möchte ich zusammenfassend kurz noch einmal auf die wesentlichen Punkte zu sprechen kommen und sagen: Dieses Landesheimgesetz ist eine Folge der Föderalismusreform. Zum ersten Mal können wir selbst ein Gesetz schaffen, das den baden-württembergischen Gegebenheiten Rechnung tragen kann.
Wir verbessern den Verbraucherschutz, indem wir mehr Transparenz schaffen. Dies ist sicherlich ein moderner Ansatz, dem wir mit diesem Gesetz gerecht werden können.
Wir schaffen eine Fachkraftquote von 50 %, die uns in der Abstimmung mit Heimträgern als eine gute Quote bescheinigt wurde. Deshalb werden wir auch in dieser Hinsicht nicht auf eine gute Qualität in den Heimen in Baden-Württemberg verzichten.
Wir begrüßen die Öffnung für das bürgerschaftliche Engagement. Dies ist besonders wichtig, um gerade Menschen, die in dieser Situation leben müssen, den Kontakt nach außen und den Kontakt von außen nach innen zu gewährleisten. Dies ist, konkret gesagt, ein Stück Lebensqualität, die hier erreicht werden kann.
Dieses Gesetz muss vielem gerecht werden, auch den demografischen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Deshalb kommt es zur rechten Zeit. Denn wir wollen den berechtigten Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihrer Angehörigen, den Interessen der Leistungserbringer und der Beschäftigten gerecht werden.
Wir in der CDU-Landtagsfraktion gehen davon aus, dass wir uns in der nun anstehenden Beratung im Sozialausschuss über die Einzelprobleme noch einmal unterhalten können, um dann zügig zur Verabschiedung dieses Gesetzes zu kommen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung zur Schaffung eines neuen Landesheimgesetzes bleibt weit hinter den von Ihnen selbst gesteckten Zielen und Anforderungen zurück. Man könnte fast den Eindruck haben, dass die Landesregierung ihre eigenen Ziele nicht richtig ernst nimmt. Das gilt insbesondere für den Verbraucherschutz. Anders ausgedrückt: Als Sie das Ziel aus den Augen verloren haben, verdoppelten Sie Ihre Anstrengungen.
Dies hat dazu geführt, dass uns nun ein Gesetzentwurf vorliegt, der sich weitgehend am seitherigen Bundesheimgesetz orientiert. Er will es, wie mein Vorredner zu Recht gesagt hat, vielen recht machen,
wird aber in der Ausführung niemandem gerecht. Er wird z. B. nicht den Landratsämtern und ihren Heimaufsichten gerecht, weil es keine Aussagen beispielsweise über die Qualifikation von Heimaufsichten gibt. Er wird nicht den Einrichtungsträgern im Hinblick auf die Entwicklung von neuen Wohnformen gerecht.
Es gibt auch keine Aussagen zur Abgrenzung und zur Differenzierung von Wohnformen. In dem Gesetzestext stehen verschiedene Begrifflichkeiten, die unterschiedlich interpretierbar sind. So ist die Rede von „ambulant betreutem Wohnen“, von „betreutem Wohnen“, von Wohngemeinschaften unter einer Trägerschaft, für die das Heimgesetz gilt, sowie von selbstbestimmten Wohngemeinschaften, für die das Heimgesetz nicht mehr gilt. Doch einen roten Faden, eine Spur, welche Perspektiven stationäre Behinderteneinrichtungen, Einrichtungen für psychisch Kranke und stationäre Pflegeeinrichtungen in diesem Land entwickeln sollen, kann man nirgends erkennen.
Die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder wäre in der Tat die Chance gewesen, ein Gesetz zu entwickeln, das den veränderten Bedürfnissen und Bedarfen einer sich verändernden Gesellschaft und Pflegelandschaft gerecht werden könnte. Ich kann nicht sehen, dass diese Chance genutzt worden wäre. Das wäre wirklich eine Chance gewesen, gemessen an anderen Bundesländern einmal voranzugehen und Baden-Württemberg wirklich zum Pflegeland Num mer 1 zu machen. Dies ist nachweislich nicht der Fall.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wer ist es denn dann? – Abg. Werner Raab CDU: Wer soll das denn sein? – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Geben Sie einmal einen guten Tipp, wen wir uns zum Vor- bild nehmen sollen!)
