Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

Wissen Sie, was Sie machen? Sie stecken sich die Federn der KfW an den Hut und laufen dann als Häuptling Winnetou durch die Gegend. Sie haben dazu überhaupt nichts Eigenes beigetragen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Unruhe – Glo- cke der Präsidentin)

Herr Abg. Schmiedel, ich darf Sie jetzt bitten, zum Ende zu kommen. Sie haben bereits acht Minuten gesprochen. Fünf Minuten stehen Ihnen zu.

Schade. Ich wollte die Frage von Herrn Kluck noch etwas ausführlicher beantworten. Aber

jetzt kann ich nur noch sagen: Nein, es liegt nicht am Mietrecht.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Abg. Bachmann, dürfte ich Sie bitten, Ihre Frage im Ausschuss zu stellen. Herr Abg. Schmiedel hat seine Redezeit schon sehr stark überzogen. Die Frage kann ich jetzt nicht mehr zulassen.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Frau Präsiden- tin, ich habe mich schon vor langer Zeit gemeldet!)

Wir haben jetzt die Erste Beratung. Wenn Sie die Frage bitte in den Ausschuss verlegen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Ich erkläre es Ihnen aber auch gern noch außerhalb.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Abg. Sitzmann!

Man sieht, Hüte sind im Moment sehr in, entweder um sie mit Federn zu schmücken oder um sie in irgendwelche Ringe zu werfen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die moderne Frau trägt wieder Hut!)

Aber wir sprechen jetzt nicht über Hüte, sondern über diesen Gesetzentwurf, den uns der Minister in schönen Worten nahezubringen versucht hat.

Mein Eindruck ist, dass der Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt, bei Weitem nicht das hält, was der Minister in seiner Rede versprochen hat. Wir stellen zwar fest, dass es gegenüber dem ersten Entwurf vom Mai dieses Jahres einige Veränderungen gibt, die dringend nötig waren. Trotzdem wird mit diesem Gesetzentwurf ein Weg fortgeführt, den Sie bereits im Landeswohnraumförderungsprogramm 2007 beschritten haben und im Programm 2008 fortsetzen, nämlich dass Sie aus der sozialen Wohnraumförderung völlig aussteigen und nur noch ein reines Eigentumsförderungsprogramm für Besserverdienende machen. Dieser Weg ist finanzpolitisch nicht sinnvoll, dieser Weg ist wohnungspolitisch nicht sinnvoll, und zudem ist er auch noch zutiefst unsozial. Da können wir auf keinen Fall mitmachen, Herr Minister.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie haben die Mietwohnungsförderung faktisch abgeschafft. Das geht zulasten der Betroffenen. Im ersten Entwurf hatten

Sie sogar noch nicht einmal die Haushalte mit geringem Einkommen als Zielgruppe erwähnt. In dem nun vorliegenden Entwurf sind sie zumindest als eine von mehreren Zielgruppen enthalten. Aber Tatsache ist, dass im Vergleich zum bisher gültigen Bundesgesetz eine wesentliche Verschiebung stattgefunden hat. Im Bundesgesetz hieß es:

Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind.

Dieses Ziel können wir in Ihrem Gesetzentwurf und in dessen Umsetzung in keinster Weise finden.

Mit dem Gesetzentwurf wird Wohlstandsförderung betrieben. Für uns ist klar, dass die Wohnraumförderung eine sozialpolitische Aufgabe ist und dass es nicht Aufgabe der Politik ist, mit der Erhöhung von Einkommensgrenzen diejenigen, die auch sonst die Möglichkeit haben, Wohneigentum zu bilden, noch zu unterstützen. Sie schreiben in dem Gesetzentwurf:

Ausgehend von der Bemessungsgrundlage für die Festlegung der Einkommensgrenze, dem vom Statistischen Landesamt ermittelten durchschnittlichen Bruttojahresverdienst der männlichen Angestellten bzw. Arbeitnehmer in Baden-Württemberg, orientiert sich der Begriff des Bruttojahresverdienstes an der Definition des Statistischen Landesamtes.

Nach den Debatten am gestrigen Frauenplenartag ist allen noch präsent, dass die männlichen Erwerbstätigen in der Regel 25 % mehr verdienen als die weiblichen. Nach heutigem Stand liegt der Bruttojahresverdienst bei durchschnittlich 54 739 €. Wie Sie da auf die Aussage kommen, dass dieser Gesetzentwurf ein, wie Sie es vorhin gesagt haben, höheres Maß an sozialer Treffsicherheit bringen solle, ist völlig schleierhaft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Ja!)

