Klar ist, meine Damen und Herren: Wir, das ganze Haus, haben keinen Zweifel daran, dass wir das Kulturgut Salem erhalten wollen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt sind wir am Punkt, ja! – Abg. Christoph Palm CDU: Der erste gu- te Satz!)
Aber, meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass wir unter einem finanziellen Druck, den wahrscheinlich die Banken aus Kanada oder sonst wer auf das Haus Baden ausüben, die Interessen des Landes Baden-Württemberg ausverkaufen.
Sie sind die Regierung des Landes Baden-Württemberg, und wir sind der Landtag von Baden-Württemberg, und wir sind nicht die Vertreter von Herrn Graf Douglas oder anderen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst auf unseren Antrag zum Kulturgüterschutz und die dazu ergangene Stellungnahme, Drucksache 14/510, beziehen. Dieser Antrag bezieht sich auf das Gesetz zum Schutz national wertvollen Kulturgutes gegen Abwanderung, das heißt gegen den Verkauf ins Ausland. In Ihrer Stellungnahme zu dem Antrag heißt es lapidar, dass das Gesetz in Baden-Württemberg unmittelbar angewandt werde und dass sich dieses gesetzliche Instrument in seiner Anwendung bewährt habe. Hört, hört!
Nachdem Kulturstaatsminister Neumann noch im Oktober letzten Jahres mit seinem Machtwort und mit anderen zusammen dafür sorgen musste, dass der geplante Verkauf der Handschriften aus der Karlsruher Landesbibliothek nicht vollzogen wurde, interessierte uns, welche Erwartungen der Kulturstaatsminister zur Sicherung der badischen Kulturgüter an die Landesregierung gerichtet hat. In Ihrer Stellungnahme heißt
es noch lapidarer, es bestehe Einigkeit mit dem Kulturstaatsminister, dass national wertvolles Kulturgut gesichert werden müsse.
Seit wann gibt es eigentlich diese Einigkeit, vor oder nach dem Fall „Handschriftenverkauf“? Ich erinnere: Es gab einen nationalen, ja internationalen Aufschrei wegen des beabsichtigten Verkaufs badischer Kulturgüter, der am Parlament und der Öffentlichkeit vorbei inszeniert werden sollte. Es ist zu hören, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits Interessenten aus dem Ausland gegeben haben soll. Wie sind also die geplanten Verkäufe mit dieser „Einigkeit“ vereinbar? Meine Damen und Herren, hier wird eine ernst zu nehmende Frage der Öffentlichkeit in nicht ernst zu nehmender Weise beantwortet. Hier wird nach wie vor versucht, die Dinge nicht so darzustellen, wie sie wirklich waren und sind. Das ist nicht redlich, meine Damen und Herren.
Seit Februar dieses Jahres verpflichtet sich Deutschland übrigens auf internationale Standards des Kulturgüterschutzes und passt sich damit an die Verpflichtungen des UNESCO-Übereinkommens an. In der Begründung der entsprechenden Unterlage des Bundestags heißt es – man höre –, der Streit um die badischen Handschriften habe die Schutzbedürftigkeit von Kulturgütern offenbart. Warum wohl, meine Damen und Herren?
Zur Drucksache 14/744 und der Frage nach dem Ad-hoc-Expertengremium und der Zähringer-Stiftung wird sich nachher mein Kollege Johannes Stober äußern.
Ich möchte jedoch noch auf die Entwicklung des Dreisäulenmodells eingehen; das betraf ja eine unserer Anfragen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Bernhard von Baden in jüngster Zeit eine schnelle Lösung im Streit um die Kulturgüter anmahnt und dem Land damit die Daumenschrauben anlegen möchte, weil „das Adelshaus Geld braucht“, denn für die Rettung von Schloss Salem sei es „fünf vor zwölf“.