Wir halten es für falsch, die Regelung des Heimvertragsrechts den Ländern zu übertragen. Es ist noch nicht sicher, ob die Länder diesbezüglich überhaupt eine Zuständigkeit haben. Ich finde es fragwürdig, in den Bundesländern 16 verschiedene Ausgestaltungen des Vertragsrechts zu haben. Auch dies dient nicht dem Verbraucherschutz oder der Transparenz. Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in Mannheim und haben einen Angehörigen in einer Pflegeeinrichtung in Ludwigshafen unterzubringen, und nun gilt in Baden-Württemberg ein ganz anderes Vertragsrecht als in Rheinland-Pfalz. Dies kann nicht im Sinne der Nutzer und Verbraucher sein.
Deswegen sprechen wir uns dafür aus, die Regelung des Heim vertragsrechts nach wie vor auf Bundesebene zu belassen. Wir werden im Sozialausschuss entsprechende Änderungsanträge einbringen.
Ein weiterer Punkt ist die Heimaufsicht. Zukünftig sollen Qualitätsberichte erstellt werden, die jedoch nur auf freiwilliger Basis veröffentlicht werden. Auch hier gilt: Verbraucherschutz erfordert Transparenz. Ohne eine Pflicht zur Veröffentlichung ist eigentlich jeder Qualitätsbericht wertlos, weil wohl kaum ein Heim – das muss man den Heimträgern wohl nachsehen – einer Veröffentlichung seiner Mängel freiwillig zustimmen würde.
Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, den die Ministerin angesprochen hat: die Fachkraftquote. Es wird nun als große Errungenschaft gefeiert, dass das Landesheimgesetz eine Fachkraftquote von 50 % vorsieht. Dazu möchte ich nur sagen, dass die Heimmindestpersonalverordnung diese Fachkraftquote schon länger vorsieht – zu Recht; denn wenn wir gute Pflege leisten wollen, dann können wir das nur mit gut ausgebildeten Fachkräften tun.
Nun haben wir eine Änderung dahin gehend, dass es Ausnahmeregelungen geben kann und dass man unter bestimmten Bedingungen von der Fachkraftquote abweichen kann. Es gibt solche Beispiele bereits bei trägergeführten Wohngemeinschaften, wenn der Alltagsbegleiter oder die Alltagsbegleiterin die Fachkraft ersetzt. Ich glaube, dass man die entsprechenden Paragrafen im Gesetz sehr genau formulieren muss, damit die Möglichkeit der Ausnahmeregelung nicht dazu führt, dass die Fachkraftquote unterlaufen wird. Dies kann nicht im Sinne einer guten Pflege sein.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Die Chancen, die sich durch die Formulierung eines neuen Landesheimgesetzes ergeben hätten, haben Sie vertan. Stattdessen haben Sie ein Ge
setz vorgelegt, das vieles will, aber sein Ziel irgendwo auf dem Weg verloren hat. Wir werden den Gesetzentwurf im Sozialausschuss mit entsprechenden Änderungsanträgen begleiten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, sehr verehrtes Publikum! Jetzt ist gerade ein Publikum hier, das sicherlich froh ist, diese Debatte mitzubekommen,
weil es die Zuhörer früher oder später wohl tatsächlich betreffen wird, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie in Zukunft leben wollen.
