Wie war denn das Verhalten von Herrn Zumwinkel? Zunächst hat er den Mindestlohn durchgedrückt. Dann stiegen die Kurse der Aktien der Post. Dann hat er Kasse gemacht, und anschließend wurde das Geld in Stiftungen nach Liechtenstein verschoben. Schuld daran war am Ende der Neoliberalismus. So einfach sind die Diskussionen in diesem Land.
(Beifall und Heiterkeit bei der FDP/DVP und Abge- ordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: An- gesichts der Ermittlungen gegen Herrn Würth wäre ich vorsichtiger! Was ist mit dem FDP-Mitglied Würth?)
Kurt Beck geht es auch nicht um Mindestlöhne, sondern um Mindestumfragewerte, die er in diesem Land nicht erreicht. Das ist das Problem von Kurt Beck.
Ich kann Ihnen, was Ihren ständig die Mindestlöhne im Mund führenden Bundesvorsitzenden Kurt Beck angeht,
nur einen Rat geben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Was Ihren Vorsitzenden Kurt Beck anbelangt, gilt ein altes indianisches Sprichwort: Wenn du ein totes Pferd reitest, steige ab.
Das ist das Beste, was man Ihnen in diesem Zusammenhang raten kann, meine Damen und Herren. Nicht nur Kurt Beck ist ein totes Pferd, sondern die ganze Mindestlohndebatte, insbesondere wenn man sie so anlegt, wie Sie das tun, und davon ausgeht, dass ein flächendeckender Mindestlohn alle Probleme in diesem Land löst. Er löst die Probleme nicht. Er vernichtet Arbeitsplätze, insbesondere für Geringqualifizierte, und er benachteiligt die Klientel, die einer sozial mitfühlenden Partei, wie Sie es ja sein wollen, am meisten am Herzen liegen sollte, nämlich die Arbeitslosen. Denen verbauen Sie mit diesen Fantasien den Weg in den Arbeitsmarkt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede zum Bürokratieabbau ist in diesem Hohen Hause noch nicht verklungen – und die einzelnen Fraktionen haben sich ja geradezu überboten in ihren Forderungen, wo überall sich der Staat zurückziehen sollte –, und schon sind wir – auf Initiative der SPD – wieder dabei, über ein bürokratisches Monster im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu diskutieren, bei dem ich nur empfehlen kann, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, endlich die Finger davon lassen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Alfred Winkler SPD: Dann sollten Sie einmal einige CDU-Kommentare dazu lesen!)
Spätestens seit Beginn dieser Woche wissen wir, dass Ihr Vorhaben, einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen, zu einem Maximalflop geworden ist. Es ist jetzt eigentlich an Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, dies auch einzusehen und umzukehren.
Die SPD ist ja schon bescheiden geworden. Olaf Scholz – er ist inzwischen Bundesarbeitsminister und nicht mehr Gene
ralsekretär der SPD – spricht angesichts der Tatsache, dass sich sage und schreibe sieben Branchen – die meisten sind Exoten – entschieden haben, dem Entsendegesetz beizutreten, von einem „gigantischen politischen Erfolg“. Die SPD ist bescheiden geworden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Olaf Scholz und Peter Struck hatten von zehn und mehr Branchen gesprochen und den großen Durchbruch vorhergesagt. Die Resonanz ist doch sehr bescheiden.
Meine Damen und Herren von der SPD, wann begreifen Sie endlich, dass Sie auf dem Holzweg sind? Mindestlöhne sind eben nicht das, was Sie immer vorgeben, nämlich sozial. Mindestlöhne bewirken Wettbewerbsverzerrung, indem sie arbeitsmarktpolitische Dinosaurier ermöglichen. Mindestlöhne sind für jene diskriminierend, die gering qualifiziert sind, die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Schaffen wir doch Voraussetzungen dafür, dass auch Geringqualifizierte zu niedrigeren Löhnen Beschäftigungsmöglichkeiten haben,
(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Acht Stunden täg- lich arbeiten, ohne seine Familie ernähren zu kön- nen!)
gegebenenfalls mit aufstockender Grundsicherung. Aber rationalisieren wir diese Jobs doch nicht weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lieber Herr Kollege Hausmann, angesichts Ihres gewerkschaftlichen Hintergrunds, vor dem ich großen Respekt habe, verstehe ich umso weniger, wie gerade die Gewerkschaften dem gesetzlichen Mindestlohn das Wort reden können. Sie entmachten sich selbst. Sie trauen sich selbst nichts mehr zu. Die Politik soll es regeln. Aber gerade das, meine Damen und Herren, darf es nicht geben.
Dann kommen immer wieder Hinweise auf das Ausland, wo der Mindestlohn angeblich funktioniert, und die Frage: Warum soll das nicht auch bei uns der Fall sein? Solche Vergleiche hinken. In Großbritannien sind es gerade einmal 1,4 %, die überhaupt betroffen sind.
In Frankreich sind es zugegebenermaßen 16,7 %. Aber schauen wir einmal genauer hin, was sich in Frankreich zugetragen hat. Dort ist die Situation eingetreten, dass die Geringqualifizierten, vor allem Jugendliche, keine Beschäftigungschancen haben. Die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich liegt mit 23 % deutlich über der unseren. Wollen wir denn diese französischen Verhältnisse in unser Land übertragen, meine Damen und Herren?
Gleichwohl besteht politische Übereinstimmung in einem zentralen Punkt: Ziel ist es, möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern durch Erwerbstätigkeit ein auskömmliches Einkommen zu verschaffen. Das ist gerechtfertigt. Dabei halten wir von der CDU-Fraktion kreative Kombilohnmodelle für ebenso wichtig, wie wir dagegen sind, eine aufstockende Grundsicherung zu verteufeln. Nur so kann die Problemlösung in einer richtig verstandenen sozialen Marktwirtschaft aussehen. Lassen Sie uns darüber gemeinsam politisch diskutieren.
Bisher hat die CDU dafür nur ein Argument verwendet, und das lautete: Weil wir eine duale Ausbildung haben, die es in Frankreich nicht gibt, sind die Zahlen in Frankreich höher. Muss das Argument der Jugendarbeitslosigkeit bei Ihnen in allen Argumentationen herhalten?
Wenn aber immer wieder das Beispiel Frankreich beigezogen wird, um zu zeigen, wie „erfolgreich“ dort mit dem Mindestlohn gearbeitet werde, dann muss, wie ich meine, auch der Blick auf die nicht akzeptable hohe Jugendarbeitslosigkeit gestattet sein, die auch darin ihre Ursachen hat.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorweg zu sagen: Die grüne Landtagsfraktion wird dem Antrag der SPD-Fraktion nicht zustimmen.