Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die galoppierenden Ölpreise beflügeln sicherlich das Thema „Erneuerbare Energien“, und damit mag sogar die eine oder andere Chance verbunden sein – wie alle Dinge meistens zwei Seiten haben. Aber ich will – das ist mir zuvor doch ein bisschen zu kurz gekommen – zunächst noch einmal beleuchten, welche Belastung das gerade für die privaten Haushalte und auch für die Wirtschaft mit sich bringt.
Dass diese Belastung die wirtschaftliche Belebung nicht zum Stillstand bringt – Überschrift „Unternehmen trotzen dem Ölpreis“ –, davon gehen wir aus. Aber die Binnennachfrage, die ja dringend belebt werden müsste, wird außerordentlich stark belastet, und die Haushalte können sich – das ist zumindest kurzfristig die Realität – diesem exorbitanten Kostendruck nicht entziehen. Vor allem die einkommensschwächeren Haushalte, bei denen der Kostenanteil für die Energieversorgung innerhalb ihres Gesamtbudgets am höchsten ist, haben darunter zu leiden. Umgekehrt betrifft dies auch die kleinen und mittleren Betriebe.
Nun ist das Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg nach dem Saarland bekanntlich das bundesweit zweithöchste. Aber solange wir dabei nur eine Eins vor dem Komma stehen haben und uns im Ranking nur um die Stelle nach dem Komma streiten, kann ich nur sagen: Der Spielraum ist außerordentlich gering. Deshalb war es und ist es zunächst noch vorrangig – ohne das Lang- und Mittelfristige aus dem Auge verlieren zu wollen –, zunächst einmal zu sehen, wie man den galoppierenden Ölpreis zumindest einigermaßen in den Griff bekommt.
Natürlich galt es da, Herr Schmiedel, die Spekulationsblase, von der Sie richtigerweise gesprochen haben, zunächst einmal zu durchstechen, und zwar mit dem Vorschlag, auch strategische Ölreserven mit heranzuziehen, um die Versorgungsangst zu bremsen. Es ist schon bezeichnend, dass man darüber zunächst einmal sehr von oben herab gelächelt hat, es dann jedoch in einem internationalen Verbund mit einiger Wirkung gemacht hat. Und nun sagen Sie, das sei nur geschehen, weil es die USA von uns gefordert hätten. Man
Der nächste Punkt: Natürlich beruhigt auch, dass alle sagen, wir wollten und müssten zusätzliche Raffineriekapazitäten schaffen. Denn Rohöl allein genügt ja nicht. Natürlich bietet der höhere Ölpreis auch mehr Möglichkeiten zur Exploration. Wie die Experten sagen, wird der Vorrat noch etwa 50 Jahre ausreichen; danach ist Schluss. Dass dieser Vorrat für 50 Jahre ausreicht, ist auch notwendig, denn die Substitution, die wir alle wollen, wird, realistisch betrachtet, Zeit in Anspruch nehmen. Das geht nicht von heute auf morgen.
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir auch davon ausgehen, dass wir auch künftig – das sagen alle; das ist nichts Neues – einen hohen Energiepreis haben werden, insbesondere beim Öl, mit hoffentlich nicht galoppierendem, aber zugegebenermaßen doch mit einem langsamen Anstieg. Das sagen alle.
Es ist bereits auf China, auf Indien und andere Schwellenländer verwiesen worden. Ich brauche es nicht zu wiederholen, aber klar ist: Wenn China ein Wirtschaftswachstum in vierfacher Höhe anstrebt, dann bedeutet das einen fünffachen Energiehunger. Das muss man einfach sehen.
Übrigens werden auch unsere Gaspreise hoch bleiben. Ich unterstütze es, dass das Bundeskartellamt nun versucht, die Laufzeiten der langfristigen Lieferverträge, insbesondere mit den Stadtwerken, von denen Sie, Herr Schmiedel, mit Recht gesprochen haben, von einem Vierteljahrhundert auf vier oder zwei Jahre zu reduzieren. Aber es ist schon bezeichnend – lassen Sie mich das einmal in Ihre Richtung sagen –, dass alle damit einverstanden sind, mit Ausnahme jedoch des Marktführers Eon Ruhrgas. Gegen diese Fusion hat sich das Bundeskartellamt gewandt, und Ihr Wirtschaftsminister Müller hat sich darüber hinweggesetzt und sich an die Spitze derer gesetzt, die dabei nicht mitmachen. Das ist ein Skandal,
und Sie sollten dies an dieser Stelle durchsetzen, bevor Sie auf andere deuten. Natürlich hat das Land auch alles in seiner Zuständigkeit Liegende zu tun; dabei geben wir Ihnen Recht. Aber wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
„A la long“ sind sich alle einig, dass man neben der notwendigen Energieeinsparung und Verbrauchsoptimierung vermehrt auf Substitution durch erneuerbare Energien setzen muss. Da hatten Sie früher einen Alleinvertretungsanspruch. In der Zwischenzeit, liebe Grüne, ist das Allgemeingut. Ich kenne keine Regierung jeglicher Couleur, die das nicht will. Selbst die Ölmultis wollen das in der Zwischenzeit, weil sie wissen, dass das in der Zukunft erforderlich ist. Jeder will das. Übrigens erheben wir genauso nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch dafür, dass mehr Markt und Transparenz notwendig sind. Das will in der Zwischenzeit auch jeder. Machen wir uns doch nichts vor.
