gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben, würde ich von Ihnen erwarten, dass Sie die Ersten sind, die sagen, dass man das Landesgesetz an das Bundesgesetz, das seit dem 1. Januar 2005 gilt, anpassen sollte. Also handeln und nicht bloß reden, Kollegin Berroth!
Wer also rhetorisch gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben ist, der sollte auch etwas dagegen tun.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Zim- mermann CDU: Sie haben doch gar nichts verstan- den! Wissen Sie eigentlich, wovon Sie reden? – Weitere Zurufe)
(Lebhafte Unruhe – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD – Zu- und Gegenrufe der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Zimmermann CDU)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns geht es nicht um die Veranstaltung Christopher Street Day, sondern uns geht es darum, aufzuzeigen, inwieweit Ankündigungen der Landesregierung und Taten in Einklang stehen. Das ist für uns die entscheidende Frage.
Die Landesregierung wird Konzepte entwickeln, die der unterschiedlichen Lebenswirklichkeit von Familien mit Kindern noch besser als bisher gerecht werden.
(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt, Herr Zimmermann! – Gegenruf des Abg. Zimmermann CDU: Wir ken- nen die Grußworte!)
Damit meint man gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Vor diesem Hintergrund passt es überhaupt nicht zusammen, wenn derart schrill argumentiert wird, wie ich das durch den Medienrummel der vergangenen Wochen erlebt habe.
Frau Berroth, es geht nicht nur darum, eine Verwaltungsvorschrift oder ein Gesetz, das eine Zuständigkeitsregelung enthält, zu ändern, sondern es geht darum, Buchstaben und Geist eines Bundesgesetzes auszufüllen und eine landesrechtliche Regelung zu beseitigen, die weit hinter der gesellschaftlichen Wirklichkeit und den rechtlichen Erfordernissen zurückbleibt. Darum geht es und um nichts anderes.
Sie haben ja die Beispiele genannt, wo die Lebenspartnerschaften bei den Standesämtern eingetragen werden.
Ich kann nicht feststellen, dass man dort einen besonderen Angriff auf die Familie oder die familiäre Situation oder gar das Familienbild, das historisch gewachsen ist, erlebt hätte. Das hat sich normal eingespielt. Diese Normalität sollte man im ganzen Land auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften übertragen. Ganz ruhig bleiben und tiefstapeln! Für mich ein ganz normaler Vorgang.
Herr Kollege Kurz, die Diskussion, die Sie vorhin geführt haben, geht ja an die Substanz des Lebenspartnerschaftsgesetzes insgesamt. Sie haben aufgezählt, welche Regelungen da bisher bestehen. Nur war die CDU immer gegen diese Regelungen und hat sie auf Bundesebene immer abgelehnt.
Eines muss ich Ihnen auch sagen: Die Diskussion darüber ist natürlich müßig, denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Juli 2002 festgestellt, dass die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft den Gesetzgeber nicht hindert, gleichgeschlechtliche Lebenspart
nerschaften mit Rechten und Pflichten auszustatten, die denen der Ehe gleich- oder nahe stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat also die Diskussion, die Sie vorhin begonnen haben, eigentlich abschließend kommentiert und damit die rechtsverbindliche Richtung für die Zukunft aufgezeigt.
Im Übrigen glauben wir: Die Weigerung, sich diesem relativ einfachen Gesetzentwurf anzuschließen, steht natürlich in der Tradition mit anderen Dingen, beispielsweise dem Ausbau der Ganztagsschulen, auch in der Regierungserklärung groß angekündigt, gemünzt auf ein großstädtisches, aufgeklärtes Publikum – die Fraktion macht entsprechende Rückzieher in der praktischen Politik, in der Umsetzung. Ähnliches erleben wir bei den Managergehältern, wo auf Zeit gespielt wird. Auch dort folgen den großen Worten keine Taten.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Wir haben jetzt seit vier Jahren das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft in eingetragener Form, und bis Ende Juni dieses Jahres sind in Baden-Württemberg 1 404 Lebenspartnerschaften gegründet worden.
Das kann ich Ihnen nachliefern. Das weiß ich jetzt im Moment nicht, wie viele auf Standesämtern oder anderswo gegründet wurden. – Also 1 404. Weitere 75 Anträge waren eingereicht. Ich will damit verdeutlichen, dass dieses Rechtsinstitut inzwischen fest etabliert ist und die Beurkundung von Lebenspartnerschaften im Verwaltungsvollzug problemlos und unspektakulär über die Bühne geht.
Beim CSD dagegen muss ich – ich will mich jetzt auf die Diskussion nicht einlassen –, wenn ich mich frage, was eigentlich das Anliegen ist, bedauerlicherweise zu dem Ergebnis kommen, dass die gesellschaftliche Anerkennung durch solche provokatorischen Formen, wie sie der CSD wählt, nicht erreicht wird und diese Formen dem Anliegen nicht gerecht werden und dass das Anliegen damit nicht befördert wird.
(Abg. Pfisterer CDU: Showtime! – Abg. Blenke CDU: Genau das ist der Punkt! – Abg. Zeller SPD: Weiß das Herr Renner auch? – Abg. Kretschmann GRÜNE: Soll jetzt der freiheitliche Staat Bürgern vorschreiben, wie sie ihre Rechte wahren?)
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber einen Schirm über den Leuten aufzuspannen, der gar keine Be- spannung hat, ist auch keine Schirmherrschaft!)
Ja, gut. Jedenfalls ziehe ich für mich den Schluss, dass ich dieses Thema gern auf anderer Ebene diskutieren würde, auf einer ernsthafteren, als es dort wohl geschieht oder geschehen kann.
Meine Damen und Herren, wir reden heute über etwas anderes. Ich habe Ihnen ja einleitend gesagt: Ich konstatiere, dass sich das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaften etabliert hat. Das mögen Sie an der Zahl von 1 404 eingetragenen Lebenspartnerschaften ablesen.
Jetzt will ich gleichwohl nicht verschweigen, dass die Landesregierung – Sie wissen das – erhebliche Zweifel daran hegte, ob das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft Bestand haben wird. Denn wir haben, wie andere Länder auch, die Rechtsauffassung vertreten, die Bundesregierung habe die Rechtsfolgen der eingetragenen Lebenspartnerschaft so eheähnlich ausgestaltet, dass die in Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes normierte Schutzgarantie des Staates zulasten von Ehe und Familie verletzt wird.
Das Bundesverfassungsgericht – Herr Kollege Stickelberger hat zu Recht darauf hingewiesen – ist dieser Ansicht am Ende nicht gefolgt. Es war vielmehr der Meinung, der besondere Schutz der Ehe hindere den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleichkommen oder ihnen jedenfalls sehr nahe kommen.
Ich will darauf hinweisen, dass diese Entscheidung auch innerhalb des Spruchkörpers ja nicht unumstritten war; es gab gleich zwei Minderheitenvoten. Aber jetzt ist nicht der Ort und die Zeit, dies zu vertiefen und diese Debatte noch einmal aufzurollen. Denn das Land ist verpflichtet, Gesetze des Bundes auszuführen.