Protokoll der Sitzung vom 28.06.2007

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Wölfle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Heute Morgen habe ich etwas vergessen zu sagen. Jetzt hole ich es umso lieber nach.

Ich kann auch nichts dafür, dass wir die Mittagspause erst nachher machen. Aber jetzt ist es so. Außerdem muss ich noch fragen, Herr Präsident, ob ich aus einer Zeitung zitieren darf.

Bitte schön.

Wir reden jetzt über den Flugverkehr. Heute Morgen haben wir bei der allgemeinen Debatte wortreich gehört, dass alle das Thema Klimaschutz im Munde führen. Auch hier wird es konkret, wie beim Nichtraucherschutz und beim Nichtraucherschutzgesetz. Wir tun viel für möglichst wenig CO2-Emissionen.

Ich habe hier eine schöne ganzseitige Zeitungsannonce der Lufthansa. Da sagt u. a. der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa AG:

Wir brauchen keinen Ökopopulismus. Weiter hilft uns allein mehr Ökorationalismus.

Recht hat der Mann. Beim Thema „Besteuerung des Flugbenzins“ wäre dieser Punkt angebracht.

Sie wissen, dass die Subventionierung des Flugverkehrs an mehreren Stellen evident ist. Ich habe den Eindruck gehabt –

deshalb haben wir gemeinsam den Antrag gestellt –, dass auch vonseiten der Regierungsfraktionen einige Bewegung erzielbar wäre. Unter anderem hat der Generalsekretär der CDU, Thomas Strobl, gesagt: „Fliegen ist zu billig. Fliegen muss besteuert werden.“ Das gibt Anlass zu der Hoffnung, dass Sie unserem Antrag heute zustimmen, nämlich dem Antrag auf Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung und Einführung der Kerosinsteuer. Richtigerweise müsste es ja heißen: Aufhebung der kompletten Mineralölsteuerbefreiung.

Über den Tatbestand, dass Fliegen eine besonders umweltschädliche Form der Fortbewegung ist, brauchen wir nicht zu reden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Auswirkungen des CO2-Ausstoßes in den großen Höhen, in denen die Flugzeuge heute fliegen, besonders gefährlich und schädlich für unser Klima sind. Das ist wahrscheinlich auch unstrittig. Wussten Sie, dass die Inlandsflüge mit null Mineralölsteuer belastet werden und immerhin 19 % Mehrwertsteuer darauf erhoben werden und dass grenzüberschreitende Flüge mit null Mineralölsteuer und null Mehrwertsteuer belastet werden? Nur der Privatflugverkehr zahlt ordnungsgemäß Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer.

Seit 2004 hätten wir für die Inlandsflüge die Möglichkeit, analog Mineralölsteuer zu erheben. Ich glaube, es wäre eine ökologische Pflicht, diese steuerliche Gleichbehandlung einzuführen.

Ich will noch einen anderen Aspekt hinzufügen, der hier in diesem Haus vielleicht eher akzeptiert wird als das Thema Klimaschutz, vor allem bei der FDP/DVP, die jetzt arg dünn vertreten ist.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Beim Thema „Abbau von Subventionen“ sind Sie doch sonst auch immer dabei. Im Subventionsbericht der Bundesregierung taucht der Flugverkehr immerhin unter den 20 größten Subventionstatbeständen auf. Umgerechnet 73 Millionen € an Subventionen genießt der Flugverkehr. Da Herr Steinbrück und Herr Koch gesagt haben, beim ÖPNV müssten die Subventionen zurückgefahren werden, würde ich doch vorschlagen – –

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Zackiger, Herr Kol- lege Wölfle!)

Sie schaffen es. Der Hunger ist wahrscheinlich nicht so groß.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Das stimmt aber nicht!)

Wir geben viel Geld für die Bahn aus, um sie schneller und konkurrenzfähiger zu machen. Die Bevorzugung des Flugverkehrs muss ein Ende haben.

Um nur ein Beispiel zu geben: Würden wir die Mineralölsteuer erheben, dann würde das für einen Flug von Stuttgart nach Hamburg 39 € ausmachen. Da überlegt sich der eine oder andere dann doch, vielleicht mit der Bahn zu fahren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Dann brauchen wir aber Stuttgart 21!)

Herr Kluck, ich habe befürchtet, dass dieser Zwischenruf kommt. Aber ich habe meine Aussage extra für Sie so abge

schwächt. Denn von Stuttgart nach Hamburg kommt man auch jetzt schon, ohne Stuttgart 21, rasend schnell. Die Verkürzung der Reisezeit nach Hamburg durch Stuttgart 21 ist auch für Sie überschaubar.

Aber, wie gesagt, zur Vergleichbarkeit der Kosten der Transportmittel wäre es richtig, Mineralölsteuer für Flüge zu erheben. Die Befürchtung, dass wir dem Wettbewerb schadeten, weil dann viele Flugzeuge im Ausland tanken würden, ist relativ abwegig. Denn die Fluggesellschaften wissen bestens, dass sie nicht mit unnötig vollen Tanks durch die Gegend fliegen dürfen. Fliegen ist in der Zwischenzeit so billig geworden, dass der Zuschlag trotz allem nicht dazu führen würde, dass derjenige, der nicht so viel Geld hat, nicht mehr fliegen könnte.

