Protokoll der Sitzung vom 27.07.2005

Der Sommer ist auch schon über einen Monat im Land. Die interministerielle Arbeitsgruppe konstituiert sich und prüft und prüft und prüft. Ein Bericht, den wir erwarten konnten, liegt immer noch nicht vor. Gerade deswegen, weil er immer noch nicht vorliegt, obwohl versprochen war, dass er im Sommer da ist, bringen wir das Thema heute wieder auf die Tagesordnung.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir wollen die Diskussion um den Zugang für Meister zum Studium forcieren. Ich denke, wir werden heute in der ersten Lesung nicht allzu lange diskutieren. Ich will deswegen nur noch einige Worte zu dem erweiterten Gesetzentwurf der Grünen sagen.

Wir haben mit unserem Gesetzentwurf die Weiterqualifizierung und nicht die Neuqualifizierung im Auge. Das scheint uns ein gewisser Unterschied zu dem Gesetzentwurf der Grünen zu sein. Ich denke, über dieses Thema und auch darüber, was dabei der richtige Weg ist, muss man noch einmal sehr ausführlich im Ausschuss diskutieren.

Wir als SPD wollen als Zweites die Gleichrangigkeit der Fachhochschulen mit den anderen Hochschularten sichern. Wir wollen also nicht, dass die Fachhochschulen diskriminiert werden können. Es darf einfach nicht passieren, dass den Fachhochschulen aufgrund eines niederschwelligeren Zugangs Wissenschaftlichkeit möglicherweise abgesprochen wird und der Werkstattcharakter von Fachhochschulen überinterpretiert wird. So etwas darf einfach nicht passieren. Das sind natürlich Dinge, die wir im Zusammenhang mit dem von der Fraktion GRÜNE vorgelegten Gesetzentwurf auch diskutieren müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir befürchten angesichts der Ausgestaltung des Gesetzentwurfs und der gegenwärtigen Politik gegenüber den Fachhochschulen, dass das passiert.

Nichtsdestoweniger hoffen wir, dass wir diesmal, im Sommer 2005, nun endlich den Weg, der qualifizierten Berufstätigen den Zugang zum Studium ermöglicht, gehen können. Wir fordern die Regierungsfraktionen auf, ihre Blocka

de an dieser Stelle zu beenden und dem Gesetzentwurf positiv gegenüberzustehen, sodass wir eine erfolgreiche Diskussion im Ausschuss und demnächst eine erfolgreiche zweite Lesung hier in diesem Hause haben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Erwin Teufel muss studieren können. Das haben wir Grünen im März dieses Jahres gefordert, als der damalige Ministerpräsident Teufel seine Pläne für den Ruhestand verkündete und seine Absicht erklärte, in München Philosophie studieren zu wollen, und als sich herausgestellt hatte, dass Ministerpräsident Teufel nicht über eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung verfügt.

Interessanterweise ist diese Forderung, dass Erwin Teufel studieren kann, tatsächlich in Erfüllung gegangen. Erwin Teufel wird ab Herbst an der privaten Jesuitenhochschule in München Philosophie studieren können, und zwar mit einer der Meisterprüfung vergleichbaren beruflichen Qualifikation.

Das führt uns schon zu der Frage, meine Damen und Herren: Auf welcher Rechtsgrundlage kann der ehemalige Ministerpräsident Teufel in Bayern Philosophie studieren? Denn Bayern hat eine vergleichbar hohe Hürde beim Zugang zum Studium. Es gibt bis jetzt hier keine Transparenz, angeblich aus Datenschutzgründen.

(Zuruf des Abg. Döpper CDU)

Eines, meine Damen und Herren, ist aber klar: In einem demokratischen Rechtsstaat darf es keine Lex Teufel geben. Was für einen ehemaligen Ministerpräsidenten Teufel gilt, muss für alle beruflich vergleichbar qualifizierten Menschen gelten.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Auch in Baden-Württemberg müssen die extrem hohen Hürden für einen Zugang zur Hochschule, nämlich die Eignungsprüfungen für Meister, Fachwirte usw., abgebaut werden.

Nun ist aber der ehemalige Ministerpräsident Teufel ein gutes Beispiel dafür, wie überfällig eine andere gesetzliche Regelung für den Hochschulzugang ist; denn niemand wird wohl ernsthaft bestreiten wollen, dass der ehemalige Ministerpräsident gute Voraussetzungen mitbringt, ein Philosophiestudium erfolgreich zu bewältigen.

(Abg. Döpper CDU: Bravo!)

Meine Damen und Herren, deshalb fordern wir Grünen erstens für Meister und für beruflich vergleichbar Qualifizierte einen uneingeschränkten Hochschulzugang – und zwar ohne besondere Eignungsprüfung; denn Sie wissen, dass diese Eignungsprüfung die besonderen beruflichen Qualifikationen nicht berücksichtigt, sondern ähnlich dem Abitur ausgestaltet ist.

