Protokoll der Sitzung vom 14.02.2007

Herr Kollege Hausmann.

Unser Problem bezüglich dieses Schreibens und auch bezüglich der Mitbestimmungsrechte ist nicht, dass Sie die Situation verschlechtern würden oder dass Sie für solche Schreiben direkt verantwortlich wären. Aber Sie schaffen mit Ihrem Gesetzentwurf doch die Voraussetzungen dafür, dass solche frechen Schreiben erscheinen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Übrigens hat Herr Rombach eben gesagt, es gebe ja tarifrechtliche Schutzmöglichkeiten. Lieber Hagen Kluck, du kennst das ja. Das Tarifrecht gibt es ja auch noch. Der Arbeitgeberverband hat im Hinblick auf die verlängerten Öffnungszeiten bereits die Forderung an ver.di erhoben, künftig sämtliche Zuschläge sein zu lassen, weil dies ja normale Arbeitszeiten werden.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

So weit zum Schutz, meine Damen und Herren.

Ich brauche heute nicht mehr alle Verbände aufzuzählen; Sie wissen, was die dazu sagen. Ich sage Ihnen eines: Wir wissen, es wird nicht mehr Umsatz geben. Was das bedeutet, sagt der Edeka-Chef von Süddeutschland: Bezahlen wird es der Kunde; bezahlen werden es die Verbraucherinnen und Verbraucher. Er sagt das aus berufenem Munde. Ein Professor aus Nürtingen – ich habe ihn schon einmal zitiert – schlug vor, digitale Preisschilder einzuführen, mit denen abends ab 20 Uhr die Preise auf Knopfdruck um 10 % erhöht werden können. Dann möchte ich einmal wissen, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher sich tatsächlich auf verlängerte Öffnungszeiten einstellen würden. Ich wage dies zu bezweifeln.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dann würden sie eben nicht mehr später einkaufen gehen! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist doch keine Öffnungs- pflicht!)

Zum Thema Familie sagen Sie gar nichts. Der Vater schafft dann morgens und mittags, die Mutter abends und nachts. Die Kinder kommen nicht mehr vor. „Kinderland“ gilt nicht mehr. Heute ist die Ladenöffnungszeit dran und nicht mehr „Kinderland“.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Im Prinzip ist es zynisch, was da stattfindet.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Was ist eigentlich mit den Kindern einer Krankenschwester?)

So etwas in einem Land zu verlangen, in dem wir in Sachen Betreuungsplätze Schlusslicht sind und in dem wir in Sachen ÖPNV und Regionalverkehre wirklich nicht spitze sind, ist ein völliges Unding. Das will ich Ihnen nur mit auf den Weg geben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand.“ Leider müssen wir lernen, dass nicht jedes Sprichwort immer richtig ist. Ihre Wirkungsmöglichkeit hier im Parlament ist leider bei Weitem größer als Ihre Einsichtsmöglichkeit in die Fakten. Das ist schlecht für das Land Baden-Württemberg. Lehnen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf ab, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Für die Fraktion GRÜNE erhält Frau Abg. Sitzmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Was haben Metzingen, Muggenbrunn und Mannheim gemeinsam?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das M!)

Sie fangen alle mit M an. Sie liegen alle in Baden-Württemberg. Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Metzingen ist anders als Muggenbrunn und dieses wiederum anders als Mannheim. In der Konsequenz heißt das ganz klar: Über die Ladenöffnungszeiten sollten diese Kommunen auch selbst entscheiden können.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Sonst werden Sie dieser Vielfalt hier im Land nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Sie tun aber so, als wären diese Kommunen alle gleich. Sie scheren sie alle über einen Kamm.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein!)

Sie geben die Öffnungszeiten in allen Kommunen rund um die Uhr frei.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie müssen doch nicht öffnen, Frau Sitzmann! Sie dürfen öffnen!)

Sie müssen nicht öffnen; das ist richtig.

Wenn Sie für mehr Entscheidungsfreiheit vor Ort eintreten, Herr Rombach, dann müssten Sie genau das tun, was wir vorschlagen, nämlich den Kommunen das Recht geben, die Ladenöffnungszeiten selbst zu regeln. Denn Sie werden ja zugeben, dass die Bedürfnisse der Händler in Metzingen andere sind als in einem Ort wie Muggenbrunn und dass auch diejenigen, die nach Metzingen zum Einkaufen gehen, etwas an

deres erwarten, als wenn sie nach Muggenbrunn zum Skifahren oder zum Wandern fahren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schon! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wenn Sie die dritte genannte Kommune nehmen, nämlich Mannheim, das an andere Bundesländer angrenzt, wird klar, dass es dort die Möglichkeit geben muss, mit Regionalverbänden oder auch anderen Lenkungsgremien über Bundesländergrenzen hinweg regionale Regelungen zu finden, die angemessen sind.

Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen, dass die Öffnungszeiten verlässlich sind. Was nützt es, wenn nur ein oder zwei Geschäfte geöffnet sind? Deswegen fährt niemand in die Stadt. Die Leute wollen dann auch sicher sein, dass die Geschäfte geöffnet haben.

Wenn wir sagen: „Lasst Metzingen, Mannheim und Muggenbrunn selbst über den Ladenschluss entscheiden“, gibt es trotzdem die Möglichkeit, die Geschäfte zu öffnen oder zu schließen. Das schafft vor Ort die richtige Entscheidungsfreiheit, aber nicht das, was Sie vorgeschlagen haben, Herr Kollege Rombach.

(Beifall bei den Grünen)

Wir müssen also den Kommunen den Spielraum geben, flexibel zu entscheiden, weil die Bedürfnisse des Einzelhandels sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort unterschiedlich sind. Wir wissen: Die Kommunen müssen sich anpassen, z. B. was den ÖPNV und die Müllentsorgung betrifft, wenn sich die Öffnungszeiten verändern. Wir geben damit auch den Kommunen ein Instrument in die Hand, die Innenstädte zu stärken. Es ist ja auch ein erklärtes Ziel der Regierungsfraktionen, Innenstädte, Siedlungskerne zu stärken. Die ses Ziel erreichen Sie aber nur, wenn die Kommunen auch die Möglichkeit zu einer entsprechenden Gestaltung haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Karl Rombach CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Lassen Sie die Einzelhändler entscheiden!)

Von meinen beiden Vorrednern ist schon der Artikel aus den „Stuttgarter Nachrichten“ mit der Überschrift „Skepsis bei langen Öffnungszeiten“ zitiert worden. Daran sehen Sie, dass eben auch die Interessen des Einzelhandels unterschiedlich sind und sich auch dort der Enthusiasmus über die neue gesetzliche Regelung, die Sie heute verabschieden wollen, sehr in Grenzen hält.

Es spricht also alles dafür, die Kommunen selbst entscheiden zu lassen. Wir geben Ihnen heute mit unserem Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, die Möglichkeit, genau dem gerecht zu werden. Ziel unseres Änderungsantrags ist, die bisherigen Regelungen aus dem Bundesladenschlussgesetz zu übernehmen und längere Öffnungszeiten dort zu erlauben, wo die Kommunen dies per Satzung für sich selbst beschließen.

Wenn die Kommunen davon keinen Gebrauch machen, bleibt es bei den bisherigen Öffnungszeiten. Wenn sie davon Gebrauch machen, können sie auch zeitlich differenzieren. Sie können bestimmte Tage festlegen, z. B. einen langen Donnerstag, an dem die Geschäfte länger geöffnet sind. Sie können

sich mit dem Einzelhandel vor Ort, mit den Vertretungen der Beschäftigten auf einvernehmliche Lösungen einigen und damit auch den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden.

Zum Thema „Verkaufsoffene Sonntage“: Sie, Herr Kollege Rombach, haben davon gesprochen, mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf bekenne man sich zum Schutz des Sonntags. Ich möchte doch noch einmal daran erinnern, dass Sie ursprünglich vorgesehen hatten, den Sonntag noch stärker zu schützen, als Sie dies jetzt tun. Ursprünglich sollte es nur zwei verkaufsoffene Sonntage geben.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Vorher waren es vier! – Zuruf des Abg. Karl Rombach CDU)

Jetzt sollen es drei sein. Wir bleiben bei der ursprünglichen Fassung, wonach nur zwei Sonntage freigegeben werden sollen, weil wir den Sonntag als freien Tag in der Woche auch für einen wichtigen Teil unserer Kultur halten.

Fazit: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Wir können Ihrem Gesetzentwurf leider nicht zustimmen, weil er der Vielfalt im Land nicht gerecht wird.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVPFraktion erhält Herr Abg. Dr. Noll das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon die Überschrift der beiden vorgelegten Gesetzentwürfe ist Programm. Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf trägt die Überschrift „Gesetz über die Ladenöffnung“, während Sie von der SPD gemäß der Überschrift Ihres Gesetzentwurfs beim „Ladenschluss“ bleiben. Es ist nun einmal Fakt: In einem geschlossenen Laden kann weder der, der verkauft, etwas verdienen, noch kann der, der einkaufen will, einkaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)