Protokoll der Sitzung vom 08.02.2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz noch einige Worte zum Tourismus: Mit 30 000 Betrieben, 140 000 Beschäftigten, 40 Millionen Übernachtungen und 400 Millionen Tagesgästen erwirtschaftet der Tourismus in Baden-Württemberg 8 % des Bruttosozialprodukts. Dabei sind die Heilbäder und Kurorte ein wichtiges Standbein. Der Wettbewerb im Tourismus ist nach wie vor hart. Deutschland ist kein Billigtou

rismusland. Andere Länder, z. B. in Osteuropa, haben aufgeschlossen. Das Angebot muss stimmen, die Infrastruktur muss stimmen. Deshalb stehen wir nach wie vor zur Projektförderung und unterstützen diese mit knapp 5 Millionen € im Jahr sowie die Tourismus-Marketing Baden-Württemberg zur Durchführung ihrer Werbemaßnahmen mit jährlich 4 Millionen €.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich auf einige Themen der Wirtschaftspolitik beschränkt. Weitere Tätigkeitsbereiche müssen wir in einer gesonderten Debatte beleuchten.

Zum Abschluss möchte ich, auch im Namen der CDU-Fraktion, Herrn Minister Pfister, Herrn Staatssekretär Drautz und allen Ministeriumsmitarbeitern für ihre Arbeit danken.

Die CDU-Fraktion stimmt dem Einzelplan 07 zu.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Darf er jetzt fragen?)

Ja, jetzt darf er fragen.

Herr Abg. Winkler, Sie erhalten das Wort für eine Nachfrage.

Frau Kollegin, ich wollte Sie nur höflichkeitshalber auf einen Versprecher aufmerksam machen: Sie haben im Zusammenhang mit der KWR Rheinfelden vorhin gesagt, dass Sie jahrelang dafür gekämpft hätten, dass die Große Wasserkraft in das EEG aufgenommen wird. Ihr Versprecher liegt darin, dass Sie jahrelang dagegen gekämpft haben, dass das EEG überhaupt verabschiedet wurde.

Diesen Versprecher habe ich nicht gemacht. Sorry!

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben! – Zuruf der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Schmiedel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem das mit dem EEG jetzt klargestellt ist, wollen wir zunächst einmal klarstellen, welchen Einfluss Frau Merkel auf den Aufschwung in Deutschland und in Baden-Württemberg hat.

(Zuruf von der CDU: Einen ganz großen! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist aber auch Ihre Kanz- lerin!)

Frau Netzhammer hat völlig recht: Der Anteil, den Frau Merkel am Aufschwung in Deutschland und in Baden-Württemberg hat, ist nicht zu unterschätzen.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Denn nur mit Frau Merkel war es möglich, die rot-grüne Reformpolitik konsequent fortzusetzen.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD)

Wir bedauern natürlich, dass der Kollege Merz sich nicht mehr in der Lage sieht, diese Politik mitzutragen. Aber wir den- ken: Das, was Rot-Grün gemeinsam begonnen hat und was Schwarz-Rot jetzt gemeinsam fortsetzt,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Rot-Schwarz!)

trägt Früchte. Schade ist, dass die FDP nicht dabei ist.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da wollen wir gar nicht dabei sein!)

Aber Sie wollen nicht dabei sein, und deshalb haben Sie auch keinen Anteil am Aufschwung.

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Un- ser Aufschwung ist größer als Ihrer!)

Meine Damen und Herren, zur Landeswirtschaftspolitik: Landeswirtschaftspolitik ist im Kern Wirtschaftsförderpolitik. Vor dem Hintergrund der guten Wirtschaftsdaten, die das Land Baden-Württemberg hat – in vielen Bereichen sogar Spitzendaten –, muss man sich ja die Frage stellen: Bedarf es angesichts der guten Situation eigentlich noch einer Wirtschaftsförderung?

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das ist das Ergeb- nis einer guten Wirtschaftsförderung!)

Ich stelle für die SPD-Fraktion fest: Natürlich brauchen wir auch in Zukunft eine Wirtschaftsförderpolitik im Land.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Nur: Sie muss sich an den gegebenen guten Verhältnissen ausrichten, die wir im Land haben.

Das heißt für uns: Wirtschaftsförderpolitik in Baden-Würt temberg muss zwei Bedingungen erfüllen. Wenn wir über die Spitzenwerte oder auch über gute Werte reden, dann sind das immer aggregierte Größen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Da hat er recht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Immer recht!)

