Protokoll der Sitzung vom 05.11.2008

Ich könnte Ihnen jetzt natürlich einen Vortrag darüber halten, warum das ausgerechnet in der CDU aus machtpolitischen Gründen so ist,

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm: Ich habe zwei Schülersprecherinnen und drei Personalrätinnen!)

um welche Bastionen es da geht und welche Reformen notwendig sind. Die Frauen in der CDU, Herr Kollege Schüle, sind den Grünen historisch doch für die Quote dankbar, weil das für die Frauen in der CDU so etwas wie ein Befreiungsschlag war und die Plattform, um in der Politik endlich ein

Stück voranzukommen. Es gäbe doch heute gar keine Bundeskanzlerin ohne diese Diskussion

(Lebhafte Unruhe bei der SPD und den Grünen – Glocke der Präsidentin)

und ohne die Reformen der letzten Jahre.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Herrmann?

(Unruhe)

Herr Kollege Sckerl, Sie haben eben gesagt, die CDU würde gar kein Angebot für die Frauen machen. Können Sie mir eine CDU-Gemeinderatslis te der letzten Kommunalwahl nennen, auf der keine Frau platziert war?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Eine Alibifrau reicht nicht!)

Ich habe gesagt, die CDU hat mit einem Frauenanteil von 21 % im Landesdurchschnitt ein beschämendes Angebot gemacht. Das ist statistisch erwiesen. Sie sind damit auf dem zweitletzten Platz. Nur die FDP, Herr Kollege Kluck, ist noch schlechter. So ordne ich auch Ihren Beitrag von vorhin ein. Wer mit dem geringsten Frauenanteil bei Kommunalwahlen antritt, der sollte seine Rede mäßigen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Sckerl.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich habe zwei Schü lersprecherinnen an meiner Schule!)

Dafür konnten Sie nichts. Wenn es in Ihrer Macht gestanden hätte, dann hätten Sie das vielleicht sogar verhindert, oder?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Oh, jetzt tun Sie mir aber weh!)

Ich bin überhaupt nicht dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen – damit komme ich für heute zum Schluss –,

(Zuruf von der CDU: Gott sei Dank! – Beifall bei Ab- geordneten der CDU)

das Thema so kabarettistisch zu behandeln wie der Kollege Kluck. Ich fand das einfach dem Thema und der Ernsthaf tigkeit der Fragestellung, junge Leute zu interessieren und Frauen zu beteiligen, unwürdig. Das sollten wir als Parlamentarier nicht tun.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich plädiere für eine sachliche, ernsthafte Debatte im Ausschuss. Vielleicht können wir uns doch ein Stück weit verständigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das mit dem „Ver- hindern“ nehmen Sie zurück!)

Okay, ich nehme es zurück.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, die drei Gesetzentwürfe zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land BadenWürttemberg und dem Land Nordrhein-Westfalen über die Zugehörigkeit der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des Landes Baden-Württemberg zum Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer NordrheinWestfalen – Drucksache 14/3279

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich schlage Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Sozialausschuss vor. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Errichtung der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie – Drucksache 14/3323

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen. Die Begründung des Gesetzentwurfs erfolgt durch die Regierung.

Das Wort erteile ich Frau Ministerin Dr. Stolz.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorgelegt wird, hat zum Ziel, die Zentren für Psychiatrie Weissenau, Bad Schussenried und Zwiefalten zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts zusammenzuführen. Wir wollen damit auch die gesetzlichen Aufgaben aller Zentren an die aktuellen Entwicklungen anpassen.

(Unruhe – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Pst!)

Lassen Sie mich zunächst einige Worte dazu sagen. Wir haben am 1. Januar 1996 die neun Zentren für Psychiatrie des Landes errichtet. Aus den ehemaligen Psychiatrischen Landeskrankenhäusern wurden selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts. Sie haben sich von ehemals kameralistisch verwalteten Eigenbetrieben zu modernen Krankenhausunternehmen entwickelt. Die Zentren haben diese Rechtsformänderung und die damit verbundene Chance genutzt. Die Zentren verfügen über eine differenzierte und spezialisierte Diagnostik. Sie bieten den Patientinnen und Patienten eine hohe Versorgungsqualität. Ihre vielfältigen therapeutischen Angebote haben mit der früheren Verwahrpsychiatrie nichts mehr gemein.

Gleichzeitig – das ist auch wichtig – schreiben die Zentren schwarze Zahlen. Das ist in der heutigen Zeit auch keine Selbstverständlichkeit.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Überhaupt nicht!)