Dazu kann ich nur sagen, dass das eine langfristige Angelegenheit ist. Wir können das nur machen, indem wir von Anfang an immer noch auf einen ausgewogenen Energiemix setzen, und das heißt im Grunde genommen, dass wir sämtliche Energieträger in diesen Energiemix einbinden müssen. Wer einen davon einfach herauswirft, der tut, als hätte er ein Füllhorn, und das ist nicht der Fall.
Die ständige Wiederholung des Wunsches, mehr Haushaltsmittel haben zu wollen, schafft aber noch keine Haushaltsmittel.
Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wogegen wir uns wehren müssen, ist, dass diese erneuerbaren Energien, die wir vermehrt einsetzen müssen, nun gewissermaßen alle über die Einspeisevergütung in den Strompreis einfließen. Dann vergießen Sie Krokodilstränen, wenn der Strompreis steigt. Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Dies alles über den Strompreis zu machen ist ein Wahnsinn. Dann müssen Sie es mit privaten Betreibermodellen versuchen oder mit Energie-Contracting – auch da sind wir uns einig.
Und ich bleibe dabei, etwas widerspricht aller Logik: Heute Morgen lese ich in den „Stuttgarter Nachrichten“ eine dicke Überschrift zur Reaktion Tony Blairs in England auf den Ölpreis: „Blair prüft Bau neuer Kernkraftwerke“. Dort ist es selbstverständlich, dass man die Laufzeiten der Kernkraftwerke bis zum letzten Punkt ausnutzt. Nun will ich das gar nicht unbedingt fordern, aber dass wir bei uns das Gegenteil machen und die sichersten Werke so früh wie möglich vorzeitig abschalten, anstatt die Effizienz und die Kosteneinsparung zu nutzen, um sie für die Substitutionsfinanzierung einzusetzen, müssen Sie einem erst einmal erklären.
Gerne; gleich. Nur eine kleine Bemerkung noch. Ich möchte nur noch sagen: Sie müssen erst einmal erklären, warum man das nicht einsetzt.
Dass die große Koalition, falls es dazu kommt, dieses Thema ausklammern wird, dafür habe ich angesichts der quälenden Diskussionen, wie man es überhaupt zu einer Regierung bringt, noch Verständnis. Das klammert man aus und sagt: Das hat Zeit, wie die Frage des Türkei-Beitritts. Aber eigentlich müsste man es früher machen.
Herr Kollege Hofer, ist Ihnen bekannt, wie hoch derzeit die Umlage für die erneuerbaren Energien ist und wie stark der Strompreis nach den Ankündigungen der Konzerne zum 1. Januar 2006 steigen soll?
Nein, das sind 2 Cent. Herr Palmer, ich habe gehört, dass die EnBW und Vattenfall als einzige Energieunternehmen gesagt haben, sie wollten derzeit keine Strompreiserhöhungen durchführen.
Übrigens, weil Sie vorher nach den Strompreisen fragten: Die Berliner sind mit ihrem Landeskartellamt dagegen vorgegangen. Was haben sie festgestellt? Sie konnten nichts machen, weil die meisten Versorger wesentlich über den Energiepreisen in Berlin lagen. So einfach ist das nicht.
Aber, Herr Palmer, es geht mir darum: Wenn Sie jetzt den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung verdoppeln wollen, dann können Sie doch nicht die fünffach höheren Kosten alle auf die Stromkunden umlegen. Das führt doch zu weiteren Standortnachteilen. Die jetzigen Energiekosten treffen im Moment alle, aber einseitige hohe Stromkosten treffen uns dann ganz besonders. Das kann man bei wirtschaftlichem Sachverstand schlicht und einfach nicht machen.
Ich möchte in der zweiten Runde insbesondere darstellen, wie wir uns in dieser Situation in Baden-Württemberg um Effizienz, Einsparung und erneuerbare Energien kümmern werden, indem wir Stärken stärken und indem wir schauen, dass wir zielgerichtet und auch unter Kostengesichtspunkten eine gute und vernünftige Regelung treffen. Da wird sich vieles von dem wiederholen, was Frau Dr. Brenner schon richtigerweise gesagt hat.