Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

Gesetz vorgelegt bekommen, das vonseiten der Landesregierung hier in den Landtag eingebracht wird, das doch auch ordentlich viele Paragrafen, viele Begründungen und viele Grundrechtseingriffe enthält, die Anhörungsergebnisse von den Verbänden und den Organisationen, die davon betroffen sind, nicht automatisch mitgeliefert bekommen.

Jetzt darf ich mich zunächst einmal beim Ministerium dafür bedanken, dass ich aufgrund meines Einwands im Rahmen der Ersten Beratung diese Materialien zugestellt bekommen habe. Das sind ca. 50 Seiten, u. a. 20 Seiten – was eigentlich klar war – vonseiten des Landesdatenschutzbeauftragten, der sich natürlich explizit und auch sachverständig zum Thema Datenschutzgesetzgebung äußert, was es einem Abgeordneten und einer parlamentarischen Fraktion leichter macht, sich mit dem Gesetz zu befassen.

Jetzt gab es natürlich noch die Frage: Was ist mit den Einwänden geschehen, die auf knapp 20 Seiten vonseiten des Landesdatenschutzbeauftragten – um nur einmal den zu nehmen – vorgebracht worden sind? Da hätte ich mir natürlich als Parlamentarier erhofft, dass vonseiten der Regierung etwas wie eine Art Synopse zur Beratung im Ausschuss vorgelegt wird. Das ist leider auch nicht geschehen. Ich habe dann im Ausschuss eine solche Synopse angefordert. Ich habe mich dies zwar kaum getraut, weil ich weiß, dass es eine Menge Arbeit gibt, aber um als Parlamentarier sachverständig über einen solchen Gesetzessachverhalt zu entscheiden, der doch an vielen Stellen Grundrechtseingriffe enthält, muss ich mir das entweder selbst erarbeiten, wenn ich sachverständig und sorgsam arbeiten und meiner Fraktion einen entsprechenden Rat erteilen will, oder bin natürlich darauf angewiesen, dass mir das Material vonseiten der Exekutive zur Verfügung gestellt wird.

Auch da darf ich mich bedanken, weil mir nämlich nach dieser Ausschusssitzung doch tatsächlich eine Synopse zugegangen ist. Vielen Dank, Herr Minister, das hat ruckizucki funktioniert, wenn ich das so lapidar sagen darf.

Auch diese Synopse umfasst knapp 40 Seiten. Da wird präzise auf die Fragestellungen vonseiten des Landesdatenschutzbeauftragten und auch auf die anderen Fragen von Psychologen, sonstigen Kommunalverbänden, von Landeskriminalamt, Straffälligenhilfe, Vertretern der Wissenschaft usw., die dort alle Stellung genommen haben, eingegangen. Das ist alles in Ihre Synopse eingeflossen.

Insbesondere die wesentlichen Bedenken – das darf ich jetzt an dieser Stelle kurz zusammenfassen –, die uns als Fraktion beschäftigt haben, gehören zu denen, die vonseiten des Datenschutzbeauftragten des Landes vorgetragen worden sind. Die meisten Bedenken haben Sie im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf berücksichtigt. Deswegen kann ich prinzipiell, so wie es der Kollege Sakellariou ausgedrückt und für seine Fraktion kundgetan hat, an dieser Stelle auch für meine Fraktion kundtun, dass wir diesen Gesetzentwurf mittragen können.

Wir werden aber natürlich, so wie Kollege Sakellariou das beschrieben hat, insbesondere auch die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften, aber auch der damit verbundenen Grundrechtseingriffe und die Handhabung dieses Gesetzes – insbesondere auch ich in meiner Eigenschaft als Straf

vollzugsbeauftragter, wodurch ich ja auch immer wieder Zugang zu diesen Themen habe, die auch an mich herangetragen werden – sorgsam beobachten.

Eines ist klar: Es ist natürlich richtig, dieses Gesetz zu verabschieden, weil wir bisher überhaupt noch keine spezifische gesetzliche Regelung für diesen Bereich haben. Deswegen sind wir zu der Auffassung gekommen, dass wir diesem Gesetz aufgrund der Berücksichtigung der Einwände zustimmen können.

Abschließend noch ein paar Worte insbesondere an die Exekutive, an Sie, Herr Minister: Es wäre einfach hilfreich – und diese Bitte birgt auch gar kein Misstrauen, sondern folgt einfach aus der Absicht, sich ernsthaft und sorgsam mit den Gesetzgebungsverfahren auseinanderzusetzen –, wenn wir, wenn Sie schon solche Synopsen machen – diese datiert vom 25. April 2007, ist Gott sei Dank also nicht auf meine Initiative hin erstellt worden; die gab es schon –, diese Materialien einfach auch für das Gesetzgebungsverfahren bekommen. Das ist für das Parlament wichtig. Das wäre meine Bitte. Ansons ten signalisiere ich unsere Zustimmung.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Wetzel für die Fraktion der FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich wunderbar, zu hören, dass dem Gesetzentwurf nunmehr von allen Fraktionen zugestimmt wird. Dann kann man es relativ kurz machen. Das hat sich aber auch schon bei der Ersten Beratung abgezeichnet.

