Protokoll der Sitzung vom 30.04.2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten sich vielleicht auch vor Augen führen, dass der zuständige Staatsanwalt in Nordrhein-Westfalen bis heute keinen Anlass für einen Anfangsverdacht in dieser Sache sieht.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Zuständig ist Baden- Württemberg!)

Wenn Sie das Disziplinarrecht, Frau Kollegin Bauer, lesen würden, dann würden Sie es vielleicht verstehen. Dann würden Sie vielleicht zu einem Urteil dahin gehend kommen, dass auch Disziplinarmaßnahmen nur dann möglich sind und eingeleitet werden können, wenn ein zureichender Anfangsverdacht besteht.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Abg. Thomas Blenke CDU: Die Grünen wollen ins Blaue hinein ermitteln! Schnüffeln!)

Nachdem dieser Anfangsverdacht nicht besteht und der zuständige Staatsanwalt die betroffenen Personen bisher nicht einmal als Zeugen vernommen hat, besteht für uns in diesem Hohen Haus mit Sicherheit kein Anlass für eine dringliche Debatte.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber es wird doch disziplinarrechtlich ermittelt! – Abg. Thomas Blenke CDU: Die Grünen wollen einen Schnüffelstaat!)

Erlauben Sie mir zum Schluss noch ein ganz persönliches Wort. Sie fordern in diesem Hohen Haus und insbesondere an dieser Stelle, um sich beliebt zu machen, ständig mehr Personal, mehr Personal für die Schulen, aber auch mehr Personal für die Polizei. Aber in dem Augenblick, in dem Polizisten einmal in die Gefahr eines Verdachts kommen, sind Sie die Ersten, die diese Polizisten ausliefern und der Verfolgung aussetzen würden

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Bravo! – Abg. Thomas Blenke CDU: Was hätten Sie dem Innenminister vorgeworfen, wenn er ohne konkrete Anhaltspunkte einfach ins Blaue hinein ermittelt hätte! – Lebhafter Widerspruch von der SPD – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Abg. Katrin Altpeter SPD: Unsäglich, unsäglich!)

und das geltende Recht, das einen Anfangsverdacht fordert, einfach hintanstellen. Da machen wir nicht mit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut! Prima! Jawohl!)

Ich gehe davon aus, dass auch der Antrag Drucksache 14/2649 für dringlich erklärt werden soll.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Ja!)

Wer den Antrag für dringlich erklären möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Dringlichkeit des Antrags wurde abgelehnt.

Wir treten damit in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Drucksache 14/2500

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 14/2642

Berichterstatter: Abg. Winfried Mack

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hitzler.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am heutigen Tag befindet sich die Parlamentsreform auf der Zielgeraden. Das war ein Marathonlauf mit vielen Hindernissen, mit Problemen. Mehrfach drohte auch ein Scheitern. Aber die Modernisierung des Parlamentsbetriebs ist ein zentrales Reformprojekt, das nun einmal Zeit braucht. Wenn heute über die Fraktionsgrenzen hinweg eine Einigung erfolgt, ist dies auch ein Beweis für die Reformfähigkeit dieses Landtags.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das haben wir ja gera- de eben gesehen!)

Lassen Sie mich kurz auf die wesentlichsten Änderungen eingehen:

Ab der 16. Wahlperiode, also beginnend im Jahr 2016, werden wir eine Trennung von Amt und Mandat vornehmen. Damit werden wir die parlamentarische Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive stärken.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das haben wir gerade gemerkt!)

Aber gerade hier war der Prozess der Meinungsbildung in unserer großen Fraktion sehr schwierig. Um es klar zu sagen: Bis heute haben engagierte Lehrerinnen und Lehrer, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landräte und andere öffentlich Bedienstete gute Arbeit geleistet. Manche haben im Parlament führende Funktionen innegehabt, und sie haben das Land gut vertreten.