Hierzu gab es ja einschlägige Artikel in den öffentlichen Medien. Ich möchte dabei ausdrücklich erwähnen, Herr Kollege, dass der Erhalt von Schloss Salem auch aus unserer Sicht notwendig ist. Der an sich nicht akzeptable Druck des Adelshauses hat möglicherweise folgenden Hintergrund: Das Haus Baden erinnert in diesem Zusammenhang an den ausgehandelten, aber noch nicht unterschriebenen Vergleich über 70 Millionen €, fast so, als gäbe es eine Art Rechtsanspruch auf Erfüllung des Ausgehandelten,
eine Erfüllung, der zum Leidwesen der Verhandlungspartner die Opposition im Landtag und die Öffentlichkeit in die Quere gekommen sind, meine Damen und Herren.
Ich erinnere daran: Die SPD-Fraktion hatte einen Untersuchungsausschuss beantragt, der mit der Fiktion abgelehnt wurde, es seien keine Fakten geschaffen worden.
Das Aufbegehren des Hauses Baden – wenn es keinen Vertrauenstatbestand gegeben haben soll – scheint also entweder grundlos, oder aber Bernhard von Baden mahnt die Verlässlichkeit seiner bisherigen Verhandlungspartner an.
Das Wissenschaftsministerium hat derweil eine Expertengruppe eingesetzt, die alle Sach- und Rechtsfragen hinsichtlich des Eigentums an den Kulturgütern zu klären hat. Und wir hören mit Erstaunen, dass offen ist, ob überhaupt – und wenn ja, in welcher Höhe – Finanzierungsbeiträge aus verschiedenen Quellen erforderlich sind.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wo haben Sie das gehört? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU winkt in Richtung Pressetribüne.)
Das ist angesichts der mit dem Haus Baden bereits vereinbarten 70 Millionen € mit Verlaub, meine Damen und Herren, eine offensichtliche Vernebelungstaktik.
Vor Einsetzung der Expertengruppe, so heißt es, war geplant – jetzt ist das offenbar nicht mehr der Fall, oder es ist nicht mehr so zu verstehen –, dass ein Dreisäulenmodell 30 Millionen € erbringen soll. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Eine der Säulen, der mit 10 Millionen € zu füllende Spendentopf, enthält immerhin schon 3 325 €. Die zweite Säule wird mit Mitteln aus der Landesstiftung gefüllt und kommt so über einige Jahre hinweg auf den geforderten Betrag. Fatal ist dabei aber, dass dadurch gleichzeitig Mittel für wichtige Projekte fehlen, die die Landesstiftung nun auf längere Zeit nicht mehr fördern kann. Denn es bleibt dabei – da muss man sich überhaupt nichts vormachen lassen –: Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, meine Damen und Herren.
Die dritte Säule aus umgeschichteten Haushaltsmitteln im Kunst- und Bibliotheksbereich, die vorgemerkt wurden, bedeutet doch in ihrer Konsequenz, dass hier ebenfalls ganz klar gekürzt wird. Hier preist die Landesregierung das Entgegenkommen der Museen und der Bibliotheksleiter; in Wahrheit liegt hier jedoch ein Fall von, so möchte ich es einmal formulieren, baden-württembergischer Zwangsfreiwilligkeit vor,
die nicht nur den Museumsleitern aufgenötigt wird, sondern auch den Hochschulrektoren bei deren Unterschriften unter den Solidarpakt II.
Ich erinnere an die Ablehnung des Untersuchungsausschusses und frage Sie, meine Damen und Herren: Sind das alles keine Fakten?
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der CDU, u. a.: Und wir dürfen dabei sein!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo ist denn der Kollege Walter? Ihn wollte ich jetzt explizit ansprechen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der kommt gleich! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das interes- siert ihn nicht! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Holt den Walter!)
Sie wissen, meine Damen und Herren, dass ich einem gepflegten inhaltlichen Disput sicher nicht aus dem Weg gehe. Nur gibt es im Moment nichts zu disputieren und zu diskutieren, was uns in der Sache weiterbrächte.