Die Landesregierung hat in der Stellungnahme zu unserem Antrag darauf hingewiesen, dass sie dem allem nicht zustimmen wird, und hat darauf verwiesen, dass man ja den Luftverkehr in den Emissionshandel einbeziehen würde, aber erst im Jahr 2011. Das muss man tun, aber man darf die Besteuerung von Kerosin und die Erhebung der Mehrwertsteuer für grenzüberschreitende Flüge – was uns möglich wäre – nicht lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Lusche das Wort.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Gibt es die Mög- lichkeit, die Debatte für das Mittagessen zu unterbre- chen? – Zuruf von der SPD)

Ich will auch begründen.

Normalerweise hätte die SPD den Antrag zu begründen gehabt, weil sie Erstunterzeichner des Antrags ist. Die Begründung erfolgte aber – offensichtlich nach Absprache – durch die Fraktion GRÜNE. Nachdem der Antrag begründet ist, richtet sich die Reihenfolge der Redner in der Aussprache nach der Stärke der Fraktionen. Das steht in der Geschäftsordnung.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wir sind halt nun einmal unbestritten die größte Fraktion!)

Ich würde manchem Abgeordneten nahelegen, auch einmal die Geschäftsordnung anzusehen.

(Unruhe)

Bitte, Herr Abg. Lusche.

Herr Präsident, vielen Dank.

Herr Knapp, da haben wir beide wieder etwas gelernt. Ich bekenne, das war mir auch nicht bekannt.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Sie sind wenigstens noch lernfähig im Gegensatz zu manchen Ihrer Kollegen!)

Das wissen Sie ja.

Ich bedaure auch die etwas ausgedünnten Reihen, denn das Thema ist ja durchaus interessant. Weil es so interessant ist, ist es auch schon in der letzten Legislaturperiode diskutiert worden.

Ich habe heute Morgen, wie man so schön sagt, „gegoogelt“ und habe noch einmal verglichen. Da findet man dann eine Fluglinie, die den Namen der Hauptstadt im Namen führt. Mit dieser Fluglinie kann ich für 29 € jeglichen europäischen Flughafen erreichen. Für den Kollegen Knapp von Pforzheim aus wäre eine Bahnfahrt nach Stuttgart nur unwesentlich güns tiger. Wir brauchen also nicht darum herumzureden: Da besteht im Hinblick auf die vom Kollegen Wölfle genannten Gründe wegen der Belastung durch den Flugverkehr eindeutig eine ökologische Schieflage.

Wenn man weiter die Mitteilung der EU-Kommission liest, in der die Befürchtung geäußert wird, dass dann, wenn wir so weitermachen, der Flugverkehr ein Viertel der Reduzierung des CO2-Ausstoßes, die wir über Kioto zu erreichen versuchen, wieder auffrisst, dann ist völlig klar: Hier ist eine Problemlage. Das ist unstrittig.

Jetzt ist nur die Frage: Wie gehen wir mit dieser Problemlage um? Sie haben es schon angesprochen: Wir haben eben zwei Bereiche. Der eine Bereich ist der internationale Flugverkehr. Da haben wir das Chicagoer Abkommen, und wir haben eine Istsituation, dass internationale Flüge überhaupt nicht besteuert werden. Darauf komme ich noch zurück.

Der andere Bereich sind die Inlandsflüge. Es stimmt: Wir haben seit 2004 die Möglichkeit, über die – das sollte man ruhig erwähnen – erhobene Mehrwertsteuer bei Inlandsflügen hinaus auch eine Kerosinsteuer zu erheben, und zwar dort, wo bilaterale Abkommen bestehen, auch europaweit und grenzüberschreitend.

Sie verfolgen mit Ziffer 1 Ihres Antrags wieder das Motto: Wir gehen heroisch voran.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Beispiel EEG!)

Damit haben wir grundsätzlich kein Problem. Aber wenn das in der Folge bedeutet, dass wir bei uns die wirtschaftlichen Strukturen beschädigen,

(Zuruf des Abg. Werner Wölfle GRÜNE)

dann haben wir damit schon ein Problem, Herr Wölfle. Das sehe ich deshalb ein bisschen anders als Sie.

Das hat man im Übrigen auch in diesem Haus – da war ich noch nicht dabei – in der letzten Legislaturperiode so gesehen. Wenn man sich weiter die Antworten der Bundesregierung aus einer Zeit, als die CDU noch nicht an ihr beteiligt war, anschaut – ich erspare mir jetzt das Zitat; das ist ein Antrag der FDP im Bundestag gewesen –, stellt man fest, dass in dem Moment, in dem man in der Regierung ist, die Verhaltensweisen doch etwas anders sind.

Lange Rede, kurzer Sinn: Einen nationalen Alleingang, eine Insellösung, halten wir einfach nicht für sinnvoll. Da machen wir Strukturen kaputt, aber ökologisch bringt es – gerade wegen dieser Ausweichmöglichkeit – nichts.