Meine Damen und Herren, die schleppende Umsetzung von Natura 2000 – ich gebe ein weiteres Beispiel – beweist, dass hier insgesamt eine personelle Unterbesetzung vorliegt. Das führt dazu – das führen Sie selbst aus –, dass wegen der Priorität von Natura 2000 viele weitere Aufgaben nicht im entsprechenden Umfang abgearbeitet werden können. Das gilt für die Betreuung und für die Ausweisung von weiteren Schutz gebieten genauso wie für die Biotopkartierung. Wenn eine Bio topkartierung nicht systematisch fortgeschrieben wird, hat sie irgendwann keinen Sinn mehr.
Sie haben die Naturschutzverwaltung weitestgehend auf die Kreisebene verlagert. Ich bitte Sie, dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht als Steinbruch für eine ominöse Effizienzrendite missbraucht wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen, dass die Naturschutzverwaltung durch viele EU-Vorgaben, insbesondere im Rahmen von Natura 2000, und aufgrund der großflächig ausgewiesenen FFH-Gebiete einen enormen Aufgabenzuwachs erfahren hat. Wir alle wissen, dass diese neuen Aufgaben, insbesondere die Aufstellung der Management- und Pflegepläne, noch sehr viele Jahre in Anspruch nehmen werden. Es mag sein, dass diese Aufgabe, zu der wir ja gesetzlich verpflichtet sind, zu der wir aber auch inhaltlich stehen, dazu führen kann, dass Kapazitäten des Naturschutzes an anderer Stelle darunter leiden.
Ich möchte die Ausführungen, die der Kollege Röhm vorhin vorgetragen hat, mit einigen Beispielen bekräftigen. Die 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Naturschutzbehörden leisten hervorragende Arbeit. Die Ausweisung des tausendsten baden-württembergischen Naturschutzgebiets in Yach, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht für sich. Ich finde, das ist eine ganze Menge.
Dieses Naturschutzgebiet liegt in unserem Wahlkreis. Wir waren bei der Eröffnung dabei. Es hat sehr viel Lob erfahren. Einige weitere Gebiete sind hinzugekommen.
Natürlich könnte die Naturschutzverwaltung mehr Stellen vertragen. Haben Sie schon einmal von einer Verwaltung gehört, sie könnte keine weiteren Stellen brauchen?
Wir haben dies – das haben Sie, Frau Splett, ja auch gesagt – im Nachtragshaushalt auch im Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt und haben die laufenden Zeitverträge in 17 feste Stellen umgewandelt. Übrigens hat der Kollege von der SPD ja auch verschiedene Projekte genannt, die die Landesnaturschutzverwaltung mit den vorhandenen Kapazitäten umgesetzt hat.
Ich sage aber auch sehr deutlich: Auch die Haushaltskonsolidierung – Nullnettoneuverschuldung, Schuldentilgung – ist eine große Frage der Nachhaltigkeit. Auch im Naturschutz gibt es sicherlich immer Punkte, die uns wünschenswert erscheinen, die jedoch auch aus Gründen der Haushaltskonsolidierung zurückgestellt werden müssen. Das gilt auch für diejenigen Bereiche, von denen Sie sagen, die Kosten machten nur geringe Prozentsätze aus. Das ist in anderen Bereichen genauso, ob das nun die Ausstattung der Schulen ist, die Polizei oder die Finanzverwaltung. Auch da würden wir uns einiges mehr wünschen, was derzeit jedoch nicht finanzierbar ist. Wenn man die Ereignisse der letzten Tage und Wochen betrachtet, wäre eine Stellenaufstockung auch bei der Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg wünschenswert.
Zurück zur Naturschutzverwaltung: Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat stets darauf geachtet, dass bei der Umsetzung der Natura-2000-Richtlinie eine intensive Bürgerbeteiligung, die wir für sehr wichtig halten, stattfindet. Dies ist Bürgernähe. Die Einbeziehung der von den Naturschutzmaßnahmen Betroffenen ist sehr wichtig. Es gibt einige andere Bundesländer, in denen das nicht so optimal praktiziert wird. Sicher bindet auch dies Kapazitäten. Aber ich denke, wir sind hier auf einem guten Weg, und wir haben mit dem von der FDP stets geforderten Ökokonto, das die Kommunen nun im Vorgriff auf spätere Eingriffe anlegen können, ein sehr gutes Instrument geschaffen. Auch dies wird den Naturschutz in BadenWürttemberg voranbringen.