Baden-württembergische Besonderheiten in Gesetzen zu berücksichtigen ist ja ein Credo, das von der Landesregierung und auch fraktionsübergreifend immer deutlich postuliert wird. Baden-württembergische Besonderheiten sind zu berücksichtigen, wenn ein Heimgesetz gemacht wird, das diese Besonderheiten tatsächlich auch zur Kenntnis nimmt. Das wäre die Chance gewesen, wenn Sie die Möglichkeit der Föderalismusreform mit der Kompetenzübertragung auf die Länderebene tatsächlich genutzt hätten. Es hätte die Möglichkeit bestanden, genau das zu tun: einen fortschrittlichen Ansatz umzusetzen und die baden-württembergischen Besonderheiten zu berücksichtigen, wenn Sie gesagt hätten: Wir haben einen ganz anderen Ansatz; wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt und fragen, was der einzelne Mensch an Hilfe und Unterstützung braucht. Es hätte die Möglichkeit bestanden, ein Gesetz zu machen, das den Verbraucherschutz als zentrales Merkmal installiert.
Diese Chance haben Sie leider nicht genutzt. Sie bringen heute ein Gesetz ein, das einen völlig anderen Eindruck macht. Es ist ein Gesetz, das so aussieht, als wollten Sie das Heim schützen,
als wollten Sie die stationären Einrichtungen schützen. Das fängt schon bei der Überschrift an. Ihr Gesetz heißt: „Landesheimgesetz“. Warum heißt es nicht „Modernes Einrichtungs- und Diensterecht“, wie wir es in den Eckpunkten, die wir schon im Sommer des letzten Jahres vorgestellt haben, vorgeschlagen haben? Das war sehr frühzeitig; Sie hätten viele Möglichkeiten gehabt, die guten Ideen, die darin enthalten sind, tatsächlich umzusetzen.
Sie hätten das Gesetz auch so nennen können, wie die Bayerische Staatsregierung ihren Gesetzentwurf nennt, nämlich ein Gesetz, das die Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität verbessern will. Auch das wäre ein Gesetz gewesen, das den anderen Geist, den anderen Ansatz in den Mittelpunkt gestellt hätte. Stattdessen bringen Sie heute ein Landesheimgesetz ein, und es wird völlig klar, was damit gemeint ist, nämlich die
stationäre Pflege in welcher Form auch immer auszugestalten und vor allem auch zu sichern. Das ist ein grundlegend anderer Ansatz; ich meine, das ist der falsche Ansatz.
Nach unserer Vorstellung wäre es möglich gewesen, die Menschen – den einzelnen Menschen – in den Mittelpunkt zu stellen und dann zu schauen, was der/die Einzelne für einen Hilfebedarf hat und welcher Unterstützungsbedarf besteht. Alle Formen der ambulanten, der ehrenamtlichen, der familiären und natürlich auch der stationären Hilfe und Unterstützung mit einem entsprechenden Qualitätsmanagement zu versehen, das wäre Verbraucherschutz gewesen. Aber die Aussage, der Verbraucherschutz werde durch ein bisschen mehr Transparenz gestärkt, ist mir zu wenig, Herr Raab. Das muss ich einmal ehrlich sagen. Verbraucherschutz ist deutlich mehr, als Transparenz zu schaffen. Verbraucherschutz ist in meinen Augen auch Mitgestaltung.
Frau Ministerin Stolz macht die Negativabgrenzung und sagt: Wir sind nicht gegen die neuen Wohnformen, wir sind nicht gegen eine Verminderung des Verbraucherschutzes. – Aber letztendlich ist mir viel zu wenig Innovation und viel zu wenig Unterstützung dabei. Wenn Sie sagen, es sollten neue Wohnformen erprobt werden, sage ich: Das brauchen wir in Baden-Württemberg nicht. Wir haben eine Vielzahl neuer, kleiner Wohnformen, und zwar seit Jahren. Die werden durch dieses Gesetz eher behindert, als dass sie unterstützt würden. Das kann nicht Ziel einer fortschrittlichen Politik für Menschen mit Hilfebedarf sein.
Das andere ist, dass solche Gesetze auch für Menschen mit Behinderungen da sind, die die Möglichkeit haben sollen, das persönliche Budget als Regelleistung zu bekommen.