Doch damit nicht genug. Mietmaßnahmen bleiben nur noch für besondere Problemgruppen. Sie wollen, wie wir nachlesen können, 240 Mietwohnungen und 2 400 Eigentumsmaßnahmen fördern. Darüber hinaus ist es noch so, dass die Fördermöglichkeiten, die freie und gemeinnützige Träger bisher hatten, um Zielgruppen, die es am Markt besonders schwer haben, mit Wohnungen zu versorgen, jetzt außen vor gelassen werden, weil sie nämlich nicht von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten profitieren. Auch da wird noch ein entscheidendes Segment wegfallen.

Energetische Standards sind im Gesetz überhaupt nicht aufgeführt. Wir haben heute Morgen über das Wärme-Gesetz des Landes diskutiert. Da hieß es, für den Klimaschutz und für die Ökologie müsse man einen Preis zahlen. Dann erwarten wir aber auch, dass zumindest diese Standards beim staatlich geförderten Wohnungsbau mindestens bei KfW 40 liegen und dass das auch im Gesetz so festgeschrieben wird.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt muss ich noch zwei Punkte ansprechen. Der erste Punkt ist das Thema Bürokratie. In der „Stuttgarter Zeitung“ vom

24. Juli 2007 lautete eine Überschrift „Pfister und seine Bürokraten: Wie in der DDR“. Jetzt haben Sie zwar in Bezug auf den Wohnberechtigungsschein eine Änderung vorgenommen, aber dennoch kommt z. B. in der jüngsten Stellungnahme der Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg zu dem Fazit:

Der Umfang der … Gesetzentwürfe lässt befürchten, dass die vorgesehene Einführung landesspezifischer Regelun gen … nicht unbedingt als Chance zum Bürokratieabbau genutzt wurde.

Das ist noch nett formuliert. Ein 98-seitiges Gesetz vorzulegen und gleichzeitig von weniger Bürokratie zu sprechen, das ist vermessen.

(Beifall bei den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Ein allerletzter Punkt – –

Frau Abgeordnete, bitte machen Sie es kurz. Ihre Redezeit ist bereits weit überschritten.

Na ja, es sind gerade einmal 48 Sekunden mehr.

Das ist immerhin fast eine Minute.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sie weiß nicht, dass sie nur fünf Minuten hat!)

Einen Gedanken muss ich noch zu Ende führen, nämlich zum Thema Fehlbelegungsabgabe. Das ist ein entscheidender Punkt. Der Städtetag kämpft seit Jahren darum, dass Kommunen weiterhin die Möglichkeit haben, die Fehlbelegungsabgabe zu erhöhen. Dass Sie einfach sagen: „Das schaffen wir jetzt ab“, statt nach verfassungskonformen Wegen zu suchen, um sie beibehalten zu können und den Kommunen damit auch die Möglichkeit zu geben, Einnahmen zu generieren,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wollen die doch gar nicht! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das lohnt sich doch gar nicht!)

um den Mietwohnungsbau zu unterstützen, ist einfach ein Humbug. Ich appelliere an Sie, bis zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs einen verfassungskonformen Weg dafür zu finden.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Gustav-Adolf Haas SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Föderalismusreform I hat die Wohnraumförderung und das Wohnungsbindungsrecht in die Kompetenz der Länder übertragen. Baden-Württemberg hat diese Herausforderung angenommen. Die gesamte Gesetzesmaterie wurde landesgesetzlich neu geregelt. Das zer

splitterte Bundesrecht ist nun in einem Gesetzeswerk zusammengefasst. Der bayerischen Lösung eines Rumpfgesetzes, das weiterhin auf Bundesvorschriften verweist, haben wir uns nicht angeschlossen. Durch die Zusammenführung erreichen wir eine Straffung des Regelwerks. Wir können erneut einen Erfolg in unserem Kampf gegen die Überbürokratisierung vermelden.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Frau Sitzmann, der reine Umfang eines Gesetzes – Sie sprachen von den 98 Seiten – sagt zunächst noch gar nichts. Vielmehr ist in der Tat die Frage, ob ein solches Gesetz nun in der Umsetzung einfacher ist oder ob das Ganze bürokratischer wird. Wir meinen, die Umsetzung ist einfacher geworden.