Meine Damen und Herren, aus der Großen Anfrage der Grünen ist ein gewisser Zweifel im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Naturschutzbehörden mit den ehrenamtlichen Naturschützern herauszulesen.
Wir sind uns sicher: Der ehrenamtliche Naturschutz ist eine wesentliche Säule des Naturschutzes insgesamt in BadenWürttemberg. Dazu zähle ich vor allem die Naturschutzbeauftragten, aber auch die Naturschutzverbände. Sie sind nicht nur in allen Belangen des Naturschutzes eine hervorragende Hilfe für die Behörden, sie sind Multiplikatoren und gleichzeitig auch Korrektiv.
Diese Beziehungen zwischen Ehrenamt und staatlichem Handeln wollen wir weiter pflegen und unterstützen. Deshalb will ich an dieser Stelle auch betonen, dass die ehrenamtlichen Naturschützer von der Naturschutzverwaltung gut betreut wurden und auch weiterhin werden, was die regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen beweisen.
Meine Damen und Herren, wir werden sehen, was uns die bevorstehende Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes brin gen wird. Das Ziel des Bundes, Vereinfachung und Reduzierung des Aufwands, unterstützen wir selbstverständlich. Ich sehe unsere Aufgabe in Zukunft auch darin, der Naturschutzverwaltung weitere Bürokratie zu ersparen. Wir wollen die finanziellen Mittel, die vorhanden sind, für Projekte und Förderprogramme verwenden. Das bringt der Natur mehr. Naturschutz ist nämlich dann wertlos, wenn die klimatischen Rahmenbedingungen die biologische Vielfalt zerstören. Insofern ist wichtig, die Belange des Klimaschutzes und des Naturschutzes zu verbinden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch auf das Verhältnis des Naturschutzes und der Landwirtschaft eingehen. Naturschutz braucht die Landwirtschaft. Nur sie hält die Landschaft offen. Wir sehen, wie problematisch die Verhältnisse insbesondere auf den ökologisch wertvollen, oft klein parzellierten landwirtschaftlichen Flächen, vor allem in der Höhenlandschaft im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb, sind.
Neue Konflikte stehen bevor. Beispiele sind die Energiepflanzen. Auch dort erfahren wir bereits deutliche Einschränkungen vonseiten des Naturschutzes. Verbote und Einschränkungen werden die Akzeptanz des Naturschutzes jedoch nicht erhöhen. Wir wünschen uns und fordern Bürgerbeteiligung und Bürgernähe.
Wir möchten Naturschutz mit dem Bürger in allen Bereichen praktizieren. Dies muss zur Selbstverständlichkeit werden.
Hochverehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, meine sehr verehrten Herren Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion GRÜNE beruht auf einer Auswertung eines vom Sachverständigenrat für Umweltfragen vorgelegten Sondergutachtens mit dem Titel „Umweltverwaltungen unter Reformdruck: Herausforderungen, Strategien, Perspektiven“. Frau Kollegin Splett, dieses Gutachten macht deutlich, dass wir entgegen dem bundesweiten Trend unsere Bemühungen für den Naturschutz in den vergangenen Jahren verstärkt haben. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Sie uns vorgehalten haben. Leider verschweigt dies die Große Anfrage, und auch Sie haben das in Ihrer Rede verschwiegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns in den vergangenen Jahren mit Erfolg bemüht, die Naturschutzverwaltung zu stärken. Aber Naturschutz findet natürlich nicht
nur über die Spezialverwaltung der Naturschutzverwaltung statt. Naturschutz findet in allererster Linie über diejenigen statt, die Flächen bewirtschaften. Flächenbewirtschafter sind eben die praktischen und aktiven Landwirte, das sind die praktischen und aktiven Forstwirte. Dort findet aktiver Naturschutz statt. Es wäre besser gewesen, Frau Splett, nicht nur danach zu fragen, wie die Personalausstattung bei der Naturschutzverwaltung ist,
sondern auch danach zu fragen, wie sich denn die Situation für Schwarzspecht, Uhu, Biber, Luchs, Wildkatze, Storch, Auerhahn,
um nur einmal einige Leittierarten zu nennen, unterm Strich verbessert hat. Das wäre des Schweißes der Edlen auch wert gewesen.