In den zwölf Jahren seit der Rechtsformänderung hat sich im Gesundheitsbereich allerdings vieles verändert. Deshalb ist es notwendig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Damit komme ich zum eigentlichen Inhalt des Gesetzentwurfs. Zum einen geht es um die Fusion der südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und zum anderen um die Modifikation der Aufgaben der Zentren.

Zunächst zur Fusion: Es ist vorgesehen, künftig für die Zentren für Psychiatrie Zwiefalten, Bad Schussenried und Weissenau ein gemeinsames Unternehmen zu bilden. Diese drei Zentren sind in den vergangenen Jahren eng zusammengewachsen. Sie haben Versorgungsaufgaben standortübergreifend konzipiert und abgestimmt. Aus vielfältigen Kooperationen und Leistungsbeziehungen sind auch gemeinsame Geschäftsbereiche entstanden.

Diese drei Zentren stehen bereits unter einer einheitlichen Leitung und werden auch zentral verwaltet. Dementsprechend betreiben sie eine gemeinsame Unternehmensentwicklung, und sie erstellen einen gemeinsamen Geschäftsbericht. Deshalb hat der Rechnungshof unter ökonomischen Gesichtspunkten den Zusammenschluss zu einer Anstalt empfohlen. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft jetzt praktisch den rechtlichen Rahmen für das, was faktisch bereits gegeben ist. Wir erwarten durch diese Fusion auch langfristige Kostenentlastungen.

Das zweite Ziel des Gesetzentwurfs betrifft die Modifikation der Aufgabenstellung aller psychiatrischen Zentren. Dazu muss man wissen, dass die gesetzliche Aufgabenstellung der Zentren für Psychiatrie Mitte der Neunzigerjahre formuliert wurde. Sie ist noch stark am Leitbild des Krankenhauses ausgerichtet. Aber das Versorgungsangebot der Zentren reicht mittlerweile über den akut stationären Bereich deutlich hinaus. Die Zentren bieten auch ambulante, rehabilitative und pflegerisch betreuende Leistungen an. Dadurch können Krankenhausaufnahmen vermieden und stationäre Aufenthalte verkürzt werden. Heute werden psychisch kranke Menschen mit komplexem Hilfebedarf nicht mehr in Institutionen verwahrt. Sie werden vielmehr wohnortnah und patientenzentriert in einem Netzwerk von Leistungserbringern versorgt.

Die Zentren fördern die Eingliederung und die Teilhabe psychisch kranker Menschen am gesellschaftlichen Leben. Die Zentren sind auch Kompetenzträger bei der suchtpsychiatrischen Behandlung von abhängig Erkrankten in allen Erscheinungsformen. Die Zentren wirken am Auf- und Ausbau regionaler Versorgungsstrukturen mit.

Diese Verbundsysteme, also die gemeindepsychiatrischen Verbünde, die gemeindepsychiatrischen Zentren und die kommunalen Suchthilfenetzwerke, leisten eine abgestimmte und bedarfsgerechte Versorgung. Mit der Novelle wollen wir die gesetzlichen Vorgaben diesen veränderten Versorgungskonzepten anpassen.

Es ist wichtig, zu sagen, dass diese Anpassung nicht bedeutet – das möchte ich ausdrücklich betonen –, dass im außerklinischen Bereich Doppelstrukturen aufgebaut werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Auch werden die Zentren – es ist mir wichtig, das zu sagen – nicht in einen Verdrängungswettbewerb zulasten anderer Träger eintreten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Sie werden nur dort aktiv, wo ein Versorgungszusammenhang mit ihren klinischen Aufgaben besteht und ihr Angebot der Psychiatrieplanung des Landes, den Fachplanungen der Sozialhilfeträger und den Planungen der kommunalen Daseinsvorsorge entspricht. Das wird im Gesetzentwurf auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Das ist uns wichtig. Da bestehen einige Ängste, aber ich denke, wir haben diese mit diesem Gesetzestext ausräumen können.

Schließlich enthält der Gesetzentwurf das Gebot, dass sich die Zentren fortlaufend koordinieren. Das betrifft den medizinischen und den ökonomischen Bereich. Bisher ist die Situation durch unterschiedliche Aktivitäten und unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen bei den einzelnen Zentren geprägt, und positive Ansätze verlaufen oft getrennt. Bei einer systematischen Koordinierung werden die Zentren zu einer effizienteren Erledigung gleicher Aufgabenfelder gelangen. Dabei sollen die Zentren untereinander jeweils von den Besten lernen. Es können auch Synergien erzielt werden, wenn sich die Zentren nicht jeweils wie fremde Dritte gegenüberstehen.