Das heißt, es sind Durchschnittswerte. Und die setzen sich zusammen aus sehr guten Werten, aber auch inakzeptabel schlechten Werten. Die Wirtschaftsförderpolitik des Landes muss einen Beitrag dazu leisten, das diejenigen, die am unteren Ende der Skala sind, eine Chance haben, in die Mitte, in den Durchschnitt zu kommen.

Zweitens: Diese Daten sind Momentaufnahmen. Die Wirtschaftsförderpolitik muss sich daran messen, ob sie heute die Grundlagen dafür schafft, dass wir auch morgen und künftig diese Spitzenstellung behalten.

Unter diesen beiden Fragestellungen will ich vier Felder der Wirtschaftsförderpolitik des Landes beleuchten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut!)

Es wird Sie nicht wundern, dass ich das kritisch mache. Ich will aber vorweg bemerken, dass nicht alles, was das Wirtschaftsministerium anpackt, zwangsläufig missrät.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein, es gibt auch ein paar gute Sachen! – Heiterkeit bei der FDP/DVP – Zuruf von der FDP/DVP: Ein größeres Lob ist gar nicht möglich!)

Ich rede deshalb nicht über die gute Außenwirtschaftsförderung, die wir in Baden-Württemberg haben. Ich rede auch nicht über die gute Vernetzung, die beispielsweise BIOPRO mit den Bioregionen macht. Sie haben nachher selber Gelegenheit und Zeit, darüber Auskunft zu geben. Ich will natürlich den Finger darauf legen, wo wir Schwachpunkte sehen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Damit es endlich wehtut!)

Beim ersten Punkt, Frau Netzhammer, muss ich Ihnen total widersprechen. Er betrifft die Wohnbauförderung in BadenWürttemberg.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die ist ja lächerlich! – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Das ist mir schon klar, dass das jetzt kommt!)

Wir haben schon gestern kritisiert, dass die Einschnitte bei der Wohnbauförderung inakzeptabel sind. Wir kritisieren heute zudem, dass auch das noch vorhandene Wohnbauförderprogramm eine inakzeptable soziale Schieflage hat. Sie haben sich im Kern bis auf winzige Restbestände aus der Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus verabschiedet.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Verabschiedet! Nicht mehr vorhanden! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: Des sozialen!)

Sie begründen das damit, dass wir im Großen und Ganzen ausgeglichene Verhältnisse hätten, und verweisen auf das anstehende Programm der L-Bank. Ich will Sie, Herr Minister, mit der Wirklichkeit konfrontieren, mit einem Ausschnitt der Wirk lichkeit, den Sie bei der Betrachtung der Wohnungssituation in Baden-Württemberg regelmäßig ausblenden. Die Stadt Stuttgart hat städtische Belegungsrechte für 17 000 Wohnungen. In der Notfallkartei der Stadt Stuttgart stehen 3 000 Familien, von denen die Hälfte nach Ansicht der Stadt extreme Notfälle sind. Extreme Notfälle heißt, es leben vier Menschen in einem Zimmer, oder eine Familie ist Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgesetzt, weil die Wände schimmeln oder sonstige unhaltbare Zustände herrschen. 1 500 Familien allein in der Stadt Stuttgart! Diese 1 500 Familien sind ungefähr 4 000 Menschen, davon 2 000 Kinder.

Herr Ministerpräsident, das Hohelied vom „Kinderland“ Baden-Württemberg ist eine Inszenierung für Schönwetterperioden. Sie blenden aus, dass Kinder natürlich Familien brauchen. Aber Familien brauchen ein Dach über dem Kopf, Familien brauchen eine Wohnung. Glauben Sie, die Vier-Personen-Familie in einem Zimmer wartet auf einen Gutschein zum Beratungsgespräch bei der Volkshochschule über die richtige Kindererziehung?

(Beifall bei der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Die brauchen Verhältnisse, in denen diese Kinder in der Lage sind, ihre Hausaufgaben zu machen, zu lernen und sich vorzubereiten, damit sie eine Chance haben, dranzubleiben. Bil

dung wird nicht allein durch Schule garantiert, sondern durch die Lebensumstände insgesamt. Allein in Stuttgart leben 2 000 Kinder in solch untragbaren Situationen. Wenn wir das aufs Land hochrechnen, dann sehen wir:

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Stuttgart ist überall!)

In allen Großstädten mit Ausnahme von Mannheim haben wir solche Extremsituationen. Sie stellen im Wohnraumförderungsprogramm des Landes für das ganze Land gerade einmal 240 Wohnungen in Aussicht. Da sieht man, dass Sie die Wirklichkeit ausblenden und diesen Kindern und diesen Familien keine Chance geben, in Baden-Württemberg den Durchschnitt und die Mitte der Gesellschaft zu erreichen.