Denn darin drückt sich ja letztendlich auch ein Ergebnis der Arbeit für den Naturschutz und im Naturschutz aus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein paar Zahlen möchte ich doch zu dem Thema „Personelle Ausstattung“ nennen. Wir haben das Naturschutzpersonal abweichend zum Bundesdurchschnitt bis zum Jahr 2002 – so weit reicht diese Studie zurück – um 25 % verstärkt. Doch damit nicht genug: Die Koalition hat in dem jüngsten Nachtragshaushalt erneut bei den Regierungspräsidien 17 Dauerstellen zur Bewältigung der Aufgaben im Zuge von Natura 2000 geschaffen. Diese Stellen waren schon vorher da, aber sie waren zeitlich befris tet und unterlagen einer hohen Fluktuation und damit einer geringen Kontinuität. Kontinuität ist nunmehr gegeben, und die brauchen wir auch – um das klar zu sagen –, um diese Aufgabe von Natura 2000, die eine Daueraufgabe vonseiten der Europäischen Union geworden ist, erfüllen zu können.
Bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Karlsruhe sind es ebenso noch einmal vier Stellen sowie weitere vier, die auf zehn Jahre befristet sind.
Zusätzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir bereits acht Stellen für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb beschlossen. Das sieht das Finanzierungskonzept vor. Vier davon sind mit dem Startteam besetzt – wenn auch kommissarisch, wenn man so will –, und weitere vier werden noch im ersten Quartal dieses Jahres ausgeschrieben und dann auch besetzt werden. Damit steht ab Mitte dieses Jahres die volle Personalkapazität für das Biosphärengebiet für die ersten Jahre zur Verfügung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, während andere Länder Personal abgebaut haben, haben wir summa summarum Personal zwar nicht in einem übermäßigen, aber immerhin in einem ordentlichen Umfang aufgestockt und darüber hinaus wohl auch Aufgaben auf Landkreise verlagert. Das ist immer noch eine staatliche Aufgabe in Baden-Württemberg. Die Landratsämter müssen diese erledigen. Sie nehmen sie in der Regel auch verantwortungsvoll wahr. Aber damit nicht genug: Die Landratsämter sind auch dafür zuständig, dass sie dort, wo Aufgaben anstehen, diese auch durch eigene Organisationshoheit mit erledigen.
Das Thema Personal ist das eine. Auf die Umsetzung kommt es letztlich an. Was machen wir daraus? Kommen wir mit dem Naturschutz tatsächlich vorwärts, bzw. verbessert sich die Situation? Lassen Sie mich deshalb einfach einen oder zwei Punkte aufgreifen, die der Kollege Bayer miesepetrig genannt hat. Er hat uns vorgehalten, bei den Naturparken sei alles schlecht, bei PLENUM gehe es nur um Wirtschaftsförderung und dergleichen mehr.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist mit 300 Einwohnern pro Quadratkilometer nach Nordrhein-Westfalen das im Durchschnitt am dichtesten besiedelte Flächenland. Im Unterschied zu allen anderen Flächenländern in Deutschland und in Europa haben wir auch in den dünner besiedelten Räumen, nämlich gerade in den ländlichen Räumen, immer noch eine verhältnismäßig hohe Einwohnerdichte zu verzeichnen.
Das heißt, Nutzungskonflikte und Zielkonflikte in der Fläche sind bei uns letztlich doch immer und überall vorhanden. Sie können doch in Brandenburg unbeschadet ein Naturschutzgebiet ausweisen. Das interessiert dort gar kein Schwein, weil kein Mensch mehr dort lebt.