(Zurufe der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD, Beate Fauser FDP/DVP und Döpper CDU)

Zweitens fordern wir, dass es sich um einen uneingeschränkten Hochschulzugang handelt. Insofern unterscheidet sich unser Gesetzentwurf von dem der SPD. Denn nach Ihrem Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, könnte, um beim Beispiel Teufel zu bleiben, Erwin Teufel nicht Philosophie, sondern müsste er zum Beispiel Verwaltungswissenschaften studieren. Das würde sich für seinen Ruhestand in der Tat nicht anbieten.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Zurufe von der CDU)

Wir fordern aber auch für beruflich besonders Qualifizierte mit abgeschlossener Berufsausbildung eine Zulassung zum Studium ohne besondere Prüfung. Damit könnten zum Beispiel besonders berufserfahrene Erzieherinnen an einer Fachhochschule Sozialpädagogik studieren, um sich etwa für Leitungsaufgaben in Kindergärten als Bildungseinrichtungen oder für die Umsetzung des Bildungsauftrags des Kindergartens zu qualifizieren.

Frau Kollegin Schmidt-Kühner, natürlich muss die Frage diskutiert werden, was bei der Hochschulzugangsberechtigung Fachhochschulreife und was allgemeine Hochschulreife bedeutet. Aber solange wir diesen Unterschied haben, muss Fachhochschulreife bereits für beruflich besonders Qualifizierte gelten.

Meine Damen und Herren, durch eine Evaluation der Gleichwertigkeit der schulischen Abschlüsse mit den beruflichen Abschlüssen kann natürlich auch den Qualifikationsanforderungen der Hochschulen Rechnung getragen werden.

Mit der von uns vorgeschlagenen Gesetzesänderung können im Grunde drei wesentliche Ziele erreicht werden: Die von Ihnen immer wieder deutlich hervorgehobene Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung und auch der Wert der beruflichen Weiterbildung können anerkannt werden. Die Forderungen insbesondere aus der Wirtschaft, des Handwerkstags und der IHK können damit erfüllt werden, und schließlich kann die Gesetzesänderung zu einer Steigerung der Attraktivität des dualen Systems der beruflichen Bildung führen. Wir brauchen diese Attraktivitätssteigerung, damit sich junge Menschen auch künftig für diesen Weg entscheiden und trotzdem eine Durchlässigkeit zur Hochschule besteht.

Wir brauchen beim Hochschulzugang also eine tatsächliche, echte Reform und keine kosmetischen Korrekturen. Ich fordere Sie, wenn Sie den Anspruch der Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Abschlüsse tatsächlich anerkennen, auf, diesem Anspruch auch bei der Hochschulzugangsberechtigung Rechnung zu tragen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Pfisterer.

(Abg. Capezzuto SPD: Aber kurz!)

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzentwürfe der Fraktionen der SPD und der Grünen enthalten, offen gesagt, eigentlich nichts Neues.

(Abg. Sieber CDU: Sehr gut!)

Sie alle wissen, dass wir uns mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt haben. Wir haben dieses Thema ausführlich beraten.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Wo ist das Ergeb- nis?)

Zu einem abschließenden Ergebnis kamen wir damals noch nicht; denn wir haben damals gemeinsam beschlossen – ich sage nochmals: gemeinsam –, dass wir im Ministerium eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit der Aufgabe einsetzen, alle Daten und Fakten zu analysieren und zu prüfen. Auf der Grundlage dieser Daten und Aktivitäten sollen dann die Änderungen erfolgen.

(Zuruf von der SPD)

Frau Kollegin, der Sommer ist noch lange nicht um, er beginnt erst. – Vor allem soll das Ergebnis der Arbeitsgruppe abgewartet und auf dieser Datenbasis entschieden und nicht aus reinem Populismus wiederum etwas Neues in die Welt gesetzt werden.

(Oh-Rufe von Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Es ist also nicht notwendig, hier und heute auf die Details einzugehen, weil dieses Thema momentan nicht relevant ist.

(Abg. Capezzuto SPD: Was?)

Die Regierungskoalition hat im Rahmen der Beratungen zum Landeshochschulgesetz zu diesem Thema einen Entschließungsantrag eingebracht. Mit diesem wurde die Regierung aufgefordert, eine Prüfung zu veranlassen, wie der Hochschulzugang für besonders qualifizierte Berufstätige erleichtert werden kann. Diesem Antrag wurde damals von allen Fraktionen zugestimmt, damit internationale Erfahrungen und solche aus anderen Bundesländern in die Prüfung einbezogen werden können.

In § 59 des neuen Landeshochschulgesetzes wurde eine erleichternde Regelung aufgenommen, und jetzt geht es darum, hier weiterzumachen.

Im Land Hessen gibt es mittlerweile schon Möglichkeiten, besonders befähigten Berufstätigen und Studienbewerbern mit herausragender Begabung die Zulassung zu erteilen. Voraussetzung sind dort grundsätzlich die Abschlussprüfung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, eine anschließende mindestens vierjährige hauptberufliche Tätigkeit in dem erlernten oder einem verwandten Beruf sowie ferner die Erweiterung oder Vertiefung des Wissens durch Weiterbildung und Bestehen einer Hochschulzugangsprüfung.

Auch in Bayern gibt es Möglichkeiten.

Das heißt also – ich fasse mich heute kurz –: Es gibt schon Möglichkeiten, aber bei uns fehlen noch die Daten dazu.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Ach du liebe Zeit! Was hat denn die Arbeitsgruppe in dieser Zeit ge- macht?)

Ich sage das aus eigener Erfahrung, ich bin ja selbst Handwerksmeister. Liebe Frau Kollegin, ich weiß also, wovon ich rede.