Mit dem vorliegenden Entwurf des Gesetzes über den Datenschutz im Justizvollzug wird die Verarbeitung personenbezogener Daten im Justizvollzug einer einheitlichen landesgesetzlichen Regelung zugeführt. Dies begrüßen wir. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass wir hinsichtlich des Datenschutzes einen erheblichen Unterschied sehen zwischen Personen, die in Freiheit sind, und Personen, die sich in der Justizvollzugsanstalt befinden. Im Strafvollzug ist auch die Gewährung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nur eingeschränkt möglich.

Gleichwohl kommt dem Datenschutz im Strafvollzug eine besondere Bedeutung zu. Zur Erreichung des Vollzugszieles wird eine Vielzahl von personenbezogenen Daten Dritter erhoben, verarbeitet und genutzt. Das daraus resultierende Spannungsverhältnis zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der Erfüllung der Vollzugsaufgaben wird an zahlreichen Stellen des Vollzugs deutlich. Zu nennen sind z. B. die Behandlungsuntersuchung oder der Vollzugsplan mit der Regelung des Besuchs und Briefverkehrs der Gefangenen.

Die Ausschussberatungen haben aus unserer Sicht keine neuen Erkenntnisse geliefert, die eine Änderung des Gesetzentwurfs erforderlich gemacht hätten. Im Ausschuss wurde zwar klar und eindeutig über die Offenbarungspflicht der Ärzte diskutiert. Wir halten aber, wie schon in der Ersten Beratung dargestellt, eine einheitliche Offenbarungspflicht für Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter für ebenso richtig und sachge

recht wie auch die Klarstellung, dass diese Offenbarungspflicht auch bei der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Anstalt gelten soll. Ich finde es begrüßenswert, wenn die Opposition, was in der Ersten Beratung nicht der Fall war, jetzt auch dieser Änderung zustimmt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Da war ja gar kei- ne Zustimmung nötig! Da haben wir ja gar nicht ab- gestimmt!)

Kollege Oelmayer, ich gehe davon aus, dass Sie, wenn Sie ankündigen, nicht nur pfeifen, sondern das auch wirklich so tun werden.

Wir werden insgesamt dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Minister Professor Dr. Goll.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir heute das zweite Gesetz zum Strafvollzug zu beschließen. Deswegen vielleicht ein Wort zur Gesamtarchitektur: Es wird am Ende für den Strafvollzug in Baden-Württemberg vier Gesetze geben, die wir dann praktisch zu einem Buch zusammenfassen. Oder, wenn Sie so wollen, es wird vier Bücher eines Gesetzes geben. Es geht um die Themen Jugendstrafvollzug, U-Haft – das wird als Nächstes kommen – und Erwachsenenstrafvollzug, und für diese drei Bereiche brauchen wir übergreifend ein Gesetz, das den Datenschutz regelt; das ist das, was wir Ihnen heute vorlegen. Wir tun dies übrigens wiederum als erstes Flächenland.

Das ist ein wichtiges Gesetz für die Praxis, ein Gesetz, das, wie es dem Datenschutz gemäß ist, an das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anknüpft. Das hat auch der Gefangene, ganz klar. Trotzdem – Herr Kollege Dr. Wetzel hat gerade darauf hingewiesen – haben wir es im Vollzug mit einer etwas anderen Situation zu tun, mit vielen Maßnahmen, gerade bei modernen Techniken, denen wir, wenn ich das für den liberalen Koalitionspartner sagen darf, skeptisch gegenüberstehen, weil Bewegungsbilder erstellt werden können. Letzteres gilt natürlich im Vollzug nicht so sehr; da soll es überhaupt keine Bewegungsbilder geben,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Vom Hofgang!)

sondern die sollen genau dort bleiben, wo sie sind. Daran sieht man, dass wir im Vollzug eine ganz andere Argumentationsumgebung haben.

Der Vollzug braucht dringend eine Grundlage für seine Tätigkeit, gerade für den Einsatz moderner Techniken, die etwas mit Datenerhebung innerhalb der Anstalt zu tun haben. Aber wir wollen beispielsweise auch eine landesweite Datenbank besonders gefährlicher Gefangener aufbauen, mit der man sich in einzelnen Fällen schnell genug austauschen kann. Ein Bereich, den man gar nicht unterschätzen darf, ist übrigens die Weitergabe von Daten, auch wenn es um Nachsorgeprojekte für Haftentlassene geht, wie wir sie vielfach praktizieren. Gerade bei den wichtigen Maßnahmen, die vor der Entlassung einsetzen und bis nach der Entlassung dauern, bei denen wir mit Organisationen draußen zusammenarbeiten, stand die

Weitergabe von persönlichen Daten, die diese Organisationen brauchen, um überhaupt erfolgreich zu arbeiten, bei diesen Projekten bisher nicht auf einer sicheren Grundlage. Insofern ist es, glaube ich, ein wichtiges und ein insgesamt vernünftiges Gesetz.