Gerade weil dies so ist und bis 2016 so sein wird, ist es völlig natürlich, dass einige unserer Kollegen zum Ausdruck bringen werden, dass sie die Neuregelung ablehnen. Dies ist eine Gewissensentscheidung; denn wer seine berufliche Zukunft völlig neu ordnen muss und dabei einen von ihm geliebten Beruf abgeben muss, der hat sicherlich auch das Recht, hier dagegen zu stimmen. Die CDU-Fraktion bekundet ihren Respekt gegenüber diesen Kollegen.

Bei jedem Gesetz gibt es natürlich Regelungen, die dem einen oder anderen nicht gefallen. Ein Gesetz muss auch der

Allgemeinheit und dem Allgemeinwohl dienen. Die Summe aller Einzelinteressen ist aber noch lange nicht das Gemeinwohl.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

In der Gesamtschau des neuen Abgeordnetengesetzes wird deutlich: Es sind zentrale Punkte erreicht worden, so z. B. die Systemumstellung in der Altersversorgung mit der Streichung der Staatsrente, weiter die Belebung des Parlamentsbetriebs. Ebenso wird langfristig auch der Steuerzahler entlastet. Vor allem die Behauptung, dass wir ungerechtfertigt hohe Altersbezüge bekämen, ist ab heute ein für alle Mal vom Tisch. Schon dies allein ist es wert, diese Reform durchzuführen.

Respekt bekunde ich auch dem Landtagspräsidenten Peter Straub, der bis zum Schluss noch versucht hat, Härten auszugleichen. Dies wird auch gelingen.

Dasselbe gilt für meinen Fraktionsvorsitzenden Stefan Mappus, der mit eisernem Willen und viel Geschick

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD und den Grü- nen)

die Reform in unserer Fraktion durchgesetzt hat.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat ihren Vorsitzenden hart gefordert. Aber am Ende eines – so würde man im Fußball sagen – begeisternden Kampfspiels

(Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Mit euch selbst, oder wie? Die spielen mit sich selbst!)

gilt unserem Fraktionsvorsitzenden Dank und Anerkennung.

Meine Damen und Herren, die Grundlagen sind jetzt geschaffen. Ob es etwas wird, liegt aber ausschließlich an uns selbst.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Graf Eberhard im Barte, Württembergs geliebter Herr, hat einmal gesagt: „Attempto“ – ich wage es. Heute sagen wir: Packen wir es an, wagen wir es!

Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Gall.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, heute muss nicht vollumfänglich wiederholt werden, was die Herren Fraktionsvorsitzenden bei der Ersten Beratung des Entwurfs unseres neuen Abgeordnetengesetzes bereits gesagt haben.

Sinngemäß wiederholen möchte ich allerdings eine zentrale Aussage, die u. a. unser Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel gemacht hat, nämlich: Mit diesem Gesetz wird weitestgehend das umgesetzt, was unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger als Forderung an die Politik immer wieder an uns heran

getragen haben. Man könnte auch sagen: Wir haben verstanden.

Freilich muss man sagen: Auch bei diesem Gesetz war und ist es so, dass Politik die Kunst des Machbaren ist. Das heißt, von uns allen, von allen Fraktionen, war ein Abrücken von der jeweiligen Maximalvorstellung erforderlich – die Bandbreite reichte zum Teil von der Position, nichts zu verändern, bis hin zu der Position, eine maximale Veränderung vorzunehmen –, waren Zugeständnisse zu machen.

Deshalb möchte auch ich allen Dank sagen – wirklich allen –, die in den offiziellen Verhandlungsrunden, den Hintergrundgesprächen, aber auch auf der Arbeitsebene die Positionen immer wieder neu ausgelotet und auch um Verständnis für die Positionen der anderen gerungen haben und hierdurch das Ergebnis, das wir heute mit breiter Mehrheit – davon gehe ich aus – verabschieden werden, erreicht haben.