Sie haben eingehakt – ich verstehe das auch – bei der alten Frage – hätte ich beinahe gesagt – „Offenbarungspflicht des therapeutisch tätigen Personals“. Wir haben diese Frage schon vor acht, neun Jahren einmal diskutiert, als wir für die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie für die Therapeuten die jetzt geltende Regelung geschaffen haben. Schon damals wurde über Einschränkungen der Therapiemöglichkeit diskutiert. Aber ich stelle fest: Inzwischen sind doch ziemlich viele Jahre vergangen, und offensichtlich haben sich die Befürchtungen nicht realisiert. Die Praxis hat sich nicht zum Negativen verändert. Das wird man sagen können.

Mit dem neuen Gesetz verändert sich für Sozialarbeiter und Therapeuten eigentlich gar nichts. Für den psychologischen Dienst und für den Sozialdienst ändert sich nichts. Nur werden zum ersten Mal die Ärzte einbezogen. Die Ärzte hatten bisher nur eine Offenbarungsbefugnis. Sie haben künftig dieselbe Offenbarungspflicht wie die anderen therapeutisch tätigen Berufsgruppen.

Aber da muss man jetzt einmal genau hinschauen, worum es geht. Wenn ein Gefangener mit irgendeiner Krankheit zu einem Arzt kommt, dann unterliegen natürlich die Art der Krankheit und die Behandlung voll dem ärztlichen Berufsgeheimnis. In diesem Bereich gibt es nur folgende Ausnahmen, die aber auch wieder einleuchtend sind: Wenn jemand z. B. eine ansteckende Krankheit hat, dann kann der Arzt das nicht in jedem Fall für sich behalten. Genauso verhält es sich bei einer Suizidgefährdung. Da gibt es also Ausnahmen. Aber die sind unproblematisch.

Diskutiert wurde immer über rückfallverhindernde Sozial- und Psychotherapien: Was macht man, wenn behandelnde Ärzte in der Therapie von Fluchtabsichten erfahren oder Hinweise auf die Begehung neuer Straftaten bekommen? Was macht man, wenn bei Betroffenen neue Gewalt- oder Sexualphantasien auftauchen und nebendran ein Lockerungsplan erstellt wird? Dann kann es doch nicht sein, dass die, die den Lockerungsplan machen, davon gar keine Ahnung haben. In solchen Fällen darf man den Arzt auch gar nicht in den Konflikt bringen, dass er meint, die ärztliche Schweigepflicht hindere ihn. Deshalb würde ich ins Gesetz schreiben, dass genau diese Punkte, die man eigentlich wissen muss, um in der Anstalt eine vernünftige Vollzugsplanung zu machen, auch mitgeteilt werden müssen. Die Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Rechten aufseiten der Anstalt und der Allgemeinheit muss aber in jedem Fall so erfolgen, dass zwar nicht jede Kleinigkeit berichtspflichtig ist, aber wenn – ich sage es noch einmal – Hinweise auf Fluchtabsichten oder die Begehung neuer Straftaten kommen, dann muss es eine Grundlage dafür geben, dass der Arzt auch sagen kann: Hier muss ich die Anstalt informieren.

Ich freue mich, dass Sie letzten Endes die Bedenken, soweit sie vorhanden waren, zurückgestellt haben und sich die Sache zunächst einmal anschauen wollen. Normalerweise muss man sich, wenn ein Gesetz hier von allen vier Fraktionen beschlossen wird, ja fragen: Haben wir irgendetwas falsch gemacht?

Aber in diesem Fall geht es um etwas anderes. Wir schaffen eine wichtige Grundlage. Dass wir das gemeinsam tun können, finde ich schon bemerkenswert. Dafür möchte ich mich bedanken, wie ich mich auch bei allen bedanke, die diesen Entwurf fachlich konzipiert haben, ihn parlamentarisch begleitet haben und ihn nun, wie es sich ankündigt, mit einer sehr breiten Mehrheit in der Zweiten Beratung beschließen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/1241.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/1383. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Wenn Sie damit einverstanden sind, werde ich den Gesetzentwurf abschnittsweise zur Abstimmung stellen.

Ich rufe auf

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

mit den §§ 1 bis 4.

Wer diesem Abschnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Abschnitt ist einstimmig zugestimmt.

Ich rufe auf

Zweiter Abschnitt: Erhebung von Daten

mit den §§ 5 bis 7.

Wer diesem Abschnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Abschnitt ist einstimmig zugestimmt.

Ich rufe auf

Dritter Abschnitt: Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten

mit den §§ 8 bis 19.

Zu den §§ 13 und 16 darf ich folgende redaktionelle Hinweise geben: